Ausräucherungsfantasie

von Esther Slevogt

18. Juli 2016. So, so. Unser Berliner Staatssekretär für Kultur möchte also ein Theater ausräuchern. Es handelt sich um das Berliner Ensemble, dessen Intendant zur Zeit noch Claus Peymann heißt. Im Zuge der umstrittenen Ernennung des belgischen Museumsmannes Chris Dercon als Nachfolger des Intendanten der Berliner Volksbühne Frank Castorf hatte Peymann im April 2015 in einem Interview mit der ZEIT Staatssekretär Tim Renner als "leeres nettes weißes Hemd" bezeichnet. Renner sei einer "dieser Lebenszwerge, die jetzt überall die Verantwortung haben". Und Renner müsse weg. Das ist natürlich nicht schön. Keiner möchte so etwas über sich lesen. Doch ein derart angesprochener Politiker von Format täte gut daran, das nicht persönlich zu nehmen und sich schon gar nicht zu Rachefantasien hinreißen zu lassen.

Tim Renner aber hat nichts Besseres zu tun, als nun in der Berliner Morgenpost davon zu sprechen, dass "wir" (also wahrscheinlich er und die Stadtregierung, zu der er gehört) das Berliner Ensemble ausräuchern wollen. Vielleicht meint er das das ja humoristisch. Man könnte aber auch fragen, ob der Mann eigentlich auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung steht. Öffentlich über das Ausräuchern von Institutionen nachzudenken, weil man beleidigt ist, das traut man bisher eher Politikern Marke Putin oder Erdogan zu.

Zum Punk geadelt

Besonders pikant ist, dass Renner seine Ausräucherungsfantasie ausgerechnet in einem Glückwunsch zu Frank Castorfs 65. Geburtstag untergebracht hat. Mit der routinierten Geste des Berufsjugendlichen biedert er sich erst in längeren impressionistischen Ausführungen über seine Theatererfahrungen mit "Frank" bei Castorf an, um ihn dann schulterklopfend zum "Punk" zu ernennen.

Debattentext sle 18 7 2016 280bScreenshot Tim Renners Geburtstagstext in
der Berliner Morgenpost
Alles mit dem Ziel, dann noch einmal umständlich seine Entscheidungen in Sachen Volksbühne zu erläutern: warum er, Renner, verhindern musste, dass Castorf die Volksbühne weiter zu seinem persönliche Bayreuth umbaut, dass dort eines Tages dann statt 100 Jahre Volksbühne (wie 2015) 100 Jahre Castorf gefeiert werde.

Herbert Fritsch oder René Pollesch habe er auf eine Volksbühnen-Intendanz erst gar nicht angesprochen, weil er sie davor schützen wollte, mit Frank Castorf verglichen zu werden. In Castorfs Fußstapfen zu treten, das sei nämlich, findet Renner, ein Himmelfahrtskommando. Oh je. Ganz davon abgesehen, dass der ganze Text danach klingt, als sei die Entscheidung für die Castorf-Nachfolge auf Grund von persönlichen Ressentiments und der Basis des Privatgeschmacks von Tim Renner erfolgt: ist das wirklich als Motiv einer so folgenschweren Entscheidung der Berliner Kulturpolitik ernstzunehmen, Künstler vor einer Castorf-Nachfolge schützen zu wollen? Die Neubesetzung der Volksbühnen-Intendanz mit Chris Dercon "wurde demnach unterstützt von der Volkstheaterfürsorge" lästert heute im Newsletter des "Tagesspiegel" auch Chefredakteur Lorenz Maroldt.

Kommunikationsfehler

In seinem Geburtstagstext für Castorf räumt Renner sogar Kommunikationsfehler bei der Vermittlung des Nachfolger-Modells ein  –  um seine vergifteten Glückwünsche schließlich mit eben jener Ausräucherungsfantasie zu krönen: Das BE müsse, sollte Castorf einmal dort inszenieren (dass dies unter der Intendanz Oliver Reese passieren könnte, pfeifen inzwischen die Spatzen von den Dächern der gutinformierten Berliner Kreise), erst einmal ausgeräuchert werden, um Peymanns Geist dort zu entfernen. Zu legitimieren versucht er sein kulturpolitisches Voodoo-Projekt ausgerechnet mit einem perfide eingesetzten angeblichen Castorf-Zitat. O-Ton Renner: "Peymann, der Castorf beistand im Streit um Dercon. Peymann, dem Castorf bei einem Abendessen, als ich ihn zum ersten Mal sah, ins Gesicht sagte: 'Bevor ich hier überhaupt irgendetwas sage, möchte ich erstmal zu Protokoll geben, wie sehr ich Claus Peymann und seine Arbeit verabscheue ...'"

Darauf spielte ich an, als ich gestern unter die Presseschau des Textes schrieb: "Den Rest der kulturpolitischen Ausführungen zu Punk, Castorf-Anbiederung und Intendanz-Entscheidungen wollen wir hier lieber nicht dokumentieren." Der Text war ja auch im Original verlinkt, so dass es jeder selbst lesen konnte, wenn er wollte. Aber Leser*innen haben zurecht gefunden, statt zu raunen, solle ich die Dinge benennen. Voilà.

In einem an @nachtkritik und @EstherSlevogt adressierten Tweet hat Tim Renner gemutmaßt, man hätte seinen Text gar nicht gelesen.

Versteht er gar nicht, was man an seinen Ausführungen irritierend, ja, auch skandalös finden kann? Hält er die Ausführungen zu Peymann tatsächlich für Kritik? Man muss wohl wirklich befürchten: der Mann weiß nicht, was er tut.


Mehr dazu: Berlins Kulturstaatssekretär Tim Renner gratuliert Frank Castorf zum Geburtstag und räumt Kommunikationsfehler bei der Ernennung seines Nachfolgers Chris Dercon ein - Presseschau vom 17. Juni 2016

Mehr Presseschauen zur Kontroverse um die Castorf-Nachfolge an der Berliner Volksbühne hier.

Kontroverse Beiträge von Nachtkritiker*innen zum Berliner Kampf um die Volksbühne hier.

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Kommentare  
Kommentar Ausräucherung: albern
Ich finde Ihre Empörung wirklich albern, Frau Slevogt. Dass es sich beim "Ausräuchern" am Ende eines langen Textes um eine Portion Ironie handelte, war doch offensichtlich. Und das ist meinen Augen weder irritierend. Ich glaube, wenn man jemandem etwas Schlimmes unterstellen möchte, dann wartet man offensichtlich nicht nur auf den "richtigen", sondern auch auf jeden Moment, der irgendetwas dafür hergibt.
Um mit Ihren Worten zu sprechen: Man muss wohl davon ausgehen, dass der Mann weiß, was er tut.
Kommentar Ausräucherung: Dankeschön
Liebe Esther Slevogt, danke für diesen tollen Beitrag! Ich bin fassungslos über die Dummheit und Flachheit von Herrn Renner! Warum hat Wowereit uns - und den ganzen Berlinern und Berlinerinnen - das angetan?!
Kommentar Ausräucherung: paranoid
Liebe Esther Slevogt, diesen humoristischen Satz vom Ausräuchern des Peymann'schen Geistes in die Nähe einer Auslöschungsfantasie zu rücken und den Autor dann auch noch mit Putin und Erdogan zu vergleichen ist schlicht paranoid.
Kommentar Ausräucherung: Sommerpause
Angesichts solcher Interpretationen kann man wirklich nur dazu raten, den Text selbst zu lesen: "Man könnte aber auch fragen, ob der Mann eigentlich auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung steht. Öffentlich über das Ausräuchern von Institutionen nachzudenken, weil man beleidigt ist, das traut man bisher eher Politikern Marke Putin oder Erdogan zu." Ich rate zur Sommerpause. Oder aber das war auch nur ein Scherz. Wäre hier allerdings viel besser versteckt als in Renners Gratulation.
Kommentar Ausräucherung: toben
Hier tobt der Mob, hier darf er's sein!
Kommentar Ausräucherung: Theater sprechen oder nicht sprechen
Irgendwer schrieb neulich - ich weiß nicht mehr, wohl zu Dercon, der "spricht nicht Theater". Und das trifft wohl auch und wahrscheinlich noch mehr auf Renner zu. Beweis: wenn bei einem gemeinsamen Essen Castorf laut bekennend zu Peymann etwas zu Protokoll geben möchte, ist das doch nur ein Appetitsanzeiger für einen unterhaltsamen Abend! - Renner hätte also nicht den Satz zitieren dürfen, sondern beschreiben müssen, wann wie Franky-Punky dabei geguckt hat und wie es GENAU geklungen hat und was dann der Peymann darauf gesagt, getan oder geschwiegen hat - und zwar EXAKT ALLES, was der darauf wie gesagt, getan oder geschwiegen hat - WENN der Renner sowas gelernt hat und wir uns in der Morgenpost davon überzeugen können, dass er auch öffentlich kommunizieren kann, was er von Theatermenschen gelernt hat, kann der nachweislich auch Theater. Sogar sprechen! Und dann kann der auch ab da einstellen, wen immer er will, wenn er meint das passt schon - Da wird dann landauf landab keiner von uns mehr protestieren - Wünschen wir also alle, Theatermenschen wie wir sind, dem Renner, dass er es vor Ablauf von 100 Jahren lernt. Sonst ist der einfach ein zu schlechtes Beispiel für Kulturstaatssekretäre, die Theaterentscheidungen fällen. Gleich wo. - Liebe Morgenpost-Redaktion, (inzwischen wissen wir: Ihr lest hier mit) reserviert bitte in etwa fünf Jahren, sollte der Renner da noch Kulturstaatssekretär sein, eine erste Seite im Kulturteil für ihn. Er darf sich dann nochmal öffentlich in Theater versuchen. Jeder verdient eine zweite Chance! Wenns glückt, nehm ich dann auch wieder ein Abo von Euch, schicke Peymann ein weißes Hemnd und Renner ne Krawatte mit goldenen Schallplatten drauf!
Kommentar Ausräucherung: jenseits des Punk
Frau Slevogt bringt es schlicht auf den Punkt: Die Geburtstagsgrüße von Renner an Frank Castorf sind wirklich rundum dumm & geschmacklos. Hinzufügen muss man leider (nicht zuletzt wegen des albernen Johnny Rotten Vergleichs), dass der ehemalige Universal Music Geschäftsführer Renner offenbar auch von Punk keine Ahnung hat.
Kommentar Ausräucherung: Toben gegen Nichtzulassen
@5:

