Richard III. - Barbara Frey zeigt Shakespeare in Zürich als Drama des politischen Redens
Wort ist Mord
von Christoph Fellmann
Zürich, 31. März 2012. Dass es leibhaftig Tote gegeben hat, ist erst ganz am Schluss zu sehen. Da tritt Richard III. hinter die verschiedenen Vorhänge, hinter denen zuvor drei Stunden lang seine Worte zu Taten wurden, und geht ein in die sarggerandete Ahnengalerie. Er ist jetzt selber tot, gefallen in der Schlacht, kurz nachdem ihn auch seine Schlagfertigkeit verlassen hat und er nur noch etwas gesagt hat von einem Pferd, für das er gegebenenfalls sein Dings, sein Königreich was denn schon wieder. Es hätte ein brillanter Schlussmonolog sein sollen und ist doch nur noch Stammeln.
In ihrem fünften Abend mit Shakespeare hat sich Barbara Frey, Chefin am Zürcher Schauspielhaus, "Richard III." vorgenommen. Die Gegner dieses Aufsteigers, die in diesem Stück fallen wie Dominosteine, machen sich in ihrer Inszenierung vor allem durch ihr plötzliches Fehlen bemerkbar, durch einen weiteren leeren Stuhl auf schiefer Ebene. Nur einmal ist ein wenig Blut zu sehen, als kleiner Kollateralschaden im Massnahmenvollzug, und was sonst an Körperflüssigkeit anfällt, wird in rotzgrüne Taschentücher getupft. Das heisst nun allerdings nicht, dass Barbara Frey hier einen blutleeren Theaterabend angerichtet hätte. Im Gegenteil, so bleich und blassgrün ihr Richard auf der Bühne steht, umso heftiger brodelt die Sprache.
Grausames Tableaux Vivants
Was wir sehen, ist ein Drama des politischen Redens. Umso brutaler und erbarmungsloser wickelt es sich ab, je weniger die Regie und ihr Richard zur Tat schreiten. An Tischen, an Betträndern und aus minutenlangen, gestochen scharfen Standbildern erwachsen grausame rhetorische Schlachtenbilder. Und man beginnt zu ahnen, was Sprache vermag, im Theater wie in der Politik, was bei Shakespeare aufs selbe hinausläuft.
Aus Gedanken an Ranküne und Rache werden Sachzwänge, dann Fakten. Und Richard wird König. Er redet sich an die Macht und lässt sich dann überreden, sie auch zu ergreifen. Es ist ein brillantes Stück politischer Rhetorik, wie Richard die Krone schließlich annimmt: "So drängt ihr mir eine Welt voller Sorgen auf." Heute würde man sagen: Er stellt sich zur Verfügung.
Tonfälle politischen Redens
Die Mechanik des politischen Ränkespiels wird bei Barbara Frey erschütternd klar. Die Gegner ihres Richard, sie sind alle schon tot, bevor sie es wissen. Sie sind in ihren dunklen Anzügen schon halb eingelassen ins Dunkel des Bühnenhintergrunds, während sie auf der Vorbühne noch anreden, manchmal auch anlärmen oder anjammern gegen das Unvermeidliche.
Ihr Problem ist, dass dieser Richard schon lange weiß, was sie sagen und noch sagen werden. Er kennt nicht nur seine, er kennt auch ihre Rede, und sichert sich so mit Leichtigkeit die besten Pointen. Beklemmend, wie der Richard von Michael Maertens nicht nur sämtliche Tonfälle politischen Redens bedient, von der Einfühlung bis zur Empörung. Sondern wie er darüber hinaus das rhetorische Schaulaufen seiner Gegner leise mitspricht, kommentiert und abnickt, so, als gehorche das alles, was es durchaus tut, nur seinem Plan. Aber was heißt hier Gegner: Das Schicksal von Buckingham, seines engsten Verbündeten, wird schon in jenem frühen Moment des gemeinsamen Aufstiegs klar, in dem Richard in seinem Rücken wie ein Bauchredner seinen Text mitgeht.
