Mehr Veranstaltungen, Zuschauer, Festangestellte

Köln, 11. August 2015. Die Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins für die Saison 2013/14 ist erschienen. Wie der Bühnenverein in seiner Pressemitteilung schreibt, konnten die Theater und Orchester in Deutschland demnach ihre Besucherzahlen deutlich steigern. "In der Spielzeit 2013/2014 besuchten inklusive Gastspiele rund 35,5 Millionen Zuschauer die öffentlich getragenen Theater, die Kulturorchester, Privattheater und Festivals. Im Vorjahr waren es 34,7 Millionen. Das ist eine Steigerung von rund 2,3 Prozent." Allerdings war noch im Vorjahr ein Rückgang der Zahlen vermeldet worden.

Die Zahl der Veranstaltungen am Ort habe sich bei den öffentlich getragenen Theatern und Orchestern um ca. 2,8 Prozent ebenso erhöht wie die Eigeneinnahmen der Theater und Orchester – um 5,8 Prozent im Vergleich zur vorangegangenen Spielzeit. Damit konnten die Häuser ihr Einspielergebnis von 18,1 Prozent auf 18,4 Prozent steigern, so der Bühnenverein. Die Zuschüsse für die öffentlich getragenen Theater und Orchester stiegen demnach um ca. 2,7 Prozent von rund 2,3 Milliarden Euro auf rund 2,37 Milliarden Euro.

Auch die Zahl der fest angestellten Theatermitarbeiter – befristet und unbefristet – stieg leicht von 39.086 auf 39.235. Insgesamt sind 43.964 Personen (Vorjahr 43.899) fest in den Theatern und Orchestern angestellt, einschließlich der Musiker der selbstständigen Kulturorchester und Rundfunkorchester. Die Zahl der nicht ständig beschäftigten Mitarbeiter stieg erneut leicht von 24.913 auf 25.228.

Die Theaterstatistik dokumentiert die wichtigsten Wirtschaftsdaten der Theater und Orchester in Deutschland. Insgesamt 142 Staatstheater, Stadttheater und Landesbühnen sowie 130 Orchester (inklusive Theaterorchester), 225 Privattheater und 76 Festspiele werden mit ihren Einnahmen und Ausgaben, Personalangaben, Besucherzahlen und Veranstaltungen dargestellt.

(Deutscher Bühnenverein / geka)

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Kommentare  
Theaterstatistik Bühnenvereins: 2 Fragen
2 Fragen an die Experten:

Die (gestiegene) Anzahl der Mitarbeiter. Sind das Vollzeitstellen oder die Kopfanzahl aller Mitarbeiter? (Letztere steigt bekanntlich bei konstanter Stellenzahl, wenn Teilzeitarbeit zunimmt.)

Und: Vermute ich richtig, dass die Anzahl der nichtständig Beschäftigten die Anzahl der geschlossenen Verträge ist und nicht eine Personenanzahl? (Also wenn ich beispielsweise in einer Saison an zwei Häusern werkvertragsweise arbeite, dann würde ich hier doppelt gezählt, richtig?)
Theaterstatistik Bühnenverein: 2 Antworten
2 Antworten
1. es handelt sich um die Zahl der Mitarbeiter (also "Köpfe"). Allerdings lassen sich die VZE ebenfalls für Technik und Verwaltung ablesen. Im künstlerischen Bereich nicht, es ist eine Teilzeitbeschäftigung dort allerdings gem. NV-Bühne meines Wissens nicht vorgesehen. Eine Gesamtsumme für VZE wird nicht gebildet.
2. genau, es handelt sich um die Zahl der Verträge.
Theaterstatistik Bühnenverein: Schönrechnung kritisch hinterfragen
Sehr geehrte Nachtkritik,

ich bitte Sie höflich, die Zahlen einmal kritisch zu hinterfragen, denn die Situation ist viel dramatischer als sie der Bühnenverein in seiner jährlichen Statistik schön rechnet – sieht man sich einmal den Verlauf diverser Sparten über die Jahre an.

