Aus der Berliner Gerüchteküche

Berlin, 19. Januar / 2. Februar 2012. Mit nicht geringer Spekulationslust werfen in der Süddeutschen Zeitung (19.1.2012) Peter Laudenbach und Till Briegleb verschiedene Kandidaten-Namen für die Intendanz am Berliner Maxim Gorki Theater, dessen Chef Armin Petras vor drei Monaten seinen Wechsel ans Staatsschauspiel Stuttgart ankündigte, ins Feuilletonrund. Alle wären ihnen lieber als einer: Florian Vogel, künstlerischer Interimsleiter am Hamburger Schauspielhaus. Er kündige sich seinen gegenüber Mitarbeitern schon als neuer Gorki-Chef an, obwohl er erstmal "nur in der Endrunde der Kandidaten" sei und Gespräche mit Kulturstaatssekretär Schmitz geführt habe (siehe dazu unten). Gegen ihn spreche, dass er "Mitverantwortung für den rapiden Bedeutungsverlust des größten deutschen Sprechtheaters" trage, ein Teil des Hamburger Hauses gegen ihn stehe und seine Spielplanideen hauptsächlich "aus der Nachahmung von Erfolgen anderer" bestünden.

Besser gefallen würde Laudenbach und Briegleb etwa Markus Heinzelmann, der sich zwar nicht durch originelle eigene Regieideen ausgezeichnet, aber "dem kleinen Theaterhaus Jena zu nationaler Beachtung verholfen hat" und "in der Verbindung aus Projekten, Uraufführungen und Inszenierungen in Jena" ein weiterentwickelbares Hausprofil geschaffen habe. Sebastian Hartmann sei hingegen mit "seiner streitbaren Art" am Leipziger Centraltheater gescheitert, könne mit dem "Programm aus Experimenten und allgemeiner Überforderung" an einem "Metropolen-Haus" aber durchaus reüssieren. Herbert Fritsch allerdings, der als Regisseur einen "sehr eigenen Stil entwickelt" habe, wäre den beiden Kritikern zufolge "die wagemutigste Wahl, nicht ohne Risiko, aber mit dem Versprechen einer stürmischen und garantiert muff-freien Theater-Neuerfindung". Überdies sei er "bestens vernetzt" und habe die "für einen Intendanten notwendigen Fähigkeit, Gruppen um sich zu bilden".

Die Berliner Gerüchteküche munkele außerdem etwas vom Interesse der beiden Zürcher Neumarkt-Direktoren Barbara Weber und Rafael Sanchez, deren "recht harmlose" Berliner Arbeiten allerdings "in wenig erfreulicher Erinnerung" seien. Der ebenfalls gerüchteweise herumgeisternde Name von Schauspielerin, Regisseurin und Schriftstellerin Adriana Altaras, Gründerin des Berliner Theaters zum Westlichen Stadthirschen, habe immerhin "den Charme des Überraschenden". Doch auch ihre Regiearbeiten am Gorki unter Petras-Vorgänger Volker Hesse seien "nicht unbedingt herausragend". Schmitz halte sich noch "bedeckt" und erkläre nur, dass es "eine Reihe von sehr guten, überraschenden Bewerbungen" gebe. Die Entscheidung soll in den nächsten zwei bis drei Monaten getroffen werden.

(ape)

Nachtrag vom 2. Februar 2012:

Inzwischen hat die Süddeutsche Zeitung in ihrem Archiv dem von uns zitierten Artikel folgende Unterlassungserklärung (25.01.2012) beigestellt:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

die Süddeutsche Zeitung GmbH hat sich durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung verpflichtet, es zu unterlassen, in Bezug auf Herrn Vogel zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen

1. Florian Vogel [...] wartet bei seinen Mitarbeitern mit der Ankündigung auf, er werde der nächste Intendant am Berliner Gorki Theater.

2. Tatsächlich [...] führt [Florian Vogel] Gespräche mit dem Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz [über die Nachfolge von Armin Petras im kommenden Jahr].

Bitte stellen Sie sicher, dass die obige Behauptung im genannten Umfang nicht mehr veröffentlicht oder verbreitet wird. Im Wiederholungsfalle können Ordnungsgelder bis zu ? 250.000,- von uns gefordert werden.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

i. V. Andreas Gericke

Zentralbereich Recht"

 