Was ist das Toben in einer Debatte, gegen das Nichtzulassen einer Debatte?
Kommentar Ausräucherung: vergiftete Atmosphäre
Wem nutzt diese völlig vergiftete Atmosphäre, Herr Zisch!? Niemandem! Ich sehe es bildlich vor mir, wie Tim Renner in den frühen Morgenstunden, vor dem ersten Tag von Oliver Reese am BE, nackt, nur mit einer Putin Maske bewaffnet, durch das Foyer schleicht und ein Weihrauchfässchen schwenkt, um den Geist Peymann´s, der ohne Hose mit einem Schnitzel im Maul, wie ein Springteufelchen an der Decke entlang flitzt, auszutreiben. Da kommt kurz der Leichnam Brechts um die Ecke, und gibt zu Protokoll, dass er diesen Beckett nie ausstehen konnte, und bis heute nicht versteht, wie man diesen Tabori an seinem Haus spielen konnte. Genauso möchte der Staatssekretär seinen Geburtstagsgruß verstanden wissen, da bin ich mir ganz sicher. Denn er selber hat Castorf die schwarze Lederhose von Johnny Rotten bei E-Bay erstanden, in welcher der alte Recke nun die heiligen Hallen des Berliner Ensembles betritt, natürlich erst nach der Teufelsaustreibung. Dies ist die einzig wahre Lesart dieser Petitesse aus der Zeitung. Und außerdem dringen die Juden nachts in die katholischen Kirchen ein und zerstechen die Hostien, damit sie bluten und der Leib Christi geschändet wird. Genauso ist es! Das ist die einzig gültige Wahrheit.

Oder war es doch nur ein Scherz, eine launige Ansprache zum fünfundsechzigsten? Nein, dies kann nicht sein! Unmöglich! Und am Rande sitzt Daniel Josefsohn in seinem Rollstuhl und fotografiert die ganze Szene für die Ahnengalerie von Castorf, während Esther Slevogt laut ruft: „Das dürfen sie nicht Tim Renner! Sie dürfen Castorf nicht zum Geburtstag gratulieren. Sie biedern sich ja nur an, sie Mann ohne jedes Format.“ Da dreht sich Renner zu ihr um und spricht: „Aber wieso denn, ich habe mein leeres weißes Hemd doch heute extra zu Hause gelassen und trete vollkommen bloß vor ihnen an, damit sie endlichen sehen, was in dem Hemd steckt. Nämlich ein armer, irrer Mann, der jedes Wort, dass er sagt vollkommen todernst meint. Hätte ich sonst Rammstein berühmt machen können, Frau Slevogt?!“

Dann aber schließt sich gnädig vor meinem inneren Auge der Vorhang vor dieser bizarren Szene und ich frage sie nochmals, Herr Zisch: Wem, verdammt nochmal, nützt diese vollkommen verpestete Berliner Luft?! In die beinahe täglich eine Polemik, eine Glosse oder sonst ein Witz gegen Dercon und Renner abgeschossen wird. Und wenn der Staatssekretär sich einmal ebenso leicht sarkastisch gibt, wird er gleich zum Diktator erklärt.

Ich glaube, die Badesaison ist eröffnet. Fahren wir doch alle besser an den Liebnitzsee, da kommen wir wenigstens mal an die frische Luft. Könnte dem oder der Einen oder Anderen nicht schaden!
Kommentar Ausräucherung: weit übers Ziel
Bravo, Frau Slevogt, ich fand Renners Geburtstagsgrüße auch höchst peinlich. Damit hat er wohl gleich mehrere Ziele verfolgt und ist entweder darüber hinausgeschossen oder hat sie komplett verfehlt: Er wollte sich Kulturstaatssekretär profilieren. Er wollte sich als Kenner der Volksbühne (und damit wohl auch des Theaters insgesamt) und des Punk präsentieren. Er wollte Peymann und Castorf heimzahlen, dass sie sich nicht einfach stillschweigend vom Hof jagen lassen. Er wollte begründen, warum er die Ära Castorf an der Volksbühne nach der nächsten Spielzeit beendet (Bayreuth ?!?) und warum er Dercon für den am besten geeigneten Nachfolger hält (weil die Wahl den "direkten Wettbewerb" mit Castorf vermeidet).
Zu allem Überfluss stellt er die Leser der Einleitung vor weitere Rätsel: "Vielleicht denkt Frank Castorf jetzt bereits 'Fuck Off', aber genau das würde zu dieser, meiner ganz persönlichen Gratulation passen." Kurz gesagt: Verpiss dich!
Kommentar Ausräucherung: Zustimmung
#5
Ich stimme Ihnen zum erstmal zu!
Willkommen im Mob!
Kommentar Ausräucherung: Seebadung
Baucks, wir warten auf das Dramolett, ich musste sehr lachen, ganz im Ernst. Dieser Ton steht Ihnen gut und ist dieser Farce einer Hexenjagd auch angemessen. Aber jetzt bitte die für alle obligatorische Seebadung.
Presseschau Renners Gratulation: toll
Herr Renner war schon immer Castorf-Fan? Ist doch toll!

aus "A Fish Called Wanda":

Wanda: "But you think you're an intellectual, don't you, ape?"
Otto: "Apes don't read philosophy."
Wanda: "Yes they do, Otto. They just don't understand it."
Kommentar Ausräucherung: Geschwätz
Die "Gratulation" von Renner ist einfach nur peinlich. Kommunikationsfehler werden eingestanden, das ist feinstes Politikergeschwätz. Es ist nämlich alles richtig, es wurde nur falsch kommuniziert. Das beruhigt mich ungemein. Dann benutzt er auch noch Castorf, um Peymann zu beleidigen - was für ein armseliger Schachzug. Renner beklagt sich, dass Unwahrheiten verbreitet wurden. Das wiederum wundert mich nicht, denn es gibt keine klaren Aussagen seitens der Senatsverwaltung oder Dercon. Über die Entlassungen, die aufgrund der kompletten Neuausrichtung der Volksbühne in den kommenden Jahren folgen werden, wird dann ohnehin nicht mehr berichtet. Hübsch fand ich auch die Aussage, dass Renner Fritsch und Pollesch nicht gefragt hat, weil er sie so lieb hat. Genauso lieb wie den Frank, dessen Ära Renner ja nur AN DIESEM HAUSE beenden wird. Renner hat das tatsächlich großgeschrieben, damit es auch der letzte Trottel versteht. Denkt Renner wirklich, jemand würde befürchten, die Ära Castorf sei nun beendet? Diese Macht hat Renner zum Glück nicht.
Castorf hat er nicht auf dem Gewissen, er hat die Volksbühne auf dem Gewissen.
Was macht Tim Renner eigentlich nach der Wahl beruflich?
Kommentar Ausräucherung: Wowereits Rache
@2:Renner war Wowereits Rache an der Berliner SPD.
Kommentar Ausräucherung: lockerer Artikel
An diesem Wort "ausräuchern" sollte man sich wirklich nicht aufhängen. Herr Renner wollte einen lockeren Artikel schreiben und Herrn Castorf für seine künstlerische Arbeit Respekt zollen. Und ja; auch ich habe nie außergewöhnlichere und spannendere Theaterabende erlebt als die Dostoljewski-Reihe von Frank Castorf. Aber; auch in meinen Augen lebte die Volksbühne schon viel zu lange von ihrem Mythos. Man lässt Castorf nun gehen. Das ist OK. Auch ich werde sicher in diesem Jahr noch einmal nach Berlin fahren und irgendwie Abschied nehmen.
ABER: Im Sinne der Volksbühne, der vielen Arbeiter, die dort weiter beschäftigt bleiben werden und auch im Sinne unser aller Steuergelder, wünsche ich mir, dass man dem neuen Intendanten eine Chance gibt. Ich finde sein Grundkonzept gar nicht so dumm... es bedient etwas, was sich jetzt vielleicht nicht Theateravantgardisten, wohl aber normale Durchschnittsbürger von einem Theater wünschen könnten.
Kommentar Ausräucherung: Bild-Niveau
Nachtkritik auf Bild Niveau. Und die Theaterboheme frönt liebevoll dem angesagten Tim Renner Bashing. Und das nur zu gern. Widerlich.
Kommentar Ausräucherung: Durchschnitt
@16
...und warum sollte man nochmal ein gutbesuchtes Haus mit Vorreiterrolle auf Durchschnittsbürgerniveau stutzen wollen?
Kommentar Ausräucherung: Vision
@18
Damit endlich Touristenbusse und -shuttles Leute ankarren, die auch nur diese Erwartungen haben?
Kommentar Ausräucherung: Frage
@16
Welches Konzept??
Kommentar Ausräucherung: Eventbude längst da
@19
Diese Busse kommen schon viele Jahre, zwar nicht in Gestalt klassischer Touristenkutschen, jedoch in Form verehrungsvoller Huldigung des Volksbühnen-Pops. Es wird sätndig übersehen das der vermeintliche Nonkonfromismus längst in allgemeinen Jubel übergegangen ist, was wiederum erstes egalisiert.
Man braucht also nicht länger vor einer Eventbude angst haben, sie ist schon lange da, lediglich die Personalien sollen sich ändern.
Kommentar Ausräucherung: Dunstkreise
Ich finde es immer wieder erfrischend, wie viele in Berlin Touristen mit einer Konnotation der Per-se-Theaterkunstunkenntnis klassifizieren. Passt ins hier oft vermittelte Bild, dass man allem, was nicht aus dem eigenen Dunstkreis kommt, argwöhnisch gegenüber steht. Woran erinnert mich das nur...
Kommentar Ausräucherung: Groteske
@9:

