Presseschau vom 19. Januar 2017 – Interview mit dem amerikanisch-pakistanischen Dramatiker Ayad Akthar in der Zeit

Allein mit Gott

Allein mit Gott

19. Januar 2017. Anlässlich der Premiere von The Who and the What war der amerikanische Dramatiker Ayad Akhtar in Hamburg, und Peter Kümmel hat in der "Zeit" ein sehr lesenswertes Interview geführt über Donald Trump, das Weltbild vieler Amerikaner und wie man Stücke schreibt, ohne immerzu Trumps Gesicht vor Augen zu haben.

"Amerikaner haben manchmal das Gefühl, sie seien allein mit Gott  es gebe nur Ihn und sie. Der nächste Nachbar ist sieben Meilen entfernt, und der Himmel gehört mir allein! Die Umbrüche, die Gewalt, auch die Freude, die das Leben in den USA charakterisieren  dahinter steht die Gewissheit, alles hinzukriegen: Ich schaff das!" So beschreibt Ayad Akthar das Lebensgefühl vieler Amerikaner. Auf der Manifestation eines eigenen Willens beruhe auch Trumps Macht: "großer Reichtum, große Macht". Wenn herauskäme, dass er auf einem Berg Schulden lebt, wäre sein Image beschädigt. "Mich macht das wütend", so Akthtar. Aber als Autor sei er auch angewiesen auf seine Wut. "Wenn einem Schriftsteller die Wut ausgeht, jat er keinen Grund mehr zu schreiben. (...) Ich habe diesen hegelianischen Anspruch, dass ein Künstler ein Ziel haben muss, er muss etwas Sinnvolles wollen  den zivilisatorschen Fortschritt, wenn Sie so wollen. Was dem entgegensteht, macht mich wütend." Die weiße Mehrheit ertrage es eher unter einem unberechenbaren Narzissten zu leben als unter einem schwarzen Präsidenten. Für viele sei Obama eine Demütigung gewesen.

Akthar erzält, dass ein Onkel von ihm, der dieselbe dunkle Hautfarbe hat, in einer Bar in Milwaukee zwei Sätze über die CIA fallen ließ und daraufhin verhaftet wurde. Er selbst habe das nicht erlebt. "Ich sage, was ich zu sagen habe, auf der Bühne. Ich werde meinen Mund nicht in einer Bar aufmachen." In den letzten Jahren habe er reichlich Gelegenheit gehabt, öffentlich zu reden. "Und ich habe es getan, aber ich dränge den Leuten nicht meinen Standpunkt auf. Im Alltag führe ich nicht viele Gespräche über das, was mich beschäftigt. Ich will keine Brüllturniere mit anderen Menschen aufführen." Er sei pessimistisch, ob die amerikanischen Künstler einen Weg finden werden, mit Trump fertig zu werden. "Nehmen Sie nur die Pressekonferenz, die er gerade gegeben hat. Wie soll ein Schriftsteller das je übertreffen?"

 (sik)

 

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