Presseschau vom 25. Mai 2012 - Ulrich Khuon spricht über drei Jahre Intendanz und die Blackfacing-Debatte am Deutschen Theater Berlin
Langer Weg
25. Mai 2012. Im Interview in der Berliner Zeitung/Frankfurter Rundschau spricht Intendant Ulrich Khuon über die bisherigen drei Jahre als Intendant am DT Berlin und die Blackfacing-Debatte, die für ihn enttäuschend war, weil sie zu wenig inhaltlich geführt wurde.
Weiter sagt er in dem Gespräch, das Dirk Pilz geführt hat, dass man mit Dea Lohers Unschuld den Umgang mit und die Diskriminierung von Fremden thematisieren wollte. Die Vertreter von Bühnenwatch hätten sich zu wenig für eine Diskussion jenseits dieses einen Mittels interessiert. Dass es statt schwarz geschminkter nun weiß geschminkte Gesichter gebe (mehr hier zur nachtkritik-Debatte), habe nichts mit einknicken zu tun. "Wir haben auch die Freiheit der Kunst nicht infrage gestellt. Wir könnten durchaus auf das Schwarzschminken bestehen. Ich meine aber, dass man nicht auf jeder ästhetischen Rechtsposition beharren muss, wenn man merkt, welche Verletzung es für eine Minderheit darstellt." Rassistisch sei dieses ästhetische Mittel für ihn nicht, "aber ich gehöre auch zur weißen Mehrheit. Und ich finde schon, dass die Ensembles sich verändern müssen. Das Theater sollte sich auch hier bemühen, die Heterogenität der Gesellschaft einzufangen. Wir versuchen das."
Noch vor dem Sommer solle es eine Entscheidung über seine Vertragsverlängerung geben. "Meine Positionen sind klar, die haben sich auch nicht verändert: Die neuen Probebühnen müssen gebaut werden, die Autorentheatertage und das Junge DT erhalten werden. Ich will hier eine Bemühungszusage." Seine Erfahrungen mit der Berliner Kulturpolitik seien gut, "es gibt auch keinen Stress in den Gesprächen".
Er setze weiter auf Kontinuität: "Das Deutsche Theater ist ein zartes Gespinst aus sehr verschiedenen Handschriften. Ich glaube auch nicht, dass sie erschöpft sind. Denken Sie an die Arbeiten von Tom Kühnel und Jürgen Kuttner, an Dimiter Gotscheff und Stephan Kimmig oder an Michael Thalheimers Inszenierung von Dea Lohers 'Unschuld'. Auch die starke Verbindung zu Andreas Kriegenburg bleibt für mich wichtig. Auf der anderen Seite gilt es, neue Begegnungen zu schaffen, etwa mit Jette Steckel, Stefan Pucher, Roger Vontobel oder Tilman Köhler."
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Das, was kommende Spiezeit kommen mag ("Wolf unter Wölfen", DER Berlinroman von Fallada), "Ödipus" und eine neue Kriegenburg-Dea Loher klingen vielversprechend. ich traue mich aber kaum noch in das Haus hinein, so häufig wurde ich in letzter Zeit enttäuscht. Ein so wunderbarer Schauspieler wie Ingo Hülsmann wurde kaum noch besetzt (der scheint ja nun abzuwandern peu-à-peu, immerhin spielt er in der neuen Ostermeier-Inszenierung der Schaubühne mit...), Sven Lehmann ist auch kaum nur noch zu sehen. Dafür die immer gleichen Grüppchen in den neuen Produktionen. Die vom alten Stamm sieht man kaum noch.
Wie wär´s mit Wiederaufnahmen von "Emilia Galotti", "Die Orestie", "Faust II"? Das ist ein ernstgemeinter, sehr bereichender Vorschlag. Den neuen Thalheimer, der scheinbar seine Darsteller/-innen nur noch sinnlos brüllen lassen muss, könnte man sich dafür sparen.
Ich muss aber auch schreiben, dass mir beispielsweise aus jüngster Vergangenheit Inszenierungen wie "Alle meine Söhne", "Geschichten von hier II + III", "Krankenzimmer Nr.6", "Öl" gefallen haben.
mit einigem recht darf ich mich als liebhaber bezeichnen, allerdings nicht als gatte. insofern bin ich viel beweglicher als Sie meinen, denn ich muss nicht etwas festhalten, weil ich mich "bis das der tod uns scheidet" dafür entschieden habe.
genausowenig wie neu=gut ist, ist herkömmlich=gut oder gewohnt=gut, da bin ich lididinöser veranlagt. mich bringt auf touren, was mich auf touren bringt: ich bevorzuge extase und nicht konserve. daher schaue ich mich weder in den 90ern, noch auf der kurfürstenstraße noch im aktuellen DT um. (auch konserven haben nur begrenzte haltbarkeit.)
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mein erstes mal war gar nicht so eindrücklich, mich törnt selbstgefälligkeit ab und ich bin ziemlich beweglich in jeder hinsicht. doch festzuhalten bleibt, dass vielleicht eher bestimmte intendanten und kulturstaatssekretäre bestimmte "fehler des liebhabers" nach ihrer definition nicht ablegen: noch ein kriegenburg/... und noch einer und noch einer, noch ein festival mehr und noch eines und noch ein gastspiel, mehr vorstellungen, mehr spielstätten, mehr "namen", mehr aufmerksamkeit.
aber: weniger extase. ich bin weiterhin empfänglich, aber muss nicht weiter euros einwerfen, damit der schlitz aufgeht. ich gehe gern auf die suche, aber kann auch ablassen, wenn mein gegenüber nur kosmetik betreibt.
was hat Sie denn angezogen in den letzten drei jahren? oder warten auch sie auf die zwanziger? first-order observation bitte! weniger kommentare der kommentare der kommentare.
Wesentlich ist aber ebenso die Rolle des Rezipienten/Zuschauers/Zuhörers, welcher nicht nur passiv aufnimmt, was er vorgesetzt bekommt, sondern welcher aktiver und partizipierender Realisator des Kunstwerks wird. Und zwar INDEM er zuhört, mitdenkt und im besten Fall mitgestaltet. Anders formuliert: "Wenn sich die Kunst dem täglichen Leben annähert, wird sie uns dessen Schönheit erschließen." (John Cage)