Liebe/r martin baucks,

das fragen wir uns wohl alle, wem das dienen soll. Der Volksbühne nicht, der Stadt nicht. Und wenn wir weiterfragen, wie es weitergehen soll, dann wurden ja schon Dutzende und Aberdutzende von Vorschlägen und Hinweisen unterbreitet und gegeben. Wer mag, soll Claus Peymann für outdated halten, aber sein letzter offener Brief weist darauf hin, dass es andere Lösungen gibt als das sture Beharren auf einer Entscheidung, die in weiten, weiten Teilen der Szene und Presse als hochproblematisch diskutiert wird. In diese Richtung ist aber von Herrn Renner nichts zu vernehmen.

Anstatt fundierter Argumente oder Angebote lesen wir eine Gratulation, die - nimmt man sie ernst oder nicht - nur als Groteske bezeichnet werden kann. Vielleicht versteht er sein Amt allerdings als der Kunst derart nah, dass Ausflüge ins Kabarett zum Aufgabenbereich gehören. Wenn seine Auslassung ernst gemeint wäre, wäre es leider noch fataler, nämlich grenzenlos lamoryant und unsouverän. In beiden Fällen bestätigt sich, dass der Mann nicht ernst zu nehmen ist. (Das finde ich schlicht: schade. Und traurig für Berlin und seine Theater.) Wenn es eben nicht so ernst wäre! Meine Auffassung ist, dass er Bedingungen für eine Berlin gerecht werdende Kulturlandschaft zu befördern hat. Genau das unterminiert er aber mit seiner vollkommen blauäugigen Gutsherrenentscheidung. Wie üblich, wenn Funktionäre ohne Expertise "mal was entscheiden". Das wird ja sonst gern dem ZK der SED zugeschrieben. Nun ist es eben die SPD (hauptverantwortlich). Immerhin haben wir im Gegensatz zu vor 89 in diesem September die Wahl. (Ich bin froh, dass die Opposition ihre Rolle mehr und mehr wahrnimmt.)

Fest steht: Herr Peymann hat sehr früh den Abschuss Castorfs öffentlich markiert, Peymann hat sehr früh öffentlich Dercons Ernennung moniert, Peymann hat sehr früh auf ein mögliches Revidieren der getroffennen Entscheidungen hingewiesen. In allen Fällen hat Tim Renner eher launisch denn substantiell reagiert. Und eben nicht mit Handlungen, die den auch andernorts keimenden Widerständen entgegengekommen wäre. Die Freiheit hatte er, hat er noch, nutzt er aber nicht. Das ist nur ihm (und seinem Vorgesetzten) zuzuschreiben, nicht den Kritikern. Es ist folglich sein Versagen und das von Michael Müller. Dercon spiegelt das auf anderer Ebene (schlechte Informationspolitik, fadenscheinige Darbietungen, Reaktion via Chipperfield und Koolhaas). All das kann man nicht den Kritikern zuschreiben, sondern nur den Herren selbst.

Dass auf *derart* (in Inhalt und Form) verfehlte Politik mit Unbehagen und auch harsch reagiert wird, sollte nicht verwundern.

HZ


PS: Ihre Szenenschilderung hingegen ist höchst amüsant. Dankeschön.
Kommentar Ausräucherung: gegenseitig
@22: "Woran erinnert mich das nur ..."

An einen Kulturstaatssekretär, der einem exponierten, sperrigen Haus (samt Personen), das nicht aus seinem Dunstkreis (Musikproduktion, digitale Bohème, jung/flott/schnittig) kommt, argwöhnisch gegenüber steht?

Wenn wir schon unterstellen, dann doch bitte gegenseitig.

Oder wir lassen das (gegenseitig) und tauschen Argumente aus.

Nein, es geht nicht um Per-se-Unkenntnis, sondern eine Marktgängigkeit (pars pro toto und cum grano salis: lonely planet). Empfehle dazu die vorangegangenen Diskussionen zu studieren. Da ist das etwas weniger missverständlich ausgeführt.
Kommentar Ausräucherung: das Konezpt
@18 @20

Das ist erstmal sein Konzept:
https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2015/pressemitteilung.301798.php

...kann man sich ja mal durchlesen... sind nur 4 Seiten.

Auf der anderen Seite muss ich schon zugeben, dass ich von 2006 bis 2012 in Berlin lebte und noch die Dernieren von "Der Idiot", "Parasiten", "Erniedrigte und Beleidigte" und "Schuld und Sühne" mitbekam- allesamt großartige Inszenierungen. Danach kam von Castorf dann lange Zeit wenig. "Kean" oder "Berlin Alexanderplatz"...etc.... rissen mich jetzt nicht vom Hocker. Da fand ich zu der Zeit die Schaubühne oder das MGT interessanter. Hier wird oft von einer Wiederauferstehung gesprochen zu der ich mich aber nicht äußern kann... bis auf die 2 tollen Pollesch-Abende "Kill your Darlings" und "Schau mir in die Augen.." - auch grandiose Meisterwerke.
Nur: Zu der Zeit 2006-2011 war das Haus tot. Alle stöhnten als Castorf verlängert wurde und evtl. fiel schon in diese Zeit der Entschluss: Das wird seine letzte Spielzeit. Aus der Perspektive, meiner Ansicht nach, vollkommen zurecht.Jetzt hatte er vielleicht wieder 3 tolle Jahre. Jedoch fiel die endgültige Entscheidung wohl schon 2014 (da am 24.04.2015 der neue Intendant ausgerufen wurde) Castorf abzusetzen- immer mit der Erinnerung an diese Zeit. Ich finde es ich schwierig hier nun Vorwürfe zu machen, weil es gerade wieder so gut läuft.

Nun kommt der neue Intendant. Die Vorschläge, die er macht, sollte man sich jetzt einfach anschauen. Natürlich passt so ein Konzept evtl. besser in die Stadttheater. Ich wünsche mir da oft Ideen jenseits des bekannten Steh- und Sprechtheaters. Das ist nämlich häufig ziemlich langweilig.
(Natürlich konnte Castorf großartiges Theater machen. Seine Jünger scheiterten jedoch in der Regel. Hartmann ist in Leipzig krachend gescheitert mit dem Versuch eine 2. Volksbühne aufzubauen. Die Vorstellungen waren oft nur zu 30% ausgelastet.... und wirklich Spaß macht das dann nicht dort rein zu gehen.)
Ich erhoffe mir vom neuen Intendanten eine interessante Blaupause für die deutsche Stadttheater-Landschaft, bei denen keine S.Rois und kein Henry Hübchen auf der Bühne stehen und ein hochbegabter Regisseur einen Klassiker gekonnt zerlegen kann. Das Theater einmal anders denken: als interkulturelles Zentrum einer Stadt, als Ort, den ich selber mit belebe, als Ort, der vielleicht auch nur regional funktioniert aber mit der Stadt eng verbunden ist. Das kann eine bessere Vorlage für Chemnitz, Magdeburg, Cottbus und Potsdam....etc. sein, als es die Volksbühne heute sein kann.

