Neues aus der Spielekammer

von Michael Stadler

München, 17. Dezember 2015. Die Kinder sind klasse. Sie machen den Anfang auf der Bühne der Kammer 1, toben herum, werfen einen Plüschtier-Löwen über eine Mauer von Umzugskartons und halten inne, als dramatische Streichermusik erklingt. Ihr "Hallo?" klingt verloren in diesem Raum, der in seiner Umzugskarton-Kargheit nicht gerade nach jenem edlen Roulettenburg bei Wiesbaden aussieht, in dem Fjodor Dostojewski seinen Roman "Der Spieler" ansiedelte. Bühnenbildner Jonathan Mertz hat das Geländer der Balkonreihe in den Bühnenhimmel weiter hineingebaut, so dass sich ein vollständiges Oval ergibt, das den Zuschauerraum miteinbegreift. Das Spiel umfasst hier alle, und wie schön wäre es, wenn es noch so was wie kindliche Unschuld im Als-ob gäbe. Die Kinder – Kaspar Huber, Jasper Kohrs, Zoë von Weitershausen, Marlene Witzigmann und später Nikolai Huber – übernehmen wunderbar die Rollen, lesen Romanpassagen vor, nachdem dem auf der Bühne sitzenden Souffleur Joachim Wörmsdorf schön ruppig ein Textbuch aus der Hand gerissen wurde.

Logik von sklavischem Geben und Nehmen

Vieles kann man in sie hineinlesen: Sie sind die Kinder eines Generals, die der Lehrer Aleksej unterrichtet. Sie sind aber auch die jungen Alter Egos der Erwachsenen, die sich recht infantil durchs Leben lavieren, wobei der Gedanke ans Geld und Geschäft jede Spielerei durchdringt. Sicherlich der größte Kindskopf im Team von Regisseur Christopher Rüping ist Thomas Schmauser, der sich als Aleksej zwischendurch auf einer Schulbank einreiht und sich von den Kindern belehren lässt, dabei mit Blödsinn stört, ohne dass eine Rüge ihn jemals stoppen könnte. Das Kind im Mann kitzelt Schmauser schnell aus sich raus, ist aber auch ein versierter Spieler, der die Performance und die Rolle, die Situation und welches Maß an Chaos oder Stille sie gerade verlangt, jederzeit mitdenkt.

DerSpieler2 560 David Baltzer uEntfesselungsübungen: Joachim Wörmsdorf, Jasper Kohrs, Thomas Schmauser, Zoë von
Weitershausen, Kaspar Huber, Anna Drexler, Marlene Witzigmann © David Baltzer

Aleksej ist verliebt in die Stieftochter des Generals, Polina, schwört ihr mehrmals, dass er sich für sie in einen Abgrund werfen würde, sie müsse es nur befehlen. Damit steckt er in der Logik von sklavischem Geben und dann Nehmen fest, was Polina nicht gefällt, ohne dass sie weiß, was sie eigentlich will. Anna Drexler wirkt streckenweise im Raum verloren, aber in den Szenen mit Thomas Schmauser entwickeln sich traurig-schöne Szenen einer Liebe, die nicht recht zusammenlaufen will. Schuld sind die Schulden des Generals, weshalb Polina sich dem Marquis Des Grieux verspricht, von Niels Bormann mit der Lässigkeit eines Schauspieler geadelt, der einen Franzosen sowieso nur als Farce spielen kann, weil er eben kein Franzose ist. Den Diskurs über nationale Eigenheiten, die Dostojewski humorvoll in seinen Roman einstreut, nimmt Christopher Rüping auf, setzt den Klischees noch einen drauf, wenn sich der General (Gundars Āboliņš) in das Kostüm eines (russischen) Bären zwängt. Dem Marquis Des Grieux grunzt er böse zu – was für alberne Zwistigkeiten, Kinder, Kinder.

