Mut zum Zerfall

Berlin, 2. Mai 2015. Es ist doch so: das Berliner Theatertreffen wird notorisch überschätzt. Trotzdem wollen die Leut' ja wissen, was dort vor sich geht. nachtkritik.de hat deshalb ein mobiles Kritiker-Duo (MKD)  gebildet aus Sophie Diesselhorst und Georg Kasch, das über alles Wissenwerte beim und vom Theatertreffen 2015 berichten wird. Was "wissenswert" ist, legt das MKD jeweils nach Anschauung der Dinge fest.

Gestern Abend war das MKD bei der Eröffnung des Theatertreffens, zu der programmatisch Nicolas Stemanns Inszenierung von Elfriede Jelineks Die Schutzbefohlenen gegeben wurde. Hier ihr Bericht:

 TTEroeffnung 560 KatrinPauly uSophie Diesselhorst und Georg Kasch nach ihrem ersten Einsatz als mobiles Kriker-Duo bei der Eröffnung des Berliner Theatertreffens 2015  © Katrin Pauly

 

Die Nachtkritik der Mannheimer Premiere von Die Schutzbefohlenen im Mai 2014.

Unsere Theatertreffen-Festivalübersicht mit Nachtkritiken und Kritikenrundschauen zu allen Premieren sowie aktuellen Texten unseres mobilen Kritiker-Duos zu den TT-Gastspielen.

Kommentare  
tt 2015, Die Schutzbefohlenen: dumme Idee eines weißen Mannes
Wagner Pereira de Carvalho, Künstlerischer Leiter des Ballhaus Naunynstraße, der einzige Schwarze Theaterleiter im deutschsprachigen Raum verließ die Aufführung gestern nach 45 Minuten aus, wie ich finde verständlichen, politischen Gründen. Er schreibt dazu bei facebook: "Wenn weiße previligierte Männer-Regisseure auf dumme Ideen kommen, um die Mehrheitsgesellschaft zu unterhalten, bleibt mir nichts anderes übrig, als sie zu verdammen."
tt15, Die Schutzbefohlenen: Kunstnebel versprühen, um drauf zu zeigen
Janis El-Bira gibt auf dem Theatertreffen zu bedenken:
"Der Sensibilität des Sujets geschuldet, versucht Stemann allen Kunstnebel zu vermeiden, gerade indem er ihn doppelt und dreifach versprüht, um anschließend mit dem Finger darauf zeigen zu können. Die Folge ist ein Theater, das seine eigene Entschuldigung permanent mitspielt, so untadelig wie aalglatt. Wer hier „drinnen“ schon nicht als Betroffene/r spricht, sollte wenigstens den Aufwand betreiben, sich durchs Dickicht der Kunstdiskurse zu schlagen. Doch dabei verstreicht die Zeit im Gleichtakt mit jener unaufhaltsam wachsenden Zahl an der Bühnenrückwand. So oder so ähnlich entfaltet sich das Dilemma, vor dem „Die Schutzbefohlenen“ letztlich kapituliert, vielleicht sogar kapitulieren muss. Wo das Theater derart bitter an sich selbst verzweifelt, bleibt nur noch die Zuflucht im Appelativen und sich gemein Machen mit einer guten Sache. Immerhin dafür darf das Licht im Saal dann trotzdem nochmal ausgehen."
http://theatertreffen-blog.de/tt15/verzweiflungstaten-die-schutzbefohlenen/
tt15, Die Schutzbefohlenen: worin besteht das "Dumme"?
lieber kolja,

spannend wäre für mich doch zu erfahren worin das "dumme" der ideen besteht? denn theater ist doch immer noch ein ort von öffentlicher auseinandersetzung, die AUCH entstehen kann über das in der aufführung gezeigte/wahrgenommene.

aber sie(und vielleicht auch wagner pereira de carvalho -ich bin nicht sein fb-freund/follower) scheinen in der "besprechung" dieses theaterabends ein anderes argumentationsmuster einzuflechten:

zu einem hohen maße entscheidend ist für sie (und vielleicht auch für wagner pereira de carvalho ) nicht mehr das angebot der künstler, sondern deren herkunft.

ich verstehe durchaus diesen ansatz, der die (in unserem falle) kulturinstitutionen auf ihre ungerechten geronnenen machtstrukturen hin befragt. und für diesen ansatz ist theaterarbeit dann eben arbeit an der veränderung dieser ungerechten institutionellen strukturen.ich begrüße diesen ansatz selber.

doch eine "besprechung" wie die ihre negiert komplett das in der aufführung wahrgenommene. und das halte ich für einen gefährlichen weg. denn diese frage sei erlaubt:
wozu die vorhanden THEATERTstrukturen verändern, wenn in diesem theater dann die besprechung des in der aufführung wahrgenommenen keine rolle mehr spielt?
tt15, Die Schutzbefohlenen: nicht einverstanden
Mit diesem politisch korrekten, sterbenslangweiligen Agitprop -Abend das TT zu eröffnen ist eine Unverschämtheit.

(Im Interesse der Diskussionskultur, wäre es wichtig zu erfahren, was Ihre Gründe für diese harsche Mitteilung sind.
jnm)
tt15, Die Schutzbefohlenen: selbstreflexiver Abend
Lieber K.T.,
Danke!
Ich finde es eine Blödheit diesen klugen, selbstreflexiven, berührenden Abend, der niemals vorgibt wirklich zu wissen, wie es geht, auf der Grundlage der Herkunft der Macher kategorisch abzulehnen.
Das hat nichts mehr mit Interesse und Auseinandersetzung zu tun.
tt15, Die Schutzbefohlenen: Leute sind eingeschlafen
Theater soll nicht langweilen, auch wenn die Botschaft noch so ehrenwert ist. Wenn Schauspieler und Flüchtlinge auf das Publikum mit dem Finger zeigen mit den Worten: "Legal? Illegal?", dann finde ich das platt. Ein Publikum, das sich mit Sicherheit einig in der "Flüchtlingsfrage" ist. Konsenstheater also. Neben mir sind Leute eingeschlafen. Es gab sicher spannendere Abende in dieser Saison. Aber vielleicht hätten die Entscheider ein wenig länger Zug fahren müssen, um diese zu entdecken.
tt15, Die Schutzbefohlenen: sehr viel erfahren
Liebe Käthe,
wie kommen Sie darauf? In solch einem Stück konnte man nicht einschlafen. Ich habe gestern Abend so viel erfahren können, kam nach der Aufführung an den Tischgesprächen mit Menschen ins Gespräch. Solche Abende sind wichtig, um ein wenig von den Menschen, von der Welt zu verstehen.
Vielen Dank an die Schauspieler und die Flüchtlinge und an Stemann. Ich bin schon sehr gespannt auf die Amsterdam-Inszenierung, die zu den Autoren Theater Tagen am DT zu sehen sein wird.
tt15, Die Schutzbefohlenen: Abgang überheblich
Kolja,
ich habe es auch beobachten können, wie Wagner Pereira de Carvalho das Theater verließ.
Das hat mich am Ende des Stückes wütend gemacht. Man muss einen Abend aushalten, zuschauen, erst am Ende kann man ein Urteil abgeben. Wenn er wirklich gepostet hat, wie Sie schreiben:
"Wenn weiße previligierte Männer-Regisseure auf dumme Ideen kommen, um die Mehrheitsgesellschaft zu unterhalten, bleibt mir nichts anderes übrig, als sie zu verdammen."
Das war keine Unterhaltung. Das war auch von den Refugee ernst gemeint. Dann müsste man auch noch zu den Nachgesprächen bleiben. Und um weiß oder schwarz geht es wohl auch nicht. Wer das Ballhaus Naunynstraße leitet, gehört wohl auch ein Stüch zu den previligierten Männer-Intendanten, die in gewisser Weise auch unterhalten.
Ich fand diesen Abgang überheblich und er bleibt zu verdammen!
tt15, Die Schutzbefohlenen: wer darf was machen?
Führt Wagner Carvalho seine Ablehnung der Inszenierung noch weiter aus? Würde mich sehr interessieren. (Vielleicht kann man ihn zu einem Nachtkritik-Gastbeitrag animieren!?)

Ich fand tendenziell eigentlich auch, daß Stemann mit der Problematik, als privilegierter weißer Mann immer in einem prekären Verhältnis zu der Thematik des gestrigen Abends zu stehen, sehr ehrlich und bewußt umgegangen ist, diese Problematik durch die gesamte Aufführung hindurch immer wieder reflektiert worden ist. Man kann seinen Entschluß, die Inszenierung trotzdem zu machen, vielleicht gleichwohl zynisch nennen, aber dann ist man, scheint mir, schnell bei der Konsequenz, daß privilegierte weiße Männer fortan nur noch Theater über privilegierte weiße Männer machen dürfen, türkischstämmige Migrantinnen nur noch türkischstämmige Migrantinnen spielen dürfen usw.

