Presseschau vom 20. Januar 2016 – Deutschlandradio Kultur untersucht das Phänomen des neuen politischen Theaters

Ungefiltert, direkt, authentisch

Ungefiltert, direkt, authentisch

20. Januar 2016. Auf Deutschlandradio Kultur geht Thomas Klug in fünf Akten der These nach, dass das Theater wieder politisch wird. Zunächst resümiert er, wie das politische Theater früher ausgesehen hat, nennt Rolf Hochhuth, Peter Weiß, Christoph Schlingensief. "Es folgte Theater-Routine, die außerhalb des Theaters kaum Widerhall fand. Es schien, als würde das Theater die Welt um sich herum nur durch ironische Distanz wahrnehmen. Vielleicht war es ein Stilmittel, um sich gegen den Optimismus allenthalben zu wehren, um gegen Fantasien des immerwährenden Wachstums anzustinken. Und vielleicht konnte Ironie gegen diejenigen helfen, die glauben, jedes Detail eines Lebens noch effizienter gestalten zu müssen. Als würde jedes einzelne Leben an der Börse gehandelt und müsste dem Markt gerecht werden. Der Wahnsinn der Realität fordert die Ironie geradezu heraus. Doch egal ob Wahnsinn oder Ironie, beides kann Überdruss hervorrufen.“

Heute verlasse das Theater seine Bretter öfter mal, um sich einzumischen. Oder es hole sich die Wirklichkeit auf eben jene Bretter: "Ungefiltert, direkt aus dem Leben, authentisch. Dann ist Theater ein Ort mehr der ungeschliffenen Wirklichkeit als der dramatisierenden Kunst.“ Ein scheinbarer Konflikt tue sich auf: "Echtes Leben gegen die Abbildung von Leben. Theatertradition gegen konkretes Leben.“

Nur scheinbar. Schließlich könne das Theater "konkret sein, aktuell, direkt, zeitbezogen". Zum Beispiel Falk Richter und sein Stück Fear: "Es ist konkret und es ist doch Kunst. Falk Richter lässt seine Figuren Namen nennen, er zeigt, was da in der Gesellschaft herumdümpelt – und wie die Gesellschaft damit umgeht. Ratlos.“ Diejenigen, um die es gehe, reagierten wiederum nicht gelassen, sondern inszenierten ihrerseits einen Aufschrei.

Klugs Fazit: Was am Theater passiere, tauge plötzlich wieder zur Aufregung. Und zitiert André Mumot, Radio- und Nachtkritiker: "Es ist spannend, was da passiert und auch erstaunlich, dass das Theater es schafft, wieder für so viel Wirbel zu sorgen. Natürlich ist das wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber zumindest kann das Theater für sich selbst sagen, wir legen uns nicht auf die faule Haut und wir ziehen uns nicht zurück auf unsere schöne Kunst, sondern wir beteiligen uns an diesem Diskurs, was manchmal auch, das hat Thalheimer auch angemahnt, dem Theater was wegnimmt, weil die eigentlichen künstlerischen Projekte in den Hintergrund geraten und das politische Engagement in den Mittelpunkt rührt.“

(geka)

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