Alle denken ans Kapital

Die Aggressionen bauen sich unter den Erwachsenen vornehmlich verbal ab, wenn mal körperlich, dann als eskalierende Prügelei mit Schaumstoffschlangen, als ob sie gemeinsam an einer Therapie teilnähmen. Danach legen sie sich gemeinsam auf den Boden und bewegen sich in synchroner Harmonie als Algen-Formation. Kurz darauf wird eins der Kinder einen Schulaufsatz über die Sicherheit gebende Struktur eines "Schwarms" vortragen. Die Utopie einer funktionierenden Gemeinschaft träumt wohl jede Ideologie, aber es denken doch alle bei Dostojewski ans Kapital und müssen entsetzt feststellen, dass die reiche Tante des Generals, die Babuschka, quicklebendig ist. Die lässt die enttäuschte Gesellschaft, die aufs Erben aus ist, buchstäblich in der Luft hängen. In Sitzgurten dürfen sie über dem Boden schweben, während Thomas Schmauser als Babuschka mit einer Kinder-Eskorte nach dem Casino fahndet. Was sich im Roman dann am Roulettetisch abspielt, übersetzt Rüping in eine Tanzszene zu lauter Musik – ein Rausch, der jäh endet.

Einen guten Sinn für sprechende Bilder hat dieser Regisseur, und er gibt seinen Spielern Raum zur Entfesselung. Es ist eine schöne Idee, dass Souffleur Joachim Wörmsdorf den selbstsicheren Mister Astley spielt. Auch die Gebrochenheit der Figuren vermittelt sich, darunter die von Ivana Uhlířová als Mademoiselle Blanche, die sich ganz dem Luxus verschrieben hat und zusammen mit Aleksej dessen Casino-Gewinn in Paris verprasst. Thomas Schmauser wird danach vergeblich versuchen, die Umzugskartons des Bühnenbilds, Symbole der Leere und Unbehaustheit, zu umarmen. Der Abend will aber nicht rund werden, irgendwie ähnlich wie Nicolas Stemanns Kaufmann von Venedig zum Intendanzstart Lilienthal an den Münchner Kammerspielen. Vielleicht weiß man auch nur noch nicht, wie man diese zerfasernden, auf den glückenden Performance-Moment setzenden Inszenierungen rezipieren soll. Aber Vergnügen bringt ein Spiel doch nur dann, wenn alle auf das Gleiche Lust haben?!

Der Spieler
von Fjodor Dostojewski
Regie: Christopher Rüping, Bühne: Jonathan Mertz, Kostüme: Lene Schwind, Musik: Christoph Hart, Video: Bert Zander, Licht: Christian Schweig, Dramaturgie: Benjamin von Blomberg.
Mit: Gundars Āboliņš, Niels Bormann, Anna Drexler, Thomas Schmauser, Ivana Uhlířová, Kaspar Huber, Nikolai Huber, Jasper Kohrs, Zoë von Weitershausen, Marlene Witzigmann, Joachim Wörmsdorf.
Dauer: 3 Stunden 20 Minuten, eine Pause

www.muenchner-kammerspiele.de

 

Kritikenrundschau

Man könne viel gegen diese Inszenierung sagen, die am Ende – leider – tatsächlich ausfranse, so Sven Ricklefs im Deutschlandfunk (18.12.2015). "Man kann und sollte aber eigentlich mit ihr sympathisieren: mit ihrem ungewöhnlichen Ansatz und ihrer eigenwilligen und unbeschwerten Ästhetik, die sich frech und frei rückbesinnt, auf das Kind in uns allen."

Zu oft wünsche man sich, "Christopher Rüping hätte sich noch ein paar mehr Freiheiten genommen, um die Spieltheorie, die sich in seiner Inszenierung andeutet, deutlicher auszuarbeiten", findet Christoph Leibold auf BR2. "Letztlich hangelt er sich doch eng am Handlungsgerüst der Vorlage entlang."

"In Dostojewskis Roman ist das Spiel, das um Geld, ein Abgrund, und überall lauern dunkle Leidenschaften", erklärt Egbert Tholl in der Süddeutschen Zeitung (19.12.2015). Bei Rüping indes schlügen sich die Darsteller mit Schaumstoffwürsten und täten überhaupt alles, um ja auch nicht eine Spur echten Inhalts erkennbar werden zu lassen. "Erst ganz am Ende, in dann herrlicher Ruhe, bekommt man davon eine Ahnung, wenn Niels Bormann ruhig den Ausgang der Geschichte erzählt. Davor war Topfschlagen beim Kindergeburtstag."