Wollen wir das wirklich? Oder zementieren wir damit ab irgendeinem Punkt nicht gerade die Milieuschranken, die wir eigentlich aufbrechen wollen?
tt15, Die Schutzbefohlenen: Recht zu sagen
Lieber Olaf,
Wie ich darauf komme? Ich habe es gesehen. Und auch, wenn das Thema ernst ist, hat man das Recht zu sagen, man hätte sich gelangweilt. Oder?
tt15, Die Schutzbefohlenen: Rausrennen ist keine Haltung
Also der Wagner Carvalho ist anscheinend der Peymann des postmigrantischen Theaters. Peymann rennt ja auch immer türenknallend raus, wenn ihm ein Abend nicht passt. Schade. Die Naunystraße bräuchte eine offenere (und wahrscheinlich auch intelligentere) Leitung. Einfach rausrennen ist doch keine Haltung.
tt15, Die Schutzbefohlenen: einfach wegklicken?
wie perfide ist das denn, liebe kira? alle die es nicht aushalten sind Peymann? vermutlich sind Sie eine der pro-live streaming-fraktion von theateraufführungen, und den anti-rassisten empfehlen Sie, einfach wegklicken.
tt15, Die Schutzbefohlenen: Foto Preisverleihung
das foto von stemann und budenhölzer bei der "preis"-verleihung, umgeben von flüchtlingen, ist einfach furchtbar.
tt15, Die Schutzbefohlenen: Wenn Du, merkst Du scheiterst, such Hilfe
Auch wenn mich der Wunsch den Saal zu verlassen immer wieder überkam, hatte ich mir auch auferlegt diesen Abend auszuhalten. Dieser Abend war ein Betroffenheitstheater, unmutig, rassistisch, verklärt, verräterisch, nicht richtungsweisend und absolut Hilflos. Was sollte uns der Abend uns nun konkret erzählen? Die Frage der Repräsentation? Dann warum dermaßen das illustrieren? Und die Refugees in Sarganzügen die vom Himmel fallen, anziehen zu lassen, und dann Grabkerzen aufzustellen, hat nichts mit einem respektvollen Diskurs zu tun. Wenn ein weißer hetero sexueller Regisseur merkt an sich zu scheitern, dann such dir Hilfe und Unterstützung, von Menschen die sich tagtäglich mit Critical Whiteness, Politkwissenschaften mit Focus auf Flüchtlingspolitik auseinandersetzen. Hierbei geht es um Verantwortung, den auf der Bühne Stehende, Zuschauenden und der Kulturpolitik. Es war für mich ein schmerzhafter, unerträglicher und extremst enttäuschender Abend. Und das ein schwarzer Schauspieler den schwarzen wilden Mann gibt.-Ich gähne über diese Kolonialphanatasien!
tt15, Die Schutzbefohlenen: Stemann setzt sich ernsthaft auseinander
einer meiner Freunde ist einer der Geflüchteten neben Stemann, er findet Stemann klasse und ist der Meinung, daß er sich wirklich einer der weniger Künstler hier ist, die sich ernsthaft mit "seinem" Thema, der Flucht, des Asyls, der Problematik in diesem Land, auseinandergesetzt hat und setzt..und Menschen wie ihm eine angesehene Plattform bietet....--- ich habe das Gefühl, Herr/Frau GRRll, Sie sind einfach nur eifersüchtig, weil er Ihnen Ihr "Thema" klaut..aber hier geht es nicht um Themen und Nischenprivilegien, hier geht es um Menschen...
tt15, Die Schutzbefohlenen: Opium für Bessermenschen
@1: Und er hat vollkommen recht! Dermaßen unterkomplex, der Abend, unfassbar. Die Lektüre des Programmheftes ist schon nach 10 Minuten gehaltreicher/informativer. Die Inszenierung ist wohlfeil, erhebt sie doch nur Anklage auf fingerzeigende Weise. Zusammenhänge und (gute und schlechte) Gründe für die aktuelle Situation werden nicht diskutiert. Lösungsansätze auch nicht. Opium für Bessermenschen.
tt15, Die Schutzbefohlenen: bemerkenswertes, politisches Theater
Besonders gallig fällt die Abrechnung mit dem gutsituierten Hamburger Stadtteil Pöseldorf aus, wo betuchte Gattinnen vor laufenden NDR-Kameras ihre Ablehnung der Flüchtlinge mit scheinbar gut gemeinten Floskeln zu begründen versuchten und sich nach allen Regeln der Kunst blamierten. Ihre Statements werden von einem Chor um die wieder einmal wunderbare Barbara Nüsse vorgetragen. Aber wie nah Pöseldorf sein kann, zeigt die Aktualisierung des Stücks fürs Theatertreffen 2015: wenige Kilometer vom Haus der Berliner Festspiele in Wilmersdorf entfernt mobilisierte vor einigen Monaten im Berliner Westend eine Bürgerinitiative, die nach Pöseldorfer Vorbild die Unterbringung von Flüchtlingen in ihrem Stadtviertel mit Protesten und Gerichtsverfahren verhindern wollte.

"Die Schutzbefohlenen" ist ein Abend, der seine Wut über die Lage der Flüchtlinge und seine scharfe Anklage dieser Zustände in gefällige Melodien und bitterböse Texte verpackt: "Komm mit, auf unser Wertefundament!", werden die Flüchtlinge aufgefordert. Am liebsten hält man sie sich aber doch auf Distanz, nach dem nächsten Schiffsunglück vor Lampedusa gibt es für die ertrunkenen Kinder dann ein Bärli auf dem Sarg, wie Schauspieler und Flüchtlinge kurz vor Schluss gemeinsam singen.

Jelineks/Stemanns Flüchtlings-Klagechor ist bemerkenswertes, politisches Theater. Als sie die Arbeit an diesem Stoff begannen, gärte das Problem bereits, aber meist nur als kleine Meldung in der Tagesschau oder auf den hinteren Zeitungsseiten. Nach den Protesten von Pegida, brennenden Unterkünften und den sich häufenden Bildern ertrinkender Flüchtlinge im Mittelmeer ist das Thema ganz oben auf der politischen Agenda angekommen. Ein Brennpunkt nach dem nächsten, ein Gipfel nach dem anderen, keine Lösung in Sicht. "Die Schutzbefohlenen" werden ihre Brisanz wohl noch lange nicht verlieren.

Mehr dazu hier: http://kulturblog.e-politik.de/archives/24861-jelineksstemanns-die-schutzbefohlenen-poeseldorf-und-der-fluechtlings-klagechor.html
tt15, Die Schutzbefohlenen: wiederholter Rassismusvorwurf
Die Haltung liefert Wagner Carvalho jetzt auf dem tt-blog nach:

http://theatertreffen-blog.de/tt15/gehts-noch-ein-zwischenruf-von-wagner-carvalho/

