Katharine Hepburn im norwegischen Unglück

von Katrin Ullmann

Hamburg, 23. November 2013.Ein herrschaftlicher Salon, luftdicht tapeziert mit dunkelbraunem Brokat, Kerzenwandleuchter, ein Streichquartett, schwere dunkelrote Vorhänge, kein Außen: Stephane Laimé hat die Bühne entworfen und skizziert mit diesem generischen bürgerlichen Ambiente des 19. Jahrhunderts das Zuhause von Henrik Ibsens "Hedda Gabler". Jan Bosse hat das Stück, uraufgeführt 1891, am Hamburger Thalia Theater inszeniert. Es erzählt von einem Ehemodell, das nicht aufgeht, einer Karriere, die nicht fortschreitet, einer Liebe, die nicht ge-, und einem Leben, das nicht belebt wird.

Hedda (Patrycia Ziolkowska) ist die Frau mit der Pistole, die Wahnsinnige, die Zerstörerin. Man könnte auch sagen: Hedda ist eine Frau mit Ansprüchen, ihr Ehemann Jǿrgen Tesman (Jens Harzer) ein Mann mit Aussichten. Zumindest zunächst. Er will ein Buch veröffentlichen und bald Professor werden. Sie hingegen will das echte Leben spüren und ein einziges Mal "die Herrschaft haben über ein Menschenleben". Tesmans liebstes Stück sind selbst gestickte Pantoffeln von "Tantchen Juju" (absolut überzeugend: Karin Neuhäuser), Heddas ist ein Koffer voller Pistolen.

Die Launenhaftigkeit in Person
Dass diese Ehekonstellation nichts ist, wird schnell klar; spätestens dann, wenn Eilert Lövborg (Alexander Simon) – einst Heddas Geliebter, nun Tesmans größter Konkurrent – die Bühne betritt. Er tut dies mit der Nonchalance eines erfolgreichen Künstlers, mit dem sicheren Vorsprung des Avantgardisten. Lövborg trägt bereits souveränes Mintgrün, während Tesman noch nach seinem Zylinder sucht (Kostüme: Kathrin Plath).

hedda gabler2 560 armin smailovic hBang, Bang! I shot him down. Patrycia Ziolkowska als Hedda. © Armin Smailovic

Dass Hedda ihren Ex womöglich zurückwill, ist in Bosses Inszenierung zweitrangig. Seine Hedda ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt: Nahezu pausenlos rasend, tanzend, trippelnd oder galoppierend durchmisst sie den Raum. Sie lässt ihr schwarz-silbernes Abendkleid divenhaft rauschen, ihre Stimme stöhnen, ihren schwangeren Körper sich aufbäumen. Alles an ihr ist kapriziös! Ihre Augen rollen, ihre Hände krallen – eine Katharine Hepburn im norwegischen Unglück. Eigentlich toll und tatsächlich großartig besetzt.

Gegen Langeweile hilft Slapstick
Auch Jens Harzer gibt einen wunderbaren, verschroben-charmanten Eigenbrötler, einen Kulturwissenschaftler mit einer Dauerkarte in der B-Liga, einen, der sich im eigenen Wahnsinn zu verlieren scheint. Kindlich studiert er salonfähige Gesten, verehrt Pantoffeln, Herrenabende und Hausmäntel. Seine Hedda, die ihn eher aus Versehen denn absichtsvoll geheiratet hat, sieht ihm dabei distanziert zu. Ihn und ihr eigenes Leben betrachtet sie wie einen Film, doch – und das ist die Falle, in die Bosses Inszenierung tappt – dieser Film scheint sie gar nicht so sehr zu langweilen.

"Das Stück soll vom 'Unerreichbaren' handeln, vom Streben und Trachten nach etwas, das der Konvention, dem Herkömmlichen, im Bewußtsein widerspricht – auch bei Hedda", hat Ibsen sich erklärt. Bei Bosse, der den Text nahezu ungekürzt inszeniert, ist diese Konvention voller Boulevard, Slapstick und Heiterkeit. Dafür sorgen ein Teppich in Aufruhr, ein Hausmädchen in liebestoller Demut (Julian Greis), ein Biedermeiersofa voller Sprungfedern. Und wenn am fernen Horizont die Langeweile dämmert, dann macht Hedda eben selbst Theater; als impulsgeladene Gefahrenzone. Ihr saturiertes Leben ähnelt eher einem Kuriositätenkabinett als einer Monotonie-Wüste und hat dabei erstaunlich viel Unterhaltungswert, so dass man sich am Ende fragt: Warum denn gleich so radikal, Hedda?