Katastrophal findet Matthias Hejny den Abend in der Abendzeitung (19.12.2015). Rüping habe genau zwei Botschaften: "Kapitalismus ist doof, und wer einen Roman kapieren will, soll ihn daheim lesen und nicht ins Theater gehen." Ansonsten mache er "struppige Russendisko".

Belohnt werde an diesem Abend, "wer für eine fragmentarische, punktgenaue und teilweise auch unfertig-überschwängliche Darstellung des Ausbruchsversuchs eines Verzweifelten aus beengten Lebens- und Liebesverhältnissen" offen sei, so K. Erik Franzen in der Frankfurter Rundschau (19.12.2015). Den "Spieler" hätte man im Angesicht unserer globalen, alles vernichtenden Kasinowelt ausbauen können zum weisen Lehrstück über die schier endlose Gier des Menschen in Zeiten der bösen Börsen. "Der Regisseur und vor allem die Schauspieler bleiben jedoch ganz auf den Brettern, selbstbewusst und sympathisch fehlertolerant: Sie wetten und spekulieren mit nichts als sich selbst und einfachen Bühnenmitteln in sensationeller Spiellaune."

Die wenigen schönen Momente verfliegen, schreibt Sabine Leucht in der taz (21.12.2015) – und es bleibe eine Inszenierung, "die so laut ist und angestrengt albern, dass die Wirkung manch kluger Setzung verpufft". Zur "noch jungen Ära Matthias Lilienthals" passe das allerdings bestens, "der dem Deutschlandfunk gegenüber erklärte, er plane, in München einige Dinge 'so anarchistisch zusammenzuschmeißen, dass daraus eine Form von Spaß entsteht'", so Leucht: "Die Anarchie ist schon da! Bloß stellt sich der Spaß dadurch nicht automatisch ein."

 

 

 

