Sinnsuche in Endlosschleife

von Katrin Ullmann

Hamburg, 23. März 2016. 47 Jahre lang war sie weg. Zurückgelassen hatte sie Mann und Kind und ein Gefrierfach voll abgepumpter Muttermilch. Als sie heimkehrt an jenen "Ort, an den die Leute nur wegen der Outlet-Center herkommen", ist sie eine Fremde. Sie ist eine, die "außenrum gegangen ist". Eine, die die Welt gesehen, Geschäfte gemacht, Erfolge gefeiert und Liebhaber gesammelt hat. Aber herausgefunden, wer sie wirklich ist, hat sie nicht. Den Sinn des Lebens hat sie nicht gefunden. Sie, das ist Peer Gynt.

peergynt2Ein schlechter Witz? Gala Othero Winter als Peer Gynt der Jugend erscheinen die Trolle (Paul Herwig, Aljoscha Stadelmann, Josef Ostendorf) beim LSD-Trip © Matthias Horn

Am Hamburger Schauspielhaus erzählt Simon Stone Ibsens Drama neu. Die titelgebenden Hauptfiguren (bei ihm sind es drei) hat er weiblich besetzt. Ist das die Essenz der Emanzipation? Dass Frau nach jahrzehntelangem Suchen, sich selbst Verwirklichen und sich selbst Zerstören zurück in den Schoß der Heimat irrt? Verunsichert zurückkehrt zu ihrem treu wartenden Mann? In Stones Inszenierung, der in Hamburg seine erste Regiearbeit zeigt, stellt sich diese Frage nicht. Vielmehr bespielt er das Motiv der history repeating. Dass seine Hauptfiguren weiblich sind, macht die Geschichte – grob gesagt – vielleicht ein Stück moderner.

Worte wie Wassertropfen

Stone erzählt die Geschichte vom Ende her. Und so tritt mit Angela Winkler zunächst die älteste weibliche Gynt-Darstellerin auf. Im hellgrauen Trench (Kostüme: Alice Babidge) und mit unsicherem Schritt ertastet sie die leere Bühne. Nur ein paar Neonröhren markieren das Haus, vor dem sie ihren einst geliebten Mann (Ernst Stötzner) wiedertrifft. Da steht er, mit ein paar Einkaufstüten in der Hand. Wenn Angela Winkler ihn mädchenhaft nach der Vergangenheit fragt, dann antwortet Stötzner ohne jeden Vorwurf. Schwere Sätze fallen da ganz ruhig, Worte wie Wassertropfen. Es ist eine Szene wie aus einem Stück von Jon Fosse, ebenfalls Norweger: "Ich habe Dich überall gesucht." – "Ich habe den Weg nicht mehr gefunden." Gegenwart und Vergangenheit verschwimmen, langsam erst entstehen Bezüge.

Auftakt wie bei Jon Fosse: Angela Winkler als Peer Gynt
trifft nach Jahren in der Fremde auf ihren Mann (Ernst Stötzner)

Dann tritt mehr Familie auf: ein Schwiergersohn (Paul Herwig), eine Enkelin (Gala Othero Winter), ein Onkel (Josef Ostendorf), ein Neffe (Aljoscha Stadelmann) sowie eine abgehalfterte Schulfreundin (Bettina Stucky). Bald werden Geschichten erzählt von damals, von Pudelfickern, Pädophilen und einer Kommune in Norditalien. Alles Erzählte bewegt sich auf dem schmalen Grat zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Wirklichkeit und Nostalgie. Zwischendurch wird "Peer Gynt" genannt, als die Lektüre von einst, als Buch der Bücher.

Drei Fliehende

Sprunghaft und assoziativ erzählt Stone diese Geschichte: Es ist die einer Mutter (Angela Winkler) die ihre Familie verlassen hat, "um außenrum zu gehen", und es ist die einer Tochter (Maria Schrader), die ihre Familie zurückgelassen hat, um im nahöstlichen Im- und Export Karriere zu machen, und die einer Enkelin (Gala Othero Winter), die aus ihrem weichgespülten Familienidyll am Ende des Abends lautlos fliehen wird. Bob Cousins liefert dazu reduzierte, ästhetische Bilder: vom Neonröhrenhaus über eine trashige "Oasis"-Bar bis hin zu einem trostlosen Parkplatz, depressive Straßenbeleuchtung inklusive.

