Mit leeren Händen

22. Februar 2012. "Geht es weiter? Und wenn ja, wie?", fragt Andreas Schäfer im Tagesspiegel. Gemeint ist die griechische Kulturszene, für die sich im Moment so gar keiner zu interessieren scheint. Dabei geschieht Gravierendes: "Der Etat des Kulturministeriums ist 2011 um 22 Prozent gekürzt worden. Damit stehen so gut wie alle großen Kulturinstitutionen zur Disposition." Neben dem Filmfestival von Thessaloniki betrifft das auch das Athens Festival, das im Sommer das Theater in Epidaurus bespielt und große Produktionen aus Europa in die Stadt holt (wir sahen dort zuletzt Richard III. von Sam Mendes mit Kevin Spacey) – ob es 2012 überhaupt stattfinden werde, sei fraglich.

Auch die Berlin-Dependance der Griechischen Kulturstiftung, eine Art griechisches Goethe-Institut, sollte geschlossen werden. "Eine Schnapsidee, denn gerade jetzt, wo die deutsch-griechischen Beziehungen angespannt sind, setzt das kleine, ehrgeizige Team um den Leiter Eleftherios Ikonomou mit Diskussionen und Veranstaltungen auf Aufklärung und Deeskalation, hat sich darüber zu einem Ort des vorurteilsfreien, bedachten deutsch-griechischen Austauschs entwickelt."

Wie hier – nur Gehälter und Mieten werden aus Athen bezahlt, die Gelder für Veranstaltungen kommen von Sponsoren – funktioniert die griechische Kulturszene nurmehr hauptsächlich über private Geldgeber und Stiftungen. So füttere etwa die Onassis-Stiftung mit einem eigenen Theaterprogramm "auch einige der ums Überleben kämpfenden Theatermacher, wie es der 33-jährige Regisseur Anestis Azas formuliert. Von einem subventionierten Stadttheaterbetrieb wie in Deutschland konnte Griechenland auch vor der Krise nur träumen. Es gibt zwei Staatstheater, das Nationaltheater in Athen und eines in Thessaloniki, daneben eine handvoll Stadttheater in der Provinz."

Dass die Krise auch eine Chance sei, sagt die Schauspielerin und Regisseurin Lena Kitsopoulou: "Es gibt eine Sehnsucht nach dem Gehaltvollen, Substanziellen." Anders als viele andere wolle sie Griechenland nicht verlassen. "In Griechenland ist alles kaputt, schon sehr lange. Und jetzt kommt die Wahrheit ans Licht. Ich freue mich darüber, dass Menschen, die wegen der Vetternwirtschaft zu Unrecht Geld bekommen haben, plötzlich mit leeren Händen dastehen."

(geka)

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