Zum Weltkrieg nichts Neues

25. März 2014. Die Urkatastrophe der Moderne sei überraschend wenig im Theater behandelt worden, konstatiert Matthias Heine in der Welt. Ja, Karl Kraus’ "Die letzten Tage der Menschheit", das jetzt überall hervorgeholt wird (zum Beispiel in Dresden). Aber sonst? Toller, von Unruh und Konsorten seien den Theatermachern von heute zu pathosgeladen. "Man könnte jetzt natürlich Stückaufträge vergeben und die benötigten Texte bei Autoren von heute bestellen. Aber wer soll die liefern? Ein Verdun-Drama von René Pollesch? Eine elegante Komödie über die Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk von Moritz Rinke? Marius von Mayenburg über Klaustrophobie im U-Boot-Krieg? Kaum vorstellbar. Aktuelle deutsche Dramatiker sind gut bei Gegenwartsstoffen, aber geschichtsscheu."

Immerhin gebe es "hierzulande zwei der weltweit meistgelesen und künstlerisch auch ziemlich haltbaren Prosa-Texte über das Fronterlebnis" : Ernst Jüngers Erinnerungsbuch „In Stahlgewittern" und Erich Maria Remarques Roman "Im Westen nichts Neues". "Jedes Theater, das den Krieg auf der Bühne darstellen möchte, muss diese beiden Werke prüfen, ob sie für die eigenen Zwecke taugen.“ Bei der szenischen Ereignislosigkeit von Luk Percevals FRONT-Inszenierung, die sich u.a. bei Remarque bedient, falle "einem ein weiterer Grund ein, der die Weltkriegs-Stücke von gestern unspielbar macht: Den vom Film abgestumpften Zuschauern von heute muss man das Grauen des Kampfes ganz drastisch darstellen, damit sie die pazifistische Botschaft erreicht. Wenn nicht jedes abgerissene Bein in grellsten Farben geschildert wird, könnten sie ja vielleicht nicht merken, dass Krieg schlimm ist. Aber diese Art von Gewaltporno können die Dramen der Zwischenkriegszeit nicht liefern."

(geka)

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