Selbstgespräch, Selbstermächtigung
Anders als viele Richard III. vor ihm, braucht er bei Michael Maertens noch nicht einmal die Komplizenschaft des Publikums. Schon bei seinem ersten Auftritt dreht er ihm den Rücken zu, dann versenkt sich dieser schüttere Mensch für eine, zwei Minuten in einen anmutigen Folksong, bevor er schließlich zum Selbstgespräch anhebt, zur Selbstermächtigung, die notabene voller unheimlicher Selbstironie ist.
Nur selten geht ein flackernder Blick ins Parkett, und auch dann nicht, um es auf heimliche Sympathisanten abzusuchen, sondern nur um einen Blick auf die Welt zu werfen, die gleich vor ihm in die Knie gehen wird. Dann, lange bevor die Tür auf- und das eigentliche Reden in das politische Reden übergeht, hält Richard inne. Er hat die Ankunft eines Menschen gewittert. Dann tritt Clarence ein, nichts ahnend vom Leichengeruch, der ihm vorausgeht. Und ein grausamer, ein großartiger Abend nimmt seinen Lauf.
Richard III.
von William Shakespeare, in der Übersetzung von Thomas Brasch
Regie: Barbara Frey, Bühne: Penelope Wehrli, Kostüme: Bettina Munzer.
Mit: Michael Maertens, Lukas Holzhausen, Ursula Doll, Susanne-Marie Wrage, Silvia Fenz, Julia Kreusch, Fritz Fenne, Nicolas Rosat, Ludwig Boettger, Jirka Zett, Christian Baumbach.
www.schauspielhaus.ch
Die im Programmheft versprochenen gender-theoretisch begründete Verfluchungsorgien seien auf der Bühne doch nur "abgeschmacktes Brülltheater alter Schule", so Christian Gampert in Kultur heute auf Deutschlandfunk (1.4.2012). Während Michael Maertens den Richard "grandios" ohne körperliche Leiden spielt, sondern "ein virtuoses Aas ist, ein Suicide-Bomber der Verwaltungsetagen", erinnere der Rest an ein Wachsfigurenkabinett. "Die Frauenbeauftragte Frey führt die Männer entweder als dienstbare Aufsage-Idioten oder aber als Mörder mit OP-Besteck vor, während die Frauen schwarzen Hass spucken und dem diktatorischen Richard-Monster femininen Widerstand entgegensetzen."
"Alles ist auf Richards Wortmacht ausgerichtet, Maertens narkotisierendes Spiel – Fluch und Segen einer spannenden wie konsequent öden Inszenierung", befindet Tomo Mirko Pavlovic in der Frankfurter Rundschau (2.4.2012). Frey inszeniere das Stück als Wörterrausch ohne viel Tamtam, was nur anfangs gefalle. Die Nebenfiguren würden zu "Staubsaugervertretern degradiert", und so hänge man nur an Richards Lippen – sonst an nichts.
Für unsere "hilflose moderne Gesellschaft" wäre Shakespeares dritter Richard, der toll grausige Held in einem Königsdrama von 1595, dem er den Namen gibt: eine Herausforderung. "Schon einfach dergestalt, dass man akzeptiert, dass es ihn gibt. Dass er wahr ist", schreibt Gerhard Stadelmaier in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (2.4.2012). Doch Barbara Freys Inszenierung drücke sich irrenhausmäßig vor Shakespeares Stück und seiner Hauptfigur. Michael Maertens sei als Richard "ein Durchgeknallter im psychiatrischen Tonstudio". Um ihn herum: "kühle Beamte, die das Morden klinisch erledigen und selbst wiederum klinisch erledigt werden". Fazit der Doppelbesprechung, in der Stadelmaier auch den Düsseldorfer Richard III. von Staffan Valdemar Holm verreißt: "Das Böse hat auf den Theatern keine Chance. Dafür sind sie sich zu gut."