Insgesamt sind z.B. dem Musiktheater von einst 9,2 Millionen Besuchern 1,7 Millionen abhanden gekommen (das sind fast satte 20 Prozent) und dieser freie Fall scheint keineswegs gestoppt.

http://www.miz.org/intern/uploads/statistik21.pdf

Aus eigener Beobachtung hier in Mannheim kann ich sagen: Nur aus „Nationaltheaterstolz“ duldet die jetzige Politikergeneration noch ein Haus, das über weiter Teile des Jahres nicht einmal zur Hälfte besetzt ist – egal ob Repertoire oder Neues. Auch im Umfeld des Bad. Staatstheater in Karlsruhe wird von einer Zahlenspielerei zur Statistik-Verschönerung berichtet. So unterscheidet man dort neuerdings zwischen "Besuchern" und "Zuschauern" - Besucher, die in die Statistik einfließen, sind auch Internet-Surfer im Foyer oder Nachtschwärmer auf der Theaterterrasse. Die viel geringere Zahl der realen Zuschauer der Vorstellungen wird so ganz nett aufgepumpt.

Ich verweise in dem Zusammenhang auch auf den sehr interessanten, schon etwas älteren Artikel von Frau Dr. Keuchel, in dem sie differenziert eine Analyse zum Publikumsschwund wagt:

http://www.kulturwest.de/kulturpolitik/detailseite/artikel/der-besuch-in-einer-kultureinrichtung-verliert-immer-mehr-an-gesellschaftlicher-relevanz/
Mit freundlichen Grüßen

Josef Scheiner
Theaterstatistik Bühnenverein: bitte mehr Sorgfalt + Kontrolle
Ungenaue und nicht belastbare Daten

Das große Problem der Bühnen-Statistiken ist es, dass sie von den eigenen Verwaltungen erstellt und von niemandem kontrolliert werden. Im Prinzip müssten die Wirtschaftsprüfer, die auch die Bilanzen und Jahresabschlüsse prüfen, auch diese Statistiken absegnen. Zudem muss der Bühnenverein mehr Sorgfalt bei der Durchsicht aufwenden. Vertrauen ist immer gut, Kontrolle natürlich viel besser.

