23. September 2007. Nachdem der Spiegel im letzten Jahr das deutsche Theater für unheilbar vom Ekeltheatervirus befallen erklärte, haben die Chefärzte Wolfgang Höbel und Matthias Matussek nun erneut Visite gemacht und stellen in der aktuellen Ausgabe überraschend Besserung fest.
Die Kraft zum Gossenhauer
Nachdem der Spiegel im letzten Jahr das deutsche Theater für unheilbar vom Ekeltheatervirus befallen erklärte, haben die Chefärzte Wolfgang Höbel und Matthias Matussek nun erneut Visite gemacht und stellen in der aktuellen Ausgabe überraschend Besserung fest.
Zwar stand auch in dieser Saison noch einmal Ernst Stötzners Schamhaar auf der Mängelliste. Aber ach, das Stück, wo es vorkam, war wenigstens schön! (Roland Schimmelpfennigs "Das Reich der Tiere"). Überhaupt: die Gegenwartsdramatik boome und werde sogar im Ausland gespielt. Gut geölte Dialogmechanik, fette Pointen, – kurz, lauter fast altmodische Konversationsstücke mit vereinzelter Kraft zum Gossenhauer ortet das begeistertete Duo allenthalben.
Vorbei die Zeiten schwer vermittelbarer Innerlichkeitsdramatik à la Botho Strauß. Oder die Textbauklotzdramatik Marke Elfriede Jelinek und Heiner Müller. Dennoch wird die Krankenstandsstatistik des deutschen Theaters immer noch von vereinzelten Übeln belastet: dem Mülheimer Dramatikerpreis an Rimini Protokoll (Bankrotterklärung!), überambitionierten Regietheaterexperimenten und ausgelaugten Kritikern, welche die überall sprießenden Talente verkennen.
Und: Wenn unsere Jungdramatiker doch mehr ins Theater gehen würden. Denn: Von Yasmina Reza lernen heißt siegen lernen.
(sle)
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