Auf dem Frost-Sofa

von Ute Grundmann

Leipzig, 17. April 2014. Der bürgerliche Salon ist zur Wohnlandschaft geworden. Ein riesiges blaues Sofa ist im Leipziger Schauspiel die Welt der Hedda Gabler, in der die Hochzeitsblumen schon gleich zu Beginn verdorrt scheinen. In diesem chic-kühlen Ambiente hat Sarantos Zervoulakos Henrik Ibsens Stück inszeniert. Die Kühle legt sich zunehmend auch über die relativ kurze Aufführung.

Dabei ist die Bühnenlösung von Raimund Orfeo Voigt erst mal ein Hingucker: Vor dem Bühnenportal, dass mit brauner Holztäfelung verschlossen ist, steht auf einem runden Podest das tiefblaue, halbrunde Sofa, darüber eine ebenfalls halbrunde Neonröhre, die kaltes Licht ausstrahlt. Dieses Sofa-Halbrund wird sich in den kommenden zwei Stunden fast unmerklich drehen, sich dem Zuschauer mal als offener, mal als abgeschotteter Raum präsentieren.

Außer Kälte nicht viel

Zu Beginn, während das Publikum den Saal betritt, sitzt hier schon Juliane Tesman (Hedi Kriegeskotte), den Mantel unordentlich über die Sofalehne geworfen, den Hut noch auf dem Kopf. Sie räumt ein bißchen, mault ein bißchen über die ihr neue, fremde Umgebung, das neue Haus, das sich ihr Ziehsohn Jörgen (Ulrich Brandhoff) anlässlich seiner Hochzeit angeschafft hat. Als der dann nackt unterm offenen Bademantel hereinschlendert, mischen sich Verlegenheit und Wiedersehensfreude, bekommt das mühsame Geplauder schnell Löcher und Risse. Das verstärkt sich noch, als Hedda (Lisa Mies) dazukommt, im kurzen Hemdchen, herumdruckst und erst mal frische Luft fordert. Da wird die Ankündigung der Tante, jeden Tag zu Besuch zu kommen, schnell zur Drohung.

hedda gabler 560 rolfarnold uAuf dem Wohnsofa: Lisa Mies, André Willmund, Daniela Keckeis © Rolf Arnold

Damit sind die Spannungsbögen in diesem Drama schon ausgelegt, doch danach folgt nicht mehr viel, außer dass Hedda und mit ihr die Atmosphäre um sie herum immer frostiger wird. Zwischen ihr und der alten Schulfreundin, Frau Elvsted (Daniela Keckeis), will sich die um der alten Zeiten willen eingeforderte Vertraulichkeit nicht einstellen. Das Gespräch bleibt zögernd, tastend, Fallen ausweichend. Mit Gerichtsrat Brack (Denis Petkovic) giftet sie sich sofort an, um sich dann über den langweiligen Ehemann und die Aussicht aufs Alleinsein zu beklagen. Wenn ihr Ehemann (mit der Tüte einer Buchhandels-Kette in der Hand, Achtung Vielleser!) hereinkommt, wird sie schnell aber unmotiviert zickig, schimpft ein bißchen, rüttelt ein wenig am Käfig und fetzt die Hochzeitsblumen aus den Vasen.

Wogegen rebellieren?

Doch warum sie so zickig und keifend ist, leitet die Inszenierung nirgendwo her. Wogegen sie eigentlich rebelliert in ihrer schönen Wohnlandschaft – außer dagegen, dass sie nicht sofort ihren Willen und das geforderte Reitpferd bekommt – wird in der auf zwei Stunden gekürzten Aufführung nicht klar. Schon Carsten Knödler, der mit "Hedda Gabler" in Chemnitz seinen Einstand als Schauspieldirektor gab, hatte in seiner routiniert-gediegenen Inszenierung nicht klarmachen können, was uns Ibsens Stück heute noch sagen könnte. Auch da rüttelte die Hauptfigur ziemlich unmotiviert am Gitter eines dezidiert großbürgerlichen, mit Möbeln und Blumen vollgestellten Salons.

