Presseschau - Das Deutschlandradio spricht mit Sebastian Hartmann
Über 50 Jahre verlernt, Theater zu schauen
3. August 2012. "Ich finde das wichtig, dass sich viele Leute über das Theater beschweren. Worüber wird sich überhaupt noch beschwert?" sagt Leipzigs Noch-Intendant Sebastinan Hartmann im Gespräch mit Alexander Kohlmann für Deutschlandradio.
"Es ist unglaublich wichtig, dieses Theater Leipzig oder den Theaterstandort Leipzig in einem bestimmten Kontext zu sehen. Und zwar in einem historischen Kontext, dass Leipzig einfach über 50 Jahre verlernt hat, Theater zu schauen. Und dass einige Leute, die sich hier eine Meinung anmaßen, leider unglaublich wenig mit Theater konfrontiert gewesen sind von außerhalb. Das tut ein bisschen weh, aber das ist nicht unsympathisch. Wie, wenn eine EM ist und vor allen Fernsehern die kleinen Nationaltrainer sitzen und sagen, wer aufgestellt werden muss, haben hier viele Bürger in Leipzig durchaus eine Meinung zum Theater und sind dann einer Meinung, was gespielt werden und wie es gespielt werden müsste. Das erschreckt einen Künstler jetzt nicht allgemein permanent. Ich bin mit Sicherheit nicht zufrieden damit, dass wir es nicht geschafft haben, was wir uns vorgenommen haben, wesentlich mehr Leute in das Theater zu holen. Ich bin absolut zufrieden damit, dass dieses Theater ein junges Publikum gewonnen hat. Und das ist ein Weg, den ich auch versucht habe, in die Politik hinein zu kommunizieren, dass Leipzig mindestens zehn bis 15 Jahre braucht, um einen gesunden Publikumsstamm aufzubauen."
Ob das Thema Intendanz für den Regisseur Sebastian Hartmann erst mal erledigt ist, will Deutschlandradio wissen.
"Ja, das ist tatsächlich so. Das Wort "anzutun" ist - nicht jetzt in der kritischen Reflexion-, also da immer gerne, da hat der Regisseur Sebastian Hartmann auch genügend eingesteckt in den letzten 15 Jahren, seitdem er das macht. Allerdings die private Seite ist tatsächlich brisant. Also, wenn du Intendant bist, dann ist das ein 24 Stunden-Job. Und wahrscheinlich ist das Profil eines Singles, der Managerintendant ist, für eine Theaterleitung irgendwie besser geeignet. Also, ein Familienvater mit vier Kindern, der wirklich eine Beziehung führen möchte, das ist schon hochkompliziert."
(sle)
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Hartmann hat mit seinen Schauspielern versucht, die Zuschauer mit in das Delirium eines bürgerlichen Menschen hineinzureissen, der sukzessive jeden Halt verliert. Die Inszenierung hat viel Widerstand hervorgerufen. Es ist ja wenig amüsant, wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Für mich war es trotzdem in Vielem (nicht allem) neu und kühn. In diesem Sinne finde ich:
Kunst darf dem Publikum auch etwas zumuten. Hier und da auch ein bißchen Arbeit an sich selbst.
Leider kenne ich Hartmanns Leipziger Arbeiten nicht. Was ich nachträglich bedauere.
hartmann ist gescheitert. (...) und glaubt hier tatsächlich noch jemand dran, dass hartmann freiwillig gegangen ist? die stadt hätte ihn niiiiiiiiiiieeeeeeeeee verlängert! er kann sich doch bei dem stadtrat bedanken, dass es nun so dargestellt wird. 50% auslastung, geld verschleudern... nach zwei jahren laufen alle guten frauen des ensembles weg, vielleicht fragt mal die jemand, warum?
Woher nehmen Sie Ihre Info über den Nachfolger von Herrn Hartmann? Aus dem berüchtigten Bewerbungspapier, was der "Falter" und Nachtkritik zitieren? (...)
Lieber ct-Spieler,
"Bilde Künstler, rede nicht", hat Goethe dazu gesagt. Und selbst eine der schlechtesten Interpretationen eines seiner besten Gedichte ("Urworte Orphisch") geschrieben.
Moral: Wenn die Proben blöd sind, muss es die Aufführung nicht zwangsläufig auch sein.
Ich hab's mal umgekehrt als Regieassistent erlebt: Wir hatten an einem nicht ganz unbedeutenden Theater 6 Wochen lang atemberaubende Proben, die von Tag zu Tag doller wurden und alles übertrafen, was wir kannten. Ein superintelligenter, allwissender Regisseur, der zudem alle Rollen auswendig kannte. In der Aufführung kam nix davon über die Rampe. Die Zuschauer haben einfach nichts gesehen. Wir waren völlig perplex.
Trotzdem eine interessante Info von Ihnen!
Und, liebe J.A., bewerben Sie sich doch für das Team des Ausnahmekünstlers und reisen zukünftig mit (wenn Sie nicht eh schon zum Team gehören? ;-()! Dann haben Sie täglich, nein immer einen Ausnahmekünstler an Ihrer Seite.
Ich freue mich wie viele in Leipzig und bin gespannt auf die Zeit nach der "Ausnahmekunst".