Die Statistik liegt mir vor, sie ist für jeden Interessierten beim Bühnenverein bestellbar und spannend zu lesen, wenn man sich darin vertieft. Ein Beispiel:
Das Theater Rostock weist für die Spielzeit ca. 103.000 Karten aus, davon sind 8.800 sonstige Veranstaltungen, beim Theaterverbund Greifswald/Stralsund sind es sogar 51.000 von 159.000 verkauften Karten. Zwischen zehn und dreißig Prozent aller verkauften Karten sind Veranstaltungen wie Führungen, Einführungen, Matineen und Sonderprogramme, die nicht mit dem Kernprogramm des Theaters zu tun haben. Die höheren Besucherzahlen werden durch Nebenprogramme erreicht. (Zudem ist nicht jede verkaufte Karte ein neuer Besucher!)
Ein weiteres Problem, der Fluch der Ehrenkarten und Dienstplätze, die zum Beispiel beim Theater Heidelberg mit 45.000 von 201.000 verkauften Karten im Verhältnis von 20% den Rekord anpeilt, auch in Konstanz sind es immer noch 8.800 von 88.000 Karten (10%) - kostenlose Ehrenkarten für die Stadt- und Landespolitik und die Prominenz. Eine Untugend, wenn wir auf der anderen Seite feststellen, dass Theater wegen fehlender Subventionen eingekürzt werden müssen.
Zur Zahl der ausgewiesenen Einnahmen:
Die Oper Erfurt weist bei ausgewiesenen Einnahmen von 24 Mio Euro über 3 Mio Euro als aufgelöste Rückstellungen aus, die das Ergebnis völlig verwischen. Ehrlich wäre es gewesen, die Einnahmen aus Kartenverkäufen mit 21 Mio Euro auszuweisen. Dieser Fehler taucht immer wieder auf, so dass sich das Gesamtergebnis bei den Einnahmen, wie auch den Zuschauern jedes Jahr scheinbar immer mehr erhöht, in realitas aber stagniert.
Ich möchte den Bühnenverein ganz herzlich bitten, bei der Redaktion dieses Berichtes, der ein verlässliches Dokument sein soll, mehr Sorgfalt aufzuwenden und den Theatern deutlich zu machen, was zulässig ist und was nicht, damit wir einen ehrlichen Eindruck von den Verhältnissen bekommen. Jubelmeldungen helfen uns nicht weiter, wenn wir in prekären Gebieten wie in Mecklenburg oder Thüringen mit substanziellen Kürzungen konfrontiert werden.
Theaterstatistik Bühnenvereins: klar + höflich
Danke. Ehrlich gedacht und klar gesagt. Und nicht zu vergessen: höflich gebeten.
Theaterstatistik Bühnenverein 2013/14: Statistik genauer betrachtet
Was hat sich verändert:
Insgesamt sind es ca. 50.000 Veranstaltungen, davon 5.993 im sogenannten Zusatzprogramm, das heisst mehr als 10% aller Veranstaltungen in der deutschen öffentlichen Theaterlandschaft sind inzwischen keine Vorstellungen von Inszenierungen. Das macht deutlich, wie stark sich die Theater darauf konzentrieren, Bei- und Zusatzprogramme zu entwickeln.
Mit 23.500 liegt das Schauspiel an der Spitze, vor dem Kinder- und Jugendtheater (14.653) und den sonstigen Veranstaltungen (5.993), die noch vor der Oper liegen (5.918).
Bei den Einnahmen liegt das Schauspiel (5,3 Mio) vor der Oper (4 Mio).

