Durch lange Touren richtig gut geworden

10. Mai 2014. Im Interview mit Katrin Bettina Müller von der taz spricht Matthias Lilienthal, designierter Intendant der Münchner Kammerspiele und Leiter der diesjährigen Ausgabe des internationalen Großfestivals "Theater der Welt" in Mannheim über seine aktuelle Arbeit für das Festival: "Bei Reisen schäme ich mich immer, wenn ich sagen muss, für welches Festival ich arbeite: Theatre of the world. Das ist ein echter eighties Titel. Auf Englisch gesagt impliziert er eine deutsche Arroganz, die mir total peinlich ist. Die beiden Gewissheiten, was ist Welt und was ist Theater, sind uns 2014 abhanden gekommen."

Eine Reihe von persönlichen Festival-Highlights stellt Lilienthal vor, darunter die Arbeit "Riding on a cloud" von Rabih Mroué über seinen Bruder, der durch einen Kopfschuss die Fähigkeit verloren hat, Gegenstände auf Bildern zu erkennen. Ärzte hätten geraten, diese Wahrnehmungsbehinderung durch Videofilmdrehen zu kurieren. Mit diesen Videos erzähle Mroué die Geschichte, wobei man nicht wisse, "was erfunden ist, was der Realität entspricht".

Ansonsten geht es um die Realitäten vor Ort in Mannheim, die etwa im Projekt "X Firmen" untersucht werden. Denn: "Mannheim scheint eine bestimmte industrielle Lebenswelt konserviert zu haben, von Mitte der achtziger Jahre, die sonst in der Bundesrepublik verloren gegangen ist." Entspant wendet sich Lilienthal von der üblichen Festivalroutine, zwanghaft Neuheiten zu präsentieren, ab. "Ein Festival muss nicht nur Neues zeigen, sondern auch Stücke, die beim Touren besser geworden sind", sagt er. "Eine neue Festivalkategorie könnte sein: durch das 15. Gastspiel richtig gut geworden."

(chr)

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