Peer Gynt3 560 Matthias Horn uIn der trashigen Expats-Bar: Ernst Stötzner als Vater für Maria Schraders Peer Gynt in den mittleren Jahren © Matthias Horn

Die Schauspieler haben viel Raum darin. Sie rennen, sie überschlagen sich, sie fallen übereinander her und sie verlieren sich (natürlich). Sie sind bei Spotify und Youtube zuhause, reden über Leni Riefenstahl genauso wie über Matt Damon, die Ausbeutung von Ressourcen und den Sinn von Organspenden. Oft, allzu oft zerfasern die kleinteiligen Dialoge und das Grundthema der Inszenierung verliert sich: das der ewigen Sinnsuche und des Eskapismus' und ihrer deterministischen Wiederholung in den nachfolgenden Töchtergenerationen – history repeating.

Für viele vertraute Peer-Gynt-Motive findet der australische Regisseur wiederum großartige Entsprechungen: Gala Othero Winter als Enkelin vewandelt den "Bockritt am Grat" in eine fantastische Outdoor-Selbsterfahrungsgeschichte und in der Schlittenszene von Mutter Aase und Peer kauert Angela Winkler voller Todesangst in Winters Schoß und lauscht deren wilder und zugleich beruhigender Fantasie über Unterwasserschlösser mit Champagnerempfängen. Zum Glück gibt Stone, der zunächst zu sehr und zu laut mit Aktualitätsbezügen, Musikatmo und lahmen Pointen herumwirbelt, gegen Schluss den ruhigen, tragischen Momenten und vor allem auch seinen großartigen Schauspielern wieder mehr Raum. Gerettet? Gerettet! 

 

Peer Gynt
nach Henrik Ibsen
Regie: Simon Stone, Bühne: Bob Cousins, Kostüme: Alice Babidge, Musik: Lars Wittershagen, Licht: Susanne Ressin, Dramaturgie: Sybille Meier.
Mit: Paul Herwig, Jonas Hien, Christoph Luser, Josef Ostendorf, Maria Schrader, Aljoscha Stadelmann, Ernst Stötzner, Bettina Stucky, Angela Winkler, Gala Othero Winter.
Dauer: 3 Stunden, eine Pause

www.schauspielhaus.de


Mit seiner Wiener Ibsen-Inszenierung John Gabriel Borkman ist Regisseur Simon Stone zum Berliner Theatertreffen 2016 eingeladen.

 

Kritikenrundschau

"Es passiert nicht oft, dass man sich am Ende einer Theaterpremiere wie in einer DVD-Serie vorkommt und gespannt auf die zweite Staffel wartet. Es war nicht die einzige Überraschung an diesem Abend", schreibt Werner Theurich auf Spiegel online (24.3.2016). Was zunächst wie eine wohlfeil-zeitgenössische Gendermainstreaming-Technik anmute, entwickele bei Stone "schnell eine innere Logik und zielführende, dramatische Strömung". Dazu habe er ein "tolles Ensemble" und mit Bob Cousins einen Bühnenbildner, dessen Sets "mit minimalen, aber hoch effizienten Mitteln sowohl die Gefühlslagen der Protagonisten als auch die Unterströmungen der Handlung" beförderten.

"Gesellschaftliche Konflikte spielen in seiner Inszenierung allerdings kaum eine Rolle", meint Katja Weise im NDR (24.3.2016). Stone erzähle in erster Linie "die Geschichte einer Familie mit dominanten Frauen". So werde aus Ibsens dramatischem Gedicht "eine boulevardeske, in Form und Ton eher an eine Fernsehserie als an Literatur erinnernde Soap Opera mit Gesangseinlagen". Gemacht sei das jedoch sehr gut. "Die Szenen fließen förmlich ineinander, auf der weit nach vorne ins Parkett gezogenen Bühne entstehen immer wieder schöne Bilder." Außerdem spielten vor allem die Frauen virtuos, so Weise: "Die verträumte Kindfrau Angela Winkler, das Karriereweib Maria Schrader und die zarte Gala Winter bilden ein großartiges Trio."