Es geht mal wieder um das Blackfacing. Dass Stemann dieses Theatermittel in seiner Inszenierung kritisch hinterfragend benutzt war allerdings auch schon im Vorfeld bekannt. Wenn der Leiter des Ballhaus Naunynstraße das als einzigen Punkt für seinen wiederholten Rassismusvorwurf an die Berliner Festspiele benutzt, ist das schon etwas dünn. Und außerdem war er nach der Vorstellung immer noch anwesend und hätte seinen Unmut direkt im Publikumsgespräch anbringen können. Warum erst jetzt?
tt15, Die Schutzbefohlenen: zu bequem sich zu befragen?
Absolut verständlich dass Herr Carvalho den Saal verlassen hat. Er steht nicht in der Pflicht seine Haltung denjenigen zu erklären, die sich nicht mit Rassismus auseinandersetzen wollen. Durch seine Arbeit am Ballhaus Naunynstraße trägt er schon genug zur Aufklärung zum Thema bei. Traurig, dass so viele weiße Theatermacher sich auf diesem Gebiet nicht weiterbilden. Zu bequem die eigenen Privilegien zu hinterfragen? zu ängstlich, weil vielleicht rauskommen könnte, dass man doch nicht sein Leben lang der perfekte Antirassist war? Will das deutschsprachige Theater sein Publikum nicht verlieren muss es sich der Rassismusfrage stellen. Langfristig ist das unumgänglich.
tt15, Die Schutzbefohlenen: letztes Jahr litt die Credibility
Ach, manchmal hat man den Verdacht, es handelt sich hier auch um eine etwas zweifelhafte Form von Selbstmarketing. Prominentes Ereignis: da kann man sich dann gut dranhängen.. Letztes Jahr beim TT fiel das Ballhaus unangenehm mit falschen Vorwürfen gegen Jerôme Bel auf, wo sogar, wenn ich mich recht erinnere, vermeindliches Beweismaterial vorsichtig frisiert worden war. Ich muss sagen, da hat für mich die Credibility ziemlich gelitten, wurden meine Zweifel an den lauteren Motiven solcher Einwürfe geschürt.
tt15, Die Schutzbefohlenen: genauer hingeguckt
Liebe Anja,
liebe Blackfacing-pawlows,
es ist wirklich eine Farce, was hier wieder abgeht.
Wer nicht erkennt, dass das Mittel des Blackfacing völlig desavouiert wurde in Stemanns Inszenierung, der wollte einfach nicht hingucken. Ein weißer Schauspieler malt sich völlig unnaturalistisch ein bißchen schwarz im Gesicht an. Ein weiterer rot, ein weiterer gelb. Ein schwarzer Schauspieler malt sich weiß an. Der Text verhandelt explizit Repräsentationsprobleme auf dem Theater im Umgang mit Nichtangehörigen der "Mehrheitsgesellschaft". Szenisch wird Pseudoverständnis von Weißen Wohlstandsjungs gegenüber schwarzen Flüchtlingen lächerlich gemacht.
Welche Information hat Euch gefehlt, um zu erkennen, dass genau das was Blackfacing historisch ausmacht, nämlich pejorative Nachahmung von Menschen einer anderen Hautfarbe NICHT betrieben wurde? Hysterisch reflexartig wird aber hier mal wieder schwadroniert ohne hinzugucken - weil anscheinend biologistisch klar ist, dass Stemann qua Abkunft nichts Richtiges machen kann.
PS Dass Wagner Carvalho in seinem Blogbeitrag den Schwächeanfall von Sandra Hüller als Ohnmacht in Anführungszeichen setzt, ist schlichtweg geschmacklos. Die Frau ist umgekippt, weil sie sehr aufgeregt war. Da nachzutreten, im dem Sinn, dass sie diese Schwäche nur vorgespielt hat oder ähnliches ist wirklich zu verdammen. (um mal die alttestamentarische Sprache aufzugreifen.)
tt15, Die Schutzbefohlenen: Dünnhäutigkeit verständlich
Der Blackfacing-Szene hätte es bei diesem Abend nicht bedurft, das Flüchtlingsthema ist für sich schon brennend genug. Dass Stemann das Thema um den Blick unserer weißen Mehrheitsgesellschaft auf Afrodeutsche erweitert und ironisiert, ist gleichwohl in Ordnung. Dennoch ist die Blackfacing-Problematik zu komplex und verletztend, um es in einem lockeren Sketch völlig oberflächlich zu karikieren, auch wenn es schließlich in eine Farbe der Deutschlandfahne aufgelöst wird. Dass Wagner Carvalho da dünnhäutig ist und kompromisslos, ist verständlich.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: falscher Diskussions-Fokus
Oberflächliche Karikatur trifft es wohl ganz gut. Stemann und seinem Team fehlten wohl die Informationen, denn es hätte doch viele Möglichkeiten eines intelligenteren Zugriffs auf das Thema der Repräsentation gegeben.
Das es beim Theatertreffen immer wieder zu rassistischen Entgleisungen in Inszenierungen und Rahmenprogramm kommt, ist wohl sehr bezeichnend für die deutsche Theaterlandschaft. Von den "10 bemerkenswertesten Inszenierungen" kommen zwei nicht ohne Blackface aus. Das ist doch peinlich! Gerade in Berlin haben so viele Theatermacherinnen of Color bewiesen, dass man sich dem Thema auch widmen kann, ohne Rassismus zu reproduzieren. Wenn man sich das mal angeschaut hat, dann kann man sich über einen Zugang wie den von Stemann nur noch wundern. Erschreckend finde ich dabei, dass die Diskussion hier nicht so verläuft, dass wir uns alle Fragen wie wir rassistische Praktiken, Sprache usw. in Zukunft besser vermeiden können und das Theater auch für diejenigen zugänglich machen, die von Rassismus betroffen sind. Stattdessen wird sich hier über diejenigen aufgeregt, die Rassismus ansprechen, auf Fehler aufmerksam machen oder rassistische Inszenierungen schlichtweg nicht ertragen können und den Raum verlassen. Verkehrte Welt.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: zur Critical Whiteness
ich zitiere aus dem von wagner carvalho in seinem tt-blog empfohlenen beitrag von millay hyatt:

"Es wäre aber ein Fehler, die kritische Weißseinsforschung als moralisches Regelwerk zu betrachten, das Sprachregelungen und Denkverbote durchsetzen will. Wie jede sich etablierende Theorie oder politische Praxis treibt auch die Weißseinsforschung Blüten, die dogmatisch oder pathetisch daherkommen [...]. Der Anstoß der kritischen Weißseinsforschung geht aber genau in die entgegengesetzte Richtung: Es geht nicht darum, als Weißer jetzt endlich alles richtig zu machen, indem man neue Regeln lernt, bestimmte Dinge anfängt zu sagen und andere nicht mehr zu sagen. Sondern, unter anderem, um die Analyse dessen, was wir meinen und was wir tun, wenn wir sprechen und denken.[...]Es gibt also keinen Ort der Unschuld. "
tt 15, Die Schutzbefohlenen: schlechtes Gewissen von Mittelstands-Bubis
Ich habe die Szene bei "Die Schutzbefohlenen" nicht gesehen. Gesehen habe ich aber Stemanns "Ulrike Maria Stuart", auch am TT zu sehen. Damals wurde Marlene Streeruwitz als sprechende Vagina dargestellt und - als sie sich beschwerte - vom ganzen Betrieb als humorlose Extremistin diffamiert ( es wurden sozusagen die Verhältnisse bösartig umgedreht, jene, die sich gegen eine Beleidigung wehrt, wurde als humorlos dargestellt - und nochmals beleidigt ). Auch gesehen habe ich die "Heilige Johanna" Inszenierung von Sebastian Baumgarten mit ihrer Blackfacing-Szene und ihrer unsäglich dummen Montage von Rammmstein-Deutsch-Idealismus vs Sarah Palin Ami-Dummheit. Mich beleidigen solche Inszenierungen massiv. Bei "Ulrike Maria Stuart" beleidigte mich nicht nur die sexistische Komponente, dieser primitive Burschenschafts-Studentenhumor der Szene mit der Vagina ( man höre sich auf der TV Auszeichnung das gröhlende Lachen des Bürgertums mal an ! ), mich beleidigte da auch die bürgerliche Vereinnahmung des RAF Diskurses, die Reduktion der Inszenierung auf die coolen Sonnenbrillen und das Shopping-Verhalten von Gudrun Enslin - bei Baumgarten beleidigte mich die Blackfacing-Szene, weil sie die Arroganz der Macht ausstrahlte. Wir dürfen das. Weil wir sind Schauspielhaus. Hihihi. Und haben Humor. Hihihi. Wenn das Theatertreffen dauernd so bürgerlich betrunken dümmliche Humorschienen belohnt mit Auszeichnungen und Einladungen, diskrediert es sich als Treffpunkt des Diskurses. Es wird zum Treffpunkt der Macht jener, die - Hihihihi - rassistisch und sexistisch sein dürfen, weil - Hihihi - sie ja erfolgreich sind. Es ist richtig von Wagner Carvalho, da rauszumarschieren. Es gibt viele, die haben dieses schlechte Gewissen, das Nicolas Stemann anscheinend hat, nicht haben. Ich habe Freunde und Freundinnen aus aller Welt. Ich habe Freundinnen unter den Frauen, unter Migranten, Postmigranten, Nichtmigranten. Je nach dem, wo ich bin, bin ich auch Migrant. Ich habe kein schlechtes Gewissen. Aber wenn man meine Freunde beleidigt, beleidigt man mich mit. Dieses "schlechte Gewissen" der weissen Mittelstand-Bubis - die sich schämen wegen ihrer Privilegien - ist keine Haltung, die man auszeichnen sollte mit Einladungen an dieses wichtige Festival der Hochsubvention. Nicolas Stemann soll mit so Typen wie Stuckrad Barre seine Porsche-Show machen auf Servus TV von Matthias Hartmann. Aber bitte verschont uns mit seinen Werken am Theatertreffen.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: nachsitzen!
Das ist also hier das Forum für die anonymen Kunst-Anfänger. Einige von Euch sind ja noch beim kleinen Einmaleins der Theaterrezeption, deshalb muss man mit Euch etwas Nachsicht haben. Diejenigen die Nicolas Stemann Rassismus vorwerfen, müssen klar nachsitzen, weil die Versetzung gefährdet ist.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: weit vor dieser Szene
Gerade lese ich, dass die Staatsanwaltschaft gegen Frau Deufland ermittelt. Auch sie steht in einem engen Zusammenhang zu diesem Stück.
Warum werden Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzten hier beschimpft.
Meinen herzlichen Dank an Frau Amelie Deuflhard, an Stemann... und alle die die Mut haben, etwas zu tun.
Der Rest hier ist intelektuelles Gequatsche, man will sich wichtig tun.
Und dann schon wieder diese Blackfacing- Diskussion. Wer das Stück wirklich gesehen hat, wird in diesem Sinne keine Blackfacing- Szene gesehen haben. Was wirklich auf der Bühne geschah, war ein Farbenwechsel in gelb, schwarz, weiß und rot.
Ich saß zwei Reihen hinter Wagner Carvalho. Er verließ weit vor dieser Szene den Raum.
Genug, kümmern wir uns um die wirklich wichtigen Dinge, Menschen, die das Land hier erreicht und viel durchgemacht haben, zur Ruhe kommen, Arbeit finden und menschenwürdig untergebracht werden.
Das tut Frau Deufland. Wer das Tun und Handeln von Herr Stemann beurteilen möchte, kann sich das Gastspiel aus Amsterdam im DT anschauen.
Setzen wir uns dafür ein, dass das Asylrecht legal ohne Flucht über das Mittelmeer oder durch die Knastlandschaft des Balkans ermöglicht wird.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: Stimmen der Beteiligten?
Ein Vorschlag: Könnte man nicht die Mitglieder des Flüchtlingschores der Inszenierung fragen, ob Sie das Gefühl haben, in einer rassistischen und beleidigenden Inszenierung zu spielen? Oder traut man ihnen diese Entscheidung vielleicht nicht zu?