"160 Minuten, die konsequent spröde, um nicht zu sagen öde sind", legt Egbert Tholl in der Süddeutschen Zeitung (5.4.2012) vor, um dann Michael Maertens und die letzten fünf Minuten zu preisen: Da dröhnen Richard aus vier Kopfhörern je ein anderer Marsch in den Ohren, eine "mehrschichtige Kakophonie, die abbricht, wenn Maertens im Stuhl zusammensinkt, ihm Kopfhörer und Krone vom Kopf rutschen". Womit klar werde, was die vorher so rätselhaft ziellose Inzenierung wolle: "Alles, was man davor sah, war nur das Spiel eines Menschen, der den eigenen Tod herbeisehnt. Und dem deshalb alles egal ist."
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(Liebe erna,
Gegenfrage: Warum denn nicht? Es ist doch einem Kritiker, der ja tatsächlich - man glaubt es kaum - auch Geld verdienen möchte, nicht verboten, Texte an verschiedenen Stellen unterzubringen. Und wenn jedes Mal derselbe Name dasteht, kann ich auch nicht nachvollziehen, weshalb man suggeriert bekommen sollte, es seien zwei Kritiker am Werk. Zumal es in der Tagesanzeiger-Kritik und der Nachtkritik große und deutliche Übereinstimmungen gibt. Es grüßt für die Redaktion: wb)
'Sprachlos die Zweite' nach Lektüre dieser Nachtkritik - Mir scheint Sie beschreiben irgendeine redliche Richard-Konzeption die lediglich emsig, akademisch PLANTE aus 'gestochen scharfen Standbildern grausame rhetorische Schlachtenbilder erwachsen zu lassen'. Und so sieht der Abend ja auch tatsächlich aus...
Mit Verlaub, das war biederstes, langweiligstes Stadttheater - Eine tiefere Auseinandersetzung mit dem "Richard-Komplex" war nicht erkennbar. Das übliche "Böse-Böse"...Aber ein Ergründen des Phänomens, eine Untersuchung der Wechselwirkung der Macht und der Gewalt ...Fehlanzeige! Natürlich ist Michael Maertens ein großartiger Schauspieler, - keine Frage - aber was, um Himmels Willen, wird denn an diesem Abend verhandelt ? Wieso sind da ein Dutzend Schauspieler auf der Bühne, wenn es überhaupt keine Ideen für diese Figuren gibt, wenn keinerlei wirklich relevantes Gesellschaftsbild entworfen wird? Wenn die Regie sich nur für diese eine Figur interessiert? Sehr ärgerlich. Sehr viel übliches Theater ums Theater.
Und wahrscheinlich werde ich es nie schaffen meine kindische Hoffnung fahren zu lassen, das weibliche-Regie, die große Frauen-Figuren inszeniert, ein wahres, großes, intelligentes Interesse daran haben könnte ETWAS über Frauen zu erzählen...Bei Barbara Frey kommen dabei nichts anderes als 'Theater-Frauen-Figuren' heraus - Keine Menschen, keine Frauen, die über die schnarchige Theater-Frauen-Traditonen hinausgehen.
Und der Rest der Darsteller?
haben Sie, finde ich, sehr treffend formuliert: "Die Gegner Richards, sind alle schon tot, bevor sie es wissen"
Leider ja.
Sie schreiben: "klar kann er all das verkaufen, darum geht es ja vor allem in der heutigen medienlandschaft". Nein, darum geht es nicht. Es geht darum, begründete und gute Kritiken zu schreiben. Aber in Ihrem Verständnis muss das offensichtlich aus reinem Idealismus geschehen, Geld und Kulturjournalismus scheinen sich bei Ihnen auszuschließen. Wie jeder Mensch in unserer Gesellschaft hat aber auch der Kulturjournalist das Recht, Geld zu verdienen mit seiner Arbeit.
Vielleicht ist Ihnen bereits aufgefallen, dass Sie für das Angebot der Nachtkritik nichts zahlen. Daher werden unsere Autoren an uns nicht reich (sie werden aber bezahlt, nicht dass hier Missverständnisse aufkommen). Ab und an wird eine Nachtkritik zweitverwertet, was den Autoren zusteht, da sie ja auch weiter das Urheberrecht an ihren Texten halten.