Kommentare  
Der Spieler, München: logische Konsequenz?
Es ist fast rührend zu beobachten, wie die Münchner Kritiker mit ihrer eigenen Ratlosigkeit ringen und die Schuld bei sich selbst suchen, wieso ihnen das einfach nicht gefallen mag, was sie da sehen. "Vielleicht weiß man auch nur noch nicht, wie man diese zerfasernden, auf den glückenden Performance-Moment setzenden Inszenierungen rezipieren soll." Vielleicht kann man sich aber auch eingestehen, dass man da zuvor jemanden hochgejubelt hat, der bei den ganzen Vorschusslorbeeren erst einmal nur scheitern konnte?
Der Spieler, München: unsäglicher Schmarrn
dank an philip w. für die klaren worte - der abend ist ein unerträglicher, unsäglicher schmarrn. todlangweilig, zutiefst stümperhaft. da hätten dramaturgie und intendanz massiv eingreifen müssen. ogott
Der Spieler, München: Experimentiergeist würdigen
Lieber Philip W., lieber philipp r.,
ich verstehe die Ansichten, frage mich aber als Kritiker, ob man einer neuen Intendanz und besonders einem Ensemble, das sich neu finden muss, nicht etwas freundlicher begegnen kann. Das alles gleich hinhaut, ist äußert unwahrscheinlich; das wird man wohl selbst erfahren, wenn man mal in einer neuen Arbeitssituation war. Ich finde den offensichtlichen Experimentiergeist der "neuen" Kammerspiele jeder Anerkennung wert und überlege mir, ob man nicht auch in der Rezeption etwas leichter, spielerischer mit einer neuen Intendanz umgehen sollte. Mit freundlichen Grüßen.
Der Spieler, München: Quittung
#3 Wenn eine Intendanz etwas "leichter und spielerischer" beginnen könnte, und nicht mit Premierenmarathon, wo eine die andere erschlägt, um vielleicht eine oder zwei gelungene vorweisen zu können, würde ich Ihnen ja zustimmen. So, würde ich sagen, ist das die Quittung.
Der Spieler, München: Die Wahrheit ist zumutbar
Ich habe die Aufführung nicht gesehen und daher auch keine Meinung dazu. Aber das Plädoyer des Kritikers in #3 erscheint mir doch etwas kurios. Der Intendant der Münchner Kammerspiele Matthias Lilienthal ist ein alter Theaterhase, gelobt und gepriesen wie wenige seiner Kolleginnen und Kollegen. Und auch Christopher Rüping ist kein Unbekannter mehr. Er wird von einem Großstadttheater zum anderen weitergereicht. Neu an der Intendanz ist lediglich, dass sie ein neues Haus bezogen hat. Alles, was Sie und die Kommentatoren beschreiben, klingt sehr vertraut und nicht nach einem Experimentiergeist, der an die Kammerspiele gebunden wäre. Aber wenn denn solche Rücksichten genommen werden sollen, wie Sie sie fordern, wüsste ich gerne, ehe ich eine Kritik lesen, ob es einen Bonus gegeben hat, ob der Kritiker mit der spezifischen Inszenierung "freundlicher, leichter, spielerischer" umgegangen ist als mit anderen. Dann kann ich mich dazu entscheiden, Abstriche zu machen, um zu einem Urteil zu kommen. So aber muss ich jedes Mal rätseln, ob eine Intendanz noch als neu gilt und sich ein Ensemble, das sich ja in der Regel zu jeder Spielzeit ein wenig ändert, schon neu gefunden hat. Die Wahrheit ist zumutbar - auch für neue Intendanzen und umherirrende Ensembles. Zumal da Sie die Ansichten Ihrer Kritiker verstehen. Haben diese nun Recht, sind sie nur unfreundlich? Oder wie, oder was?
Der Spieler, München: Trainerwechsel
@2: nachdem der betreuende Dramaturg schon der Chefdramaturg ist, sollte Herr Lilienthal vielleicht nach all den nicht so rühmlichen (oder anders ausgedrückt: gefloppten) Premieren dieser ersten MK Spielzeit nochmals seinen künstlerischen Stab überdenken.
Der Spieler, München: alte Sehgewohnheiten und neue Handschriften
Herr Rothschild, zwei Dinge würde ich zu Ihrem Kommentar einwenden: Erstens glaube ich sehr, dass der Beginn einer neuen Intendanz innerhalb neuer Strukturen und mit einem neu durchgemischten Ensemble eine erhebliche Veränderung ist. Die Änderungen eines Ensembles von Spielzeit zu Spielzeit sind doch in der Regel geringfügig. Ich würde mich aus dieser Diskussion aber gerne herausziehen, weil Herr Lilienthal das sicher besser weiß und mich zur Erklärung auch nicht braucht. Zweitens geht es mir hauptsächlich um den Tonfall von negativen Reaktionen; einen Bonus gibt es nicht, aber man kann Kritik auch sachlich äußern und zwar nicht nur beim Beginn neuer Intendanzen. Das finde ich für meine eigene Praxis als Kritiker wünschenswert. Und habe das Gefühl, dass bei aller Etabliertheit der Protagonisten es doch um alte Sehgewohnheiten und neu zusammengemischte Handschriften geht.