Ich erhoffe mir einen spannenden Impuls für die deutsche Theaterlandschaft und sehe hier erstmal keinen Anhaltspunkt, dass hier jemand ein 2. BE für modern Art aufmachen will. Aber vielleicht wisst Ihr da mehr.
Kommentar Ausräucherung: einmalig
@ 25
Dieses Konzept kenne ich. Ich dachte, Sie wüssten vielleicht schon irgendetwas Konkretes.
Wieso sollte die Volksbühne Blaupause oder Vorlage für andere Stadttheater sein? Die Volksbühne war und ist einzigartig und offenbar nicht zu kopieren. Genau darum geht es, genau darum mag ich dieses Theater.
Kommentar Ausräucherung: Viel Lärm
Viel Lärm um Nichts, viel Geschrei um wenig Wolle. Vielleicht hätte er besser von Durchlüften gesprochen. Was solls, hier wird doch sowieso ausgeteilt, da muss man sich jetzt nich so prüde geben. Wer austeilt sollte auch einstecken können.
Kommentar Ausräucherung: Impulse
@25

SOLL sie ja nicht sein.... es KÖNNTE aber sein, dass wieder einmal ein interessanter Anstoß von der Volksbühne ausgeht...
Im Übrigen geht von jedem Berliner Theater ein Impuls in die deutsche Stadttheaterlandschaft ob die Theater das wollen oder nicht. Ich blicke da also erstmal mit Neugier auf die neue Spielzeit und werde auch noch mal nach Berlin fahren um mir einen Castorf der neueren Generation anzuschauen....
Kommentar Ausräucherung: es reicht
Frank-Punk und Slim-Tim
Ick denk, ick spinne: Jetzt outet sich nicht nur die Esther Slevogt, sondern auch noch der Tim Renner als Fan und Versteher vom Frank Castorf. „Intensität, Kraft, Autonomie“, da ist was dran, da geh ich mit.
Und die – wie ich finde tolle - Idee vom „Bayreuth des Sprechtheaters“ hat der Alexander Kohlmann – a la Melania Trump – nur gekupfert, von wem wohl: vom Tim (oder seinem Redenschreiber). In grenzenloser Verehrung hat der schon im Dezember 2014 zu Protokoll gegeben: „Frank Castorf hat aus dem Haus sein perönliches Bayreuth gemacht und deshalb wir man hier auch 100 Jahre Castorf feiern.“ (Esther Slevogt verdreht das ein bißchen.) Hinterher im Intendantenzimmer hat der Tim den Frank fast auf Knien angefleht, den Laden noch weiter zu führen, aber nein, Punk-Frank hat „Fuck Off“ gesagt und: Ich will nur eines: „Im Zorn gehen, unversöhnlich sein.“ Und da hat auch der Slim-Tim begriffen: „Einen Punk sollte man nicht zu Tode lieben.“ Irgenwann reicht es auch. Sowieso gilt: „Künstler vom Range eines Frank Castorf kennen kein Pensionsalter. Sie werden uns nicht verloren gehen. Auch nicht in Berlin.“ Stimmt wohl! Bei Claus Peymann reicht es offenbar schon lange und so, dass er auch verloren gehen kann.
Aber die Esther Slevogt war im Mai 2015 auch noch nicht so überzeugt von der „Bedeutung der Volksbühne für diese noch immer verwundete Stadt“. (Vielleicht war ihr auch noch nicht bewusst, dass sich die Debatte bis in Wahlkampfzeiten hinzieht.) Damals rechnete sie bereits ab:
„Dieses fette Haus, das mit seiner diskursschwangeren, wuchtigen Männerkunst so lange eine Art postnationales Nationaltheater war. Vielleicht aber auch bloß für die alt gewordenen Kinder des Kalten Krieges.“
Ein Erhalt der Volksbühne wäre mir schon wichtig, auch wenn das vielleicht ein Luxusbedürfnis ist angesichts des auch ohne dieses Theater Kultur-vollen Berlin und angesichts der sonstigen derzeitigen Probleme wie mittlerer Osten, „Flüchtlingstsunami“, Türkei und Nizza.
Kommentar Ausräucherung: scheitern
Ich sage es nicht gerne, aber nachdem ich heute die Veranstaltung zur Zukunft der Kulturmetropole Berlin besuchte, zeichnet sich ab, dass die Wahl Dercon scheitern wird.
Kommentar Ausräucherung: fassungslos
Lieber Herr Baucks, ich fasse es nicht! Was ist passiert? Was führt zu diesem Sinneswandel? Könnten Sie das explizieren?
Kommentar Ausräucherung: plus 1
Ich bin auch fassungslos. Bitte erklären Sie uns das, Herr Baucks!
Kommentar Ausräucherung: Hemdsärmelig
Leeres, weißes Hemd! Dank an die Berliner Kulturpolitik! Danke Herr Renner!
Kommentar Ausräucherung: Ersatz
Leute, Ihr müsst das verstehen, wenn einer sich selbst schon Veranstaltungen ausmalen und uns nk-mailen kann, die er als Ersatz für Dercon veranstalten WÜRDE, um uns damit zu verarschen, ja... Und wir amüsieren uns schon nur mit den vorgebrachten Dercon-Ersatz-Ideen - dann hat er - TROTZ seiner Liebe zu Dercon diesen ad absurdum geführt! Lasst also den Mann - oder die Frau, wer weiß sowas hier schon oder will sowas hier wissen - arbeiten, wenn der schon die Volksbühne, ohne dass er es selbst gecheckt hat, besetzt hat!
Kommentar Ausräucherung: Berliner Luft
Nun, liebe Irmela Kammelt, lieber RG,

sie dürfen der Beschreibung der Veranstaltung von Esther Slevogt im vollen Umfang vertrauen. Man könnte noch ein, zwei inhaltliche Punkte hinzufügen, beispielsweise, dass Dercon zurecht darauf hinwies, dass Berlin, mit Blick auf die aktuelle Situation in der Türkei, sich in Zukunft noch mehr mit der türkischen Bevölkerung auseinandersetzen muss. Aber ich denke, dass wird das Gorki schon leisten.

Es fehlt einfach geradezu schmerzhaft eine Vision von einer neuen Volksbühne, wenn man Dercon zuhört. Er kann den selbst geschaffenen Begriff „Sprech- und Denktheater“ nicht mit Inhalten füllen, vermag es nicht eine Phantasie dazu im Zuhörer auszulösen. Man rätselt darüber, was er wohl meinen könnte. Zu sehr klammert er sich an Pollesch. Zu deutlich spürt man, dass dieser Künstler ihm schon jetzt zu sehr am zukünftigen eigenen Haus fehlen wird. Er hat offensichtlich anfänglich auf Leute gebaut, wohl auch auf Castorf und Fritsch, die ihm gar nicht zur Verfügung stehen. Dercon schafft es nicht sich von ihnen abzusetzen, abzugrenzen. Er zeigt eine Streichholzschachtel vom verstorbenen Bert Neumann und sagt, es sei sein Talisman. Er denkt die Volksbühne immer noch in ihren alten Zusammenhängen.

Und dann, es ist schrecklich, er kann dies riesige Kapital an Aufmerksamkeit, dass er durch den Streit und die Debatte erhalten hat, nicht umsetzen. Er ist eingebettet in eine Kulisse von Argumenten und Streitbarem, greift aber nur, obwohl Müller in seiner Rede zurecht bemerkte, die geäußerten Bedenken der Volksbühne müsse man ernst nehmen, ein paar Begriffe heraus, die er jedoch nicht in neue Zusammenhänge setzen kann.

Er ist angeschlagen, angeschossen. Wäre es eine Wildwasserfahrt, müsste er nun ganz gezielt das Steuer herumreißen, einen neue Kurs einschlagen und kraftvoll inhaltlich steuern. Er aber verkennt die Situation. Er wirkt frustriert, und jeder, der so wie ich zurecht, mit hohen Erwartungen zu dieser Veranstaltung ging, wurde von ihm ebenso frustriert.

Man kann sagen, dass öffentliche Mobbing in den Medien hat bei ihm funktioniert. Er wird zu einem Beratungsfall. Man möchte ihn gerne ansprechen, mit ihm reden, helfen, aber man unterlässt es, weil man nicht recht weiß, wo man ansetzen sollte. Zu wenig Substantielles über das man mit ihm streiten könnte, kommt von ihm.

Das ist hart seinen Sinneswandel in dieser Form öffentlich zu machen, aber meine ganze Intuition war nach der Veranstaltung wachgerufen und ich konnte nicht anders, als festzustellen, dass ich einem Menschen im Scheitern beobachtet habe, der sich aus eigener Kraft nicht mehr retten wird können. Deshalb betonte er so sehr seine „guten Teams“. Die wird er jetzt dringend benötigen. Es ist eine ernst zunehmende Krise seiner Vorbereitungsphase. Und in der Tat, Dercon spricht eine andere Sprache als Berlin. Ich war so froh, unter normale Menschen zu geraten, als ich das Rathaus verließ, und sie werden es nicht glauben, der erste Satz, den ich hörte, kam von einem Rikscha-Fahrer, der zwei Touristen ermahnte: „Immer schön Vorsichtig, dass ist immer noch mein Berlin!“ rief er. Dann fächelte ich einer Kindergärtnerin aus Bangladesch, die sich mit acht Kindern in der U-Bahn plagte, etwas Wind zu und ihre Kolleginnen mussten lachen. Ich auch. Ich stieg am Rosenthaler Platz aus. Genehmigte mir am „Rosenback“ ein polnisches Bier. Ich liebe es die Leute dort nachts zu beobachten und ich sagte zu meinem Gegenüber: „Man, du siehst echt aus wie ein Knacki.“ „Bin ich ja auch.“ antworte er lachend und wir stießen mit unseren Bierflaschen an. Das „echte“ Berlin gab es im „Roten Rathaus“ leider nicht. Nur ein paar Leute, die sich gemeinsam mit Dercon ins Bild der Kamera vom RBB drängelten.
Kommentar Ausräucherung: Und Kluge?
Lieber Martin Baucks,
vielen Dank für die Offenheit und Ehrlichkeit. Oft haben sie sich ja hier in Rage geschrieben für Dercon, dass ich dachte, welche Droge nimmt er? (Will ich auch mal).
Angesichts der vielen unterschiedlichen Wahrnehmungen der Veranstaltung in den Medien scheint Dercon eine riesige Projektionsfläche zu sein. Ist mir Diffusion genug, dann mag die Unschärfe seiner Äußerungen genügen. Wenn es aber um belastbare, konkrete Informationen geht, dann geht es eben um mehr als um sein Adressbuch. Und in diesem rauhen, dreckigen, unfreundlichen, aber auch herzlichen Berlin sollte er keinen Dolmetscher brauchen, um sich in der Mentalität zurechtzufinden.
Ich schätze Alexander Kluge. Vielleicht könnte der ihm unter vier Augen als Mentor mal was raten. Auch wenn er den Offenen Brief pro Dercon unterschrieben hat, er hätte ihn sicherlich anders formuliert, hätte er ihn geschrieben.
Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.
Seien sie gegrüßt!
Kommentar Ausräucherung: Unfall
In Rage geschrieben wohl eher nicht Frau Kammelt. Vielmehr war es die Beobachtung eines Unfalls, den man nicht mehr verhindern kann, dessen Verlauf man aber meint schon zu kennen. Wie Alexander Kluge da in einem „vier Augen Gespräch“ noch etwas retten soll, kann ich nicht sagen. Man kann diese öffentliche Debatte ja nicht wieder ins Interne, oder gar Private zurückholen. Und der schwere Vorwurf war und ist: Dercon zerstöre mit seiner Haltung und seinen Plänen unwiederbringlich ein Original.

