In der Nabelschau des Brauchtums landen

12. Februar 2014. Sie sei enttäuscht, verärgert, aber nicht überrascht über das Ergebnis der Volksabstimmung in der Schweiz zur "Masseneinwanderung", sagt Barbara Frey, die Intendantin des Zürcher Schauspielhauses im Interview mit dem Sender 3sat. Die Kampagne der SVP und anderer Unterstützer der Kampagne hätte in der Schweiz ein diffuses Klima der Angst geschaffen, Wohnung oder Arbeitsplatz seien bedroht.

Dadurch sei die Stimmung am Ende im Sinne der Kampagne gekippt. Doch die Abstimung sei sehr knapp ausgefallen. Betrachte man die ländlichen Gebiete, wo nahezu Vollbeschäftigung herrsche und kaum Ausländer lebten, sei dort die Stimmung gegen Einwanderung am extremsten gewesen. Jetzt müsse sie zunächst einmal ihre ausländischen Mitarbeiter beruhigen und ihnen deutlich machen: Sie werden gebraucht. "Wir haben ja extrem viel ausländisches Personal auf und hinter der Bühne."

"Wenn wir anfangen, nach dem Schweizer Pass zu gehen, wird es eng für dieses Theater," so Barbara Frey. Denn natürlich profitiere das Zürcher Schauspielhaus seit Jahrzehnten von der großen deutschsprachigen Theaterkultur. "Mir graut davor, einer deutschen Regisseurin sagen zu müssen, oder einem tschechischen Regisseur: wir schätzen dich, aber du kannst nicht kommen." Theater gehe, wie alle Kultur, "nur im internationalen Austausch mit einer bestimmten Form des integrativen Denkens – wenn wir nicht in der Nabelschau des Brauchtums landen wollen."

(sle)

Kommentare  
Interview Barbara Frey: macht Mut
das ist ein tolles Interview, macht Mut, daß es auch noch die andere Hälfte der Schweizer gibt, die sich nun äußern...nicht aufhören, den Mund aufzumachen.....und doch sind die Antworten sehr ehrlich...danke Frau Frey! :-)
Interview Barbara Frey: es geht um die saubere Weste
Sollte ein Theater nicht im Vorfeld einer ungünstigen gesellschaftlichen Entwicklung, diese erkennen, benennen und dann versuchen zu intervenieren...?
Oder zumindest diese gezielt thematisieren ?
Sollte sich eine Theater nicht dann offensiv gegen einen fragwürdigen Gesinnungswandel im eigenen Land stellen, wenn zum Beispiel entscheidende Wahlen/Abstimmungen bevorstehen und nicht wenn diese allzu eindeutig gelaufen sind ?
Was für ein wacher und neuralgischer Ort könnte doch das Theater sein!

Das Züricher Schauspielhaus ist leider vor allem damit beschäftigt, unfassbar artig und brav Kunst zu produzieren - manchmal gar ein bisschen wild und verrückt (Fritsch/Pollesch-Import) aber politisch, - im Sinne einer wachen, teilnehmenden, das Publikum fordernden Auseinandersetzung und Konfrontation - davon ist dieses Theater schändlicherweise Lichtjahre entfernt !

Es ist ja löblich das Frau Frey sich nun beherzt vor ihre ausländischen Mitarbeiter stellt - aber, Herrgott, - es geht doch um einiges mehr, als mal wieder nur um die eigene "saubere Weste" im eigenen Stall !!!!
Wirklich !!!!
Interview Barbara Frey: Ignoranz
NACHTRAG:
Frau Frey ist tatsächlich kühn genug dem Interviewer mitzuteilen, das sie obschon "enttäuscht" über den Ausgang der Abstimmung; "schrecklicherweise nicht so wahnsinnig erstaunt darüber war", das sie; “gespürt hat, das in allerletzter Zeit die Stimmung noch mal gekippt ist" -
Großartig !
Und dann ?
Hat man sich aber offensichtlich nicht zuständig gefühlt zumindest künstlerisch Alarm zu schlagen ???

Man möchte weinen und schreien über soviel Ignoranz derer, die uns doch Herzen, Ohren und Augen öffnen sollten...

An dieser Stelle Danke an Herrn Lösch:
http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Wacht-auf/story/23587060
Interview Barbara Frey: Artigsein
Liebe Konstantin, das können sie nicht erwarten von Barbara Frey. Sie wäre grad sofort weg vom Fenster, wenn sie was anderes probieren würde, als das Artigsein. Zum Artigsein gehört auch das leise Bedauern im Nachhinein. Es ist alles eine Frage des Geschmacks... Nicht des Inhalts.... Das Stadttheatersystem mag ja auch lieber Kontingente als den freiem Personenverkehr. Die stramme aspeptische Militanz der Schweiz-Sauberhalter und die klamme Sauberkeit der Schauspielhaus-Leitung sind sich sehr nahe. Hauptsache, man bleibt unter sich. Da sind sich diese Kreise ähnlich
Interview Barbara Frey: Ruf in den Elfenbeinturm
Im Zusammenhang mit diesem Volksentscheid bestand ja nun gar kein Grund artig zu sein, da das Züricher Bürgertum und der Geldadel ja auch gegen die Abschottungsinitiative waren. Man hätte sich im Gegenteil, sogar der eigenen Klientel gegenüber profilieren können.
Um so unverständlicher bleibt das Verhalten von Barbara Frey mit ihrem best ausgestatteten Theatertanker jede Auseinandersetzung mit der Schweiz als Gesellschaft zu meiden.
Zumal sie sich in dem Interview auf ihre politische Weitsicht etwas einbildet, wenn sie doch eh damit gerechnet hat, dass die Schweizer der Abschottung zustimmen werden.
Aus politischer Weitsicht erwächst Verantwortung!!!
Zumal Frau Frey über ein grossartiges Meinungs- und Analysewerkzeug verfügt: EIN GANZES THEATER!!!
Hoffentlich wirkt dies fatale Abstimmungsergebniss als Weckruf, sich endlich aus dem Elfenbeinturm heraus zu bewegen.
Man kann nur schwer der Diener zweier Herren sein: "Theater des Jahres" und/oder sich mit den Dingen auseinandersetzen die dringend anstehen in der Schweiz!!
Interview Barbara Frey: Ironie
meine Ironie hat hier wohl niemand bemerkt....ohje...
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