Bedenklich würde es, wenn nachtkritik.de Allianzen mit bestimmtem Plattformen oder Medien einginge. Das ist aber nicht der Fall. Auch Sie sollten bemerkt haben, dass nachtkritik.de aus Städten wie Zürich ganz verschiedene Autoren berichten lässt, die sogenannten "Platzhirsche" gibt es bei uns nicht. Was soll also der Vorwurf, dann solle "doch auch gleich die Kritik vom Tages-Anzeiger auch auf nachtkritik erscheinen" (zumal es ja umgekehrt wäre, da die Nachtkritik zuerst da war)? Sie behaupten einen Zusammenhang zwischen Tages-Anzeiger und nachtkritik.de, der völlig aus der Luft gegriffen und regelrecht absurd ist.
Wenn Sie all das nicht überzeugt, kann ich Ihnen nur noch anbieten, das Angebot von nachtkritik.de künftig nicht mehr zu nutzen. Auch das ist völlig kostenlos.
So ist das nun mal. So schlechte Menschen sind wir alle... allemal.
Aber, da ich mich partout nicht damit abfinden kann, das ein, sagen wir mal sehr durchschnittlicher Abend, zu einem Top-Theater-Event aufgeblasen wird... denke ich gleich über sehr verfilzte-merkwürdige-kulturpolitische-Zusammenhänge nach... nicht das es grundsätzlich neu, falsch oder empörend wäre, das Presse Kultur protegiert.... oder das ich ein besonderes Interesse daran hätte, wer in Zürich das Theater-Zepter halten darf....
Aber das mit DIESER Richard-Inszenierung noch einmal mehr zu rechtfertigen , das finde ich, und jetzt sag ich's noch mal: Höchst ärgerlich !!!!
sie watschen da die user ab in form und inhalt, das ist schon bemerkenswert.
denn nach lektüre des tagesanzeiger-beitrages des herrn fellmann (wieso eigentlich nicht auf dieser seite hier verlinkt?) mutet ihre argumentation ("feste zeilenzahlen", "unterschiedliche formate" etc.) schon eher wie ein schlecht geübter hütchenspieler-trick an.
das sind einfach ZWEI UNTERSCHIEDLICHE KRITIKEN, die im ta ist offensichtlich mit versatzstücken aus der hier (nk) gespickt. uns hier etwas anderes erzählen zu wollen ist doch...ja, was eigentlich? sagen sie es uns doch bitte!
und - mit verlaub - ewig auf die "kostenfreiheit" des nk-angebots hinzuweisen ist mittlerweile auch ganz schön langweilig geworden. darüber hinaus sollten wir uns schon darüber im klaren sein, dass nk ja via uns user (unsere clicks, rege diskussionsbeteiligungen, wie jetzt z.b.) zumindest indirekt einnahmen generiert. gingen also alle unzufriedenen woanders hin, dann...naja, sie wissen wohin das führen würde.
ganz generell: natürlich ist klar, dass der journalist sein geld verdienen muss, ein blick in die sportpresse am montag ist ja vielleicht das deutlichste beispiel, wenn z.b. ein & der selbe artikel in mehreren zeitungen unter der berücksichtigung der branchen-internen arbeitsweisen (formelle anpassung etc) erscheint.
hier allerdings, und da bin ich bei den nörgerln zu dieser art des journalismus bzw. dessen darstellung - hat das ganze schon einen seltsamen "geruch", um im bild der 2. kritik zu bleiben. und das ist, jawohl: ärgerlich!
(Lieber Maxim Gorki, was wittern Sie denn da für Verschwörungen? Hütchenspieler-Tricks?