Im Leipziger Schauspiel dagegen sind die Figuren wie ausgestellt auf dem sich drehenden Podest, werden mal zusammen, mal getrennt auf dem Sofa drapiert. In diesem kühlen Konversationsstück geht das Gespräch zwischen Hedda und ihrem ehemaligen Liebhaber Lövborg (André Willmund) mit seiner entscheidenden Frage "Warum hast Du Dich weggeworfen?" fast unter. Dass sie ihm wenig später mit der Waffe im Mund demonstriert, wie es wäre, "in Schönheit" zu sterben und er ihr die Waffe dann an die Schläfe hält, bleibt ebenso unmotiviert und aufgesetzt wie das übrige Verhalten dieser Hedda, die hier nur als eine verwöhnte, höhere Tochter erscheint. Ebenso blass bleiben die übrigen Figuren – bis auf Hedi Kriegeskotte als Tante Juliane, die still, aber entschieden einen wirklichen Charakter gibt.

 

Hedda Gabler
von Henrick Ibsen, übersetzt von Angelika Gundlach
Regie: Sarantos Zervoulakos, Bühne: Raimund Orfeo Voigt, Kostüme: Lane Schäfer, Dramaturgie: Torsten Buß.
Mit: Ulrich Brandhoff, Lisa Mies, Hedi Kriegeskotte, Daniela Keckeis, Denis Petkovic, André Willmund.
Dauer: 2 Stunden, keine Pause

www.schauspiel-leipzig.de

 

Kritikenrundschau

In der Leipziger Volkszeitung (19.4.2014) schreibt Dimo Rieß, man könne fragen, was Hedda Gabler, "materiell versorgt, emotional versiegt", 100 Jahre später getan hätte. "Eine Stiftung gründen? Esote­rik-Messen besuchen? Ledergürtel verkaufen?" Aber obwohl er Zeitlosigkeit anstrebe, halte sich Sarantos Zervoulakos an Ibsen und führe die Inszenierung zum Suizid Heddas. Allerdings falle es schwer, "ihr diese letzte Konsequenz abzunehmen". "Gerade weil, was die Stärke der Inszenierung ist, die Charaktere nicht so eindimensional agieren, wie es die Vorlage anböte, sondern Identifikationsflächen auch aus heutiger Perspektive bieten." Rieß lobt alle Schauspieler einzeln, die Charaktere seien "stringent ausgearbeitet". Dennoch schleppten sich die zwei Stunden "phasenweise etwas müde dahin". Selten löse sich eine Szene in einem "eindrücklichen Bild" auf. Die Inszenierung bleibe "irgendwo stecken auf dem Weg von der Dekadenz-Epoche ins Allgemeingültige".

Claudia Euen schreibt in der Sächsischen Zeitung (22.4.2014): Zervoulakos wolle seine Hedda ins "Hier und Jetzt" holen. Der "einst herrschaftliche Salon" sehe aus wie "eine Hotellobby irgendwo an der Autobahn", die Kostüme wirkten so "spießig" wie das "riesige giftblaue Sofa". Doch trotz des Versprechens, diese "piefige Bürgerlichkeit auseinanderzupflücken", bleibe die Inszenierung "auf der Hälfte stehen". Es ist, "als blieben die Figuren in sich verborgen, kurz davor, sichtbar zu werden." Die Inszenierung entgleite in "eine Plänkelei über eine selbstverliebte Frau", Zervoulakos hätte seiner Hedda die "Stärke zugestehen können, die dem Zeitgeist innewohnt, den er so kunstvoll vor der Bühne drapiert."