Der Spieler, München: unterschiedlich verbindlich
Lieber Kritiker, Sie verwirren mich immer mehr. Sie würden nicht einwenden - Sie wenden ein. Bitte sehr. Sie würden sich vielleicht gerne aus der Diskussion herausziehen, aber Sie führen sie - zum Beispiel mit dem Satz, dass Sie sich gerne aus ihr herausziehen würden. Auch das ist okay, und ich nehme sie gerne auf. Sie haben den Kommentatoren geantwortet, ich habe auf Sie reagiert - all das geht seinen normalen Gang. Warum Sie die Sache aber nun an Herrn Lilienthal delegieren wollen, begreife ich nicht. Das schiene mir die schlechteste Lösung, wenn die Macher dazu aufgerufen würden, die angefochtene freundliche Kritik ihrer Rezensenten zu verteidigen. Unser beider Dissens betrifft den Tonfall. Ich kann nicht erkennen, wo #1 und 2 gegen die erforderlichen guten Manieren verstoßen hätten. Aber vielleicht liegt das an meinen alten Sehgewohnheiten. Was Sie für Ihre eigene Praxis wünschenswert finden, ist Ihre Sache. Aber die muss doch nicht gleich für alle verbindlich sein. Oder?
Der Spieler, München: gut umgesetzt
Ich fand die Premiere toll! Das überragende waren die Schauspieler! Christopher Rüping hat den Roman sehr gut umgesetzt. Warten wir die nächsten Vorstellungen ab.
Spieler, München: abschätzige Urteile
Lieber Herr Rothschild,
wenn Sie kurze abschätzige Werturteile wie "unerträglicher, unsäglicher Schmarrn" und "stümperhaft" für angemessen halten, dann haben wir offenbar unterschiedliche Ansichten vom guten Ton. Bzw. da verstehe ich sie nicht ganz. Dass ich erstmal auf Ihren Kommentar reagiert habe, mit dem Hinweis, dass ich mich dann aus der Diskussion herausziehen will, halte ich für sehr legitim. Nach dieser zweiten Reaktion, zu der Sie mich nun provoziert haben, mache ich das nun auch.
Spieler, München: gegen die Erwartung
NEUES SEHEN
Das ist eine interessante Fragestellung, die Michael Stadler in seiner ausführlichen Kritik anspricht. Was ist so ungewohnt, auf den ersten Blick so irritierend in den beiden Inszenierungen "Der Spieler" und im "Kaufmann von Venedig" an den Kammerspielen. Da lohnt sich doch ein Blick in den Duden:
Rezeptionsästhetik - Richtung in der modernen Literatur-, Kunst- und Musikwissenschaft, die sich mit der Wechselwirkung zwischen dem, was ein Kunstwerk an Gehalt, Bedeutung usw. anbietet, und dem Erwartungshorizont sowie der Verständnisbereitschaft des Rezipienten befasst.
Zwei junge Regisseure, eine neue Generation, konfrontieren uns mit "Schauspiel", das so ganz den Erwartungen widerspricht. Das Schauspiel wird als solches auf der Bühne erkennbar, eine Illusion. Die Akteure spielen mehrere Rollen, schlüpfen eben mal in ein anderes Kostüm, ja sie lesen Textpassagen zum Teil nur vor. Mit dem Genre wird frech umgegangen. Die Tragödie wird mit komödiantischen Elementen gebrochen. Wer würde etwa die Tante des Generals, die Babuschka, mit einer Pumuckl-Stimme erwarten.
Der Text ist als Vorlage gegenwärtig. Im "Spieler" umgesetzt durch die Präsenz von Joachim Wörmsdorf "in der Rolle" des Souffleurs an wechselnden Orten auf der Bühne. Toll wenn Thomas Schmauser nach einer Szene als Aleksej den Souffleur umarmt, Atem schöpft, das Textbuch zurückblättert und kurz darüber reflektiert, wie er die Szene abweichend von der Vorlage gerade eben gespielt hat. Spannend auch wenn Niels Bormann im Hintergrund den Text liest, immer wieder auf die beiden Liebenden im Bühnenvordergrund blickend, die sich nur schweigend gegenüber stehen und gar nicht das machen - Umarmen, Küssen, - was der Text vorgibt.
Das Spiel ist durch hohes Tempo geprägt, vielen Wechseln - im Film würde man von schnellen Schnittfolgen sprechen - Anspielungen und Persiflagen - köstlich Anna Drexler und Thomas Schmauser, wenn sie eine Liebeszene so spielen, wie man sie aus Schnulzen kennt. Dann wieder sucht sich das Ensemble und findet in Tierlauten (Wolfsgeheul, Hirschbrunft etc. ) zueinander.
Es bleiben auch intensive Szenen im Gedächtnis. Ganz ruhig im Zuschauerraum wird es beim "Liebesreigen" zwischen Aleksej und Polina oder mit Blanche. Sehr einprägend auch der wilde Tanz auf dem Spieltisch bei lauter Musik. Eindringlicher kann man den Rausch, die Ekstase eines Spielsüchtigen wohl nicht zeigen. Besonders passend hier auch das kindische Treiben. Der General warnt davor, dass uns die Kinder aus Lust am Untergang in den Ruin führen werden und man eingreifen muss. Wer die Spekulationslust am Terminmarkt in den neunziger Jahren noch in Erinnerung hat, erkennt hier das Kind im Manne.