(Es wäre hilfreich, wenn der Deutsche Bühnenverein in seinen Statistiken Summenzahlen total veröffentlicht, damit man schnell einen Überblick bekommt.)

Von 39.235 fest engagierten Mitarbeitern sind nur 17.200 Frauen, ohne das ausgewiesen wird, in welchen Bereichen. Hinzu kommen 11.842 Gastverträge, 4.525 Abendgäste, 8861 Werkverträge (meist für Regisseure und Bühnenbildner), das heisst, es wurden 25.228 Verträge abgeschlossen, in denen nicht fest angestellte Mitarbeiter beschäftigt waren. Das sind etwa 40% der Gesamtsumme aller Beschäftigten. Wir sollten genau beobachten, wie sich dieser Trend entwickelt.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Bühnenvereinsstatistik nur einen Ausschnitt der deutschen Theaterlandschaft repräsentiert. Die großen Produktionshäuser (Hau, Mousonturm, Kampnagel, Sophiensäle, etc) sind ebenso wenig erfasst, wie die vielen produzierenden freien Gruppen.
Theaterstatistik Bühnenvereins 2013/14: offenbar andernorts
Das ist interessant, was die Zahlen belegen, denn es bestätigt irgendwie mein vages und stets selbst bezweifeltes Gefühl (blödsinnkanndochgarnichtsein) davon, dass an den Theatern immer mehr getan dafür getan wird, Zuschauer für Theaterwahrnehmung überhaupt "fit" zu machen (Theaterpädagogik), ergänzend zu künstlerisch anspruchsvollen Inszenierungen "leichtere" Kost zu biten, damit kein Publikum verloren geht undoder eine politisch bildende Arbeit zu leisten, die eigentlich doch ein normales Nebenprodukt ganz normaler künstlerisch konzentrierter Arbeit ist, wenn man davon ausgeht, dass es nicht darum geht politisches Theater zu machen, sondern eben ganz normal politisch z.B. Theater wie andere Kunst ja auch zu machen. Und das zeigt auch, dass politische Bildung offenbar andernorts in der Gesellschaft, wie beispielsweise durch die Medien, ungenügend geleistet wird, wenn das dann auch noch vom Publikum ausgerechnet vom Theater gut und ersatzweise für Theaterkunst angenommen wird. Was die Beschäftigtenstatistik betrifft, die A. Cotard so nüchtern erörtert, kann ich bisher keinen Zusammenhang zu der inhaltlichen Verschiebung erkennen, aber man darf doch davon ausgehen, dass es einen gäbe, oder???
Theaterstatistik Bühnenverein 2013/14: mehr Selbstkritik, bittschön!
Sie, werter Rechner, haben den Punkt getroffen. Diese Zahlen belegen tatsächlich, dass die Theater von Jahr zu Jahr mehr Geld, Kreativität und Energie aufwenden müssen, um die Wahrnehmungslücke zwischen Besuchern und Theater zu schließen. Ganze Education Abteilungen beschäftigen sich damit.
Das Theater hat irgendwann (wann?) den Anschluß verloren oder die Fähigkeit, den Anschluß herzustellen, und muß dies nun nachholend erledigen. Wie löst man dieses Dilemma wieder auf?
Muss die Gesellschaft, die Schule, muss jede Familie, jeder Einzelne mehr dafür tun, dass wir/sie/er ohne weiteres ins Theater stolpern können. Oder muss es das Theater?
Wie bringt man das Theater wieder ins Gedächtnis der Gesellschaft?

