Aus der Wohlfühlzone gehauen

8. März 2013. Zum Start von "Club Inferno", der neuen interaktiven Installation des Performancekollektivs Signa, produziert von der Berliner Volksbühne, hat sich Enrico Ippolito für die taz-Berlin mit Signa-Frontfrau Signa Köstler unterhalten. Über ihre Wirklichkeitssimulationen wollten sie eine "Reflexion über darunterliegende Machtstrukturen" schaffen. Es gehe um die "Transgression in eine andere Welt" mit einer anderen "Benehmensstruktur" und anderen Regeln. Dabei sollten die Stücke "für jede Art von Publikumsposition flexibel genug sein" sein. Es stelle sich bei den Zuschauern ein "Realer-than-real-Gefühl" her, das oft einen "Abwehrmechanismus" hervorbringe, "um sich wieder geborgen zu fühlen".

Wichtig sei es, dass die Schauspieler immer "im Charakter bleiben". Sie hätten deshalb "ziemlich viele Regeln und Strukturen, in die man sich zurückfallen lassen kann. Von außen wirkt es, als ob alles fließt, aber das erreicht man eben nur mit einer festen Struktur." Wütend mache sie der Vorwurf, sie beuteten ihre Schauspieler ob der geringen Bezahlung aus. Auch halte man sie immer wieder für eine Sekte: "Man sieht sich unsere Stücke an und denkt halt: Das macht keiner freiwillig". Sie arbeiteten jedoch "nicht mit durchgedrehten Menschen. Es ist uns wichtig, dass die Schauspieler (...) stark, gesund und belastbar sind. Nur dann kann man auch das Gegenteil spielen."

Angesprochen auf die Härte vieler ihrer Stücke, sagt Köstler: "Wenn eine Lüge funktionieren soll, dann muss auch ein Anteil von Wahrheit da sein. Natürlich gibt es echte Gewalt, es ist nicht alles gespielt, aber trotzdem ist es keine Ausbeutung. Die Hierarchie ist nicht so, wie sie scheint." Ihre Stücke seien "komprimierte Wirklichkeit". Dabei sei auch Sex "ein Mittel, das benutzt wird". Für den Zuschauer finde die Reflexion im Nachhinein statt. "In der privilegierten Welt muss man halt manchmal ordentlich zuhauen und die Menschen aus ihrer Wohlfühlzone holen".

(ape)

Kommentare  
Presseschau Signa: der Mensch ist zerbrechlich
Ich bin nicht besonders stark, aber gesund und nicht all zu viel belastbar.
Sex ist allerdings ein Mittel das benutzt wird. Damit benutzen wir uns gegenseitig. Liebe ist etwas anderes. Ich bin fürs Wohlfühlen. Manchmal ordentlich zuhauen um Menschen da heraus zu holen? Ich gebe zu bedenken, der Mensch ist ein
zerbrechliches Geschöpf.
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