Ein wenig erinnert mich diese Entmündigung von Menschen an Brett Baileys "Exhibit A", als die Stimmen der beteiligten schwarzen Schauspielerinnen und Schauspieler für all jene, die damals "Rassismus" riefen, auch nichts zählten.
tt15, Die Schutzbefohlenen: andersfarbige Theaterlandschaft
Herr Wagner Cavalho zitiert einen Artikel, der sich in seiner Art auf nordamerikanische Verhältnisse stützt. Auch diese ganze Blackfacingdebatte ist eine Debatte, die aus den USA kommt. Natürlich hat auch Deutschland einen rassistischen Hintergrund, aber einen anderen. Und das ist das Problem. Man kann nicht eine Debatte auf ein anderes Land 1:1 übertragen. Auch das ist eine Form des Rassismus. Und verübt Unrecht an den Menschen , die damit konfrontiert werden, weil es mit Vorurteilen und Verallgemeinerungen zu tun hat. Eine Form der Oberflächlichkeit. Was Rassimus beinhaltet. Somit unterstelle ich auch Wagner Cavalho mit seinen Kommentaren, und auch einem Teil der Blackfacingbewegung hier, eine Art von Rassismus/Vorurteilen der andersfarbigen Theaterlandschaft, weil sie überall dort, wo mit Farbe gearbeitet wird, Rassismus sehen ohne die tiefen, individuellen (!) Zusammenhänge zu erkennen. Beim Abend "die Schutzbefohlenen" Rassismus zu erkennen, nach allem, was Herr Stemann für und mit den Flüchtlingen unternommen hat (angefangen bei den Gehältern, Unterkunft, Interviews, Freundschaften etc), ist einfach nur oberflächlich, etwas unintelligent und, ja, in meinen Augen rassistisch. Ich bin mit einigen der geflüchteten Schauspieler/Darsteller bekannt, und ich weiß, dass sie große Stücke auf Herrn Stemann halten und die Arbeit als sehr unterstützend und befruchtend sehen. Und die Blackfacingszene unterstützen als Theatermittel! Vielleicht hätte Herr Cavalho erstmal mit den Darstellern sprechen sollen, bevor er sich hier und anderswo mit seiner oberflächlichen Meinung aufplustert.
tt15, Die Schutzbefohlenen: Der Held und der Fremdbestimmte
Na, sehr geehrte Anna, das ist doch großartig: Der weiße Theatermann ist der Held der Stunde. Und der Schwarze Theatermann ist fremdbestimmt (Er refferiert auf nicht-deutsche Debatten.). Zu profunden Erkenntnissen ist er unfähig. Er ist oberflächlich, unintelligent, rassistisch, unempathisch (Er kann die individuellen Zusammenhänge nicht erkennen.) und undankbar. Darüber hinaus maßt er sich eine Position an, die ihm nicht zu steht.

Dank dafür, daß Sie das richtig gestellt haben.
tt15, Die Schutzbefohlenen: Geldhierarchie
Wieviel bekommen die Flüchtlinge an Gehalt, wieviel die Schauspieler, wieviel der Regisseur ?
tt15, Die Schutzbefohlenen: nicht vorschnell urteilen
@kolja
quatsch, auch das ist widerum ihre oberflächliche Verallgemeinerung. Ich rede von individuell angepaßter Kritik, und kritisiere Verallgemeinerungen...so, wie Sie es genau jetzt wieder getan haben. Zu billig, zu dumm. Schauen Sie genau hin. Urteilen Sie nicht vorschnell. Übersehen Sie die Hautfarbe, sondern hören und sehen Sie auf Inhalte, Denkweisen und Vorgänge..denn darum geht es im Theater..um Inhalte und nicht um vorschnelle Feindbilder. Weder in schwarzer, weißer, roter , grüner, lilafarbene oder auch gelber Verpackung.....
tt15, Die Schutzbefohlenen: Gräben, wo keine sind
außerdem reißen Sie Gräben auf, die keine sind.
Ein weißer Mann, der sich mit dem Theme Geflüchtete beschäftigt, als Rassist hinzustellen, das ist einfach eine Anschuldigung, die so unglaublich ist. Das ist genau das, was ich in meinem Post provokant weiter oben beschrieben habe. Und- schwupps- fallen Sie darauf rein. SIE denken in SCHWARZ/WEISS! Es gibt Menschen im Theater, egal welcher Farbe, die ZUSAMMEN arbeiten und nicht Bildzeitungsmäßig VER-urteilen. Wer aber stereotyp urteilt: Blackfacing=Rassismus. Schwarzer Theatermann=nicht rassistich, weißer Theatermann= latent rassistisch....etc...der ist genauso einfach und simpel gestrickt (...) Bitte argumentieren Sie genau und differenziert (...)
tt15, Die Schutzbefohlenen: Deutungshoheit für wen
Nur um die Frage nochmal zu stellen: Die Meinung und Position der Beteiligten am "Flüchtlingschor" zählt also nichts; zumindest nicht mehr als die von Wagner Pereira de Carvalho? Oder hat dieser - mehr als die Beteiligten selbst - die alleinige Deutungshoheit?
tt 15, Die Schutzbefohlenen: Bärendienst
Ich finde es schwer erträglich, wie sehr hier eine rein theaterinterne Debatte von der eigentlichen Thematik ablenkt, nämlich dem Schicksal der Flüchtlinge. Das in der Inszenierung ausführlich und sehr berührend zur Sprache gebracht wird - anders als in der Debatte hier, die sich an einer einzigen Minute des zweistündigen abends entzündet, die dann auch noch ständig entkontextualisiert wird. Liebe vermeintliche Rassismus-Kritiker: kriegt ihr eigentlich mit, dass ihr der Sache der Flüchtlinge einen Bärendienst erweist mit eurem Moralisieren?
tt 15, Die Schutzbefohlenen: staatstheatralischer Legitimierungsversuch
Ach Anna, Sie können diese ganze Unternehmung nicht schön reden, zumindest nicht mir gegenüber.
Es ist doch Heuchelei zu behaupten, die Besetzung der Schauspieler_innen hätte nichts mit deren Hautfarbe zu tun. Nicolas Stemann hat Thelma Buabeng um Entschuldigung gebeten, daß sie nur deswegen besetzt ist, weil sie Schwarz ist - nicht, weil sie eine wunderbare Schauspielerin ist, nicht weil sie vielleicht etwas Profundes zum Thema beitragen könnte.
Und diese Oberflächlichkeit, dieses Oberflächendenken zieht sich durch die gesamte Aufführung: Betritt ein Schwarzer Schauspieler die Bühne, muß es ersteinmal müde, letztendlich feige, Diskurswitzchen um Representationsberechtigungen, Herkunft, Hautfarbe geben. Das ist alles so armselig, so beschämend, daß der Sinn und Zweck der Inszenierung - den Geflüchteteten ein großes Podium, ein Forum zu geben - untergeht.
Symptomatisch für die halbseidene Herangehensweise ist i.Ü. auch der Fakt, daß die "Protagonis_innen", die Expert_innen für Flucht, für politischen Kampf gegen die europäische Asyl-, Flucht- und Einwanderungspolitik überall als "Flüchtlingschor" annonciert werden. Keine Namen, keine Biographien ... obwohl Schauspieler_innen, Autor_innen usw. unter ihnen sind. Für die Zeit, die sie auf der Bühne verbringen gibt es keine theatrale Form, keine ästhetischen Lösungen. Wenn es denn wenigstens multilingual gewesen wäre - als zarter Versuch die Homogenisierung aufzuheben ... aber ach ...

Für mich ist das Ganze nur ein schlecht kaschierter, staatstheatralischer Legitimierungsversuch.
Ich nehme Nicolas Stemann und dem Thalia Theater nicht übel, daß sie versuchten etwas zu tun. Daß sie dabei nicht ehrlich sind, schon.

