Was heißt hier Preisgeld: Zuschuss oder Budget?

7. Juli 2014. Gibt es eine gängige Praxis, mithilfe von Förderpreisen künstlerische Ausbeutung zu begünstigen? Die österreichische IG Freie Theaterarbeit jedenfalls, die es sich zur Aufgabe macht, auf prekäre Arbeitsverhältnisse in der Freien Szene aufmerksam zu machen, und das Kunstkollekitv Jawui haben in einer Pressemitteilung vom 4. Juli 2014 schwere Vorwürfe gegen die Initiatoren des Jungwild Nachwuchspreises erhoben. Demnach sei der Gruppe Jawui das gedrittelte Preisgeld des Jungwild Nachwuchspreises in Höhe von 5.333 Euro vorenthalten worden, nachdem sie sich geweigert habe, "unbezahlt zu arbeiten". Daher habe die geplante Produktion nicht, wie ursprünglich vorgesehen, beim spleen*graz Festival realisiert werden können.

In der Pressemitteilung heißt es: "Das Preisgeld von 5.333 Euro ist eigentlich kein angemessenes Budget für eine gesamte Produktion, aber es hätte dem Kunstkollektiv Jawui knapp für die Produktionsrealisation und die Uraufführung beim Festival spleen*graz gereicht. Die Auszahlung des Preisgeldes ist mit der Unterzeichnung eines Vertrages verbunden, der festlegt, dass Jawui sich verpflichtet, die Produktion bei allen vier Veranstalter_innen zu zeigen. Je nachdem, um den wievielten Auftritt es sich handelt, changieren die Honorare für die bei den Auftritten Involvierten zwischen unentgeltlich, einem bescheidenen Fixhonorar und Einnahmenteilung (70 % für die Theatergruppe, 30 % für die Veranstalter_innen). Aufenthalts-, Reise- und Transportkosten, Kosten für Rechte werden durch die jeweiligen Veranstalter_innen getragen. Nicht getragen werden die unvermeidbaren Wiederaufnahmeproben. (…) Die Künstler_innen von Jawui haben sich schlussendlich schweren Herzens entschieden, nicht gratis bzw. für wenig Geld zu arbeiten und den Vertrag, von dem in der Preisausschreibung keine Rede war, nicht unterschrieben."

Gegenüber nachtkritik.de hat die Dramaturgin Marianne Artmann von Dschungel Wien im Namen der drei weiteren Träger des Jungwild Nachwuchspreises – neben Dschungel Wien noch Szene Bunte Wähne, das Internationale Theaterfestival Schäxpir und die ARGE spleen*graz – die Vorwürfe zurückgewiesen: "Wie in der Ausschreibung für jede/n ersichtlich ist, wird als Preis ein Geldbetrag in Höhe von 16.000 Euro zur Ausarbeitung von drei PreisträgerInnen-Projekten vergeben, deren Uraufführungen im Februar 2014 beim Festival spleen*graz stattfinden. Finden die Ausarbeitung und die Aufführungen nicht statt, so gibt es auch keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung. Die beiden anderen PreisträgerInnen-Projekte wurden ausgearbeitet und hatten ihre Uraufführungen beim diesjährigen Festival spleen*graz.

Jungwild sowie die hinter Jungwild stehenden Institutionen sind weder Subventionsgeber noch Arbeitgeber oder Auftraggeber. Das Preisgeld ist ein Produktionskostenzuschuss für Nachwuchsprojekte, kein Produktionsbudget. Jungwild den Vorwurf zu machen, dass das Preisgeld für eine Produktion zu gering ist, finden wir zumindest merkwürdig: die hinter Jungwild stehenden Institutionen finanzieren das Preisgeld aus ihren Budgets, es gibt keine eigene Förderung für Jungwild. Hier wird also Geld von den Institutionen in die freie Szene umverteilt. In diesem Zusammenhang von Ausbeutung der KünstlerInnen zu sprechen, irritiert."

(wb / freietheater.at)

 

Update/29. August 2014: Die Wiener Bloggerin Anne Aschenbrenner berichtet, dass Jungwild und Jawui sich im August gütlich geeinigt haben: "Der Gruppe Jawui wurde bei Umsetzung und einer öffentlichen Premiere der Produktion innerhalb dieser Saison eine Auszahlung des Jungwildpreisgeldes in der Höhe von 5.333€ ( 50% zu Probenbeginn und 50% zur Premiere) “angeboten” (?zugestanden?), – Vertragspartner ist Szene Bunte Wähne", schreibt Aschenbrenner. "Die Premiere konnte auf einen Zeitraum “bis Ende 2015″ ausgedehnt werden, bei der Auszahlung hat man sich schließlich geeinigt, dass das gesamte Preisgeld zu Probenbeginn ausbezahlt wird." Außerdem sei versichert worden, dass die Preisausschreibung hinkünftig transparenter gestaltet wird. "Gratisaufführungen sollen somit in Zukunft ausgeschlossen und der Weg für eine faire Behandlung von jungen KünstlerInnen geebnet sein."