Dass es bei einer Zeitung, anders als im Internet, feste Zeichenzahlen gibt, ist eine schlichte Tatsache. Und warum finden Sie es eigentlich gemeinsam mit User/in erna so schrecklich schlimm, dass Christoph Fellmann sich die Mühe gemacht hat, für zwei verschiedene Auftraggeber zwei verschiedene Kritiken zu schreiben? Ist das nicht im Gegenteil lobenswert?
Die Tagesanzeiger-Kritik haben wir nicht verlinkt, weil wir Herrn Fellmanns Standpunkt ja schon in unserer eigenen Kritik haben.
Dass Sie es langweilig finden, dass Wolfgang Behrens darauf hinweist, dass nachtkritik.de kostenlos ist und aus diesem Grund keine hohen Autorenhonorare zahlen kann, ist Ihre Sache. Ist vielleicht langweilig, das zu lesen, ist trotzdem so. Möchten Sie uns nicht vielleicht was spenden? Dann könnten wir, sozusagen Cent für Cent, darauf hinarbeiten, unsere Autoren irgendwann alle nur noch exklusiv zu beauftragen. Das wäre toll. Finden nicht nur Sie, finden wir natürlich auch. Können wir uns nur leider bisher nicht leisten – und bevor es jetzt zu langweilig wird, wünsche ich mir noch, dass Sie und erna und alle anderen uns trotzdem als Leser und Kommentatoren gewogen bleiben. Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion, Sophie Diesselhorst)
ich plädiere ganz entschieden dafür, nachtkritik ab SOFORT nicht mehr kostenlos anzubieten. dann ist man auch solche ego-shooter los, die alles wollen, aber nichts zu geben bereit sind. also, sagen wir 10 euro/15 Franken im Monat. dann können die autoren hier hoffentlich anständig bezahlt werden. und man ist die leute los, die hier völlig billig "ärgerlich" finden, wenn menschen auch ein geld verdienen müssen.
übrigens gorki und konsorten: man kann hier kommentieren und die vielfalt der stimmen SELBST vergrößern. dann sagen sie doch mal was substantielles zu der inszenierung.
haben sie dank für ihren kommentar. der natürlich etwas vom eigentlichen thema wegführt.
zur klarstellung: nicht nur aufgrund eigener erfahrungen als zeilenknecht (wenn auch nicht im feu.) neide ich weder ihnen noch fellmann oder behrens verdienstmöglichkeiten - noch bedauere ich allerdings deren geringes ausmaß.
verschwörungstheorieen sind ebenfalls nicht mein ding, nur wünsche ich mir von zeitgemäßem online- v.a. nk-journalismus u.a. transparenz und souveränität - bei allen, gerade auch hier oft "unsachlichen" kommentaren in richtung kritiker/ verantwortliche. letztere ließ hr behrens vermissen, dass kritisier(t)e ich.
sie, fr diesselhorst führen nun das selbe argument (zeichenzahl) an und übergehen den rein inhaltlichen kritikpunkt. das wiederum hat nichts mit transparenz zu tun, sprich: wer schreibt wie über was für wen...
ich schätze nk nach wie vor, aber: warum kann man nicht kenntlich machen, (gerne auch über verlinkung, gerne "der vollständigkeit halber"), dass vom selben autor eine ANDERE - und das ist seine 2. Kritik nun einmal und NICHT, wie sie hier darzustellen versuchen, eine formal gekürzte/eingepasste print-veröffentlichung - kritik in einem printmedium erschienen ist? ein kleiner zusatz a la "erweitert auch im ta"/"ausführlicher im ta"/etc. würde reichen.
über eine solche zusätzliche möglichkeit, von potenziellen lesern gelobt zu werden, hätte sich fellmann bestimmt sogar gefreut...
oder ganz anders: warum hat fellmann überhaupt eine 2. kritik geschrieben? oder ist es wirklich so, wie sagten: der ta hat fellmanns artikel umgebaut (ok, praxis), mit eigenen inhalten angereichert und veröffentlicht? und was bedeutet dies für seinen urheberrechtsschutz? fragen über fragen, die sie hier en passant einfach mit argumenten "geringverdiener", "gängige praxis" etc. wegwischen.
deshalb bleibt bis hierher - und da kann man dann dem kommentator Schmidt nur beipflichten - der eindruck einer (unnötig) doppelten belobigung der inszenierung.