Hedda Gabler
von Henrik Ibsen, deutsch von Peter Zadek/Gottfried Greiffenhagen
Regie: Jan Bosse, Bühne: Stephane Laimé, Kostüme: Kathrin Plath.
Mit: Jens Harzer (Jörgen Tesman), Patrycia Ziolkowska (Frau Hedda Tesman, seine Frau), Karin Neuhäuser (Fräulein Juliane Tesman, seine Tante), Marina Galic (Frau Elvstedt), Daniel Lommatzsch (Richter Brack), Alexander Simon (Eilert Lövborg), Julian Greis (Berte).
Dauer: 2 Stunde 50 Minuten, eine Pause

www.thalia-theater.de

 

Kritikenrundschau

Eine "tolle Besetzung" bescheinigt Armgard Seegers im Hamburger Abendblatt (25.11.2013) der Inszenierung. Regisseur Jan Bosse löse sich darin von der klassischen Erzählung der Salonkomödie und drehe einige Selbstverständlichkeiten der Stückinterpretation einmal um. Dabei sind aus Seegers Sicht "aufregende Szenen entstanden, gelegentlich irrlichtert die Aufführung aber auch umher, sodass man Wollen und Willen der Figuren nicht mehr erkennen kann, so sehr haben sie sich von sich selbst entfernt."

Von einem "hübschen Anlauf mit kurzem Sprung" spricht Werner Theurich auf Spiegel Online (24.11.2013). Jan Bosses "mutiger, weil bösartig-sarkastischer Beginn" hätte aus seiner Sicht eine Steigerung in die bürgerliche Apokalypse verdient. "Mit schneller Personenregie hätte ein überdrehtes Sozialballett daraus werden können". Doch inmitten all der schönen Versuchsanordnungen, komischen Ideen habe Regisseur Jan Bosse plötzlich "all die böse Ironie (auch dem Text gegenüber)" wieder ab- und zurück auf Ibsen, Seminarversion geschaltet. "Dass es immer noch zu guter Unterhaltung geriet, lag am exzellenten Ensemble. Das allerdings ist nach Thalia-Maßstäben ein bisschen wenig."

"Was war die Aufgabe? Das Lächerliche an Frau Hedda Gabler möglichst tierhaft darzustellen? Mal galoppiert Patrycia Ziolkowska über die Bühne wie eine frohsinnige Giraffe, dann stolziert sie wie ein Pfau mit Muskelkater. Es wird sich auch gewunden, als wäre man eine Boa Constrictor, die Verdauungsprobleme hat." So verreißt Daniel Haas in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (28.11.2013) diese Inszenierung, die ihm als "Darstellerrevue" erscheint. D.h. "die Akteure können zeigen, was sie zu bieten haben in puncto exzentrischer Eigenmobilmachung".

Jan Bosse habe eine echte Volte parat: "Wir spielen das Stück total altbacken", so Till Briegleb in der Süddeutschen Zeitung (29.11.2013). In einem düster floral tapezierten Bürgersalon tragen die Kombattanten hochgeschlossene Kleider und Frack, vormoderne Frisuren und Federn am Hut, "aber dann hatte irgendwer eine weitere Idee: Wir spielen das auch noch als Komödie. Und schon wurde aus Hedda Gabler 'Fawlty Towers'." Jene Serie aus den Siebzigern, mit der John Cleese aus Monty Python ausgestiegen war. Deswegen dürfe Jens Harzer drei Stunden lang John Cleese imitieren und dieses scheinbar so ausgespielte Stück mit englischem Humor neu zünden. Der Ideen sei das schlussendlich zu viel, "so dass bald nichts mehr zum anderen passe in dieser Vortanz-Show der Ego-Nummern: Rahmen altbacken, Hedda eine Giftspritze, Tesman beschäftigt mit der Rekonstruktion eines vergriffenen Humors, Lövborg eine Gefühlsgranate."