Ein letzter Hinweis (Obwohl ich auch das eher ermüdend finde.): Wagner Carvalho hat Nicolas Stemann nicht als Rassisten bezeichnet, sondern er empörte sich, daß auf der Bühne Rassismus praktiziert wird.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: Vorschlag
Antwort auf Vorschlag,
nach der Aufführung findet ein Gespräch mit den Flüchtlingen statt. Zumindest im Zusammenhang mit der Inszenierung hat keiner über Rassismus gesprochen. Anders sieht es mit den Erfahrungen in deutschen Amtstuben aus.
Aber dazu hat Stemann auch ein Stück mit Flüchtlingen aus Amsterdam entwickelt.
Leute, man muss nur hingehen, zuschauen und danach reden. Wer das nicht tut, sollte sich wirklich etwas zurücknehmen. Man spricht und schreibt nicht über Dinge, die man nicht gesehen hat.
DANKE!
tt15, Die Schutzbefohlenen: eingereiht
Schöner und gewinnbringender wäre es doch, wenn wir aus den vielen rassistischen Vorfällen (nein - ich sage nicht, dass Stemann, Baumgarten, Hallervorden, Thalheimer, usw Rassisten sind, sondern dass sie rassistische Mittel/ Sprache verwendet haben oder eben verschiedene Rassismen auf der Bühne reproduziert haben) der letzten Jahre versuchen würden Konsequenzen zu ziehen. Warum hat sich seit Beginn der Blackfacing-Proteste am Schlossparktheater so wenig getan? Wie schaffen wir es, dass Theaterfreund*innen of Color im Theater auch Spaß haben können und nicht immer wieder verletzt werden? Wie können wir dafür sorgen, dass nicht nur die Perspektive weißer Männer zählt, wenn es um Rassismus geht? Wie können wir Künstler*innen of Color fördern, damit auch deren Perspektive in der deutschen Theaterlandschaft sichtbar wird? Und deren Fragestellungen und ästhetischen Bezüge sind besonders bei den jungen politischen Künstler*innen mit sogenanntem Migrationshintergrund höchst interessant. Wären noch drei Afrodeutsche Regisseurinnen beim Theatertreffen vertreten, wäre der Stemann-Unfall vielleicht gar nicht so eine große Nummer. Aber gerade reiht es sich eben ein in die konsequente Ignoranz von Zuschauer*innen und Künstler*innen of Color.
tt15, Die Schutzbefohlenen: falsche Botschaft
kolja hat nicht verallgemeinert, er hat recht präzise zusammengefasst, was sie gesagt haben. wenn man die ganze pseudodifferenziertheit in ihren beiträgen weglässt, ist ihre botschaft nämlich ganz einfach: "Somit unterstelle ich auch Wagner Cavalho [...] Rassismus". diesen grundsatz - nicht stemann ist der rassisist, sondern carvalho - wiederholen sie immer wieder mit hübschen umhäkelungen, die so tun, als würden sie über etwas nachdenken. tun sie aber nicht. und was rassismus ist, haben sie auch nicht verstanden. im gegenteil.
tt15, Die Schutzbefohlenen: Postblackfacin
Die erste Lektion des „kleinen Einmaleins der Theaterrezeption“ (Simon K.) lautet: 1x1≠1. Das Illustrative, Plakative, Polemische, der Pathos und/oder Rassismus sind ja richtige Beobachtung, nur an der Einordnung dieser Motive scheitern einige von Euch, weil für Euch 1x1=1 ist, nur ist das nicht Kunstrezeption, sondern eher eine mathematische oder ideologische Rezeptionshaltung. Kurz: nur weil auf der Bühne zum Beispiel das Symbol Hackenkreuz des Nationalsozialismus als Inszenierungsmittel verwendet wird, bedeutet es doch nicht gleich, dass die Produzenten alle Nazis sind. Vielleicht sollten wir den Begriff „Postblackfacing“ einführen, um Missverständnisse zu vermeiden.
tt15, Die Schutzbefohlenen: berührend und grundehrlich
Als unbefangener, vorurteilsfreier Theatergaenger verstehe ich bei dieser Debatte die Welt nicht mehr.Ich fand die Inszenierung von Nicolas Stemann beruehrend und grundehrlich. Natürlich wurde dabei dialektisch gearbeitet und es gab Ironie und Humor. Und offensichtlich wurde die Thematisierung des Blackfacing völlig missverstanden.Daraus jetzt eine Blackfacingdebatte mit dem Vorwurf des Rassismus abzuleiten legt den Verdacht nahe,diese Debatte gewollt zu haben, um sich ins Gespräch zu bringen.Schade nur, dass dadurch die Flüchtlingsproblematik, um die es ja eigentlich geht, von dieser Debatte in den Hintergrund gedrängt wird. Es ist so absurd und armselig. Ich glaube nicht, dass eine Debatte in der Form in Frankreich/Holland möglich wäre.
tt 2015, Die Schutzbefohlenen: gelebte Demokratie
Die Stemann-Inszenierung thematisiert doch nicht nur die Flüchtlingsproblematik, sondern auch eine Gesellschaftsproblematik. Blackfacing ist ein wichtiges Thema, das unbedingt diskutiert werden sollte, nur sachlich und nicht, nun ja, so polemisch aufgeladen. Keine Diskusion ist armselig oder absurd, sondern gelebte Demokratie. Klar, Theateraufführungen sind doch was immer affektives Erleben, man sollte vielleicht sich nur etwas Zeit geben, bevor man ein Urteil ausspricht. Ich finde "Postblackfacing" eine gute Idee, oder vielleicht doch lieber "Neoblackfacing"?
tt 2015, Die Schutzbefohlenen: Hinweis
Das Thema "Blackface" ist auf nachkritik.de besprochen worden.

http://www.nachtkritik.de/index.php?view=article&id=6619:die-blackfacing-debatte-ii-worueber-wir-reden-wenn-wir-ueber-qblackfaceq-reden&option=com_content&Itemid=84
tt 2015, Die Schutzbefohlenen: diskriminierend
Noch wichtiger finde ich es, umgehend anhand zahlreicher Inszenierungen von Wilson Peymann usw. das Whitefacing zu diskutieren. Ich finde es diskrimierend und rassistisch, wenn gerade in solchen Diskussionen einzelnen Hautfarben bevorzugt skandalisiert werden!
tt 15, Die Schutzbefohlenen: zwangsläufige Wirkungen
@anna: Seit Beginn dieser Blackfacing-Debatte wird das Argument, man könne eine Diskussion, die aus "Amerika" komme, nicht in unseren Kulturraum transportieren. Wir kennen das auch der Schweiz. Als wir - d.h. eine Gruppe KünstlerInnen - vor einem Jahr das Schweizer Fernsehen verklagten, weil zur Prime-Time ein Blackfacing-Sketch gezeigt wurde, hörten wir dieses Argument dauernd, besonders von rechtskonservativer Seite, aber auch von amerikaskeptischen SozialdemokratInnen ( die die linksliberalen KünstlerInnen, die den Sketch zu verantworten hatten, in Schutz nehmen wollten ). Wie immer bei solchen Diskussionen, kann man nicht befehlen, wer was wie zu verstehen hat. Wenn gewisse Leute an die schlimmsten Traditionen des Kolonialismus erinnert werden durch gewisse Regieeinfälle, kann man diesen Leuten nicht sagen: Na hör mal, du bist hier beleidigt wegen etwas, das dich nur in Amerika beleidigen sollte, weil nämlich nur dort ist das rassistisch, hier ist das Hochkultur. Was bei diesen Diskussionen aber immer zu kurz kommt. Die Wurzel des Uebels steckt in der Vereinnahmung der Körper auf der Bühne durch die Figur des Regisseurs/der Regisseurin. Bei "Schutzbefohlenen" kann es nicht um "Regieeinfälle" gehen. Solange die Figur des Regisseurs, der RegisseurIn alles vereinnahmt, was auf der Bühne geschieht, entstehen zwangsläufig gewisse sexistisch/rassistische Wirkungen. Das war schon schon beim Ulrike Maria Stuart und der sprechenden Vagina der Fall. Nicolas Stemann ist kein Rassist. Aber das Theater, das durch diese Technik entsteht, generiert automatisch rassistisch/sexistische Effekte, vor allem dann, wenn der Gestus des "schlechten Gewissens" das Handeln bestimmt. Leni Riefenstahls Photographien von schönen schwarzen Menschen waren ultimativ rassistisch, gerade auch, weil Leni das nicht mehr sein wollte. Diese Aufführung, die sicher toll und ein Fest wäre, wäre sie nicht "gebrandet" durch die Regie-Marke "Stemann", muss - schon nur durch die Zurschaustellung "echter Asylanten" unter dem Zeichen der deutschen Regie - in dem Zusammenhang rassistische Effekte generieren. Das ist, was in dieser Debatte nur wenige verstehen wollen und werden.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: zwei Welten
Es scheint, als prallten in dieser Diskussion zwei Welten aufeinander. Auf der einen Seite stehen die, die von der Inszenierung berührt worden sind, aufgewühlt vielleicht sogar. Auf der anderen sind die, die rassistische Effekte gesehen haben. Genau genommen bewegen sich diese beiden Sichtweisen auf verschiedenen Ebenen, es wäre auch denkbar, dass sich jemand, der hier rassistische Effekte am Werk sah, trotzdem berühren ließ. Tatsächlich aber stehen sich die beiden Gruppen mehr oder weniger feindlich gegenüber - was misslich ist, da beide für sich in Anspruch nehmen wollen, auf der Seite des "Guten" zu stehen.