Nun haben diejenigen, die diesen Vorwurf in Umlauf brachten, zwar auch nie erklärt, wie sie sich denn ihrerseits das Bewahren des Originals im Detail genau vorstellen, aber sie haben zu mindestens soviel Lärm veranstaltet, dass man sie wahrnehmen musste.

Ob sie den Unfall nun wissentlich herbei geführt haben, oder aber ob er schon längst im Gange war, müsste man genauer untersuchen. Hierzu fehlen wesentliche Informationen. Was zunächst wie eine Unmutsäußerung nach einer Betriebsversammlung daher kam, hat sich nun zu einer echten Krise ausgeweitet. Nur kann man schwerlich jemanden öffentlich verprügeln, um ihm dann im Nachhinein vorzuwerfen, dass er doch nun recht ramponiert aussähe.

Wie dem auch immer sei, Dercon fällt hierbei eine Schlüsselrolle zu, die er auszufüllen hat. Bei ihm sollten die gedanklichen Fäden zusammenlaufen und er sollte sie zu sortieren, ordnen und zu lenken wissen.

Davon war im Rathaus nur wenig zu spüren. Es gab einen Versuch, als er anhob die Begriffe Philosophie, Ideologie und Theorie von einander zu unterscheiden, um sein Sprech-Denktheater zu begründen, und er darauf verwies, dass die Theorie eigentlich Grundlage seines Theaters sein solle, und auf keinen Fall Ideologie. Aber mehr, als das er betonte, dass die Begriffe sich unterscheiden, geschah leider geistig nicht.

Ebenso verhielt es sich in dem Moment, wo Dercon den Begriff „interdisziplinär“ zwar verweigerte, und stattdessen vorschlug, die Disziplinen sollen aufeinander einwirken, aber wie sie dies tun sollen, in dem speziellen Fall Volksbühne, diese Antwort blieb er den Zuhörern schuldig. Das er alles Reden gleich zu Sprechtheater erhoben wissen wollte, sogar das Podium selbst, war wohl eher eine sanfte Trotzreaktion.

Ein freundlicher Mann, leider etwas unpräzise, was die Definition seines Theaters betrifft, und ja, es gibt sprachliche Probleme, liebenswürdiger Kerl, aber wie es weiter gehen soll? Schwierig. Er muss seine Rolle schon ausfüllen, wenn er sich auf ein Podium setzt, und da geht es weniger um sein noch nicht ausformuliertes Programm, dass ist nachvollziehbar noch nicht komplett, es geht um seine Theorie von der neuen Volksbühne, und wie er darin den Vorwurf, er würde ein Original zerstören, verarbeitet.

Das es sehr viele unterschiedliche Sprechtheater in Berlin gibt, diese seine Feststellung ist müßig. Das es sich bei der jetzigen Volksbühne um ein Sprechtheater handelt, welches das Sprechen im permanenten Ausnahmezustand kultiviert und zu seiner originalen Marke erklärt hat, ist die eine Sache, wie aber das Theater des Herrn Dercon in Zukunft aussehen könnte, er konnte es nicht einmal theoretisch vermitteln. Das ist leider schwach.

By the way, ich finde ja überhaupt nicht, dass die Verschränkung verschiedener Disziplinen zwangsläufig zu ununterscheidbarem Brei führt, solche Gedanken bleiben einem Folkwängler wohl immer fremd, aber auch hierzu fehlten stichhaltige Äußerungen von Dercon. Da kann wohl keine Rage und kein Charme etwas daran ändern.
Kommentar Ausräucherung: Interviewhinweis
Dercon will die Volksbühne als Marke verwenden, er denkt, er könnte diese Marke einfach übernehmen, leicht variieren und für den Markt aufbereiten, da ist das Theater dann doch um einiges widerständiger als die durchkommerzialisierte Kunst (siehe Berlin Biennale, E flux etc). Er sieht Theater nicht als autonomen Organismus, ein Auge hat er auf die Kunst, das andere auf die ökonomische Verwertung, das könnte bei einem Festival funktionieren, dort aber auch nur mit gravierenden Glaubwürdigkeitsproblemen, wie die inzwischen desaströsen Salzburger Festspiele beweisen. Dercon hat zur (ja neoliberalen) Kommerzialisierung auch schon Klartext gesprochen, hier ein Auszug aus dem Tagesspiegel Interview von 2015:

"Dercon: Man sollte Schritt für Schritt einen Mix von öffentlichen und privaten Mitteln anstreben. Der Staat hat die Verpflichtung, Kultur zu präsentieren, aber es gibt auch andere Möglichkeiten.

Tagesspiegel:Sie brauchen erheblich mehr Geld für Ihre Volksbühnen-Ideen, zum Beispiel die Bespielung des Hangar 5 in Tempelhof.

Dercon: Um dieses Geld werde ich mich kümmern, natürlich. Da werde ich auch mit Sponsoren sprechen, die schon Interesse signalisiert haben. Das betrifft vor allem die „Digitale Bühne“, die wir planen. Berlin ist die Stadt der Start-ups, da können wir anknüpfen. Viele schauen nach Berlin, aber die tun das nicht für mich, sondern weil sie die Volksbühne so spannend finden. Sie wollen dabei sein, in Berlin! Man muss auch über die Auslastung der Volksbühne nachdenken, die ist nicht optimal. Und über Eintrittspreise ist zu reden. Ich finde es wichtig, dass bestimmte Menschen gratis ins Theater kommen können, andere wiederum können mehr bezahlen.

Tagesspiegel: Jetzt plötzlich ist sogar Theater für Sponsoren interessant?

Dercon:Ja, und da war die Arbeit der Volksbühne wegweisend. Aber nicht nur: Wenn ich mit Museumsleuten über Berlin spreche, dann auch über das HAU, Tanz im August, die Berliner Festspiele. Aber immer wieder geht es um die Volksbühne. Sie ist ein deutsches Produkt, wie Gerhard Richter."

link: http://www.tagesspiegel.de/kultur/neuer-intendant-der-volksbuehne-chris-dercon-veraenderung-tut-immer-weh/11689384.html
Kommentar Ausräucherung: Kind im Brunnen
Ja, Dercon macht jetzt in Theater. In London war es wohl eine seiner Hauptaufgaben, mit Sponsoren zu speisen. Da vergisst man nur zu gern, dass man Teil des Systems ist. Sich dann öffentlich darüber zu beklagen, dass in seinem Sektor alles so durchökonomisiert sei, das ist schon irgendwie gespalten. Seine Wortwolken scheinen bis dato gut funktioniert haben. Und Leute, die viel Geld für die Teilnahme an Museumskongressen zahlen, käuen dann auch bereitwillig diese Wortwolken wieder.