Stefan Grund schreibt in der Welt (25.11.2013): "Zeitgeistdeuter" Jan Bosse erzähle eine "irre Parabel von irreparablen Persönlichkeitsschäden", die der "rasante soziale" Wandel mit sich bringe. Schon Ibsen habe den "narzisstischen Prototyp" unserer Tage prophetisch beschrieben. Bei Bosse entstünde Spannung zwischen den Darstellern, die "mit heftigem Verfremdungseffekt durch Übertreibungen, große Gesten" und "einander innerlich abgewandt" auftreten. Die inneren Konflikte bildeten einen starken Kontrast zum "friedfertigen Bühnen- und Kostümbild". Patrycia Ziolkowska verkörpere die Langeweile der Hedda mit Verve und schneide "Porzellanpuppengesichter", Marina Galic als Thea trotze "gegenan" und Jens Harzer bilde den zweiten "mächtigen Gegenpol". Mit der Villa löse sich auch die bürgerliche Fassade und der "Traum vom bürgerlichen Glück" im Lauf des Abends "Stück für Stück" auf. "Schöner Moment: Tesmann kommt nach durchzechter Nacht nach Hause, geht die Treppe hoch, sein Zimmer ist weg. Harzer guckt erst leicht irritiert, dann leicht resigniert und steigt – Kummer gewohnt – einfach die Treppe wieder hinab." 

 

 

Kommentare  
Hedda Gabler, Hamburg: noch eine Kritik
In der "Welt" gibt es auch noch eine Kritik von Stefan Grund: http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article122221811/Irre-Parabel-auf-den-Narzissmus.html
Hedda Gabler, Hamburg: mit viel Gerumpel
Jan Bosse ist ja nun wirklich ein Guter. Und Stéphane Laimé hat oft so durchdachte Bühnenbilder gemacht. Aber diese "Hedda" ist eine sehr trübe Versanstaltung, die Jens Harzer alleine auch nur zur Hälfte retten kann. Auch ist das Licht meist so schummrig, dass die Figuren ständig drohen, mit der konventionellen Tapetendeko zu verschmelzen. (Wenn das beabsichtigt war, ist das sehr ermüdend. Vielleicht war aber auch gerade ein großer HMI ausgefallen.)
Allein die Idee, das Auseinanderbrechen der bürgerlichen Strukturen damit zu illustrieren, dass die Kulissenwände nach und nach - und mit viel Gerumpel! - nach oben weggezogen werden, ist weit unter dem Niveau von Bosse, Laimé und Thalia.
Hedda Gabler, Hamburg: muffig
was für eine langeweile in einem muffigen bühnenbild. wenn der lappen hochgeht, fragt man sich zugleich, welch muff hier dargestellt werden soll.. komisch wird s.. das wie immer hervorragende ensemble wird genötigt zu chargieren, dass sich die balken biegen.. das bühnenbild löst sich auf.. (wie einfallsreich und auch noch nie gesehen).. was für eine schrecklich lange, langweilige, muffige inszenierung.. wenn regisseure das stück nicht mögen, warum inszenieren sie es dann.. absolut nicht empfehlenswert.
Hedda Gabler, Hamburg, nachgetragen: Bild einer Gesellschaft ohne Utopie?
Hamburg, 2, Januar 2015. Die kurze Inhaltswiedergabe auf der Webseite des hier in Augenschein genommenen Dramas, das unter der Regie von Jan Bosse am Thalia Theater Hamburg aufgeführt wird, skizziert die Grundlinien der Handlung zunächst mit klaren Worten, einfach strukturierten Sätzen, nachvollziehbar und verständlich.

Jene Inhaltsübersicht mündet dann allerdings in eine knapp gefasste Textpartie, die inhaltlich zwecks Aufrechterhaltung des Publikumsinteresses berechtigterweise kaum Konkretes zum weiteren Handlungsverlauf aussagt und sich sprachlich-stilistisch auch von den vorangehenden, im Ausdruck nüchtern gehaltenen Darlegungen durchaus unterscheidet: Jetzt wird das Unheilvolle, Dämonische, Zerstörerische menschlichen Wirkens und Handelns in bildhafte, z.T. angstvoll-emotional besetzte Worte gekleidet. Damit deutet sich bereits all das an, was sich letztlich mit der eigentlichen Katastrophe, deren Wucht zum Ende des Stückes spürbar wird, verbindet. So heißt es am Anfang jener knappen inhaltlichen Zusammenfassung auf der Theater-Webseite, um hier noch die erforderlichen Belege für den oben skizzierten Interpretationsbefund zu liefern: "Es soll der Start in eine erfolgreiche bürgerliche Existenz werden: Gerade von einer langen Hochzeitsreise zurückgekehrt, beziehen Jörgen Tesman und Hedda Gabler ihr Traumhaus, für das sich Tesman leichtsinnigerweise in der Annahme, sehr bald zum Professor berufen zu werden, über seine Verhältnisse verschuldet hat, um seiner anspruchsvollen Frau ein angemessenes Leben bieten zu können." Im weiteren Verlauf des Textes dagegen findet sich folgender Satz: "Die Gespenster der Vergangenheit entfachen einen Strudel der Obsessionen, Wünsche und Projektionen, in dem jede der Figuren in diesem komplexen Netz der Abhängigkeiten voneinander ihren Lebensentwurf zu verteidigen sucht."