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Kommentare  
Gerüchteküche ums Gorki: zu Dröse und Fritsch
Und was ist mit Jorinde Dröse? Die Regisseurin würde für eine Kontinuität des von Petras erfolgreich begonnenen und eingeführten Stadttheaterkonzepts stehen und soll von Petras selbst als seine Nachfolgerin favorisiert sein. Die Idee Herbert Fritsch mit der Intendanz zu betrauen, halte ich für gewagt und spannend, könnte im Duett mit seiner Partnerin, der Ex-Volksbühnen-Dramaturgin und Kuratorin Sabrina Zwach, aber durchaus funktionieren.
Gerüchteküche ums Gorki: neue Handschrift her
Kann mir nicht vorstellen, dass es Markus Heinzelmann wird. Fast jeder meiner Besuche in Jena in den letzten Jahren war enttäuschend. Genauso wie sein Gatsby in Hamburg. Alles schon da gewesen. Für ein Haus wie das Gorki sollte doch mehr eigene Handschrift erkennbar sein.
Gerüchteküche Gorki: ich will
Ich will Fritsch. Der Typ ist der Boss!
Gerüchteküche Gorki: Knaller
ich bin für joachim meyerhoff. das wär ein knaller.
Gerüchteküche Gorki: platter Ruf
Darf ich hier mal ganz platt rufen:
ICH WILL HERBERT FRITSCH!!!!!!!
Das ist zwar großer Klamauk, aber endlich mal ne andere Farbe in Berlin. Und wer weiß, wie er sich entwickeln wird.
Gerüchteküche Gorki: auffällig
Es ist ja inzwischen schon auffällig, mit welcher Penetranz Herr Briegleb sich immer wieder unsachlich und meinungsschürend über die gute Arbeit von Florian Vogel am Hamburger Schauspielhaus äußert (umso verwunderlicher, da Herr B. ja immer noch für "Süddeutsche Zeitung" tätig sein darf). Ich habe seit der Interimsintendanz von Herrn Vogel großartige Inszenierungen an diesem Haus gesehen. Nach der Flucht von Herrn Schirmer ist es Florian Vogel gelungen, das Haus auf einem sicheren Kurs zu steuern. Die Kultursenatorin sollte dankbar sein, daß jemand diese schwierige und nicht immer dankbare Aufgabe übernommen hat. gerade ein Herr Briegleb sollte über die zeitlichen Planungsvorläufe in einem Theater besser informiert sein und wissen, daß man innerhalb eines Jahres keine Wunder vollbringen kann.Ich jedenfalls freu mich auf eine spannende letzte Spielzeit unter der Vogel´schen Intendanz.
Gerüchteküche Gorki: Kandidaten verbrennen
es mag ja auffällig sein, was briegleb(und laudenbach)tun, aber muss es deshalb falsch sein. ich jedenfalls finde die einschätzung der beiden plausibel was vogels inkompetenz betrifft.
andererseits finde ich das spekulative an dem artikel auch unseriös, da es eventuelle tatsächliche kandidaten verbrennen könnte. und was ein s.hartmann am gorki schaffen soll, mit viel weniger geld als in leipzig, das ihm auch schon nicht gereicht hat, bleibt vollkommen unlogisch.
Gerüchteküche Gorki: das gehört dazu
@auchgorkilover - so ist es. Das Verbrennen gehört allerdings im öffentlichen Raum dazu. Interessant ist es, dass noch niemand den Senftenberger Intendanten genannt hat. Der wollte zwar anfangs nach Leipzig (siehe den damaligen Bewerbungsartikel in der ZEIT), doch Berlin ist für Herrn Sewan Latchinian reizvoller.
Gerüchteküche Gorki: frischer Wind
Ich finde die Altaras gut. Das wäre mal frischer Wind in den etablierten Hallen!
Gerüchteküche Gorki: Untergang?
Wenn Vogel kommen soll - dann ist´s doch klar:
dann will der Senat den Untergang für das Gorki - damit es spätestens nach zwei Spielzeiten geschlossen werden kann. Ich hoffe nur, dass gute Berater im Komitee sitzen.
Gerüchteküche Gorki: die Zeiten sind zu heikel
Ich finde es sehr beruhigend das Herr Briegleb sich nach wie vor treu bleibt in seiner Meinung und im Fall vom "Vogel-Bashing" finde ich es gar verantwortungsvoll...
Meinetwegen macht Vogel seinen Job... Irgendwie !!! Aber irgendwie kann doch nicht genug sein... Wieso nicht die Gunst der Stunde nutzen und auf dem Schirmer'schen Scherbenhaufen, mit der verblieben Zeit, wirklich Profil entwickeln (ein Profil mit dem man dann vielleicht den Nerv haben KÖNNTE sich, zB an einem Maxi Gorki Theater zu bewerben!!!)
Aber es ist so wenig erkennbar... "Der Lappen geht hoch - "ja, das schon... Und dann...!?!?
Die Zeiten sind zu heikel fürs Theater um einfach nur irgendwie durchzuhalten und dafür auch noch auf die Schulter geklopft zu bekommen...
(…)
Gerüchteküche Gorki: gegenteilig kennengelernt
@gorkilover: komisch, ich hab den herren und sein wirken eher gegenteilig kennengelernt und der Satz:

"Er kündige sich seinen gegenüber Mitarbeitern schon als neuer Gorki-Chef an, obwohl er erstmal "nur in der Endrunde der Kandidaten" sei" entspricht eher der von mir unterstellten(?) hybris.
Gerüchteküche Gorki: Energie für morgen sammeln
... kommt Robert Wilson oder Arianne Mnouchkine oder von mir aus Warlikowski, Hartmann (Welcher ...) oder oder oder ... liegt nicht das aktuellen Problem woanders? Ob Berlin, Hamburg, Leipzig, Hannover ... Kann man nicht die Köpfen langsam umdisponieren und das Ende des Staatstheaters so wie es noch ist, akzeptieren und die Energie für Morgen ansammeln. Weil da wird eine Generation geboren, die der Fantasie des Überlebens Kreativ umsetzen wird. Als MUSS und nicht mehr als PRIVILEG. Und es setzt bekannterweise enormen kreativen Kräfte frei ... Nichts neues nur lebendiges! Truppen sind die Zukunft. Und die Leidenschaft wird wieder die Dingen bestimmen! Keiner mehr wird arbeiten gehen, sondern wieder THEATERSPIELEN ... Und Sch... ! Schulen werden schliessen, die Theater werden nicht mehr in Betrieb sein, sondern nur noch gemietet, punktuell und unvorbereitet. Die Jobcenters werden 3 x mehr SchauspielerInen empfangen... Ach, umwichtig darüber zu reden: Keiner hat Angst genug... und zittert richtig!
Gerüchteküche Gorki: die Jena-Connection
Warum eigentlich nicht Heinzelmann? Der hat in Jena nachgewiesen, dass er ohne viel Kohle auskommen kann und hat ziemlich früh Leute bei sich arbeiten lassen, die jetzt hip und angesagt sind (Vontobel, Schweigen, She She Pop ...). Und das ist doch schonmal was ...
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