Und da sind wir bei Renner. Renners Hobby heißt Digitalisierung. In der Musikindustrie ist die Digitalisierung essentiell, aber am Theater nicht. Interessanterweise wurden in den Diskussionen von 2014, in der es um die Forderung Renners ging, die Theater mögen Inhalte streamen, auch die Untiefen benannt, die mit der Digitalisierung einhergehen, Urheberrechte, Plattformen, Bezahlmodi, nicht zuletzt die Unmöglichkeit, Theatererlebnis auf diese Weise zu übermitteln. Hier bei nachtkritik auch gut nachlesbar.
Renner kann endlich den Castorf in die Intendantenrente schicken und sucht einen Nachfolger. Den sucht er nicht an den Theatern, sondern da, wo doch endlich mal jemand den Traum von der Digitalisierung durchziehen könnte.
Renner findet Dercon, der fühlt sich in London nicht mehr wohl, passt genau in sein Beuteschema. Renner war sehr generös, sagt Dercon. Hat ihm alles erklärt. Und exorbitant viel Geld für seinen Übergangsetat gegeben. 500.000 allein für die digitale Bühne in 2017. Insgesamt ca. 3 Millionen für 2016/17.
Der Hangar soll ja nur zwei Monate im Jahr bespielt werden, da könne man ja was mit Flüchtlingen machen.
Das zentrale Produkt soll die digitale Bühne werden. Dafür opfert Renner eines der besten und profiliertesten Sprechtheater Deutschlands. Denn das wird es dann nicht mehr sein. Es wird beliebig sein. Dann ist das Kind in den Brunnen gefallen.
Kommentar Ausräucherung: Unfallopfer
Ohne ihnen zu nahe treten zu wollen, liebe „Kunst als Beute“, aber das ist doch jetzt nun ein Teil der jüngeren Vergangenheit. Die alte Volksbühne hat sich verweigert. Die Kooperation mit ihr wird nicht stattfinden, und in dem Sinne kann Chris Dercon die Marke „Volksbühne“ nicht mehr übernehmen. Der Unfall hat stattgefunden und wir befinden uns sozusagen am Tag X nach dem Crash. Dercon besitzt nun einen Neuwagen mit geringer Kilometerzahl und einem erheblichen Unfallschaden, der noch begutachtet werden muss. Aus dem Gutachten wird er die Zahlen für die Kosten einer Reparatur entnehmen dürfen. Auf keinen Fall aber wird er Teile der alten Volksbühne weiter verbauen können. Die alte Volksbühne als Marke steht nicht mehr zum Verkauf. Dercon kann auf dieses Chassis kein neues Modell aufsetzen. Er befindet sich in einer komplett neuen Situation. Er wird, ob er will oder nicht, eine eigene Marke kreieren müssen. Sein Change Management unter Partizipation der alten Volksbühne ist somit gescheitert. Nun wird er sich wohl oder Übel doch abgrenzen müssen, in dem Sinne, dass sich andere von ihm abgegrenzt haben, und ihm somit eine Isolation verordnet haben. Mag auch eine Kooperation mit dem Hau oder anderen angedacht sein, dass wird ihn nicht herausreißen aus der Not, denn sein Hauptkooperationspartner „alte Volksbühne“ entfällt. Kooperierende Fusionen mit wesentlich kleineren Partnern werden das nicht kompensieren können. Er steht vor einer vollkommen neuen Situation, denn seine anfänglichen Pläne sind schon wieder Geschichte. So schnell kann es gehen. Jetzt heißt es: Sich neu aufstellen!

Und das wird richtig schwer, weil er hierzu mit einigen Grundsäulen seiner Arbeitsauffassung brechen muss. Er wird sich fragen müssen, ob er das überhaupt will. Noch scheint er nicht begriffen zu haben, dass er nun, als Unfallopfer, eine völlig neue Position einnimmt. Warten wir es ab.
Kommentar Ausräucherung: das kleinere Übel?
Dercon als Unfallopfer? Im Sinne der Moral nicht. Dercon nehme ich schon als sehr ich-bezogen wahr, deshalb muss er seine Wortwolken auch nicht erläutern. Zudem scheint er hyperaktiv und auch etwas greisenhaft starrsinnig.
Wichtiger auch, als die Frage, ob Dercon weiß, was los ist, ist ja, weiss der Müller das? Der rennt von Termin zu Termin, hält Grußworte wie am Donnerstag im Rathaus. Kapiert auch nicht, dass die Revision einer schlechten Entscheidung das kleinere Übel wäre gegenüber dem Aussitzen dieses Konflikts. Aussitzbar ist es nur für Renner, der wirft nach der Wahl seinen Motor wieder an und fährt davon.
Kommentar Ausräucherung: auf extrem unsittliche Weise angefahren
Ach Frau Irmela Kammelt,

dieses Bashing muss wirklich Lust bereiten. Aber soweit ich das sehen kann, steckt Tim Renner gerade in Angkor Wat in Kambodscha und besucht den Ta Prohm Temple, macht das, was viele um diese Jahreszeit tun, den Urlaub mit einem Besuch der Tempelanlagen verbinden. Und er sendet kleine Nachrichten an Frau Grütters, nur mit einer leichten Hose, einem T-Shirt und einer Mütze bekleidet, ganz ohne „Motor“.

Doch, doch, der Unfall hat eine moralische Dimension, auch wenn sie Dercon für hyperaktiv und greisenhaft halten, der Mann ist auf eine extrem unsittliche Weise angefahren worden. Und der Konflikt würde sich auch nicht ändern, wenn Müller seine Entscheidung zurücknehme, was er hoffentlich nicht tut, denn Dercon bleibt weiterhin eine gute Wahl. Nur in seiner jetzigen Verfassung erscheint unvorteilhaft.

Das kann sich wieder ändern.

Niemand kommt auf den Zustand vor dem Unfall zurück, sie nicht, Renner, Müller und Dercon nicht, und die Volksbühne auch nicht. Bisher haben alle Beteiligten nur Schaden genommen und haben sich gegenseitig oder wurden beschädigt. Die Schuldfrage bleibt weiterhin offen, auch im moralischen Sinne.

Sie stellen sich die Lösung etwas zu einfach vor.

Oder besser noch: Stellen sie uns doch einmal ihre Lösung des Konflikts hier vor!
Kommentar Ausräucherung: Bitte
@42: Ihre Aufforderung zu Lösungsvorstellungen haben Sie mir gegenüber auch schon angebracht. Meine Antwort darauf, die eben jene Vorschläge unterbreitete, haben Sie außer acht gelassen. Nehmen Sie doch gern darauf Bezug.
Kommentar Ausräucherung: Frage
Lieber Hans Zisch,

helfen Sie mir auf die Sprünge , was habe ich überlesen. Es täte mir leid.
Kommentar Ausräucherung: kein Wunschkonzert
Lieber Martin Baucks,
ich hatte noch gar keine Lösung vorgeschlagen, ich fände einen richtigen Intendanten gut, einen richtigen Kultursenator und auch einen solchen Kulturstaatssekretär. Leben ist kein Wunschkonzert, muss ich noch warten.
Aber wenn es nottut:
Juristen müssten sich wohl um den Vertrag von Dercon kümmern. Wird nicht billig.
Eine Findungskommission macht sich an die Arbeit und schlägt asap unter Einbeziehung der Volksbühne einen geeigneten Kandidaten/Kandidatin vor. Namen hat Hans Zisch in diesem Thread oder benachbarten schon genannt. Dieser Kandidat und seine Crew hat dann die Aufgabe, die Sache neu aufzustellen.
Unter den Prämissen, die sie selber unter #40 dargelegt haben, ist es jedenfalls nicht möglich, einen Repertoirebetrieb aufrechtzuerhalten. Dann reichen weder die 3 Millionen für den Übergang, noch ist Vorsorge für einen Mehrbedarf für den folgenden Haushalt 2018/19 getroffen worden (siehe Inhaltsprotokoll des Kulturausschusses vom 28. September 2015).

Den Vorwurf des Bashing nehme ich Ihnen nicht übel. Es ist eine schwierige Situation.
Kommentar Ausräucherung: juristische Grenzen
Die lange Namensliste von Herrn Zisch, ich erinnere mich. Nun, an so etwas möchte ich mich nicht beteiligen. Ich bin nicht größenwahnsinnig. Nehmen wir nur mal einen Namen Christoph Hein. Er ist seiner zeit vom DT Ensemble abgelehnt worden. Ein wahrscheinlich sehr schmerzhafter Vorgang für ihn. (...) Dann waren dort eine Menge Menschen, die unter Vertrag stehen, die eventuell auch eigene, ganz andere Lebensplanungen haben. Die müsste man alle einzeln anfragen, ob sie überhaupt zur Verfügung stehen. Da fallen nach einer kurzen Durchsicht schon fast die Hälfte raus. Außerdem, wer bin ich, solche Spielchen hier zu spielen. Nein, an solchen Spekulationen möchte ich mich nicht beteiligen.

Zu dem, Herr Dercon hat einen Vertrag, ebenso Herr Renner. „Hire and Fire!“ war nie meine Welt. Ich war dem einmal ausgesetzt. Das hat gereicht. Und so werden viele denken. Glauben sie nicht, dass sich jeder sofort bereit erklärt so ein Haus zu übernehmen. Und in der jetzigen Lage schon gar nicht.

Was schützt denn einen Neu-berufenen vor ähnlichem Ungemach. Das Internet ist nicht das neue Kündigungsbüro, wo Personalentscheidung nach Gutdünken getroffen werden können.

Frau Kammelt, stellen sie sich doch einmal vor, die Community hier würde über ihre persönliche berufliche Zukunft bestimmen, und sie vor Arbeitsantritt gleich wieder kündigen, weil sie befinden würde, sie seien zu attraktiv, hätten einen zu guten Teint, kleideten sich zu fein, außerdem sei ihre „neoliberale“ Haltung nicht kommod. Sie können gerne andere Eigenschaften wählen, zu nachlässig, zu links, zu greisenhaft, hyperaktiv oder passiv.......

Was glauben sie, warum es Verträge gibt?! Um uns vor solchen Unsittlichkeiten zu schützen. Sonst könnte ja jedes Bashing jeden nach kurzer Zeit aus seinem Job entfernen. So geht es nicht. No go.

Die Berufung Dercon muss man erst einmal respektieren. Man kann ihn nicht mit solchen Argumenten vor Arbeitsbeginn aus dem Amt treiben. Der Mann ist für eine interdisziplinäre Theaterarbeit bestellt worden und hierzu bringt er alle nötigen Fähigkeiten und Referenzen mit.

Von Anfang an hat die Debatte auf ihrer Seite nur funktioniert, weil die Annahme Müller, Renner und Dercon seien unqualifiziert nicht ihrerseits in Frage gestellt wurde. Diese Leute können ihren Job. Das ist nicht der Punkt. Es gefällt ihnen nicht, was sie machen. Da liegt es. Das befähigt sie aber noch lange nicht sie allesamt aus ihren Ämtern zu jagen. Das ganze Hauen und Stechen hat klare juristische Grenzen. Und die werden eingehalten. Das dürfen sie mir getrost glauben.

