Pflaster am Kopf

5. Januar 2012. Die Schönheit der Welt feiern anstatt ihre Unerträglichkeit kommentieren will der Schauspieler Matthias Brenner, seit dieser Spielzeit Intendant am Neuen Theater in Halle, sagt er der "Zeit". Das Neue Theater wurde schon einmal von einem Schauspieler geleitet, und zwar von Peter Sodann. Der konzipierte um die Bühne herum eine "Kulturinsel". Von solcher Aufbauarbeit kann Brenner in Zeiten der Geldknappheit nur träumen, aber er bleibt, siehe oben, Optimist.

Eine mögliche Lösung der theatralen Geldprobleme sieht er laut "Zeit"-Porträt von Nina May darin, die Filmwirtschaft an der Theaterfinanzierung zu beteiligen und im Gegenzug Bühnenschauspieler für reduzierte Gagen ans Fernsehen auszuleihen.

Prominente Vorbilder
Selbst wolle er trotz und neben seiner Intendantentätigkeit weiterhin auf der Bühne und vor der Kamera stehen: "Man kann eine Theater aus der Mitte des Berufs leiten; es gibt da prominente Vorbilder – Molière und Shakespeare."

"Bevölkerungstheater" wolle er machen, nah dran sein an der Lebenswirklichkeit des Publikums, das er wiederum zu "geistigem Ungehorsam" anstiften möchte – mit einem Theater, das auf Figuren baut. "Brenner will dem Zertrümmerungs- ein Autorentheater entgegen setzen", so formuliert es Nina May.

Seinen "Theatertraum" skizziert Brenner zum Schluss des Artikels folgendermaßen: "Ich trete vor den Vorhang, der Saal ist voll, und alle Zuschauer haben ein Pflaster vor dem Kopf. Sie waren gestern schon da, fühlten sich durch uns erhoben, sind alle zehn Zentimeter größer geworden und haben sich beim Einsteigen in die Straßenbahn, an der Kneipentür, schließlich der Haustür immer am Kopf gestoßen, sich ein Pflaster über die Wunde geklebt – und sind hoffnungsvoll wiedergekommen."

(sd)

Letzte Nachtkritiken aus Brenners Neuem Theater: Die Weber, inszeniert von Jo Fabian und King Kong Theorie von Virginie Despentes/Claudia Bauer.

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