Tolle Leistung des gesamten Ensembles. Ich freue mich auf kommende Inszenierungen und bin gespannt, wie sich Theater im 21 Jahrhundert weiterentwickelt.
Der Spieler, München: kurios Diskussion
Was für eine kuriose Diskussion. Ich will eine ehrliche Rezension lesen und keine besonderen Maßstäbe für neue Intendanzen, im Gegenteil. "Offensichtlicher Experimentiergeist"? "Ungewohnte, auf den ersten Blick so irritierende" Inszenierungen (#11)?
Nur weil jetzt Lilienthal auf allem drauf steht ist es weder neu noch experimentell: Eine Stemann-Inszenierung dürften selbst Münchner bereits vor dem "Kaufmann von Venedig" schon einmal gesehen haben (er arbeitete u.a. bereits an der Bayerischen Staatsoper), auch Rüping inszenierte bereits in München am Volkstheater und war dort mit Inszenierungen zu Gast. Und ein Teil des "Spieler"-Ensembles arbeitet ebenfalls seit Jahren zusammen in München.
P.S.: Liebe #11, was Sie beschreiben haben weder Stemann noch Rüping erfunden... Und Textbücher auf der Bühne gab es bereits bei Taboris "Warten auf Godot".
Der Spieler, München: Zumutung
Dieser Abend war eine einzige Zumutung und wir sind, wie so viele andere Zuschauer auch in der Pause gegangen.
Der Spieler, München: wer ist "man"?
#10: da machen sie es sich ja nun schön einfach, "der kritiker"! weht mal eine steife online-brise, noch dazu u.a. von seitens eines kollgen, treten sie den - mit verlaub, leider nur: pseudo-souveränen und sanften - rückzug an. anstatt sich mit den angebrachten fragen hinsichtlich ihrer rezension auseinander zu setzen. so ist das eben mal im online-journalismus, möchte ich meinen. noch dazu, wenn noch keiner wirklich ausfällig geworden ist (#2 war hart an der grenze, m.e.).
und th. rothschild - danke dafür - stellt ebenfalls interessante fragen.