Vielleicht könnte es zur Vermittlung bereits helfen, wenn die eine Gruppe (die der Anti-Rassismus-Aktivisten) anerkennt, dass die andere ein gewisses Recht auf ihr Betroffensein (bitte nicht als negativ konnotiert nehmen) hat und durch das verhandelte Schicksal der Flüchtlinge einen Impuls empfangen konnte, der vielleicht sogar zu einem Handeln führt: Das wäre eine große Leistung für politisches Theater.

Umgekehrt müsste die andere Gruppe aber auch anerkennen, dass die unter #36 und #45 von kolja und Samuel Schwarz sehr gut zusammengefassten Bedenken eine Grundlage haben. Das gut Gemeinte führt eben unterschwellig oft genug auch noch Rassismus mit sich, und dies aufzuspüren und zu benennen, ist wichtig. Das Fatale ist, dass Rassismus-Dekonstruktion auf der Bühne fast zwangsläufig den Rassismus doppelt - und sei es nur dadurch, dass man für die ironisch gebrochenen Zuschreibungen erneut Stereotype reproduziert (nicht zuletzt schon bei der Besetzung der Schauspieler).

Immerhin können solche Aufführungen wie die von Stemann die Diskussion voranbringen. Man kann das Denken an ihnen schärfen - und vielleicht hilft sie so letztlich doch ein wenig mit, sich der unterschwelligen Rassismen bewusst zu werden und sie auf lange Sicht zu reduzieren oder bestenfalls abzuschaffen.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: Krautsalat
Lieber Samuel Schwarz,
es ist ja ganz wunderbar, dass Sie Ulrike Maria Stuart von Stemann gesehen haben - und selbiges Stück leider auch unfassbar langweilig und selbstreferentiell in Konstanz angerichtet haben - aber warum schreiben Sie überhaupt zu der Inszenierung der "Schutzbefohlenen", wenn Ihnen diese unbekannt ist. Warum?
Sie stellen wesenhafte Regeln auf, unter welchen Bedingungen Theater AUTOMATISCH rassistisch für alle funktioniert und plädieren andererseits für das zu respektierende individuelle Erleben von Rassismus. Also mal gibt's bei ihnen situtative (vielleicht sogar semiotische) Vieldeutigkeit. Ein andern Mal nicht. Das ist für mich logischer Krautsalat.
Nichts für ungut.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: Frage
@Samuel Schwarz

Ich habe eine ehrliche Frage, die sich mir bis jetzt nicht ganz erschlossen hat.

Soll dieses Mittel Grundsätzlich zensiert werden und darf nie wieder irgendwie verwendet werden, auch nicht im satirischen Sinne oder geht es darum, sie nicht undifferenziert zu verwenden?
tt 15, Die Schutzbefohlenen: gute Gründe für Meinungsfreiheits-Einschränkung
Es gab eine bestimmte Tradition, Juden zu karikieren. Die wird heute im deutschen Sprachraum - mit gutem Grund - von der sehr großen Mehrheit der Gesellschaft gar nicht mehr verwendet bzw. geächtet. Und es fühlt sich auch niemand genötigt, diese Mittel der Karikatur "differenziert", also satirisch etc. zu verwenden. Ich denke, das ist gut so. Wenn das für Blackfacing beispielsweise auch gelten würde, wäre das nicht verkehrt.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: Karikatur = Meinung?
Die Redaktion titelt "Meinungsfreiheits-Einschränkung". Ich bin mir nicht sicher, ob die diffamierende, Stereotype schamlos ausschlachtende Karikatur eine Meinung widergibt. Wenn ich jemanden nicht treten darf, beschränkt das auch nicht meine Meinungsfreiheit.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: immer wieder von vorne
Ich verstehe nicht warum man beim Thema Blackfacing und Rassismus am Theater immer wieder von vorn anfangen muss. Schwarze Theatermacher*innen haben das Problem und die Zusammenhänge doch nun schon oft genug erklärt. Die Informationen sind für alle zugänglich im netz. Warum nicht mal reinlesen bevor diejenigen angegriffen werden, die sich für ein diskriminierungsfreies Theater einsetzen. Lara-Sophie Milagro schrieb zum Thema hier auf Nachtkritik,
auf dem Blog von Bühnenwatch sind reichlich Informationen zum Thema und in diversen Interviews mit Künstler*innen of Color findet man Aussagen über deren Situation im Kulturbetrieb und ihre Meinung zur Verwendung von rassistischen Mitteln.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: strukturelle Reproduktion
@herrmann: Bitte kommen sie doch aus der Deckung heraus. Es ist etwas feige, hier nun aus dem Hinterhalt zu schiessen. Ja, ich habe meine Haltung zu Stemann/Jelinek und dem deutschen Stadttheaterbetrieb - und seinen Defiziten und menschenunterdrückenden Zwängen/Rassismen/Sexismen in der Inszenierung in Konstanz zum Ausdruck gebracht, über die sie hier auf Nachtkritik auch nachlesen können. Ich muss mich nicht schämen. Und ja, Ich sehe das ähnlich wie Marlene Streeruwitz. Ich meine, die Staatstheater und ihr System die Rassimen und Sexismen strukurell reproduzieren und verstärken und geschlossen werden sollten - ausser sie reformieren sich. Ja, schon nur der Umstand, dass der deutsche Stadttheater-Betrieb in Hundert Jahren keine einzige "Diva" ohne Verflechtung mit einem Regie-Schöpfer-Gott generiert hat, zeigt, wie unberührt dieser Betrieb von Gender-Diskussionen geblieben ist - und für GestalterInnen mit Anspruch nicht wirklich interessant sein kann auf lange Frist - ausser (knapp) als Jobmöglichkeit. Genauso, wie es dieser Betrieb nicht geschafft hat, selbstbestimmte weibliche "Diven" zu produzieren - die ohne Regisseur nicht wirklich existieren - wird er es auch nicht schaffen, "selbstbestimmte AsylbewerberInnen" zu produzieren. Er produziert Rassismen/Sexismen am Laufmeter. Offensichtlich wird das eben dann, wenn Leute den Saal verlassen, weil sie sich das nicht mehr anschauen mögen und ihre Lebenszeit lieber darauf verwenden, andere Formen der Gemeinschaftlichkeit zu entwickeln.

@Frage: Man kann dieses Mittel schon anwenden, aber vielleicht sollte man sich dann der Diskussion, wenn man es anwendet, dann einfach stellen. Erlaubt sollte alles sein.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: gegen die Mittel-Einschränkung
@Samuel Schwarz
hast Du die Aufführung gesehen?

Es ist hier, in Deutschland , (die schweiz ist durch die Dreisprachigkeit besitmmt nch eine andere Szene, tatsächlich eine unterschiedliche Gesellschaftsstruktur als in den USA. Auch die Theaterentwicklung ist eine andere....es gibt "Blackfacing" (wie nennt sich das eigentlich mit einer deutschen Bezeichnung, und das meine ich jetzt nur weil wir ja meistens in deutscher Sprache spielen und nicht aus "erzkonservativen " Gründen, ich bin da politisch eher vom linkeren, also vom anderen Ufer, sorry...;-)..) auch auf deutschsprachigen Bühnen...aber es sind andere Mittel, da es in Deutschland rassistische Vergasungen (ich bin jetzt krass, sorry,aber ich habe selbst jüdische Verwandte) gab, aber weniger schwarze Sklavenhaltung....-- es gibt sogar das Wort "Neger", und ich finde es auch problematisch inzwischen, es zu benutzen, vemreide es nach Möglichkeit, aber es hat(te) trotzdem (auch wenn das heute aus political correctness lieber nicht verwendet werden sollte) eine etwas andere Bedeutung als "Nigger" gehabt. Ich finde, wenn man diese Blackfacingdebatte eröffnet, dann sollte man die andere Theatermittelverwendungsentwicklung in Deutschland beachten. War Othello an der Burg, der abfärbte, nun rassistisch motiviert, damals, bei Zadeck, Ihr erinnert Euch?!, ..oder sagte das "Schwarz/Weiss" als Farbe einfach noch etwas Andreres aus , nämlich Schuld/keine Schuld , Fremdsein/Sichselbstfremdsein, die Verwirrung der inneren Zustände, vielleicht hätte er auch Rot und gelbe Farbe verwenden können, damals, als nur purer Rassismus weißer Theatermacher, wie es heute garantiert dargestellt werden würde? Als Theaterarbeiterin plädiere ich für geistige und äußerliche Freiheit. Mir gefällt es nicht, daß es plötzlich Zensur geben sollte...die die Freiheit der Theatermittel einschränkt. Man sollte auf der Bühne niemanden denunzieren, aber man darf Theatermittel verwenden, die auch irnoisieren und vielleicht wehtun könnten. Ich meine jetzt nicht die Denunzierung anderer Rassen, aber ich gehen von Verkleidung und Kostümierung aus, d.h. auch schwarz können sich weiß anmalen oder rosa oder Asiaten mit blauer Farbe hantieren...und auch die Ironisierung ist erlaubt....-- ich glaube auch nicht, daß sich viele Rassisten im Theater/ am Theater verbergen.ich habe jedenfalls in meiner fünfundzwanzigen Theaterarbeit mehr kritische und politisch denkende Menschen gesehen, die sich mit der Gesellschaft aueinandersetzen als erzkonservative Rassisten. Natürlich gibt es Denkmuster, auf die hingewiesen werdne kann...und Menschen, die sich autpritär und patriarchalisch verhalten.....aber en gros sind es schon sich selbst reflektierende Künstler, die da umherschwirren....Ich finde auch , daß das Theater weiblicher, farbiger und mutiger werden kannn,immer wieder, immer neu...aber wenn die einen am Theater beleidigt andere,vielleicht im Moment erfolgreichere, zumindest äußerlich(?) Regisseure, die versuchen, sich weiter zu entwickeln (und das tut Herr Stemann und ist keine Marke, auch das ist eine oberflchliche, vielleicht neidische..?!.. Unterstellung) und ein Theatermittel wie "Blackfacing" (und ich bin mir sicher, er hat es ironisierend-kritisch und nicht 1:! eingesetzt) als eine Art, etwas anzukreiden benutzen, einfach als Rassisten zu beschimpfen, ohne, wie Herr Cavalho, der ja diese Diskussion hier losgetreten hat, den Abend bis zum ENDE (!) gesehen zu haben....finde ich das nach wie vor eben mindestens genauso rassistisch, wie das, was man ihm vorwirft.... wenn man Rassismus als oberflächliche Weigerung , sich nicht auf einen anderen Menschen einzulassen , ansieht....
tt 15, Die Schutzbefohlenen: gewünschte Einsicht
@anna
1. Wie bereits oben erwähnt, hat Wagner Carvalho Stemann nicht als Rassisten beschimpt, sondern von rassistischen Praktiken auf der Bühne gesprochen. Das ist ein Unterschied.