Und wann fangen wir an, uns damit auseinander zu setzen, dass 35 Mio verkaufte, verschenkte, verloste Karten nicht 35 Mio Zuschauer sind. Ins Theater gehen erwiesenermaßen Wiederholungstäter. Man geht davon aus, dass 10% der Theaterbesucher nur einmal, und 10% mehr als sieben Mal pro Jahr ins Theater gehen ( beim Konzert verschiebt sich das noch weiter in eine größere Häufigkeit, da das klassische Konzertpublikum zur Serie neigt). Also gehen 80% der Besucher zwei bis sechs Mal im Jahr ins Theater, was einer Zahl von durchschnittlich vier Theaterbesuchen pro realem Besucher entspricht. Das heißt, wir haben etwas weniger als 9 Mio Zuschauer, erreichen also nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Ist das viel, oder wenig? Wieviel Prozent aller Menschen lesen regelmäßig Bücher?
Und wieviele Menschen schauen True Detective, Breaking Bad, House of Cards?

Warum ist das so? Warum interessiert sich nur jeder zehnte Mensch in D für Theater, warum wenden sich so viele Menschen enttäuscht ab, oder andere gar nicht erst zu?

Ich bin kein Theaterhistoriker, kann also nicht ermessen, wieviele Menschen wirklich an den griechischen Tragödien und Weihefestspielen im antiken Griechenland teilgenommen haben. Ich erinnere mich nur an riesige Arenen in Epidaurus und andernorts in G. Das Globe Theater im Elisabethanischen England soll über 2000 Menschen aufgenommen haben, in der Saison Abend für Abend.
Vielleicht ist es gar nicht berechtigt, über fehlende Zuschauer nachzudenken, wenn man den Erfolgsmeldungen des Bühnenvereins lauscht. Ich wünsche mir einfach nur eine kritisch einordnende bzw. Selbstkritische Berichterstattung. Wir benötigen Impulse aus der kritischen Reflexion heraus!
Theaterstatistik: Austausch über Schichten hinweg in der DDR
Danke, sehr geehrter A. Cotard, manchmal hilft ein neu in das Gespräch eingebrachter Begriff, eine erlangte Übereinstimmungsmasse einzuschmelzen und ohne endlose Wiederholungen weiter zu kommen. Ihre „Wahrnehmungslücke“ zwischen Besuchern und Theatern scheint mir ein solcher Begriff zu sein. Auch teile ich Ihre Ansicht, dass das Theater, nunmehr gesamtdeutsch, den „Anschluss“ verloren habe. Ich denke, das war sogleich und bis heute nach der von vielen ostdeutschen Zuschauern als Anschluss empfundenen Einverstaatlichung, geschehen… Sie erlebten da eine große Ignoranz gegenüber ihren gelebten Lebensleistungen und erhalten bis heute kaum Aufmerksamkeit für die Darlegung ihrer Motive, eine andere Staatsgestaltung mit anderen Prioritätensetzungen ausprobiertunterstütztgeduldet zu haben. Das betraf und betrifft selbstverständlich auch deren gewachsene Rezeptions- und Antizipationsgewohnheiten von Kunst und Kultur. Dem altbundesdeutschen, pauschal verurteilenden Diktatur-Vorwurf standen Erfahrungen gegenüber, die man nicht gutheißen muss. Die aber die Ergebnisse gezeitigt haben, die man auch gutheißen kann. Und deren positives Potential man integrieren kann in unsere Theater-Überlegungen: Ja, für viele Menschen galt es als Zwang, wenn in den Arbeitsbereichen gefordert war, sich für die Prämierung (materielle Auswirkungen) als „sozialistischen Kollektiv“ beweisen zu müssen. Und ja, als „sozialistisches Kollektiv“ konnte nur gelten, wer nicht nur seine Arbeit sehr gut in jeder Hinsicht machte. Sondern gleichzeitig die kulturelle und politische Bildungsbeflissenheit des Teams nachweisen konnte. Nur alles zusammen galt als „sozialistisch“ motiviert. Das ist natürlich eine ungeheure Phrasiologie gewesen, die abstoßend war. Aber: es war normal geworden in den Endsiebzigern und Achtzigern, dass einander mehr oder weniger fremde Leute miteinander in den Bussen und Bahnen, beim Grillen nach dem Hausputz, beim Einkauf oder in den Pausenräumen über das letzte Konzert oder über das gemeinsam gesehene Theaterstück, über „ihr“ gewähltes Theater, über das, was ihnen Musik und oder Theater, Kunst im Allgemeinen bedeutete, sprachen. Das waren keine elitären Gespräche, sondern alltägliche. Es war nur noch ironisch erwähnt, dass man sich mit der Liebsten extra „aufgetuckt“ hatte für das BE z.B. … Ansonsten: ein Thema unter all den vielen anderen um Reisen und Brot und seltene Waschmaschinen und Bücher und Kinder und Eltern und Ausbildungserfahrungen – alles durcheinander… DAS ist doch ein ungeheurer Gewinn gewesen! Die Leute haben diese Art eher sanften, durch Kollektivierung ausgeübten, Zwang mitunter gehasst. Und haben sich durch ihren individualisierten Genuss davon befreit. Jedenfalls nicht als Wahrnehmungs-Zwang wahrgenommen. Ich höre solche Gespräche nicht mehr seit 25 Jahren… Ihre Frage, sind 10 Prozent der Bevölkerung viel oder wenig?, möchte ich auf der Grundlage dieser persönlichen Erfahrung so beantworten: Ja, 10 Prozent sind sehr viel, wenn diese 10 Prozent untereinander und mit auch fremden Anderen ungeachtet von Schicht- und Klassenunterschieden über das, was sie sahen oder hörten, im TheaterKonzert erlebten, redeten. Und es sind mich deprimierend kulturlos wenig, wenn genau das nicht geschieht… Wesentlich dem DDR-Abosystem war die Gewohnheit des schichtübergeifenden Austausches von individuellen Empfindungen, Gedanken und kreativer, auch politischer, Kritik nach dem/beim/am Kunstgenuss. Ich glaube nicht, dass Menschen sich für Theater interessieren. Sie interessieren sich für sich selbst, also für Menschen. Ein Theater ist deshalb auch nur dann interessant für sie, wenn es sich für Menschen allgemein und das Menschliche als solches interessiert. Das kann man ja niemandem verordnen, solch ein Interesse. Keinem Intendanten und keinem Schauspieler und keinem Aktionskünstler oder sonst wem. Das hat einer oder er hat es nicht. Wer sich grenzenlos interessiert, braucht auch nicht retten.
Theaterstatistik: Problem der Einspielquote
Kleine Bitte um Korrektur