Auf Michael Laages wirkt es "immer ein wenig sonderbar (…), wenn (…) eher vulgär feministische Umdeutungen ausgerechnet von Männern selber beschworen werden". In Simon Stones "Peer Gynt"-Inszenierung steigere sich diese Wirkung bis weit ins Lächerliche hinein, befindet Laages im Deutschlandfunk (24.3.2016) – "denn weil hier wieder mal ein so unerhört einfühlsamer Frauenversteher am Werke ist, bleibt für die Männer (...) nichts als blöde blökendes Knall- und Knatterchargentum übrig". Stones Text sei zudem "mit allen erdenklichen Mitteln platt gehauen und flach gedengelt, er plappert hohl und leer und öde und blöde daher, bis das Niveau noch ein paar Etagen unterhalb einer Telenovela liegt" – und so tritt Laages zufolge "an die Stelle von Ibsens abenteuerlich-vielgestaltigem Märchenzauber (der die Frauen im Stück ja leider immer nur wütend macht)" "das blanke, sinnlos vor sich hin brabbelnde Nichts".

"Simon Stones Inszenzierung von Peer Gynt nach Henrik Ibsen ist so zwiebelhaft vielschichtig, dass man am Besten gar nicht erst nach einem wahren Kern suchen sollte", schreibt Katharina Manzke in der Welt (26.3.2016). Die Ambivalenz, Peer Gynt zu sein, also das Progressive und zugleich Verlorene, werde von den drei Titel-Darstellerinnen "mit viel Sensibilität vermittelt". Die Männer hätten in dieser Stone-Schau keine Chance, mit den strahlenden Persönlichkeiten der Frauen mitzuhalten. "Als Daheimgebliebenen, Wartenden und Verlassenen gebührt der schauspielerischen Leistung der beiden Vaterfiguren Ernst Stötzner und Jonas Hien großer Respekt", so Manzke: "Sie geben dem schnöden Grundgefühl des Gewöhnlichen ein Gesicht und damit der Routine, der Resignation, der ständigen Wiederholung und dem aufgestauten Frust."

Stone unternehme "den durchaus interessanten Versuch, das Archetypische ins Heute zu übersetzen", schreibt Annette Stiekele im Hamburger Abendblatt (online am 24.3.2016). Nur lande er bei einem "obskuren Bühnenrealismus und einem gewollt ungekünstelten, aber leider auch wenig kunstvollen Soap-Text, dem jede höhere Ebene fehlt". Das Ensemble sei "gut aufgelegt", der große Bogen aber fehle, "und eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Fragen des Feminismus findet nicht statt."

"Stones 'Peer Gynt' ist vor allem: lau und laut. Turbo-Boulevardtheater mit Schlagseite ins Alberne", schreibt Christine Dössel in der Süddeutschen Zeitung (29.3.2016). "Extrem läppisch" sei, was an diesem Abend im Deutschen Schauspielhaus Hamburg "auf Vorabendtrivialserienniveau erzählt wird". Immerhin habe Stone "erstens eine erfrischende Fantasie, die einen im Trubel der Nichtigkeit immer wieder zu überraschen weiß. Und zweitens hat er eine Top-Besetzung: großartige Schauspieler, die sich unerbittlich noch für den größten Schmarrn ins Zeug legen", so Dössel: "So kommt es, dass das Publikum jubelt, als habe es einem Theaterereignis und nicht einem 'Peer Gynt'-Klimbim hoch drei beigewohnt."

Einen "Gebrauchtdramenhändler" nennt die Stadelmaieresk entrüstete Irene Bazinger Simon Stone in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (29.3.2016) und hat "Stones nunmehr vierten Ibsen-Raubzug" als "dreistündigen Abend voller Trivialitäten und Flausen, Binsen und Beschiss“ "ohne Form, Sinn und Verstand" , als "schmalzige Soap-Opera" erlebt. "Ohne die wunderbaren Schauspieler würde der triste, hausbacken inszenierte Aufguss (...) wesentlich peinlicher klingen und wirken als jetzt", ist Bazinger überzeugt. Doch am Ende genüge Stones "verbal wie optisch geistlose Geschwätzigkeit" "sich selbst – aber weder ihnen noch uns".

Für Eberhard Rathgeb "zerschellte die Hoffnung, ein Stück von Ibsen zu sehen, an der Klippe des Vorhabens, dass es (...) nicht darum ging, ein Stück zu spielen, sondern mit ihm etwas anzustellen, ganz so, als würde ein Zuschauer sich nicht mehr darum kümmern, was auf der Bühne vor sich geht, sondern nur Augen für seine Nachbarin haben oder vor sich hin träumen und die dort oben machen lassen, was sie wollen". Simon Stone hätte sicherlich gedacht, "dass er an etwas Originellem dran sei, wenn er aus einer Männerrolle drei Frauenrollen rollt", lässt Rathgeb seine sehr sehr süffisante Beschreibung des Abends in der Neuen Zürcher Zeitung (29. März 2016) enden, "als ginge es darum, Gerechtigkeit walten zu lassen, indem im Repertoire der Schauspiele aufgeräumt wird". Das scheint kein Gerechtigkeitsversprechen zu sein, das der Rezensent teilt – wenn er es auch nicht explizit sagt.