2. Der "Othello" an der Burg war weder von Zadeck noch von Zadek, sondern von Tabori.

3. Es geht nicht um Zensur, sondern um Einsicht. Ich bin gar nicht sicher, ob eine antisemitische Karikatur strafrechtlich verfolgt werden würde, aber die aufgeklärte Gesellschaft hat eingesehen, dass das irgendwie nicht geht. Eine solche Einsicht wünsche ich mir beim Blackfacing, beim N-Wort etc. Ihre Rot-, Gelb- und Grün-Facings in allen Ehren, aber es geht nun einmal in der Regel um das Mittel, den Außenseiter im schwarzen Menschen zu suchen (und ihn als solchen zu verteidigen), doch bedient man sich dabei stereotyper Markierungen, die die Ausgrenzung weiter festzurren. Punkt.

ps Mich würde mal interessieren, op sich Gert Voss (oder andere Blackfacing-Darsteller) vor einem mehrheitlich schwarzen Publikum wohlgefühlt hätten mit ihrer Darstellung des "Fremden".
tt 15, Die Schutzbefohlenen: aushalten können
Liebe Anja,

ich wiederhole hier gerne, was ihnen auch weiter oben schon gesagt wurde: rassismus ist keine "oberflächliche Weigerung, sich nicht auf einen anderen Menschen einzulassen". Das Wort dafür lautet "Ignoranz", und ihre Ignoranz dafür, was im Gegensatz der Begriff "Rassismus" bedeutet, ist beeindruckend. Darüber hinaus will meines Erachtens überhaupt niemand etwas verbieten, Herr Stemann oder Sie können doch gerne so oft Sie wollen andere Leute Ihr Gesicht schwärzen lassen und das als "ironisierend-kritisches" Theatermittel verkaufen. Sie müssen nur dann aushalten, dass heutzutage Leute, die jahrzehntelang im deutschen Kunstdiskurs (und anderswo) überhaupt nichts zu sagen hatten (und raten Sie mal, woran das lag), auch mal kommen und Ihnen sagen, dass ihre "Kunst" rassistisch ist. Sie könnten da ja auch einfach mal entspannen und sagen: Mir egal, ich find's gut. Oder drüber nachdenken, ob vielleicht was dran ist und was das bedeuten könnte.

Sie können aber natürlich auch beleidigt aufstampfen und sagen: "Nee, gar nich wahr, Du bist rassistisch, weil du mich rassistisch nennst! Bäh!" Gleich, nachdem sie für "geistige und äußerliche Freiheit" plädiert haben.
tt15, Die Schutzbefohlenen: Zadek
ok, othello, wildgruber, zadek deutsches schauspielhaus, sorry..1976 ;-)
tt15, Die Schutzbefohlenen: Ignoranz?
anna ungleich anja, ...ignoranz, wo?? ;-)?
tt15, Die Schutzbefohlenen: der kleine Unterschied
gert voss oder wildgruber ,-), hätten sich vor einem mehrheitlich schwarzen publikum vielleicht weiß angemalt...oder, andersrm, wenn einer der beden darsteller evtl schwarzer hautfarbe gewesen wären, dann hätten sie vielleicht whitefacing betrieben...warum nicht? ist ja nicht denuziernend gemeint, sondern als künstlerisches ausdrucksmittel benutzt.....DAS ist der unterschied...!!!! wenn jmd außerhab eines geschützen künstlerischen raumes sich schwarz oder weiß anmalt, um diese "echten" schwarzen oder weißen menschen nachzuäffen oder zu verhohnpipeln, dann ist das rassistisch...wenn das aber innerhalb eines künstlerischen raumes gescheht, um etwas klarer zu verdeutlichen und evtl den finger in die wunder der gesellschaft zu tun, dann ist das LEGITIM!! da es nicht da ist, um andersfarbige menschen zu verhöhnen, sondern um künstlerisch etwas auzudrücken!! DAS vergessen all diese blackfacing, oder whitefaccing -fetischisten!!......
tt15, Die Schutzbefohlenen: "Wir" gegen das "Andere"
Es ist tatsächlich wichtig, dass hier, im Zusammenhang mit der Inszenierung von Stemann, über die Möglichkeit der Reproduktion von Rassismen gesprochen wird, auch wenn die Absicht von Stemann eine ganz andere war/ist. Ich stand auch lange auf der Leitung, bis ich verstanden habe (man muss beim Denken einfach mal die Richtung wechseln!), worum es den dagegen Protestierenden ging und geht. Es geht um ein "Wir", welches sich gegen das "Andere" oder "Fremde" als "Nicht-Wir" abgrenzt, eben gerade dadurch, dass dieses "Wir" von vornherein sagt, dieses "Andere" ist mir "fremd", gehört nicht dazu, ist bzw. kann gar nicht "deutsch" sein usw.

Ich empfinde es allerdings als schade, dass die Diskussion dann oftmals gleich so "hart" geführt wird. Denn jede/r geht wohl erstmal von den eigenen Erfahrungen aus. Ein Kind in Berlin-Kreuzberg wächst zum Beispiel sicher von Anfang an "offener" auf als eines in Berlin-Prenzlauer Berg. Und auch in den neuen Bundesländern lebten vor der Wende kaum bzw. weniger Menschen mit Migrationshintergrund als in den alten Bundesländern, was Phänomene wie Pegida "erklären" könnte. Alles eine Frage der (Ein-)Gewöhnung. Und des Geldes. Wer selbst eher in einem sozial schwachen Milieu lebt, schiebt die "Schuld" für den Arbeitsplatzverlust gern mal auf das "Fremde". Am anderen Ende der Skala stehen die Superreichen aus dem Westend, welche den Verlust der Exklusivität ihrer Wohngegend fürchten.