Liebe Kollegen von der Nachtkritik, die Überschrift über Herrn/Frau Rechners letzten Beitrag, die sie gesetzt haben, passt nicht,
Rechner setzt sich kritisch mit dieser Zeit auseinander. Ich würde um Korrektur bitten, sonst führt das zur Verstörung.

Noch ein Satz zur Theaterstatistik. Zur sogenannten Einspielquote.
Die Einspielquote als das non plus ultra auszuweisen, halte ich für problematisch, ebenso wie die Auslastung, die immer wieder als Indikator dafür herhalten muß, Theater untereinander zu vergleichen.

Die Einspielquote wird nicht immer korrekt ausgewiesen, oft finden sich darin noch eingeworbene Drittmittel, zum Teil sogar Projektmittel des Gesellschafters, der bereits die Subventionen bezahlt. Richtig wäre es, die Einspielquote auch zu bereinigen von allen Einnahmen aus Franchise, Verkäufen von Programmheften oder Theaterkostümen.
Wir müssen wissen, wieviel Kraft, Anziehungskraft hat ein Theater heute, und wieviel Prozent seiner Betriebskosten kann es tatsächlich einspielen. Erst auf dieser Grundlage und kombiniert mit demografischen Markern können wir eine Vorausschau machen über die Mittel, die die Theater auch in zehn oder zwanzig Jahren benötigen. Wir sehen an der Debatte über Thüringen, dass es an substanziellen Vorausschauen gefehlt hat.

Danach müsste regional sortiert werden. Natürlich sind 20% EQ in Düsseldorf etwas ganz anderes als im Schweiße des Angesichts erarbeitete 12% in Sachsen Anhalt. Die Preisstrukturen der Theater sind nicht miteinander zu vergleichen. Und ebenso wenig die Kaufkraft in Westdeutschland mit der in der ostdeutschen Provinz.

Die Statistik könnte darauf verweisen, dass es im Prinzip vier (oder mehr?) strukturell kaum miteinander vergleichbare Theatersysteme im großen deutschen System gibt:
die ostdeutschen Theater,
die west- und nordwestdeutschen Theater,
die süddeutschen Theater und
die Theater in den Metropolen.

Und zuletzt, ich würde mir sehr wünschen, wenn die doch sehr frugale Statistik etwas lustvoller aufgearbeitet werden würde. Sie hat sich strukturell in den mindestens letzten 15 Jahren nicht verändert.
Wir leben im 21. Jahrhundert. Könnte man die Statistiken nicht grafisch etwas lebendiger gestalten, auch einige Diagramme, mehr Vergleiche, mehr Summenzahlen, und bitte auch mehr Mut zum Kommentar. Eine Pressemitteilung reicht nicht. Es erweckt den Eindruck, der Bühnenverein versteckt sich hinter einem Berg von Zahlen. Liebe Frau Kisseler, bitte übernehmen Sie! Wir müssen miteinander in die Diskussion kommen.

(Sehr geehrte/r A. Cotard, die Überschrift des Kommentars deutet auf ein wichtiges Thema des Beitrags. Mit besten Grüßen aus der Redaktion, Christian Rakow)
Theaterstatistik: Osten immer nur der Gute?
@ Rechner #9: Das ist alles so pauschalisierend. Der Osten ist immer nur der Gute? Stimmt einfach nicht. Sie haben ja auch nur einen Scheuklappenblick. Übrigens gab es auch im Westen einen Schichten übergreifenden Austausch über Theater, gespeist aus einem Interesse am Menschen/Menschlichen. Ist allerdings schon eine Weile her. Und was soll Ihr folgender Satz heissen? "Wer sich grenzenlos interessiert, braucht auch nicht retten"? Verstehe ich nicht.
Theaterstatistik 2013/14. Neujustierung der Parameter
Liebe Inga, ich bin sicher, dass das von Rechner nicht pauschalisierend gemeint war. Der Osten, insbesondere die Theaterpolitik des Ostens, muss absolut differenziert betrachtet werden.

