Dann gibt’s ein Problem

20. Juli 2016. Normalerweise ist das so: Beginnt ein neuer Intendant, sinken erst mal die Zuschauerzahlen. Nach der Schnupperphase geht’s dann wieder bergauf. In Stuttgart, einem der größten und bedeutendsten Häuser der deutschsprachigen Theaterszene, zeichnet sich aber gerade das Gegenteil ab: Dort muss sich Intendant Armin Petras nach einem fulminanten Start nach seiner dritten Spielzeit Gedanken machen, ob wirklich alles optimal läuft. Die ersten Kritiker laufen Sturm, die Zuschauer bleiben weg.

Was hat Petras anders gemacht als sein Vorgänger Hasko Weber? Stimmt die Balance? Übernimmt er sich mit seinen drei Aufgaben als Intendant, Regisseur und Autor? Müsste er stärker durchgreifen? Im Gespräch mit Georg Kasch erklärt nachtkritik-Korrespondentin Verena Großkreutz, wie das Schauspiel Stuttgart jetzt gegensteuert.

petras 560 Fabian SchellhornArmin Petras © Fabian Schellhorn

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Kommentare  
Podcast Stuttgart: mehr Zahlen
Mittlerweile hat das Schauspiel Stuttgart auch die Auslastungszahlen 2015/16 mittgeteilt: "Die Zuschauerzahlen der Sparte Schauspiel sind in der letzten Spielzeit deutlich gesunken. Die Auslastung ist um 4%-Punkte gesunken. Die Einnahmen liegen mit 1,9 Mio. EUR ebenfalls deutlich unter dem Vorjahresniveau (2,3 Mio. EUR). Die Anzahl der Veranstaltungen sank von 516 auf 454. Aufgrund von Sanierungsarbeiten wurde der Spielbetrieb im Schauspielhaus vier Wochen früher als gewohnt bereits am 25.6.2016 eingestellt."
Podcast Stuttgart: in Teufels Küche
nachtkritik.de begibt sich in Teufels Küche oder vielmehr in die Küche von Politikern, die Kultur nur in ökonomischen Kategorien denken können, wenn sie die Auslastungszahlen zum Kriterium der Beurteilung von Theatern macht. Gegen Armin Petras und das Schauspiel Stuttgart lässt sich gewiss mancherlei vorbringen, aber die sinkenden Einnahmen sind ebenso wenig ein Argument, wie ausverkaufte Häuser ein Beweis für künstlerische Qualität sind. So viel elitäre Arroganz muss sich die Kunst schon leisten, dass sie sich nicht plebiszitären Entscheidungen beugt. Ansonsten geht das Theater den Weg des Quoten-Fernsehens. Will nachtkritik das? Demokratische Gesinnung bewährt sich nicht in der Anbiederung an vorhandene Vorlieben, sondern in der Ermöglichung von Erziehung, die wünschenswerte Befähigungen fördert, also in der Schule, in der Umverteilung von materiellen Voraussetzungen und Ermutigung für den Gebrauch von Bildungsangeboten und nicht zuletzt im Theater. Man kann, wie Hebels Kannitverstan, aus falschen Gründen zu richtigen Einsichten kommen. Die Gründe bleiben dennoch falsch.
Podcast Stuttgart: Zahlenbasis fehlt
Ich finde das auch bedenklich ohne volle Einsicht in die Zahlen von "deutlichem" Rückgang zu sprechen, vor allem, wenn wegen einer Sanierung weniger Vorstellungen gespielt wurden, liegt es auf der Hand, dass die Einnahmen auch niedriger sind (auch, wenn es dann prozentual trotzdem noch weniger ist).
Podcast Stuttgart: enttäuschter Abonnent
Zu Thomas Rothschild und Sich Fragender:
Die Sanierung des Theaters war längst abgeschlossen (Hasko Weber musste sich damit rumärgern und hat ddies übrigens bravourös gemeistert). Der zuschauerrückgang hat damit überhaupt nichts zu tun.
Natürlich kann man Theater nicht nach ökonomischen Kategorien beurteilen. Wenn aber scharenweise Abonennten wegbleiben, dann sollte dies zu denken geben. Auch ich gehöre zu den Zuschauern, die mittlerweile das Theater meiden und trauere der Zeit von der Intendanz von Hasko Weber nach. Der hatte eine große Bandbreite an Inszenierungen zugelassen. Diese Inszenierungen hatten Anspruch und Haltung und nicht oberflächliches Klamauktheater, wie es leider jetzt häufig geboten wird. Meine Schauspielcard habe ich zurückgegeben. Früher war ich oft 2 bis 3 mal die Woche im Theater.
Podcast Stuttgart: Fehler
@Pfeifer mitnichten ist die Sanierung abgeschlossen.
Das Schauspielhaus ist deswegen früher geschlossen und gerade zu diesem Zeitpunkt wird die nächste Drehscheibe sowie eine neue Steuerung eingebaut.
Anspruch und Haltung haben die Inzenierungen auch. Man muss nur hinter die Oberfläche schauen, welche vieleicht nicht ganz so durchsichtig ist.
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