Sophie Diesselhorst hat eigentlich schon alles gesagt. Nur soviel noch: Es stand keinesfalls in meiner Absicht, die User im Allgemeinen abzuwatschen, und ich glaube es auch nicht getan zu haben. Zu der "wahnsinnigen Unsouveränität" meiner Entgegnung stehe ich hingegen, denn auch ein Redakteur von nachtkritik.de wird es manchmal leid, die eigene Arbeit durch verschwörungstheoretische Einwürfe herabgesetzt zu sehen.
Ein Letztes noch: Ich habe am Sonntag Andrea Breths "Lulu" für nachtkritik.de besprochen. Vorher hatte mich die "Deutsche Bühne" gebeten, für sie dieselbe Aufführung rezensieren, was ich zuerst abgelehnt habe. Auf nochmalige Nachfrage habe ich mich doch bereit gefunden, unter dem Hinweis, dass sie eine gekürzte Fassung meiner Nachtkritik erhalten würden (die Website der "Deutschen Bühne" pflegt kürzere Texte als nachtkritik.de einzustellen). Um meinen Text sinnvoll einzukürzen, musste ich ihm eine neue Dramaturgie geben: Neuer Einstieg, neuer Schlusssatz. Habe ich deshalb jemanden getäuscht? Habe ich vorgegeben, zwei Kritiker zu sein ("Ich bin zwei Öltanks", war ein Lieblingssatz meiner Kindheit)? Bin ich zu tadeln?
ich verstehe, ehrlich gesagt, immer noch nicht, was denn nun ihr "inhaltlicher Kritikpunkt" ist. Es ist so: Wir sind nachtkritik.de, wir haben Christoph Fellmann gebeten, für uns den Richard III. besprechen, das hat er getan.
Außerdem hat Christoph Fellmann den Abend danach (!) für den Tagesanzeiger besprochen. Warum wir dagegen nichts haben, habe ich Ihnen begründet. Extra auf diese zweite Kritik hinzuweisen, wäre ein Service, den wir bieten könnten. Aber müssen wir das auch? Warum denn? Wenn Sie jetzt wieder sagen: wegen der Transparenz; dann würde das, weitergedacht, bedeuten, dass wir ständig alle Nebenaktivitäten unserer Autoren offensiv offen legen müssten. Ist es das, worauf Sie hinauswollen?
Sie schreiben zum Schluss, es bleibe Ihnen "der Eindruck einer (unnötig) doppelten Belobigung der Inszenierung". Könnte es nicht ganz einfach sein, dass Christoph Fellmann diese Inszenierung – offenbar in krassem Gegensatz zu Ihnen – gut fand. Und von zwei Auftraggebern, nämlich uns und dem Tagesanzeiger, gebeten worden war, darüber zu schreiben. Und natürlich dann zweimal geschrieben hat, dass er's gut fand. Ja, genau – ich glaube, so war's.
Viele Grüße! Sophie Diesselhorst
post #16 finde ich ebenfalls bedenkenswert. ich schätze, hier bedarf es womöglich eines neuen threads...
Dann kann man sich das Kommentieren ja eigentlich sparen...
wg. abwatschen: ich hatte diesen eindruck schon, und war einfach verwundert ob der schärfe ihrer replik. diese finde ich zwar pointiert, nach wie vor aber nicht souverän. verständnis habe ich dafür, keine frage, aber trotzdem wollte ich ihren (unter-)ton kritisieren. ich hatte hingegen nicht den eindruck, dass die arbeit der nk-journalisten per se herabgesetzt wurde.
wg. ihrer (rethorischen?) fragen: mir geht es in der tat um die hinterfragung von tw. "gängiger praxis"...haben sie jemanden getäuscht? etwas falsches vorgegeben? schwierige fragen. sind sie zu tadeln? hm. fragen vielleicht für dr. erlinger...
