Presseschau vom 26. Juli 2016 – Ensemble-Netzwerk Gründerin Lisa Jopt im Interview mit der Berliner Zeitung

Mentalitätswechsel

Mentalitätswechsel

26. Juli 2016. Im vergangenen Frühjahr wurde erstmals eine bundesweite Ensemble-Versammlung einberufen und über die Arbeitsbedingungen von Schauspielern gesprochen: Endlich! Was im Argen liegt, darüber sprach Ulrich Seidler mit der Schauspielerin Lisa Jopt, die das Netzwerk Ensemble gründete und die Versammlung organisierte.

"Ich bin Schauspielerin, und ich finde Theater geil. Und ich weiß, dass man Sachen verändern kann, wenn man nur den Schnabel aufmacht", sagt Lisa Jopt in der Berliner Zeitung. Aber "wenn Leute brennen, und andere bezahlen dafür, sich das anzugucken, dann muss man den Brennenden auch das richtige Klima dafür bieten. (...) Auch für die Überstunden, die Freude machen, will ich einen Freizeitausgleich. Es geht nicht darum, dass ich mich künstlerisch schonen will, im Gegenteil."

Aber es müsse dafür gesorgt werden, dass man nach Probenphasen eben auch Regenerationsphasen habe. Es gebe auch Stellschrauben für Verbesserungen, die nicht automatisch Kosten mit sich ziehen: "Sonnabendproben extrem reduzieren. Wirkt Wunder. Produktionen nachbesprechen. Und Konsequenzen daraus ziehen. Spielzeit durchbesetzen, so weiß man, was auf einen zukommt. Verständnis für die Möglichkeiten und Begrenzungen von Abteilungen und Menschen entwickeln. So kann man einen Mentalitätswandel schaffen. Das kann so einfach sein. Es ist eine Frage der Disposition und des Sprechens."

Um Politiker zu überzeugen, mehr Steuergelder auszugeben, habe man sich die Aktion "40000 Bühnenmitarbeiter treffen ihre Abgeordneten" ausgedacht. "Die Politiker sollen wissen, dass derzeit die meisten Theater das Arbeitszeitgesetz verletzen. Das will ja niemand − sich strafbar machen, auch die Intendanz nicht. Also brauchen wir mehr Geld, um betriebliche Standards zu erfüllen. Wir brauchen Arbeitszeiterfassung, Gagentabellen, Freizeitausgleich, Überstundenbezahlungen, Gleichbezahlung von Männern und Frauen. Übrigens auch mehr künstlerisches Mitspracherecht. Wenn wir so viel spielen sollen wie jetzt, brauchen wir mehr Schauspieler, Dramaturgen, Assistenten und eine angemessene Bezahlung."

 (sik)

 

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