Joachim Lange schreibt in der Thüringischen Landeszeitung (19.4.2014), das Setting sehe aus, "als würde gleich eine Komödie von Yasmina Reza loslegen". Die Kostüme von Lane Schäfer würden "da auch nicht stören". Zervoulakos wolle diese Geschichte "offensichtlich demonstrativ ins Hier und Jetzt einer erkalteten und frustrierten Konkurrenzgesellschaft verlegen". Doch vor allem verkleinere er die Charaktere so weit, "dass man sich fragt, was das Ganze eigentlich soll". Die Pausen zwischen den Worten würden zu "schwarzen Löchern", in der Atmosphäre und Spannung "versickern". Vor allem "weil das Charisma der Protagonisten einfach nicht reicht, um die Abgründe zu überspannen, und kein eigener Sound entsteht", der diesen Theaterabend tragen würde.

 

Kommentare  
Hedda Gabler, Leipzig: Reinfall
Wiedermal ein Reinfall. Mir tut's vor allem um die Schauspieler leid, welche alle schon ausgezeichnete Leistungen zeigten - aber was sollen sie hier schon großartig machen? Die große Bühne als Provinztheater... zum Glück nahen Reigen und Butter am Wochenende, wo den Akteuren ein ausgezeichneter Rahmen für ihre Talente gegeben wird, welche hier, in dieser absoluten Unterinszenierungs- und Fehlbesetzungsorgie, selbstredend keinerlei Chance hatten.
Hedda Gabler, Leipzig: mehr Schein als Sein
Hedda Gabler in Leipzig, war nicht toll. Ich saß auch ungünstig, so das ich ca. 50% gar nicht richtig einsehen konnte. (4. Reihe seitl. links). da war schon der Abend gelaufen - keine richtige Bühne für alle. Die Lautstärke der Schauspieler war auch recht kläglich. Das Theater wurde nicht ausgefüllt.
da ohnehin vieles durch das Sofa verlorengegangen ist, war das keine gute Umsetzung der Hedda Gabler- schade eigentlich, denn es ist ja so aktuell. Mehr schein als sein- ist doch vielerorts das Motto.
Bei dieser Inszenierung hätte man nur die mittleren Plätze belegen dürfen, aber die Auslastung ist ja auch immer ein Streitpunkt.
Freundl. Grüße
Hedda Gabler, Leipzig: solide und stimmig
Die Kommentare 1 und 2 kann ich gar nicht nachvollziehen. Das war vielleicht keine Regietheaterorgie und sicher nicht die Aufsehen erregendste Hedda aller Zeiten - aber die Inszenierung bietet auch keinen Anlass für solch heftiges und unfaires Gemecker!

Eine sehr solide Inszenierung, stimmig und textkonzentriert. Stellenweise war die Spannung zu greifen. Tolle Bühne. Starke Auftritte. Eine Hedda, die man nicht sehen muss, aber gut kann!
Hedda Gabler, Leipzig: sparen
Alles, was man nicht sehen muss, kann man sich auch sparen. Theater muss nicht sein.
Hedda Gabler, Leipzig: nur mittig gut
Es ist kein Gemecker. Ich saß links und habe am Anfang nur eine blaue Wohnlandschaft gesehen und das langsame drehen der Bühne - da ging einfach vieles verloren. Ich habe den Anfang gesehen - Blumen, halb verwelkt- sicher gut und schön. Die Schauspieler konnte ich kaum verstehen- da alles sehr mittig aufgebaut worden ist. Es ist nicht nur meine Ansicht - die Sprache ist wichtig, aber es ist anstrengend, wenn zu leise. Deshalb nur mittig gut mit zu erleben - hier habe ich im ersten Kommentar bemerkt, leider ist die Auslastung in Prozent immer wieder ein Maß. Leider!! Freundl. Grüße der Ralf
Hedda Gabler, Leipzig: fast mumienhaft
Wieder eine enttäuschende Inszenierung in Leipzig. Ohne Ideen, farblos, ohne Bedeutung und für mich somit überflüssig. Hätten sich die Schauspieler einfach aufs Sofa gesetzt und aus dem Textbuch vorgelesen, wäre dass gleiche Ergebnis rausgekommen.
Auch die Schauspieler sind schwach, besonders die Frauen. Hedda Gabler ist völlig fehlbesetzt. Frau Elvstedt spielt wie erstarrt, fast mumienhaft. Einzig Brack und Lovborg fallen positiv auf.
Ich sehe schwarz für die Zukunft des Schauspiels in Leipzig !
Hedda Gabler, Leipzig: Freiheit ist das einzige
@4 EJB:
Wow – wer immer Sie sind, man kann für das etablierte Theater nur hoffen, kein/e Regisseur/In:
Sie haben soeben, heute um 08:11, das Theater revolutioniert in einem einzigen Satz!
Ich hoffe, dass Ihnen das klar ist.
Denn nur wo n i c h t s sein MUSS, ist das Können komplett, KANN also a l l e s sein. Das ist nach den Gesetzen der Logik der Punkt der absoluten Freiheit –
Was will man da sagen, da kann man doch nur groupiehaft ausflippen: scheißegalweroderwasdubist – ichwilleinKindvondir!

