Die Befreiung der Freien Szene?

9. Juli 2015. Der Berliner Bürgermeister und Kultursenator Michael Müller will der Kulturverwaltung der Hauptstadt 2016 22 Millionen Euro mehr zuteilen, womit der Kulturhaushalt auf 495 Millionen Euro anwachsen würde. Im folgenden Jahr sollen es 33 Millionen Euro mehr sein als bisher. Das habe der Berliner Senat am Dienstag beschlossen, meldet u.a. die Berliner Zeitung. In den vergangenen Jahren habe die Kulturverwaltung höchstens "zwei, vielleicht drei Millionen Euro zusätzlich" erhalten.

Von dem nun vom Kulturminister und Bürgermeister Michael Müller und seinem Adjutanten Tim Renner vorgesehenen Zehnmal-Mehr-Geld sollen der Berliner Zeitung zufolge 2016 3,5 Millionen Euro für Tarif- und Sachkostenerhöhungen an die Opernstiftung fließen, 2017 6,5 Millionen. Auch den Sprechtheatern werde eine "weitreichende" Übernahme der Tarif- und Sachkostenerhöhungen zugesagt, "sowie ein Inflationsausgleich in Höhe von einem Prozent des jeweiligen Zuschusses für alle Institutionen", so die Zeitung. Gezielt stärken wolle der Senat die Schaubühne und das Maxim Gorki für ihre "exzellente Arbeit" und den damit verbundenen gestiegenen Besucherzahlen. Berliner Ensemble und Volksbühne, die beide 2017 einen neuen Intendanten bekommen, erhielten "angemessene Vorbereitungsetats": Dabei sei für die Volksbühne mit 740.000 von insgesamt 940.000 Euro (2016) und 2,2 von insgesamt 2,7 Millionen Euro (2017) der Löwenanteil vorgesehen.

Das geplante Mehr-Geld kommt insgesamt vor allem der Freien Szene zugute, für die Renner sich seit seinem Amtsantritt verstärkt einzusetzen verspricht. "Die Maler, Tänzer, Schauspieler oder Musiker, die keine festen Engagements an staatlichen oder städtischen Häusern haben, erhielten bislang, etwa über Projektförderungen, etwas über zehn Millionen Euro jedes Jahr", informiert die Berliner Zeitung. Diese Summe solle sich im kommenden Jahr um 7,5 Millionen auf dann knapp 18 Millionen Euro erhöhen und 2017 auf etwa 20 Millionen. "Auch das HAU als wichtige Spielstätte für freie Gruppen wird zusätzliche Mittel erhalten, die Höhe ist unbekannt."

Dazu kämen jedes Jahr voraussichtlich zwei Millionen aus der City Tax. Die 30 Millionen Euro, die Berlin auf diese Weise zusätzlich einnimmt, verschwänden mehrheitlich im allgemeinen Haushalt. Zur Erinnerung: Die Freie Szene war maßgeblich an der Einführung der City Tax beteiligt. "Der Haushaltsentwurf ist vielversprechend - kann aber nur teilweise Defizite der Vergangenheit aufarbeiten", heißt es in einer Pressemitteilung vom Rat für die Künste, einem Zusammenschluss von Kultur-Institutionen und Freier Szene in Berlin, der noch im April in einem Offenen Brief scharfe Kritik an der Berliner Kulturfinanzierung geübt hatte. Und: "Der Rat für die Künste fordert die Abgeordnete aller Parteien auf, ein Zeichen für Berlins Kultur zu setzen und den Entwurf zu billigen."

Im September wird der Berliner Zeitung zufolge im Kulturausschuss und im Hauptausschuss beraten.

(Berliner Zeitung / Rat für die Künste / sd)

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