Presseschau vom 12. März 2017 – Josef Hader im Magazin der Frankfurter Allgemeinen über Kritik und Theater

Lob des Unvirtuosen

Lob des Unvirtuosen

12. März 2017. In dem Film "Wilde Maus", zugleich sein Regiedebüt, spielt Josef Hader einen Musikkritiker. In einem langen und sehr unterhaltsamen Gespräch mit Timo Frasch im Magazin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Ausgabe März 2017) nimmt Hader das zum Anlass, einiges über Theater und Kritik zum Besten zu geben.

So verteidigt Hader etwa eine bestimmte Art des Totalverrisses (die er "Vernichtung" nennt). "Wenn der Kritiker nicht aus einer unfehlbar göttlichen Position heraus vernichtet, sondern offenlegt, in welcher Ecke er steht, dann ist das in Ordnung, dann bedeutet Offenlegung Relativierung der Vernichtung." Hader exemplifziert das an der Person von Sigrid Löffler: Wenn man in den achtziger Jahren eine Kritik von ihr "über eine Vorstellung im Theater in der Josefstadt mit Otto Schenk gelesen" habe, dann "wusste man von vornherein, es wird eine planmäßige Vernichtung. Als Leser dachte ich mir damals: Das interessiert mich jetzt, wie sie diesmal wieder den Schenk vernichtet." Für Frau Löffler sei alles an der Josefstadt "langeweiliges bürgerliches Theater" gewesen, "und bei Claus Peymann im Burgtheater war alles gut".

Hader selbst ist indes der Ansicht, "dass es am Burgtheater auch ausgezeichnetes Theater gegeben hat, bevor Peymann in die Stadt gekommen ist. Das durfte man damals in bestimmten Kreisen nicht laut sagen. Eine der für mich prägendsten Theateraufführungen, Ende der siebziger Jahre, (...), war Gorkis 'Sommergäste' am Burgtheater. In der Hauptrolle des versoffenen Ehemanns ein deutscher Schauspieler namens Norbert Kappen. So etwas Unvirtuoses, In-die-Figur-Hineinkriechendes, habe ich danach nie wieder gesehen, schon gar nicht bei den Peymann-Schauspielern. Die waren unglaublich virtuos, so was kann schnell langweilig werden."

(wb)

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