Presseschau vom 2. Oktober 2015 – Der Spiegel über den nahenden Start von Matthias Lilienthal an den Münchener Kammerspielen

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2. Oktober 2015. Bald wirds ernst an den Münchener Kammerspielen. Im Spiegel führt Wolfgang Höbel nochmal aus, dass Matthias Lilienthal als neuer Chef ein Modell für die Zukunft bauen will und dass das für manche Traditionalisten eine Kampfansage sei.

Der Leiter des Förderverein der Münchner Kammerspiele, Peter Haslacher, wird von Wolfgang Höbel anfangs in dem Text zitiert. Haslacher beteuert, dass er diesem Start mit freundlicher Neugier entgegensehe. "Ich bin kein Vorverurteiler." Er habe Lilienthal mehrmals getroffen, er finde den Mann "persönlich sehr sympathisch". Zugleich sei ihm ein Rätsel, was die Münchner Kulturpolitiker bewogen habe, "den zu holen", berühmt geworden sei Lilienthal seines Wissens vor allem "für bunte Events".

Lilienthal in München - Höbel vergleicht das damit, als hätte man Sahra Wagenknecht die Leitung der Deutschen Bundesbank übertragen. "So wie Wagenknecht nicht müde wird, die Verkommenheit und hoffnungslose Überlebtheit des Kapitalismus anzuprangern, so hat Lilienthal in den vergangenen 20 Jahren wenige Gelegenheiten ausgelassen, das deutsche Theatersystem als prinzipiell faulend zu beschimpfen." Der Intendant besänftige diejenigen, die ihn für einen revolutionären Neuerer hielten, mit der Ankündigung: "Drei Viertel des Programms, das wir machen, ist ganz normales Ensemble- und Repertoiretheater."

Derweil habe Lilienthal in den vergangenen Wochen Klinken geputzt. "Exakt 40-mal ist der Intendant bei Münchner Theaterbegeisterten in die Wohnung spaziert und hat bei Kaffee, Bier und Wein den Anwesenden sein Programm erklärt.  "'Ich glaube, viele Münchner finden mich ganz nett', hat Lilienthal gelernt. 'Selbst die Leute, die behaupten, dass sie mein Programm nicht verstehen.#"

Bei seinem Auftritt vor dem Förderverein der Kammerspiele, so der Vereinschef Peter Haslacher, habe Lilienthal viel darüber geredet, welches Publikum er sich in Zukunft wünsche. "Er habe die weißhaarigen Stammgäste des Hauses aufgefordert, doch bitte ihre Enkel mit ins Theater zu bringen; er habe davon erzählt, dass viele Migranten kommen sollen, sozial Schwache und überhaupt ganz viele Menschen, die bisher nicht in die Kammerspiele gefunden haben. Am Ende, sagt Haslacher, habe eine ältere Dame dann doch ihrer Empörung Luft gemacht: 'Ich hab den Eindruck, ich soll hier vom Hof gejagt werden.'" Lilienthal sei die Geschichte peinlich. Er sei schlecht in Form gewesen an diesem Abend. Niemand werde in seinem Theater altersdiskriminiert, sagt er. Er sei 55 Jahre alt und "selbst ein älterer Herr".

(sik)

 

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