Kommentare  
Peer Gynt, Hamburg: ohne Nuancen
Gerettet??
Verloren!!
Diese Form von Theater nervt mich so dermaßen und ödet mich unendlich an. Das ist genau DIE Art von Theater, derentwegen ich vor Jahren bereits einmal aufhörte, ins Theater zu gehen. Für mich einfach nur unerträglich. Ein Theater, das nur noch laut und grell und hysterisch und völlig überdreht abschnurrt. Ein Theater ohne Nuancen, ohne Zwischentöne, ohne "poetische", sensible Momente. Nicht mein Ding. Wenn man der Welt, die uns täglich umgibt und in der wir leben, auf dem Theater nichts anderes mehr entgegenzusetzen hat, bevorzuge ich es, mich zurückzuziehen.
Peer Gynt, Hamburg: Etikettenschwindel
Warum eigentlich immer diese Etikettenschwindel? Warum heißt der Abend eigentlich nicht Petra Gynt? Um die Nähe zu einem etwas simpel gestrickten Frauenkabarett zu kaschieren, das Carolin Kebekus einfach viel besser kann?
Einen Tag nach Brüssel schlechte Witze über den IS zu machen, verbietet sich eigentlich. Aber der Regisseur kommt ja aus Australien, da hat man solche Probleme nicht.
Der beste Satz des Abend stammt allerdings von ihm: "Lies mal rein in Peer Gynt!" Hätte er das mal bloß gemacht.
Peer Gynt, Hamburg: neuer Standard
Ist doch ganz eimdeutig: die Theater gehen gerade in die Kinderkliniken - rote Pappnasen und Clownerien als neuer Standard für die braven Kleinen, damit die nicht so Angst haben müssen vor all den Dingen, die nur halb so schlimm, fast gar nicht nur so ein bisschen usw. sind...
Peer Gynt, Hamburg: In memoriam Charlie Hebdo
@henrik - Sie schreiben: "Einen Tag nach Brüssel schlechte Witze über den IS zu machen, verbietet sich eigentlich." Nun - wie soll man denn mit Daesh auf einer Bühne umgehen? Sie feiern? In Angst und Ehrfurcht erstarren? Ich halte - in memoriam Charlie Hebdo - gerade einen Tag nach Brüssel Witze (schlechte oder besser weniger schlechte) für ein sehr adäquates Mittel des Umgangs mit verblendeten Schwachmaten. Die HASSEN Witze - davon sollte man sich nicht anstecken lassen! (Wiewohl ich die Aufführung nicht gesehen habe und mir deshalb über das dort herrschende Witzniveau keine eigene Meinung bilden kann.)
Peer Gynt, Hamburg: smart und teilweise bezwingend
Ganz genau, jeder Witz über den IS, und sei er noch so schlecht, ist erlaubt. Verboten wären schlechte Witze über die Opfer gewesen. Davon ist der Abend aber meilenweit entfernt, im Gegenteil: er heroisiert das ursprüngliche (vermeintliche?) Opfer dieser Geschichte, die Frau, in dem er die Geschlechterverhältnisse umdreht, bei offenem Ende... smarte Idee, teilweise bezwingend umgesetzt. Ich verstehe diesen Abend eher als Kommentar, denn als Neuschreibung von Peer Gynt, mit vertauschten Vorzeichen, aber auf keinen Fall als Kabarett. Ich mochte die Leichtigkeit der Inszenierung und die Direktheit der Schauspieler. Ohne vorangegangene, fundamentale Auseinandersetzung mit dem "Urtext" wäre das so auch nicht möglich gewesen.. Und @henrik mal nebenbei: für mich hat der Abend mit seiner Überschrift im Bezug zum Text auch die Abwesenheit ebenjenes Typus 'Peer' betitelt, der wahrscheinlich zu keinem Zeitpunkt eine Hilfe für die Frauen in dieser (Inszenierungs-)Welt gewesen wäre. Das dieser Abend Etikettenschwindel sein soll, das kann auch nur von einem Mann kommen.. Der Regisseur dagegen scheint da schon eine Drehung weiter zu sein, oder er problematisiert seine (künstlerische!) Entscheidung einfach nicht groß. Beides wäre sympathisch, im guten Sinne lässig und: erfrischend undeutsch.
Peer Gynt, Hamburg: GZSZ-Niveau
Gegen den Regisseur des Abends als Regisseur ist auch gar nichts einzuwenden.Das ist teilweise wirklich bezwingend, aber gegen den Regisseur als Autor. Da kommt er über ein "Gute Zeiten schlechte Zeiten"-Niveau leider nicht hinaus. Da sind ihm Carolin Kebekus oder Anke Engelke Meilen voraus im Niveau einer Frauenperspektive. Und das ist für einen Abend unter Titel "Peer Gynt" am Schauspielhaus wirklich zu wenig
Peer Gynt, Hamburg: kritisch gesehen
Für mich war an dem Abend so rein gar nichts "bezwingend". Weder sprachlich, noch von Seiten der Regie. Und ich sehe mit einiger Genugtuung, dass es zum Glück auch negative Kritik gibt, in der ich mich 1:1 wiederfinden kann, wie z.B. die von Michael Laages für den Deutschlandfunk verfasste Kritik: http://www.deutschlandfunk.de/peer-gynt-in-hamburg-drei-frauen-fuer-einen-mann.691.de.html?dram:article_id=349376
Peer Gynt, Hamburg: Grandios
Peer Gynt, Hamburg - grandioses Theater

