Presseschau vom 3. September 2015 – Die SZ und der Tagesspiegel berichten kritisch vom Verhältnis zwischen Theatern und Flüchtlingen
Wem bringt's was?
Wem bringt's was?
3. September 2015. Flüchtlinge sind gerade ein prägendes Thema – in den Medien wie in den Theatern."Möchte man es provokant ausdrücken, könnte man sagen, die Kunstszene hat den Flüchtling als Trend-Thema entdeckt", fasst Christiane Lutz die Situation auf sueddeutsche.de zusammen. Eigentlich porträtiert sie ein Theaterprojekt im niederbayerischen Schönau, wo Flüchtlinge Einheimische spielen und umgekehrt.
Aber sie wird auch allgemein: "Oft stehen Flüchtlinge selbst auf der Bühne, manchmal protokollieren Dramaturgen ihre Geschichte, die dann Schauspieler vortragen. Häufig bleibt dabei nicht mehr als die dokumentierte Wirklichkeit - und die Frage, wem das Ganze jetzt mehr bringt - dem Flüchtling, dem Kunstschaffenden oder dem Zuschauer. 'Was mit Flüchtlingen', das soll Publikum anziehen und Kultureinrichtungen genau jene Relevanz und Aktualität verschaffen, deren Mangel ihnen sonst so oft unterstellt wird. Doch es ist schwierig, die Grenze zwischen künstlerischer Auseinandersetzung mit dem Thema und dem Benutzen von Flüchtlingsgeschichten nicht zu überschreiten."
An dieser Kritik setzt auch Rüdiger Schaper im Berliner Tagesspiegel an: "Kunst will jetzt direkt politisch sein, kaum eine Institution mag sich nachsagen lassen, sie hätte weggeschaut", bemerkt er ironisch. Um dann auf jene Aktion des Schauspielhauses Bochum einzugehen, bei der die Zuschauer eingeladen werden, sich in einem LKW jenes Bautyps einen Eindruck über die Situation von Flüchtlingen zu verschaffen, in dem in Österreichen Ende August 71 Leichen gefunden wurdenin Österreichen Ende August 71 Leichen gefunden wurden – von "versinnlichen" spricht der leitende Dramaturg. "Versinnlichen?", stöhnt Schaper auf. "Den Tod von 71 Menschen in einem Lkw? Wie stumpf muss der Mann sein – und was ist seine Vorstellung von Empathie? Diese Denkweise macht deutlich, warum Syrer und Afghanen nach Deutschland fliehen: Hier geht es uns Menschen so gut, fühlt man sich so sicher und fett, dass man den Tod auf der Flucht mal eben nachstellt und nachspielt. Ein bisschen ersticken und einen schönen Abend noch."
(geka)
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