ich für mein teil wüsste u.a. schon wirklich brennend gern, wen SIE mit "man" meinen, wennn sie schreiben: "Vielleicht weiß man auch nur noch nicht, wie man diese zerfasernden, auf den glückenden Performance-Moment setzenden Inszenierungen rezipieren soll."

das münchner publikum? die kritikerkollegen? sie sich selbst gar? oder, oder, oder...?

da darf er schon mal etwas mehr frustrationstoleranz & langmut zeigen, der herr kritiker. und dienst am leser bzw. user. sonst soll er halt für printmedien schreiben, die keine kommentarfunktion anbieten etc. welcome to the show!
Der Spieler, München: Antwort des Kritikers
Lieber "maxim gorki",
Sie haben recht, insofern hier meine Antwort: Mit "man" meine ich alle, mich eingeschlossen. Ich gebe auch anderen Kommentaren recht, dass mit "Der Spieler" nicht das Rad neu erfunden wird. Aber ich denke dennoch, dass gerade an den Kammerspielen, Intendantenwechsel bedingt, verstärkt neue Handschriften zusammengemischt werden, was zu Ergebnissen führt, die ich persönlich spannend, wenn auch nicht vollends gelungen finde. Ich habe auch einige Kritiken gelesen, die ich persönlich zu hart finde, aber da bitte ich um Ihr Verständnis, dass ich nicht ins Detail gehen möchte. Ist das in Ordnung für Sie? The show must go on...(?)
Der Spieler, München: vor dem totalen Absturz
Ich befürchte, dass die Kammerspiele auf eine schiefe Ebene geraten. Da mögen bereitwillige Kritiker noch so schlaue Interpretationen der Aufführung zurechtbasteln, am Ende war es ein Flop in den Augen aller Besucher, mit denen ich sprechen konnte (mit einigen war das nicht möglich, weil sie schon vor dem Ende aus dem Saal geflüchtet waren). 3 langweilige Stunden sind einfach zu viel! Sogar beim Einschlafen war das ständige Geschrei arg störend. Manche Zuschauer fühlten sich aus Höflichkeit verpflichtet, auch gelegentlich mal zu lachen, aber lachhaft war diese Inszenierung eigentlich nur in ihrem Anspruch als Kunst. Vielleicht gelingt den Kammerspielen ja noch eine rechtzeitige Wende vor dem totalen Absturz, die Schauspieler wären es wert, sie sollten als solche behandelt und nicht als schrille Clowns missbraucht werden! Ich gehe ins Theater, um Theaterstücke und Schauspieler zu sehen, Klamauk und Spektakel findet man auch anderswo!
Die Kinder haben mit ihrem unbeschwerten Spiel noch etwas retten können, Glückwunsch!
Der Spieler, München: Ansturm
Die Aufführung ist ein reiner Blödsinn und verdient keinerlei weiteren Kommentar. In der Pause war ein Ansturm auf die Garderobe.
Der Spieler, München: Trauerspiel
Es ist ein Trauerspiel und alles andere als ein Kinderspiel, was derzeit an den Münchner Kammerspielen geboten ist. Schaut nach auf meinem Blog unter http://kulturphorie.com/?p=356
Der Spieler, München: Modeerscheinung
Ich bin mal gespannt, wie lange das geduldige und sehr neugierige Publikum in München durchhält. Ist es zwar stets offen und interessiert, sehnt es sich doch sehr nach Schauspielkunst und theatraler Kunst. Was sich gerade abspielt ist eine Unterforderung!!! Was will uns Herr Lielienthal eigentlich beweisen?!! Wie verstaubt das Theater ist und er erklärt uns die neuen Spielformen?!! Er überschätzt denke ich diese Modeerscheinung Performance.
Der Spieler, München: verprasst
dieser abend beweist wieder einmal mehr, dass herr küppers einen fehler begangen hat. nach kaufmann von venedig und rocco und seine brüder
(bauerntheater in jugendsprech) war dies für mich wieder ein substanzloser abend.
wann kommt endlich mal wieder eine aufführung, die einen bewegt?
es ist schade um solch tolle schauspieler wie frau drexler, herrn schmauser und herrn abolins. sie verprassen ihr talent und handwerk.
Der Spieler, München: Zwischenstand
