altAbwärtsspirale

19. April 2012. Vor einer Woche berichtete Till Briegleb in der Süddeutschen Zeitung anlässlich der Spielplanpressekonferenz des Thalia Theater Hamburg, welche Folgen die Tariferhöhung von 6,3 Prozent für dieses Theater habe. Jetzt hat er sich auch bei anderen Theater umgehört, wie die sich auf die steigenden Ausgaben vorbereiten.

Für viele Theater könnte es existenzbedrohend werden, falls - wie vielerorts in den letzten Jahren - die Städte von ihren Kunstbetrieben verlangen würde, diese Steigerung selbst zu erwirtschaften. "Denn in den extrem personalintensiven Produkten, die das Theater seinen Gemeinden bietet, stecken nur wenige flexible Gelder. Künstlergagen und Bühnenbilder - also das meiste von dem, was der Zuschauer auf der Bühne sieht - unterliegen keinen Tarifabschlüssen. Sie können deswegen gekürzt werden."

In Köln zum Beispiel ergeben 6,3 Prozent gestiegene Personalkosten 2,3 Millionen Euro. Diese müssten vom Betrieb in einer Situation abgezwackt werden, in der Opernintendant Uwe Eric Laufenberg gerade damit gedroht habe, die gesamte kommende Spielzeit gleich ganz abzusagen. Ihm fehle das Geld für die Künstlerverträge. "Weil die Situation so bedrohlich ist, hat die Stadt Köln - trotz ihrer dramatischen Haushaltslage - in Aussicht gestellt, den hohen Tarifabschluss dieses eine Mal auszugleichen. Allerdings nicht ohne den Zusatz, dass man das Geld nun an anderer Stelle wieder einsparen müsse."

Von Bemühungszusagen berichten die Geschäftsführer diverser Theater in Deutschland, so Briegleb. Vor allem im Westen, wo in den vergangenen Jahren fast überall zusätzlich zu den deutlichen Etat-Senkungen auch noch die Tariferhöhungen als Sparquote an die Theater weitergegeben wurden, "scheint man die Erschöpfung dieser Maßnahme anzuerkennen". In Oberhausen etwa, "wo das Theater in drei Jahren 1,1 Millionen Euro weniger verplanen durfte. Oder in Bochum, wo Tariferhöhungen zuletzt nie erstattet wurden, wird konstruktiv über Kompensation durch Zuwendungen verhandelt." Allerdings sagt Bochums kaufmännische Geschäftsführerin Brigitte Käding auch, dass ihr Theater schon eine Selbstbeteiligung von drei Prozent an dem neuen Abschluss - 420 000 Euro Mehrkosten jährlich - nicht mehr verkraften könne.

Theaterleiter in den östlichen Bundesländern haben man schon länger mit Abgeltung der Lohnerhöhungen durch zusätzliche spielfreie Tage reagiert. Allerdings: "Die sich dann drehende 'Abwärtsspirale', vor der alle betroffenen Intendanten und Geschäftsführer warnen, bedeutet: weniger Angebot, weniger Zuschauer, weniger Einnahmen, noch weniger Angebot - und so fort."

Fazit: "Die aktuellen Bemühungszusagen lindern kaum das Zähneklappern in den Theatern. Unter anderem in Frankfurt, Essen, Dresden, Leipzig, Hannover und Hamburg wird gerade verhandelt." Es gebe jedoch viele Varianten. München, Dortmund, Weimar oder Karlsruhe etwa kämen ihren Zuwendungspflichten auch bei 6,3 Prozent voll nach.

Kommentar schreiben