mir geht es vorrangig um "transparenz". dazu würde ich mir wünschen, dass zweit- oder mehrfachverwertungen als solche kenntlich gemacht werden. vor allem, wenn sie kurz hintereinander in tagesaktuellen medien veröffentlicht werden und ihrem inhalt nach wertend sind bzw. sein sollen.
ich frage mich gerade (und ich habe keine antwort darauf parat, also ehrliche frage): was würden sie tun, wenn sie nach ihrer nk-lulu-kritik aus irgendwelchen gründen die vorstellung nocheinmal besuchen, BEVOR sie ihre db-kritik abgeben. zuhause setzen sie sich an den rechner, wollen ihre nk-kritik umbauen und merken: "nö, so gehts nicht. ich finde das gar nicht mehr so, sondern viel negativer. die buher hatten gar nicht mal so unrecht".
wie würden sie jetzt schreiben?
@ frau diesselhorst
sie liegen – leider – etwas daneben: ich habe besagten abend (bislang) nicht gesehen. mir geht es in der tat, auch wenn das womöglich schwer nachvollziehbar sein sollte, um systematische kritik. und nach längerem nachdenken sehe ich mich da sogar nahe am anonymus-anonymen poster #16, zumindest was die fehlende "transparenz" (auch wenn sie es nicht mehr hören bzw. lesen können) anbetrifft. guter Journalismus ist nicht nur ein wahnsinnig hohes gut, er ist leide auch selten geworden. und das ist keinesfalls eine anspielung! deshalb gefällt mir auch nicht der permanente verweis auf die finanziellen verhältnisse, sei es des feu-journalisten generell oder des nk-menschen speziell. so angebracht eine verbesserung der lage auch immer sein mag...
kinder! pupt euch mal runter, guckt aus dem fenster, geniesst die neue jahreszeit
und lasst uns lieber das feuer auf diese völlig biedere, unterdurchschnittliche und kleinkarierte inszenierung in zürich eröffnen.
Ich für meinen Teil, habe mich jetzt gar nicht so direkt über das duale Schreiben an sich oder im besonderen beschwert... schon gar nicht habe ich mir besonders viel darauf eingebildet, auch halte ich mich nicht für eine(n) "ego-shooter(in)" der(die) Meinungsfreiheit schmarotzt... es tut mir deshalb sehr leid, das sie sich über all diese Missverständnisse "angekotzt" fühlen... Ich habe lediglich ein wenig gemutmaßt und dabei bereits eingeräumt, das meine Motive durchaus schändlich sind...
Ansonsten schließe ich mich Frau Kleinschmidt an und wäre interessiert an Beiträgen zum Stück und fand meine eigenen bisher absolut substantiell !!
Ich habe gesehen, wie ein sehr guter Schauspieler aasige Solo-Kunststückchen und Nummern vorführte, souverän auf dem Hysterie-Hochseil balancierend. Anerkennenswert. Darum herum aber sonst leider nichts – kein Stück, nirgends. Keine Auseinandersetzung mit einem Thema, keine Befragung, kein Erschrecken vor einem zynischen bösen Text; kein Rätsel, kein Staunen, kein Forschen, nichts – nur ein paar müde Bühnenkunstgewerbemerkwürdigkeiten und ein paar untote Lemuren, die in alter Stadttheatermanier ungedachte Sätze mit oft falschen Betonungen absetzten, eindimensionales Aufsage-Theater, Deklamier-Theater oder Brüll-Theater, und das noch in der stolperigen Brasch-Übersetzung. Kalauer statt Wortspiele. Große Hasserinnen als kleine Stadttheater-Furien, kreischend konturlos. Der Gender-Programmheftartikel bringt's dann auch nicht. Wer Shakespeare-Figuren in C&A-Anzüge von der Stange steckt, riskiert, dass sie darin steckenbleiben und ersticken; denn sowas definiert den Suppentellerrand als Weltrahmen: Sachbearbeiter im Finanzamt, wildgewordene Kleinbürger im Vereinsvorstand, Versicherungsvertreterdrama mit Aktenordner-Klarsichthüllen - Büromobbingprobleme, als wär's eine papierene Hochhuth-Aufführung von 1965.