Der zwischen den beiden Sätzen bestehende Unterschied in sprachlich-stilistischer Hinsicht – wie schon angedeutet, sachlich-korrekt die Handlungsschritte nachvollziehend, der erste Satz, mehr summarisch, emotionsbezogen und unheilkündend, der letzte - ist markant und lässt einleuchtend die Gesamtstruktur des hier zur Diskussion stehenden Stückes bereits aufscheinen, gibt also einen offenkundigen Hinweis auf das, was den Rezipienten erwartet: Eine den geradlinigen Konventionen, dem Renommee geordneter bürgerlicher Kultiviertheit, auch einer als reputierlich geltenden Anpassungsbereitschaft verpflichtete Existenzform, wie sie von einigen der Dramenfiguren angestrebt bzw. realisiert wird oder – präziser noch, um auf die Herrschaft von System und Gesellschaftsstruktur zu rekurrieren – wie sie von Erwartungen, Normen, Weisungen und Gesetzen einer gehobenen sozialen Schicht über ihren gesellschaftssteuernden Einfluss sowie über ihren Machtapparat, wenn z.T. auch nur implizit, vorgeschrieben und erzwungen wird, eine solche Existenzform, besser gesagt: das Ideal einer solchen Existenzform, steht dem, was als Chaos und Debakel bezeichnet werden kann, durchaus nahe. Und dies genau dann, wenn die handelnden Personen den destruktiven Kräften, den Imponderabilien jenes von "Normen und Werten" gehobener Bürgerlichkeit getragenen Systems, das auf Handlungsfähigkeit und Selbstbehauptung, aber auch auf Machtstreben und Egoismus setzt, das manche vom Pfad der Tugend, der Normalität abweichende Formen der Lebensführung (hier: Lövborgs Haltlosigkeit) allzu schnell dem Verdikt unterwirft, - wenn also die Akteure den negativen Implikationen oder Begleiterscheinungen des ganzen Systems, um es kurz zu sagen, zu widerstehen sich als völlig unfähig erweisen.

Hedda Gabler selbst stellt als Beispiel eines "energischen Frauencharakter(s)" (Reclams Schauspielführer (1990), S. 408) eine Persönlichkeit dar, die sich den Alltagstrivialitäten tunlichst zu entziehen versucht, den Normen, Anschauungen und Verhaltensweisen, die sich im vorliegenden Fall mit der üblichen Frauenrolle verbinden, in mancher, aber nicht jeder Weise gerecht wird und insofern eine Sonderstellung für sich reklamiert, die sie letztlich in einen nicht unerheblichen Gegensatz zu dem jungen Gelehrten Tesman bringt, was Habitus und Mentalität anbelangt, d.h. in einen Kontrast zu jenem Lehrstuhlaspiranten, den sie gleichwohl heiratet. In der gängigen Sekundärliteratur vom Schlage einer kurzen Informationsquelle heißt es mit Blick auf die Zukunftsperspektive der Protagonistin: "Die reitende, schießende, tanzende, bohemehafte Hedda Gabler erschrickt, daß sie als Hedda Tesman nun, nach der Hochzeitsreise, in einer Familie aufzugehen und Mutter zu werden habe. Aus Angst vor solcher Zukunft wappnet sie sich mit Hochmut (...)." (G.v. Wilpert (Hrsg.), Lexikon der Weltliteratur Bd. 3 (1997), S. 542) Eine gewisse Bereitschaft, Geltung und Verbindlichkeit gesellschaftlicher Normen auch für sich selbst zu akzeptieren, wenn es sein muss, zeigt sich an ihrer Furcht vor einem Skandal, der durch sie verursacht werden könnte. Sollte Richter Brack sein Schweigen brechen, würde ruchbar, dass die Protagonistin ihrem ehemaligen Verehrer Lövborg, der nach Teilnahme an jener Herrengesellschaft im Boudoir einer "zweifelhaften Dame" erschossen aufgefunden wird, die entsprechende Pistole ausgehändigt hat.