Also vorne weg möchte ich sagen das ca. 60 % der Leute, die hier vor mir kommentiert haben, zwar wild mit negativen Adjektiven um sich werfen können, es jedoch nicht schaffen konstruktiv zu kritisieren oder zumindest spezifisch zu sagen was sie an der Inszenierung gestört hat. "Stümperhaft" "Unsäglicher Scharn" und "Zumutung" sind leere Worthülsen, die hier anscheinend von Zuschauern verwendet werden, die enttäuscht wurden. Ok, es hat ihnen nicht gefallen. Dann sagen sie mir doch bitte konkret, was ihnen nicht gefallen hat und wie man es anders hätte machen können. Mögliche Satzanfängen, die man hier verwendet könnte wären "Mir hat die Darstellung von ...nicht gefallen, weil..." oder "Ich fand die Art und Weise wie ... gemacht wurde nicht gut, weil...". So würden sie in ihren Kommentaren auch tatsächlich mal eine richtige Meinung rüberbringen und nicht nur aufgebracht mit der Heugabel wedeln. Dankeschön.
Nun zum Stück: Was ich vorne weg persönlich sehr schön fand war, dass man das Gefühl hatte die Inszenierung hatte nicht den Anspruch an sich selbst perfekt oder fertig oder vollkommen zu sein. Es wurde alles irgendwie leicht und locker gespielt ohne das irgendwer zwanghaft versuchte etwas mitzuteilen oder die perfekte Interpretation zu präsentieren. Es war fast ein bisschen so als hätte jemand eine Skizze oder ein Konzept präsentiert, als hätte man mitten in der Konzipierung Stopp gerufen und es auf die Bühne gesetzt. Und warum soll das grundlegend schlecht sein? Warum muss die Inszenierung perfekt und vollkommen sein, um auf die Bühne zu kommen? Ist es nicht auch mal interessant diesen "Zwischenstand" zu sehen, den jemand erreicht während er versucht ein Stück zu formen?
Des weiteren erwähnt fast niemand hier in den Kommentaren die Kinder. Da ist er endlich mal, ein Regisseur der Kinder in einer ernsthaften Theaterproduktion mit auf die Bühne nimmt. Und sie sind nicht nur dafür da um 5 Minuten lang dazustehen und den erwachsenen Schauspieler anzusehen ohne eine Regung, ohne eine Zeile Text, ohne irgendetwas zu tun (wie bei "Wastwaters" im DT Berlin) oder nur dazu da um schnell mal zwischen zwei Schauspielern hin und her zu gehen (wie auch bei "Die Nibelungen" in Bamberg). Diese Inszenierung zeigt auch eindeutig, dass sie es können. Und sie sind großartig dabei. Also streicht lieber eine kleine Stelle raus oder bastelt sie um, lasst den Schauspieler mit einem Schatten oder einer Projektion oder was auch immer reden anstatt ein Kind mit einzubauen, dass nichts zu tun hat.
Für mich hat es sich auch bei jeder Szene so angefühlt als wäre ich wie die Schauspieler die gerade in der Szene nichts zu tun haben und im Hintergrund zusehen ein Beobachter der aber trotzdem Teil des Bildes ist und dazu gehört und nicht nur ein Zuschauer, der mit dem ganzen nichts zu tun hat. Der Zuschauerraum war viel stärker geistig mit eingebunden in das Geschehen und man wurde mitgenommen.
Das einzige was ihr in manchen Szenen seht ist ein Chaos oder die Schauspieler, die nur sinnlosen Schmarn machen, doch genau dieses Chaos und der "Schmarn" haben etwas auszudrücken und sollen etwas zeigen. Nur weil es durcheinander ist hat es nicht weniger Berechtigung darauf etwas auszudrücken.
Und zu guter Letzt fand ich dass ganze hatte Energie und aus meiner Sicht hatte man auch dass Gefühl die Schauspieler haben Spaß. Man bekommt viele verschiedene Facetten und Bilder präsentiert und es gibt in jeder Szene etwas neues zu sehen. Es wird dadurch in keiner Art und Weise eintönig, sondern behält die Energie.
Mich würde es freuen mehr Inszenierungen zu sehen, die locker und leicht sind und mir mal nicht versuchen eine perfekte Umsetzung zu zeigen.
LG P.K.
Der Spieler, München: Seele und Tiefgang
Vielen Dank an Nr. 21! Ich stimme Ihnen komplett zu. Ich habe in dem so geschimpften "Schmarn" viel Seele und Tiefgang gefunden, in wunderbar leichter Art gespielt und ohne angestaubten moralischen Zeigefinger wurde auch ich mitgenommen.
Der Spieler, München: Schmarrn
ich war nicht im dez 15 in der aufführung sondern erst gestern also
am 15.märz 16

und ich habe selten so einen überflüssigen schmarrn gesehen -
die ganze dramaturgie ist doch humbuk - bai aller sympatue für
experimente - wenn es nur noch alben ist dann hört der spass doch auf

video muss sein - na klar - laute musik muss sein - auch klar
sonst ist man ja nicht "dabei "

ich muss meine kammer-spiel - abende überdenken !!
Kommentar schreiben