Hervorragende Schauspieler - phantastisches Buehnenbild und grossartige Kostueme - das ist schon mal eine bemerkenswerte Regiearbeit.
Dazu der neue Text fuer das neue Stueck nach dem alten Stueck - und die unglaublich gute Choreographie des Abends, ein bezwingender Rhythmus der Auffuehrung - das ein wirklich guter Text- das hab ich sehr lang nicht mehr am Theater hier in Germany gesehen - congratulations - ich werde mir so gern die naechsten Auffuehrungen ansehen - und die Schauspieler!!
Peer Gynt, Hamburg: Schizophrenie der Gegenwart
Man kann Stone als "einfühlsamen Frauenversteher" titulieren oder sich auf andere Art darüber lustig machen, dass er die Geschlechterrollen vertauscht hat - wie es, wen wundert es, ausschließlich manche Herren der Schöpfung getan haben.
Aber Stone wollte das Stück aktualisieren und einen Peer Gynt auf Sinn-, Selbst- und Abenteuersuche zu zeigen, für den Solveig daheim das Bett warm hält, ist nun wirklich nicht mehr zeitgemäß. Dass es heute vor allem die Frauen sind, die sich selbst verwirklichen wollen, während Männer der abhängigere Partner in Beziehungen sind, belegen sogar zahlreiche Studien zu diesem Thema.
Folgerichtig ist daher auch der geänderte Schluss, bei dem die Enkelin im erstickenden Familienidyll den Koffer packt und geht. Natürlich hat die Inzenierung auch Längen, ist manchmal zu platt, trivial und boulevardesk. Aber insgesamt hat sie vielleicht gerade auch deshalb einen Eindruck der Schizophrenie unserer Gegenwart geschildert. Zudem kehrt Stone nach der Pause wieder stärker zur Vorlage zurück und findet eindrucksvolle Bilder.

Ich war sehr gespannt auf die Inszenierung und fand sie auf jeden Fall interessant genug, um mir weitere Arbeiten von ihm anschauen zu wollen. Als Regisseur ist er auf jeden Fall ein Riesentalent. Da er den Text angeblich jeweils nach der Proben in englischer Sprache aufschreibt und dann nachts übersetzen lässt, wäre bei der immer kürzer werdenden Probenzeit vielleicht eine stärkere Einbindung und Einflussnahme der Produktionsdramaturgie hilfreich.
PS: In der alktuellen "Spiegel"-Ausgabe findet sich auch eine wirklich positive Rezension von Anke Dürr.
Peer Gynt, Hamburg: Pause als Rettung
Es lohnt nicht, mehr darüber zu schreiben als: absoluter Müll! Es ist mir ein Rätsel, wie solch ein geistloser Mist den Weg in das Hamburger Schauspielhaus finden konnte, ohne das vorher irgendjemand "Halt!" gerufen hat. Leider waren auch die Schauspieler (waren es wirklich welche?) nicht besser als das Stück. Die Pause - um zu gehen - war die Rettung.
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