Am Ende ist eines sicher: Mit einem schlechten Gewissen ist niemandem geholfen. Robert Pfaller nennt das "narzisstische Mitleidsmoral".
tt15, Die Schutzbefohlenen: struktureller Rassismus
Ich denke mal Herr Holzstedt meint Anna und nicht mich. Diese benutzt obendrein auch noch rassistische Sprache, um was genau eigentlich deutlich zu machen?
Dass alles was man tut automatisch nicht rassistisch sein kann, weil man sich selbst als links bezeichnet?
Sie sollte vielleicht noch wissen, dass es so etwas wie einen umgekehrten Rassismus nicht gibt. Ich bin wirklich verblüfft über so viel Ignoranz.
Ich verstehe jeden Zuschauer und jede Zuschauerin of Color, die den Saal verlässt sobald rassistische Mittel eingesetzt werden. Warum sich auch noch im Theater verletzten lassen, wenn man schon draußen alltäglich mit Rassismus zu kämpfen hat. Ich wünschte mir einer dieser linken Regisseure hätte den Mut die Mächtigen zu provozieren und nicht diejenigen die in der gesellschaftlichen Hackordnung noch weiter unten stehn. Das wäre mutig!
Stemann hat es zumindest gut gemeint, indem er Refugees ein Forum geben wollte. Ich finde es wunderbar, dass er sich mit dem Themenkomplex auseinandersetzt. In diesem Fall war gut gemeint leider nicht gut gemacht.
Ich weiß, ich wiederhole mich, aber: Einem Regisseur of Color wäre das nicht passiert.
Die Strukturen sind wohl diese, dass weiße Dramturgen weißen Regisseuren Aufträge geben, um über das Schicksal von Menschen of Color zu erzählen. Das Problem ist also struktureller Rassismus und Stemann (von dem ich selbst ein großer Fan bin), hat nur ein kleines bisschen Schuld.
tt15, Die Schutzbefohlenen: unmoderne Sekten
Liebe Anna, ( nicht zu verwechseln mit Anja )
Man fragt sich jetzt schon, inwiefern es noch Sinn macht auf ihre Argumente überhaupt noch einzugehen. Wenn sich eine Gesellschaft wandelt - durch Zuwanderung, neue Techniken oder was auch immer - und neue Sichtweisen entwickelt, dann ist unter Umständen eine Kulturtechnik, die mal legitim war, nicht mehr legitim. Es gibt keine Werte ausserhalb von der Gesellschaft festgelegten. Ihr mit grossbuchstaben geschriebenes LEGITIM erinnert mich an eine Sekte, die sich auf Gott beruft. Und ja, der Stadttheaterbetrieb des 20.Jahrhunderts, der von einer schrumpfenden,privilegierten Schicht verteidigt wird, ist wohl auch so etwas wie eine Sekte... oder eine Kirche. Die mittlerweile nur mehr mit esoterischen Argumenten zu verteidigende Funktion dieses Betriebs ( Finger in die Wunde der Gesellschaft legen, etc ) hat ja seine Wirkungskraft längst verloren. Es ist wirklich esoterisch zu glauben, dass, wenn ein paar privilegirte Jungs mit ihren Regietechniken und Stückverträgen "AsylbewerberInnen" auf die Bühne stellen, sie gut ausleuchten, dass dann etwas "Gutes" für die Gesellschaft entsteht. "Gutes" - insofern man solche Werte überhaupt in die Diskussion einbringen will - entsteht nur in gemeinsamen Arbeiten und - so denke ich - ausdiffernzierteren, vielseitigeren Hiearchieformen. Von mir aus aus auch Sekten.... aber staatlich legitimierte Standart-Sekten mit rein fast ausnahmslos weissen CEO's - nein, das ist nicht mehr modern. Und auch nicht deren ironischen Blackfacing-Witzchen. Ja, solche geistigen Bequemlichkeiten schaden unserer Gesellschaft sogar. Unabhängig von moralischen Gesichtspunkten. Das sagt jede/r MigrationsexpertIn, auch aus wirtschaftlichen Gründen müssen wir uns mehr anstrengen für mehr die Ermöglichung von mehr Diversität, die unserem Alltag mehr entspricht
tt15, Die Schutzbefohlenen: Beißreflexe
Ja, Anna, nicht Anja, ich bitte um Verzeihung. An erstere noch der Hinweis, dass Blackfacing von Anfang an eine "künstlerische" Technik war, ob im Minstrel oder im Dreikönigsumzug. Und dort natürlich auch eine andere und ungebrochenere Form hatte als bei Stemann - nichtsdestotrotz immer ein (Bühnen)Mittel der Repräsentation von Schwarzen. Es ist also wenig sinnvoll und zeugt einmal mehr von Ignoranz dem Gegenstand gegenüber, wenn sie dieses Mittel auf der Bühne grundsätzlich vom Verdacht befreit wissen wollen.

Jenseits der konkreten Diskussion heißt das ja auch, potentiell jegliche Kritik an einer künstlerischen Arbeit mit Verweis auf die möglicherweise guten Absichten des Urhebers zu unterbinden.
Ich finde es nicht zum ersten Mal frappierend, wie Verteidiger der künstlerischen Freiheit und "politischen" Auseinandersetzung auf der Bühne mit Beißreflexen in die entgegengesetzte Richtung reagieren, wenn diese Auseinandersetzung dann tatsächlich mal von Zuschauerseite stattfindet. Aber sei's drum.
tt15, Die Schutzbefohlenen: "Belästigung" ist Kernthema
Ich, der in die Demokratie und den Wohlstand hineingeboren bin, frage mich, ob ich Demokratie, Wohlstand und Frieden im Zeitalter der Globalisierung als Privileg verstehen soll und ob ich das Privileg schützen muss, indem ich mich abschotte, oder das Privileg teilen muss, indem ich mich öffne. Trotz einiger Ängste, will ich mich lieber öffnen.

Wenn man streng der Inszenierung folgt, dann muss es ja eigentlich „colorfulfacing“ heißen. Die Arbeiten, die ich von Stemann kenne, spielen ständig mit Identitäten bzw. mit Subjektivierungsweisen, aber mit dem Einbruch der Flüchtlinge in den Kunstraum wird aus diesem Spiel plötzlich harte Realität. Kunst und Leben treffen in dieser Arbeit aufeinander und wollen verhandelt werden. Im Thalia Theater Hamburg hörte ich eine Frau sagen: „Warum muss ich im Theater von den Flüchtlingen belästigt werden“. Diese Belästigung ist ein Kernthema dieser Arbeit. Stemann als Repräsentant des Kunstbetriebs unterzieht sich einer kritischen Selbstreflexion. Ich will sogar so weit gehen und behaupten, dass angesichts dieser Realität die postdramatischen Inszenierungsstrategien bewusst als lächerlich hervorgehoben werden. Wenn meine Einschätzung nicht ganz falsch ist, dann ist diese Arbeit von Stemann eine kritische Selbstanalyse, die der Frage nachgeht, ob die Kunst vielleicht selbst ein Teil des Problems und nicht Teil der Problemlösung ist. Ich als Zuschauer bin mit dieser Problematik überfordert, aber vielleicht ist das Anerkennen dieses Symptoms der erste Schritt zur Veränderung.
tt 15, Die Schutzbefohlenen: für Freiheit
rassistische Sprache...
ich bin selbst schon verprügelt worden, weil Menschen in Deutschland mich als andersartig ansahen.
Ich bin gewiß kein Rassist.
Meine besten Freunde sind Geflüchtete.
Ich bin nur für die Freiheit der Ausdrucksmittel, gegen Zensur und für die Feinheit der Unterscheidung dieser Asudrucksmittel.
Verallgmeinerungen sind immer eine Art von Rassismus. Egal ob von Weissen oder Schwarzen oder...
nur so als Anmerkung.
tt15, Die Schutzbefohlenen: Auseinandersetzung ist dringend notwendig.
Ja. Es gibt Wörter. die rassistisch sind und deren unreflektierte Anwendung wird als rassistisches Sprechen bezeichnet.
Wenn Sie selbst schon von Diskriminierung betroffen waren und Gewalt erfahren haben, können Sie vielleicht nachvollziehen wie es für Menschen ist so etwas jeden Tag zu erleben und mit den Strukturen die zu solch gewaltvollem Verhalten führen, auch im Theater konfrontiert zu sein.
Niemand hat gesagt, sie seien ein Rassist. Wenn Sie jedoch Rassismen reproduzieren (z.b. durch rassistisches Sprechen) oder bagatellisieren (ihre Äußerungen zum Thema), dann sollten Sie es ernst nehmen, wenn sie darauf hingewiesen werden. Gerade wenn Sie selbst keine Rassistin sein wollen.
Ihre Freunde haben damit nichts zu tun.
Gegen Zensur zu sein hat nichts damit zu tun rassistische Mittel zu verteidigen. Die Anwendung dieser Mittel zu kritisieren ist keine Zensur. Jemand macht etwas - eine andere Person kritisiert dies - das ist nicht die Definition von Zensur.
Sie kennen ganz offensichtlich die Geschichte und auch die aktuelle Auseinandersetzung zu Blackface, rassistischer Sprache, Alltagsrassismus, rassistischen Strukturen im Kulturbetrieb und der Reproduktion von Rassismus auf der Bühne nicht. Viele Expertinnen haben inzwischen dazu Texte veröffentlicht, wenn Sie das Thema wirklich interessiert, lesen Sie nach.
Das gleiche gilt für eine Definition von Rassismus. Ihre Anmerkung ist faktisch falsch. Der Begriff Verallgemeinerung ist in keiner Rassismusdefinition zu finden. Rassismus hängt außerdem immer mit Machtstrukturen zusammen und ist eine weiße Erfindung. So etwas wie umgekehrten Rassismus oder Rassismus gegen Weiße kann es also nicht geben.
Es freut mich, dass Sie sich so sehr für das Thema interessieren, denn auch ich halte es für sehr wichtig. Diese Auseinandersetzung ist tatsächlich dringend notwendig. Bald sind ja Theaterferien. Da ist viel Zeit zum Lesen.
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