Sicherlich ist das Theaterstück, um das es hier geht, anschlussfähig, und insofern lässt es sich wohl mit Fragen, wie sie beispielsweise auf der erwähnten Webseite des Schauspiels artikuliert werden, aber auch mit weiteren Aspekten in Verbindung bringen. Von der "Rolle der Frau" beispielsweise, exemplifiziert hier an einer Generalstochter, ließe sich selbstverständlich ein Bogen zum umfassenderen Thema der Frauenemanzipation schlagen, gerade im beginnenden 21. Jahrhundert unter dem Gesichtspunkt vielfältiger Begegnungen mit anderen Kulturen.

Die Rezeption des in Rede stehenden, am Thalia Theater Hamburg aufgeführten Dramas fällt ganz unterschiedlich aus: Die Bandbreite der Meinungsäußerungen seitens der Theaterbesucher reicht, soweit dies den Publikumskommentaren ebenfalls auf der Webseite des Stückes zu entnehmen ist, von vollständiger Ablehnung bis zu teilweise überschwenglicher Begeisterung, die erfreulicherweise überwiegt. Die eher euphorischen Meinungsäußerungen betonen zu Recht die ausgezeichnete Leistung der Schauspieler - und hier ist unter anderen Jens Harzer in der Rolle des Jörgen Tesman besonders hervorzuheben - und erkennen der Inszenierung Angemessenheit und Überzeugungskraft zu. Einer gewissen Aufregung im Zusammenhang von Zustimmung und Ablehnung mit Bezug auf Bühnenbild und Aufmachung wäre möglicherweise zu entgehen, wenn größere Aufmerksamkeit einem Interpretationsaspekt gezollt würde, der bei vordergründiger Unscheinbarkeit den Blick auf etwas durchaus Bedeutsames lenkt, nämlich auf die Empfindungswelt von Künstlern, hier des 19. Jahrhunderts, überdies auf die starken Gefühlsprägungen und teilweise markanten emotionalen Schwankungen in Kunstwerken jener Zeit. So war das Empfinden von Trauer, Schmerz und Resignation manchem Autor, Maler oder Komponisten alles andere als fremd. Ein Hauch von Melancholie umwittert auch das vorliegende Bühnenstück trotz gelegentlicher Komik, Ironie und Karikatur, wird durch die Musik – sparsame klassische Tonfolgen, zumeist von elegischem Charakter, gespielt von einem Streichquartett - , überhaupt durch den inszenatorisch sensibel gestalteten Duktus der Dialoge und Handlungselemente spürbar gemacht und verweist auf das im Leben Ibsens alsbald einsetzende symbolisch-mystische Alterswerk.

Innere Leere, Langeweile und Lebensekel - Sentiments, die zwar nicht nur, aber gerade doch auch zum Ende des 19. Jahrhunderts besondere Verbreitung fanden, und zwar im Zuge zunehmender Rasanz sowie beginnender Anonymisierung mancher Lebensbezüge, auch im Kontext von Sinn- und Orientierungssuche – jene Sentiments mögen sich im Selbstmord der Protagonistin am Schluss des Stückes ebenfalls widerspiegeln. Ihr Tod erscheint als Flucht vor einem Dasein, das im Spannungsfeld einer sich in Banalitäten täglicher Abläufe verlierenden sowie in Alltagsproblemen aufreibenden Existenz und eines Lebens "mit Weinlaub im Haar" keine Entfaltungsmöglichkeit in Würde und Schönheit zu erkennen meint.
Hedda Gabler, Hamburg: gibt's das im Baumarkt
"Ein Hauch von Melancholie umwittert auch das vorliegende Bühnenstück trotz gelegentlicher Komik, Ironie und Karikatur, wird durch die Musik – sparsame klassische Tonfolgen, zumeist von elegischem Charakter, gespielt von einem Streichquartett - , überhaupt durch den inszenatorisch sensibel gestalteten Duktus der Dialoge und Handlungselemente spürbar gemacht und verweist auf das im Leben Ibsens alsbald einsetzende symbolisch-mystische Alterswerk." Wow! Pleisterkleister - gibts den im Baumarkt?
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