Das wäre nämlich ein Kind der Freiheit – und Freiheit ist das einzige, was zählt.
Wir sind sie Zeit unseres Lebens dem Leben als solchem aus Liebe zu ihm schuldig.

Das unterschreibe ich gern mit meinem Namen:
Hedda Gabler, Leipzig: Nachsatz
Nachsatz @ 4: Nein, ich muss mich korrigieren. In meiner Begeisterung ist mir ein logischer Fehler unterlaufen: In z w e i Sätzen. Der eine geht nicht ohne den anderen. Das ist das besondere an der Aussage. Ich hoffe Wittgenstein oder Hofstadter könnten mir den kurzen Lapsus verzeihen...

Das wäre sehr schade, wenn das unterdrückt würde, dann hat die Redaktion einen sehr spannenden Moment im eigenen Arbeits-Haus verpasst - unterdrücken Sie daraus, was Ihnen persönlich erscheint, wenn Sie sich sicher sind, dass es persönlich gemeint sein könnte und NICHT zum Thema gehört. - Danke
Hedda Gabler, Leipzig: aufregende Zeiten
Wo sind die aufregenden Ct-Zeiten geblieben, in denen man es schon in den Tagen vor der Premiere in der Stadt brodeln spürte, und wo sich nach der Premiere - Hartmann, Fritsch, Kruse, Grebe vor allem - alles entlud: Jubel, Enttäuschung, Hingabe und Hass? Von diesem Leipziger Theater hört man vor den Premieren nichts und nachher weiß man eigentlich auch nicht, worüber man noch großartig reden sollte. Aber das eigentlich schlimme ist, dass die Stadtoberen "ihr" "Stadt"theater genauso haben wollen. Wenn diese Art Theater unter Herrn Lübbe die Antwort auf das Theater von Herrn Hartmann sein soll, dann hat mir die Frage besser gefallen. Weiter so? Bitte nein!
Hedda Gabler, Leipzig: Ernüchternder Intendantenwechsel
Ich gehöre zu denen, die vom Intendantenwechsel im letzten Herbst zwar nichts Gutes erwarteten, aber das neue Theater keineswegs von Anfang an schlecht geredet haben. "Erstmal sehen, was kommt" war meine Devise. Nun liegt schon ein großer Teil der ersten Lübbe-Spielzeit hinter uns und das Ergebnis ist ernüchternd. Auf der Großen Bühne reiht sich eine Enttäuschung an die andere, ich habe dort zwar alle Inszenierungen gesehen, leider war aber keine sehenswerte darunter. Drei gelungene Inszenierungen auf den Nebenbühnen (Reigen, Und dann, Mißverständnis), dazu noch die Übernahme aus der letzten Spielzeit (Der große Marsch) - mehr hat Leipzig derzeit nicht zu bieten. Traurig, aber wahr.
Hedda Gabler, Leipzig: runter vom Elfenbeinturm
Es besteht für mich kein Zweifel, dass Sebastian Hartmann außergewöhnliches geleistet hat in Leipzig. Ich habe viele seiner Inszenierungen bewundert.