Nein, die Lösung liegt außerhalb dieser Phantasiereichen, in denen sie meinen mit ein paar willkürlichen und eigenmächtigen Rochaden neue Verhältnisse schaffen zu können.
Kommentar Ausräucherung: Kulissen-Argument
@44: Hier beispielsweise.

http://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12773:die-volksbuehnen-debatte-nachtkritiker-sagen-warum-die-diskussion-ums-haus-am-rosa-luxemburg-platz-sie-nichts-angeht&catid=101:debatte&Itemid=84#comment-60133

Habe auch schon vor einem Jahr und zwischendurch dazu aufgerufen, eine integrale Lösung zu finden, also die sich nun grundsätzlich abzeichnenden Fragen anzugehen; es geht über die Volksbühne hinaus.

Das Argument "Berlin wird Provinz, wenn man Dercon umsetzt/auszahlt" halte ich für Kulisse. Es gibt keinen Mangel an Alternativen. Auch wenn Tim Renner seine Entscheidung nach wie vor als die alleinmögliche verkauft. (Es geht eben nicht um Castorf als Regisseur, es geht um die/-se Volksbühne.) Übermut der Ämter, Lotusblüteneffekt des Besserwissens.
Kommentar Ausräucherung: Ausstiegsklauseln
Wenn sie sich da mal nicht irren, Herr Baucks. Diese Verträge beinhalten auch immer Ausstiegsklauseln, die regeln, was passiert, wenn die eine oder andere Seite den Vertrag nicht einhält (einhalten kann). In der Regelung geht es dann um Geld. Vor der Unterzeichnung so eines Vertrages sind auch immer Juristen beider Seiten involviert.
Und wir haben eine besondere Situation. Wie wir gerade in beim Volkstheater Rostock sehen, kommen diese Sachen vor und müssen ausgestanden werden. Und ziehen u. U. auch juristische Auseinandersetzungen mit sich.
Bei der Einschätzung, ob die genannten drei ihren Job können, würde ich ihnen gerne folgendes sagen. Dercon kann zweifelsohne Museum, Renner Musikgeschäft und Müller Druckerei. Bei der Bewertung der politischen Ämter, die beide bekleiden, muss ich Abstriche machen. Müller hat sich mit dem Posten des Kultursenators, den er von Wowereit geerbt hat, übernommen. Und Renner ist so überheblich, dass er denkt, die Dinge mit seinem Querdenker-Image zu lösen. Manchmal lohnt es sich aber, den Extrameter im Sinne von Pythagoras zu denken.
Und zum Schluss, wir bestimmen hier keinen neuen Kandidaten, führen nur eine Debatte.
Ich wünsche einen schönen Tag.
Kommentar Ausräucherung: harte Lehrschule
Ich denke Mitleid ist das vollkommen falsche Gefühl in diesem Zusammenhang. Mitleid ist nur eine andere Form von Arroganz.

Was stattfindet ist eine extrem harte Lehrschule für Herrn Dercon, die fast schon einer Sequenz in einem KungFu Film gleichkommt. Er kann daran 'zerbrechen' oder seine eigene Vorstellungskraft übersteigen.
Haben es andere Leute einfacher? Ohne Frage. Doch das ist gar nicht die Frage.
Vergessen wir nicht, dass der Ursprung des Streits sein unermessliches Privileg war: die Berufung, als Externer, ohne Vorauswahl und Konkurrenz, mit einem Budgetversprechen welches das anderer Häuser in den Schatten stellt.
Er kannte die Stadt kaum, das Theatersystem (noch) nicht, die Fehden, die Problemstellungen, das Publikum etc.
Dercon scheint sich dieses Privilegs nur bedingt bewusst zu sein. Er versucht noch immer, mit eigenen alten Strategien an die Situation heranzugehen, obwohl sich die Synapsen für die gestellte Aufgabe neu legen müssen. Da wird er eben hier und da abgewatscht. Ich für meinen Teil freue mich nicht darüber; ich betrachte das recht emotionslos nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip.

Herr Dercon mag es sich wünschen in Ruhe zu arbeiten. Doch das steht ihm (noch) nicht zu. Es prasseln da mit voller Wucht Informationen auf ihn ein. Man kann das akzeptieren um zu wachsen, statt sich zu sträuben.

Nebenbei bemerkt (Stichwort "Bashing"): Auf dem Kunstmarkt geht es oft zickiger zu als auf einer Bergwiese. Das ist Mitnichten die Domäne der 'Theaterfundamentalisten'. Es ist mir kein Fall von einer leitenden Figur bekannt, der/die keine Skelette im Keller hat.

Dercon sprach mehrfach davon, dass er eine neue Freiheit in seiner Arbeit sucht (weshalb er sich dem Theater zuwendete). Vermutlich liegt sie just in der eigenen Transformaiton: Opportunisten den Rücken kehren und selber inhaltlich verbindlich sein.
Kommentar Ausräucherung: in fünf Jahren
Die Volksbühne hatte Hochphasen immer unter einem Künstlerintendanten und Phasen der Duldungsstarre dazwischen. Oder weiss wirklich noch jemand, wer zwischen Besson und Castorf dort die Leitung hatte? Insofern scheint mir persönlich der Paradigmenwechsel eine möglicherweise sinnvolle Lösung. Nach Castorf kann man nur scheitern. Da ist mir lieber, Dercon scheitert als ein geschätzter Theatermann. In fünf Jahren oder in zehn sehen wir weiter - dann ist das Haus am Luxemburg-Platz "dekontaminiert" durch eine Abfolge von Gastspielen und Koproduktionen im Kulturverschiebebahnhof, Tempelhof hat sich als Marke in der (bildenden) Kunstwelt etabliert und wird abgetrennt und wir haben ein neues Spiel in der Hand.
Kommentar Ausräucherung: Aufeinander zugehen
Eine integrale Lösung Herr Zisch, kann nur dann funktionieren, wenn man in alle Richtungen kritisieren darf und die Beteiligten auch fähig sind Kritik anzunehmen. In diesem Vorgang fällt die jetzige Volksbühne weitgehend aus, da sie sich sakrosankt gibt, und von daher meint zur Verweigerung privilegiert zu sein. Hieran würde auch eine veränderte Personalie Dercon nichts ändern. Deshalb plädiere ich dafür mit den bisherigen Beteiligten eine Lösung herbei zuführen, die, wie sie zurecht fordern, die grundsätzlichen Fragen beantworten sollte.

Eine Ausstiegsklausel als Sollbruchstelle sehe ich nicht, hierzu fehlt uns die Vertragseinsicht. Darauf zu spekulieren, lohnt im Moment wenig, da sich hierdurch an der verfahrenen Situation kaum etwas ändern würde. Der nächste Partner stünde vor den selben Problemen, die eben auch von der Belegschaft der Volksbühne herrühren.

Legale Mittel Herrn Dercon vor Amtsantritt wieder zum Gehen zu nötigen, gibt es so gut wie keine. Demzufolge versucht man ihn sturmreif zu schießen, damit er von selber aufgibt. „Dercon muss weg.“ ist die Position der Hardliner. Sie schauen dem Treiben emotionslos zu und erkennen darin eine Sequenz einer Kampfsportart. Nur, liebes „undsoweiter“, solch ein Wechsel ist so oder so ein fragiler Vorgang und in seiner Zerbrechlichkeit liegt zugleich seine Qualität. Harte Lehrschulen sind etwas für das Militär. Niemand sollte in einem künstlerischen Vorgang solche Schläge aushalten müssen, mehr noch, hält der Vorgang solche Schläge aus, läuft er schon falsch. Zu dem, die belehrenden Schläge, lehren zugleich auch immer, dass Gewalt ein Mittel ist. Das sollten sie kritisch würdigen.

Denn es ist auch so, Frau Kammelt, dass in dem scheinbaren Kampf gegen ein neoliberales Management, Kerntugenden der Neoliberalen angewandt werden sollen. „Hire and Fire.“ ist eben eine der Wesensmerkmale neoliberaler Lösungen. Hier wendet die Fraktion der Hartleibigen die Mittel an, die sie an Dercon meint zu verabscheuen, und erzeugt innerhalb der eigenen Reihen nicht den einzigen großen Widerspruch in ihrer Haltung.

Das Herr Dercon mit Privilegien ausgestattet wurde, spricht für ihn. Man sollte sie ihm nicht neiden.

Warum man in diesem fragilen Vorgang nicht ebenso Forderungen zur Einsicht und Kooperation an die Volksbühne stellt, und sich nur auf eine Person einschießt, bleibt fragwürdig. Sie sagten es ja bereits, Frau Kammelt, nur einen Menschen zu entfernen, erscheint ihnen das kleinere Übel. Aber dieses kleinere Übel wird das große Übel, dass keine der Parteien wirklich öffentlich aufeinander zu gehen wollen, außer Dercon, der weiterhin Gesprächsbereitschaft signalisiert, nicht tilgen.

