Karthartisch?

Das Gespräch dreht sich unter anderem um die Frage, ob Bailey mit seiner Reflexion der Völkerschauen des 19. Jahrhunderts nicht eine "Art Peep-Show für ein weißes, aufgeklärtes bourgeoises Publikum" mache.

Brett Bailey sagt, er mache "Theater, meistens politisches Theater", vor allem aber bringe er "schwarze Künstler nach Europa - um ein weißes, bourgoises Publikum zu unterhalten". Ganz offensichtlich sei er damit Teil einer Tradition. Vor 100 Jahren seien die Menschen in Europa neugierig gewesen auf die "exotischen Afrikaner", heute seien sie eher neugierig darauf, "wer diese Menschen sind". Vielleicht finde in seiner Installation auch "eine Art Kartharsis statt" - auf jeden Fall sei das etwas, was die Europäer bräuchten und er, Bailey, gebe es ihnen.

Am Anfang habe er Angst gehabt, das seine Arbeit auf diese "Art Peep-Show" für aufgeklärte, weiße Europäer hinauslaufe. Aber recht eigentlich finde ja "eine Umkehrung" statt: "Die Performer schauen zurück - ganz direkt blicken sie die Leute an, die sie betrachten." Er, Bailey, sage den Darstellern immer: "Ihr seid eigentlich das Publikum. Und ihr betrachtet die weißen Zuschauer als Performer." Zwar agiere das weiße Publikum "als Beobachter", doch die Umkehrung bestehe darin: "Das Publikum schämt sich, dass es die schwarzen Darsteller betrachtet. Augenkontakt wird vermieden." Das sei eine "ambivalente Situation".

Weil auch unter den Performern darüber gesprochen werde, was es bedeute, als Schwarzer in Europa zu leben, in einer vorwiegend weißen Gesellschaft, und welche persönlichen Erlebnisse mit Rassismus es gebe, handele es sich bei diesem Unternehmen auch um eine Art Katharsis "für die Darsteller selbst". Außerdem werde nach jeder Vorstellung über die gemachten Erfahrungen diskutiert. Wut, Scham oder Schmerz würden thematisiert.

Das ganze originale Gespräch mit Brett Bailey können Sie hier lesen.

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