Türenöffnerin

23. Februar 2014. Heute wird Nele Hertling 80 Jahre alt. Ein Geburtstag, zu dem die Presse ihre außergewöhnlichen Verdienste für die Berliner Tanz- und Theaterszene würdigt.

"Nele Hertling hat den zeitgenössischen Tanz, der anderswo Fahrt aufgenommen hatte und zu einer neuen Kunstform des 20. Jahrhunderts wurde, in die Stadt geholt. Das vielleicht ist ihr größtes Verdienst", schreibt Michaela Schlagenwerth in der Berliner Zeitung (21.2.1014). Zuerst in die Akademie der Künste, wo sie ab 1962 tätig war und 1970 das Festival "Pantomime Musik Tanz Theater" gegründete, ab 1989 dann im Hebbel-Theater. Ihr Festival "PMTT" mag einen aus heutiger Sicht seltsamen Titel haben. Aber was Nele Hertling in der Akademie veranstaltete sei nicht weniger als eine Revolution gewesen. "Die New Yorker Avantgarde kam, die Franzosen und Pina Bausch natürlich auch. Es gibt Künstler, deren Kunst wäre ohne Nele Hertling gar nicht entstanden. Wie die des 1992 so früh verstorbenen Gerhard Bohners etwa." Nele Hertling habe mit Partnern wie dem Frankfurter TAT oder dem Brüsseler KAI-Theater ein Netz aufgebaut, das den freien Tanz- und Theater-Künstlern überhaupt erst ihre Arbeit ermöglichte. "Denn Nele Hertling hat in Berlin unendlich viel bewegt – und das nicht nur wegen ihres Verhandlungsgeschick und ihrer Gabe zur Netzknüpferei. Sondern vor allem wegen ihre Liebe zur Kunst und zu den Künstler."

Und in der Süddeutschen Zeitung (22./23.2.2014) schreibt Eva-Elisabeth Fischer: "Nele Hertling studierte Philosophie und Theaterwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin und musste bald erfahren, dass der real existierende Sozialismus im Osten Deutschlands in Wahrheit ein menschenfeindlicher Überwachungsstaat war. In England lernte sie, dass die Bühne ein politischer Ort sein kann – bei Joan Littlewood, der Barrikadenkämpferin des linken politischen Theaters." Nach diesen Erfahrungen wurde sie in Westberlin Veranstalterin, Theaterdirektorin und Beraterin in nationalen wie internationalen Gremien. Hertling hielt "ihren" Künstlern stets unverbrüchlich die Treue, dem Tänzer und Choreografen Gerhard Bohner vor allem, dessen Œuvre auf Wiederentdeckung warte. 1988 gründete sie die Tanzwerkstatt, die sich zum immer noch größten deutschen Tanzfestival "Tanz im August" entwickelte. Und sie machte von 1989 an das marode Hebbel-Theater zum Mekka der Off-Tanz- und Theaterszene.

(sik)

 

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