Vielleicht muss man aber auch als Theaterinsider anerkennen, dass dieses irre Niveau viele nicht erreicht, die wir im Theater auch brauchen. Und vielleicht ist so ein Theaterstil finanziell, psychisch, künstlerisch usw. auch nicht ewig durchzuhalten. Vielleicht können sich Berlin und Hamburg und München das leisten, aber bei kleineren Städten wird es eben schwieriger. Dass Städte wie Leipzig mit seinen 500.000 Einwohnern das nicht mehr leisten will/kann...

Die Realität des deutschen Theaters ist insofern schlicht auch in Leipzig angekommen. So würde ich die Inszenierungen unter Enrico Lübbe in Leipzig interpretieren. Raus aus dem Nachtkritik-Elfenbeinturm!

Um auf die Hedda Gabler zurückzukommen: es gibt einige gute Momente. Das was nicht aufgeht, habe ich noch nicht verstanden. Vielleicht fehlt das Band der Musik?

Die Bühne ist gelungen. Ich konnte nicht alles immer sehen, aber das hat das Salongefühl (dabei/außen vor) anschaulich gemacht.
Hedda Gabler, Leipzig: volles Haus
Berlin will aber Hartmann auch bestimmt nicht (vgl. DER LÖWE IM WINTER).
Insofern bezweifle ich, dass das Scheitern von Herrn Hartmann am "kleinen" Leipzig liegt. Und zu Lübbe: immerhin ist das Haus so voll, wie man es unter Hartmann und auch davor nie gesehen hat. Und bei einer solchen Rumpelwahl und sehr verkürzten Vorbereitungszeit wie die Stadt Herrn Lübbe "geschenkt" hat, genießt er meinen größten Respekt dafür, wie er die Stadt wieder ins Theater bekommt. Neben dem vollen Saal ist seine UA-Schiene sehr erfolgreich. REIGEN, RECHNITZ sind vielversprechende Inszenierungen. Und wenn mir, wie Ihnen, bei HEDDA auch nicht alles aufgegangen scheint, interessant finde ich diese Arbeit in ihrer Stringenz schon. Mich würde eine weitere Arbeit des Regisseurs freuen, um ein Urteil fällen zu können.
Hedda Gabler, Leipzig: aufhören mit dem leerreden!
Das sogenannte Scheitern von Sebastian Hartmann liegt einzig und allein an Kabalen. Die Auslastung des Centraltheaters war gegen Ende der 5 Jahre Intendanz sogar größer als die des aktuellen Schauspiels - die Premieren waren immer ausverkauft - bei Hedda Gabler beispielsweise war das nicht der Fall. Dass das Theater jetzt irgendwie voller sein soll, ist ein nettes kleines Gerücht, das von allen nachgeschwätzt wird, welche weder CT noch das Lübbe-Theater in Leipzig regelmäßig genug besucht haben, um überhaupt fazitieren zu können, es entspricht einfach nicht den Tatsachen. Was hingegen den Tatsachen entspricht, ist der Umstand, dass es mehr Abonnenten gibt. Woran liegt das? Zu Hartmann-Zeiten gab es einen größeren Prozentsatz an studentischem Publikum, und für die lohnt sich ein Abo nicht, die zahlten pro Karte in jeder Preisklasse 7 Euro. Selbstverständlich sind jetzt die Einnahmen gestiegen, denn das CT-Publikum bleibt größtenteils entrüstet zuhause, während das typische Stadttheaterpublikum die Abos kauft. Man muss endlich aufhören, Hartmanns Theater leerzureden - das ist es in der Saison 2012/13, da ich 40 Aufführungen besuchte, niemals gewesen, ganz anders als bei Herrn Lübbe dieser Tage, dem ich vor allem vorwerfen muss, die Möglichkeiten der großen Bühne nicht zu nutzen, es gab bisher ein einziges Stück, welches sich dort Raum machen konnte, weil es selbigen entsprechend gebrauchte.
Hedda Gabler, Leipzig: kein Kunststück
sicher war die letzte hartmann-spielzeit gut ausgelastet mit einer kleinen, 200 plätze arena im zuschauersaal. und wenn sie, lieber ejb, allein 40 mal da drin waren - na da brauchte ja zurecht kein anderer mehr zu besuch kommen.
Hedda Gabler, Leipzig: Aufrechnung
Und jetzt nochmal eine kleine Aufrechnung für den völlig ahnungslosen Vorposter, um seinen unwahren und an der Realität vorbeigehenden Ausruf zu entkräften:

a) Die letzte Spielzeit Hartmann erstreckte sich nicht nur über das Leipziger Festspiel, welches von März bis Juni tatsächlich in einer 200 Personen umfassenden Arena gastierte, sondern begann Ende Spetember 2012. Es wurden bis zum Februar 22 Stücke gezeigt.
b) Während der Leipziger Festspiele gab es von März bis Juni allein 20 Inszenierungen, dafür ist eine Arena von 200 Sitzplätzen völlig ausreichend, denn so oft gehen leider die wenigsten.
b) Auch für die jüngsten Premieren am Schauspiel Leipzig wurden die Ränge nicht verkauft.
d) Bis jetzt haben wir in der Saison 2013/14 15 Stücke sehen können. Wir bekommen noch drei weitere bis Ende der Saison. Das macht nicht einmal die Hälfte der Stückzahl der letzten Saison Hartmann aus.
Hedda Gabler, Leipzig: lauwarm
Wetten, dass...lässt grüßen. Eine riesige blaue Halbmondcouch erstreckt sich auf der Vorderbühne.Verpackte Blumensträuße übersäen den mittleren Glastisch. Das Bühnenbild fließt in den Zuschauerraum. Dass so suggerierte Wohnzimmer sucht die Nähe zum Publikum. Intimität und Distanz entstehen gleichsam.
Tante Juliane sitzt wartend auf das herein strömende Publikum. Nach und nach bevölkern die Spieler die "Kuschelecke". Schlecht motiviert treten sie auf und ab, als bedeute die Präsenz der Schauspieler auf der Bühne nichts.
Aalglatt, mit gelüfteten Bademantel, nackt darunter, kommt Tesman auf die Bühne, besser ins "Partyzimmer". Der inszenatorische Pfahl ist eingetrieben: Die Aussichtslosigkeit der Figuren und ihrer Beziehungen untereinander, saugt nur oberflächlich am Gebrodel des Ibsenschen Kochwasser. Die Figuren bleiben extrem blass und nichtssagend.
Ein Desaster der Harmlosigkeit wird es vollends, wenn Pausen entstehen. Als aus ihnen inszenatorische Funken zu schlagen, stirbt sie im leeren und unberedten Schweigen. Das aber hat keinen inhaltlichen wie künstlerischen Mehrwert. Wie Seifenblasen zersprengen sie folgenlos. Alle Schauspieler bleiben regielich verloren. Sie werden nicht am immanenten Problem des Stückes geführt. Alleine nur behauptend lässt die Regie sie zurück, während sich auf der Bühne zwischen den Personen nichts sich ereignet. Lauwarm bleibt der Text von 1891 im Unterdruck des Versäumnisses: dass die Figuren hinter ihrer eigenen Bedeutungslosigkeit verschwinden. Die Regie und die Spieler zerfasern in einem Netz der Beziehungen, fallenlos. Das Produkt bleibt so ästhetisch unetikettiert.
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