Nun heißt es: Auf einander zugehen und im offenen Gespräch gemeinsame Lösungen zu finden. Wer sich diesem Vorgang nach dem Crash verweigert, macht sich fortgesetzt schuldig und sollte sich hierzu verantworten. Emotions-und Leidenschaftslosigkeit sind keine Sache des Theater´s. Dies sollte hier noch gesagt werden. Permanenter Krieg ebenso nicht. Eine Waffenruhe sollte eintreten, denn ein erneuter Waffengang würde denn Vorgang wahrscheinlich an sich selbst zerbrechen lassen. Allen die hier auf Sieg setzen, möchte ich sagen, ich setze auf Kommunikation und Kooperation.
Kommentar Ausräucherung: Zerbrechlichkeit
Herr Baucks,
Sie müssen sich nicht so defensiv geben. Sie lesen meinen Kommentar aus Ihrer Sichtweise. Mein 'Endziel' ist es ja gar nicht, Herrn Dercon abzusetzen - wie ich es verstehe ist es auch gar nicht möglich. Ich sehe es ganz genauso, dass der Wechsel ein zerbrechlicher Vorgang ist. Die Zerbrechlichkeit kann gerne eine Qualität sein, wenn der Angesprochene es auch annimmt, und sich nicht hinter seinem Status versteckt.
Es ist unterm Strich ein Berufswechsel, vielleicht auch ein Seitenwechsel.
Kommentar Ausräucherung: Tausch Reese Dercon
Lasst Reese und Dercon tauschen. Reese ist durch und durch Sprechtheaterprofi und nun wirklich mit allen Wassern gewaschen. Er wuerde Pollesch zum Oberspielleiter machen. Dercon und seine Truppe könnten dann multimediale internationale Kunstevents unter den BE-Kastanien im Innenhof feiern, gesponsort von der "BE Berlin'-Kampagne.
Wo die Volksbühne als Fels in der Brandung der internationalen Event-Gentrifizierung geliebt und verteidigt wird, würde sich beim BE keiner aufregen, selbst wenn Dercon Tänzer aus London mit Farbe an den Füßen auftreten laesst, die während der Vorstellung ein buehnengrosses Gemälde malen (woraus dann von einer Schar ultrabegabten up-and-coming Modedesignstudierenden aus Hongkong hippe Taschen gemacht werden, von denen jeder Zuschauer eine bekommt (daher auch der spektakuläre kartenpreis), verteilt von zehn Hamlet to be or not to be Monologisten (mehrsprachig) im BE Foyer

Kein Mensch wuerde sich darüber aufregen, denn vom BE ist man eh seit vielen Jahren Kummer gewöhnt.
Kommentar Ausräucherung: VB in den Hangar
Snoopsie in der Maske von Dercon? - Sehr überzeugend! Noch ein Kandidat - der Renner kann einem leid tun, wie soll der diese Kompetenzschlange jemals nach-entscheidend abarbeiten???
Und dann kann man auch den Hangar gegen die VB tauschen, da wird dann in H5 Kunst gemacht und vom Dach der bis zur Decke zubetonierten VB als Klein-Tempelhöfchen starten dann diese niedlichen kleinen Privatflugzeuge mit den Stars, von ihnen selbst geflogen!, die mal bei der Berlinale vorbeigeschaut haben, die der altmodische Kosslick immer noch spartenrein dem Film gewidmet hat...
Kommentar Ausräucherung: Sinneswandel
vielleicht will, kann und darf Herr Baucks endlich wieder unter Dercon in Berlin arbeiten, vielleicht hofft er das, daher der Sinneswandel..?? ;-)
Kommentar Ausräucherung: Umfeld verdächtig machen
Und wenn schon, liebe "Sinnsuche." Leute wie sie, wollen doch einfach nur das gesamte Umfeld von Dercon und jeden, der für ihn spricht, verdächtig machen. Das ist alles. Wünsche Ihnen auch weiterhin gutes Gelingen bei ihrer "reizenden" Tätigkeit .
Kommentar Ausräucherung: ohne auf Null
Sie waren auch schon einmal weiter, lieber Martin Baucks. Aber wenn Sie wieder die Rolle des Verteidigers spielen möchten, nur zu.

Im September muss Dercon liefern. Und dann muss er deutlich machen und plausibel machen, was er mit dem Theater konkret vorhat. Das hat er ja bisher nicht. Sowohl sein Konzept als auch die persönlichen Auftritte vor der Presse sind mehr pseudophilosophische Wolken.

Schicksalhaft war nur Bert Neumanns früher Tod, alles andere ist Menschenwerk. Und zwar interessengesteuert. Müllers Interesse gilt Tempelhof und Renners der Digitalisierung. Dercons Interesse gilt der Weiterführung der Londoner Karriere, die auch nicht popliger sein darf. Die Volksbühne spielt nur als Marke eine Rolle, Widerstand kann man noch vereinnahmen "Protest is our brand".

Wie hat Müller gesagt:

'Es steht viel auf dem Spiel', in diesem Punkt stimme er Claus Peymann, dem Intendanten des Berliner Ensembles, zu.
Der scheidende Volksbühnen-Chef Frank Castorf habe mehr als 20 Jahre 'großartige Theaterarbeit' geleistet, betonte Müller. Aber man müsse nach so einer langen Zeit auch für die nächsten 10 oder 20 Jahre anderen Menschen mal eine Chance geben, ohne dass die bisherige Arbeit komplett auf Null gestellt werde"
-->Ohne, dass die bisherige Arbeit komplett auf Null gestellt werde.
Kommentar Ausräucherung: Lieferfrist länger
Nee, er muss im September nicht "liefern". Erst im April oder Mai.
Kommentar Ausräucherung: rote Linie?
Sorry, Herr Waßmann, Dercon hatte angekündigt, im September erste Pläne für die Bespielung des Hangars in Tempelhof öffentlich zu machen. Das meinte ich mit "liefern".

Liebe Redaktion, ihr habt meinen Beitrag #57 etwas gekürzt, war euch vielleicht zu politisch? Ich möchte die Frage aber stellen:

Wo ist die rote Linie bei Müller, was dieses Haus angeht?
Kommentar Ausräucherung: wenn der Lappen
"Liefern" muss er erst, wenn der Lappen hoch geht!
Kommentar Ausräucherung: auf allen Seiten nur Schäden
Man ist nicht „weiter“, nur weil man jemanden willkürlich und vorsätzlich grundlos öffentlich unter Druck setzt, Frau Kammelt. Im Gegenteil. Noch ist keine der Befürchtungen gegenüber Dercon eingetreten. Das sind alles Vermutungen über eine Zukunft, die erst in über einem Jahr eintreten wird. Und zu dem, ich verteidige weniger Herrn Dercon, den ich für seinen Auftritt im „Roten Rathaus“ ebenso auch kritisierte, sondern ich beklage die Vorgehensweise, wie er von einigen Menschen vorgeführt werden soll. Wenn sie die Volksbühne wirklich lieben, dann stoppen sie diese Vorgehensweise, denn bisher kann man auf allen Seiten nur Schäden feststellen. Das Dercon einen Teil seines Programmes für den Hangar schon Ende September veröffentlichen will, halte ich für keine strategisch gute Idee. Kann funktionieren, wenn die Pläne beeindruckend und überzeugend sind, muss aber nicht, selbst wenn es so wäre. Denn es könnte auch sein, dass diese Veranstaltung zu einer Art Raubtierfütterung verkommt, in dem er dem „Tier“, dass er beruhigen will, neues Futter reicht, um weiter wild zu werden. Ich persönlich denke, das man in die jetzige vergiftete Atmosphäre keine Programmpunkte setzen sollte und kann. Dercon ist dazu im September nicht verpflichtet. Ich glaube, man sollte zunächst einmal den Boden dafür bereiten, dass ein Programm für den Hangar überhaupt angenommen werden kann. Außerdem ist es gar nicht so einfach, die Ankündigung eines Programmes zu verstehen. Zu dieser Fähigkeit gehören spezifische Ausbildungen und mehrjährige Berufserfahrung. Für meinen Teil würde ich erst einmal ein öffentliches Podium vorschlagen, an dem sowohl Fachkräfte, Mitarbeiter, wie auch Zuschauer teilnehmen können, um wesentliche Fragen, wie die nach der „Marke“ und der „Originalität“ abzuarbeiten. Frau Schlesinger im Rathaus erwies sich da als Moderatorin auch nicht ganz auf der Höhe mit ihrer typischen Fangfrage zu Beginn: „Bereuen sie nach Berlin gekommen zu sein, Herr Dercon.“ Denn solche Fragen kann man nur in eine Richtung beantworten. Ist der Teppich für eine Programmpunktsetzung erst einmal bereitet, kann man seine Pläne auch öffentlich machen. Vorher nicht.
Kommentar Ausräucherung: nicht widerspruchsfrei
Verstehe ich Sie richtig, Herr Baucks, Sie wünschen sich eine geschützte Zone für Herrn Dercon? Und nachdem er in dieser geschützten Zone Pläne vorbereitet hat, werden die von Fachpersonal kuratiert. Ich stelle fest, sie trauen ihm noch weniger zu als ich.

Ein Programm zu verstehen, braucht es eine spezifische Ausbildung und mehrjährige Berufserfahrung? Und um dieses Programm zu entwickeln braucht es was?

Frau Schlesingers Aufgabe war welche? Doch wohl, die Runde zu moderieren. Der Mann ist immerhin ein Öffentlichkeitsprofi, bei der Redezeit hat er sich, wie ich mehrfach lesen konnte, kräftig bedient. Warum sollte sie ihn nicht fragen, ob er es bereut, nach Berlin gekommen zu sein. Ob seine Antwort ehrlich war, kann ich nicht beurteilen. Ganz widerspruchsfrei waren seine Aussagen jedenfalls nicht.
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