Presseschau vom 18. August 2015 – Rüdiger Schaper meditiert im Tagesspiegel zwischen den Volksbühnen-Kriegs-Fronten
Das West-Berlin des Ostens
Das West-Berlin des Ostens
18. August 2015. "Im heißkalten Volksbühnen-Krieg sind Freundschaften zerbrochen und lange Arbeitsbeziehungen. Hate-Mails wurden verschickt, geistige Bunker errichtet", konstatiert Rüdiger Schaper heute im Tagesspiegel, und: "Es gibt eine Mauer zwischen denen, die noch an Castorf glauben, an seine ewige Regenerationskraft, und denen, die seinen finsteren, sechsstündigen Kulturschuttplatzpartys nicht mehr viel abgewinnen können, ob es nun um Brecht geht oder Malaparte oder Dostojewski. Die sich unbehaglich fühlen in diesen Endmoränen der Theaterkunst oder sich einfach langweilen."
Und wendet sich in seiner Ausforschung der Ursachen der hohen Emotionalität, mit der die "Volksbühnen-Debatte" ausgetragen wird, fortan v.a. an erstere, also "die, die noch an Castorf glauben": "Wie soll man sich anständig trennen, wenn man so viel Lebenszeit, so viel Theaterzeit miteinander verbracht hat?", fragt Schaper. "Der Abschied wird verdammt schwer – weil er nie vorgesehen war."
"Die Volksbühne war und ist das West-Berlin des Ostens. Wild und frei." Das heiße aber auch: "Sie kommt wieder. Sie verschwindet nicht. Sie steckt sowieso überall, in den Biografien, in anderen Bühnen, in den Köpfen." Dass Frank Castorf, Herbert Fritsch, René Pollesch nicht in Berlin inszenieren, sei nicht vorstellbar. Denn: "Sie setzen die Maßstäbe. Egal, wer wo in der Intendanz sitzt." Am Ende machten nicht die Politiker und Kulturdenker, sondern die Künstler das Theater dieser Stadt, die Schauspieler, Regisseure, Bühnenbildner, so Schaper: "Das weiß auch Chris Dercon."
(sd)
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Er hat sein Team für Berlin sehr sorgfältig zusammen gestellt. Mit Alexander Kluge als Vordenker. Sollten wir uns nicht darauf freuen, anstatt immer nur zu meckern und dem Alten nachzutrauen.
Kunst kann nur gedeihen, wenn man ihr eine Chance gibt!
Eine Community wird nicht deshalb aufgelöst, weil ein Intendant wechselt. Frank Castorf wird noch viele Jahre weiter inszenieren, in anderen Konstellationen, mit anderen Ergebnissen.
Der Wechsel einer Intendanz ist legitim, so lange es kein Privattheater ist. Man darf nicht die Beendigung der Intendanz Peymanns herbeisehnen und die Füße gegen die Ablösung Carstorfs stemmen. Das Theater gehört seinen Zuschauern, weder einem Intendanten, noch seinen Mitarbeitern, noch der Poltik. So lange die Zuschauer sich nicht melden, werden Ersatzhandlungen durch die Politik vorgenommen, die nicht immer schön sind - aber so funktioniert diese Demokratie.
Sie schreiben: "So lange die Zuschauer sich nicht melden, werden Ersatzhandlungen durch die Politik vorgenommen, die nicht immer schön sind - aber so funktioniert diese Demokratie."
Bitteschön. Das ist in #3 und auch im Übrigen unzählig oft geschehen. Der Kulturstaatssekretär hat dann eine 'Ersatzhandlung' vorgenommen und nach Gutdünken Tatsachen geschaffen. Das ist der Skandal. Er hat den Keil angesetzt, nicht #3! Vollkommen ohne Not, ohne gute Gründe, ohne öffentliche Debatte.
Sie verstehen nicht den feinen Unterschied zwischen Castorf als Regisseur und Castorf als Intendant (der VB). Dass F. C. weiter inszenieren wird, ändert doch nichts an der Problematik die VB jetzt und so zu zerschlagen wie T. R. es tut.
Daran kann auch Alexander Kluge (leider) nichts ändern.
Sondern: ein Forum.
Teil der Debatte, der Demokratie, der Meinungsbildung.
(Ich stimme Ihnen zu, dass einiges schon zu oft wiederholt wurde. Daran ermisst sich die Renitenz der/des Kritisierten und der/des Kritisierenden. Wer schweigt, hat andere Prioritäten. Dass es zu einem echten Austausch der Argumente gekommen wäre, wollen Sie ja wohl kaum behaupten. Wir sind dazu jedenfalls nach wie vor bereit.)