Barbara Frey scheint bei Shakespeare einem Prinzip zu folgen: Das Stück nur zu behaupten, aber nicht zu spielen. So war's beim „Sturm“ in Wien: Drei Schauspieler auf der Probebühne, die sich mit wechselnden Wollmützen und verstellten Knödelstimmen am Probentisch gegenseitig Textfetzen und Rollenfragmente vorkaspern – wir proben das Stück ja bloss, wir lesen's nur mal an, wir markieren's nur mal a bissel, spielen können wir's eh nicht. Im Kern nicht sehr viel anders jetzt der Richard. Maertens konnte, keine Frage – aber wo war das Stück?
Hallo !
Haben sie es gesehen ? Also wirklich gesehen ?
Also da gewesen ?
Gruß
Rudi
ich kann mir ja vorstellen, was man als schweizer sonst noch so alles gern hat.
aber die brutalität richards wird dadurch so gigantisch, weil ihm starke figuren entgegentreten oder es zumindest versuchen.
wenn ich nur von leichen umgeben bin, gibt es nichts zu kämpfen, sondern nur zu behaupten.
Es geht sicher nicht darum Barbara Frey zu 'dizzen' oder sie gar als Intendantin in Frage zu stellen - offensichtlich gibt es in Zürich ein Publikum für diese Art von Theater und grundsätzlich sollte ja auch jedes 'Töpfchen sein Deckelchen' finden und erhalten... Meinetwegen !
Stutzig machten mich eher die, zumindest in der Schweiz, soviel ich weiß, durchgehend guten Kritiken, nebst der (doppelt verkauften!) hier in der Nachtkritik, -
da wird mir auf einmal Angst und bange, das plötzlich mit solch großer Selbstverständlichkeit und unerschüttertem Kunstverständnis, ein Abend abgenickt, hochgelobt und gedeutet wird der - Frau Kleinschmidt brachte das sehr schön auf den Punkt;
"nur ein paar müde Bühnenkunstgewerbemerkwürdigkeiten nebst Stadttheater-Furien" - anbietet, der aber auch gar keinen, aber auch wirklich GAR KEINEN Gedanken daran verschwendet, mehr sein zu wollen als Theater -
JA ! Natürlich; Es handelt sich auch im Theater -
Aber so viel ist passiert in den letzten Jahren mit dem Theater - mit der Welt... sowieso... Und noch immer gehen die Menschen ins Theater... zahlen (insbesondere in Zürich) sogar sehr viel Geld für ein Theater-Ticket...
WARUM versucht man nicht wenigstens, den Menschen etwas mehr anzubieten, als die ewig gleichen, abgenudelten, drei Theater-Töne & Bilder ???
Die Leute sind zufrieden weil ihnen das, was sie da sehen bekannt vorkommt, weil sie es einordnen können, -
Weil sie einen silbrigen Folter-OP-Besteck-Koffer von 2 charmant-gaunerigen-Milchgesichter-Bubi-Auftragsmördern inzwischen einordnen können -
Weil sie sich so modern finden, da es sie nicht mehr stört, das dieser Koffer nebst Bubi-Mördern & Kunstblut, in einer doch eigentlich elisabethanischen Welt auftaucht -
Weil sich diese pfiffigen Inszenierungs-Gimmicks doch bereits in den 80er Jahren bewährt haben -
und auch, weil zum Glück keiner nackig ist, auf die Bühne scheißt, oder "F.....!" schreit...
Aber die Chance, gerade bei einem Stoff wie Richard, die Leute mit ein bisschen mehr Nachhause zu schicken als mit dem wunderbaren Gefühl einen guten Geschmack zu haben -
und sie nicht nur zum "Sprüngli-Häppchen" essen und "abnicken" herauszufordern...
Diese Chance MUSS man doch mit dem Theater nehmen wollen...