Presseschau vom 20. Juli 2016: Shermin Langhoff gründet am Maxim Gorki Theater Berlin ein "Exil Ensemble" mit Flüchtlingen

Kein Mitleidsbonus

Kein Mitleidsbonus

20. Juli 2016. Shermin Langhoff, Intendantin des Maxim Gorki Theaters Berlin, hat die Gründung eines Exil-Ensembles initiiert. Dem Projekt gehe es nicht um einen "um einen Mitleidbonus oder um paternalistische Gesten, sondern um Kunst", erklärt sie im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (20.7.2016): "Wir suchen professionelle und hochbegabte Schauspieler und Performer, die aus Konflikt- und Krisengebieten kommen oder politisch verfolgt sind."

Mit den emigrierten Künstlern zu arbeiten sei schon deshalb "in unserem Eigeninteresse", weil das Theater darauf reagieren müsse, dass dieses Land sich durch die Migration verändere, so Langhoff. "Diejenigen, die hier ankommen, bringen neue Biografien, neue Geschichten und Erzählungen, neue Perspektiven mit."

Das Projekt sei bewusst nicht "Refugee Ensemble", sondern "Exil Ensemble" geannt worden. "Flüchtling ist ja kein Beruf." Exil bedeute, dass es nicht nur um die Traumata der Fluchterfahrung und die ersten Monate des Ankommens gehe, sondern um einen langen Prozess.

Fit fürs deutsche Stadttheater

Im Rahmen des auf zwei Jahre angelegten Projekts sollen die Teilnehmer mit Regisseuren wie René Pollesch, Sebastian Nübling oder Yael Ronen Fortbildungen und Workshops absolvieren. "Letztlich stellen wir Instrumente zur Verfügung, um die neuen Kollegen für die deutschen Stadttheater arbeitsfähig zu machen." Langhoff betont: "Es wäre nicht ganz ehrlich zu sagen, sie spielen mit, sobald sie hier ankommen. Schlimmstenfalls kann das in einem Missbrauch enden, wenn man sie einfach als Authentizitätsbeweis ihre Lebensgeschichten erzählen lässt, aber sie ansonsten als Künstler nicht ernst nimmt." Also brauche es eine besondere Struktur, um mit ihnen zu arbeiten. "Diese Struktur schaffen wir mit dem 'Exil Ensemble'."
Am Ende des Projekts wolle Langhoff mindestens zwei der Schauspieler für ihr eigenes Ensemble engagieren.

Das Projekt wird von der Kulturstiftung des Bundes und der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin finanziell unterstützt.

(miwo)

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