noch einmal zur Statistik:

Ich würde mir wünschen, dass sich ein Team aus Intendanten und Geschäftsführern des DBV zusammen setzt und ein neues, gerechtes und transparentes System zur Einschätzung der Theater entwickelt, in das wirtschaftliche und soweit möglich auch künstlerische Aspekte einfließen.
Im Moment pendeln wir zwischen einer rein ökonomistischen Betrachtung in der o.g. Statistik, mit Einspielquote, Anzahl der verkauften Karten, Auslastung, Zuschuß pro Karte und Betriebsergebnis auf der einen, und einer subjektivistischen, wenn nicht sogar geschmäcklerischen Richtung, die schließlich in der Einladung zum Theatertreffen kulminiert. (Ich würde die von Theaterleuten für Theaterleute konzipierte Faustveranstaltung unkommentiert lassen und hier nicht einordnen.)
In dem neuen Betrachtungssystem müssten die Ressourcen, die Kapazitäten und die Potentiale der Theater auf den verschiedenen Ebenen und in den Regionen zueinander in Bezug gesetzt werden.
Ist das möglich?
Oder wollen wir auch noch in zehn Jahren die Leistungsfähigkeit und Bedeutung unserer Theater anhand einer Einspielquote messen, die keinen Sinn macht, weil es sich beinahe immer um mindestens 75% Subventionen handelt, die in das Ergebnis einfließen, oder an einer einzigen Einladung zum Theatertreffen, ausgewählt unter Hunderten von Inszenierungen, von denen, wenn überhaupt, nur schmale zehn Prozent überhaupt von den Juroren gesehen wurden.
Wir benötigen belastbare Indikatoren.
Wir verzetteln uns im Moment in der Diskussion ob die Wahl eines Intendanten in der Stadt x zum "Zerfall" des deutschen Theatersystems beiträgt oder nicht, und schauen aus den Augenwinkeln zu, wie immer mehr Substanz wegbricht.

Auf der anderen Seite ist es nicht so, dass die Westdeutschen Theater so viel "effizienter" arbeiten als die Bühnen im Osten, Spitzenreiter unter den Mehrspartentheatern sind die Bühnen Köln mit 200 Euro Zuschuß pro verkaufter Karte, vor Frankfurt am Main mit 170 Euro und Stuttgart 160 Euro, die etwa gleich auf sind mit Rostock. (Das höchste Einzelergebnis hat hier die Staatsoper Berlin mit einem Zuschuß von 250 Euro pro Karte.)
Theaterstatistik: Statistik mit Lagebericht kombinieren
Vorschläge 2

Lieber Bühnenverein,
Verehrte Damen und Herren,

Die Welt dreht sich und alles ist im Wandel, vor allem die Welt der Theater. Die wenigsten wissen, was für ein wichtiges Medium diese Statistik ist - zur Analyse der Situation der deutschen Theater und Orchester und zugleich auch für die Argumentation im kulturpolitischen Raum.
Ich würde Sie bitten diese Statistik mit einem Bericht über die Situation der Theater in Deutschland zu kombinieren, der uns allen hilft, Jahr für Jahr Ihre Einschätzung der Sicht auf die Krisen und Diskussionen, auf die Themen und Potentiale zu verstehen.
Im Moment fehlt eine klare kulturpolitische Position des Bühnenvereins, jenseits der jährlich publizierten Kommuniqués anlässlich der Bühnenvereinstagungen und Ihrer Pressemitteilungen.
Ein Jahresbericht würde diese Lücke schließen, zumindest aber ein Kommentar zur Statistik. Vielen Dank!
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