Schrumpfende Wirtschaftlichkeit und Relevanz

7. November 2014. In der Weltwoche (7.11.2014) fährt Kultur-Ressortleiter Rico Bandle schwere Geschütze gegen das Schweizer Subventionstheater auf, im Besonderen gegen das Theater am Neumarkt, das mit 464 Franken Zuschuss pro Karte eine "der höchstsubventionierten Bühnen der Welt" sei. Wobei das Haus am Neumarkt nur ein "Extrembeispiel" darstelle, weil "bei fast allen wichtigen Bühnen in der Schweiz" die "Eigenwirtschaftlichkeit in den letzten Jahren massiv abgenommen“ habe. So sei der Anteil der Eigeneinahmen am Gesamtbudget beim Zürcher Schauspielhaus in den letzten 15 Jahren von 35 auf 20 Prozent gefallen, bei der Zürcher Oper von ehemals 45 Prozent (unter Alexander Pereira) auf aktuell 30 Prozent.

Die "sinkende Eigenfinanzierung der wichtigsten Theater" gehe "mit der schwindenden gesellschaftlichen Relevanz dieser Kunstform" einher. Den Grund dafür sieht Bandle in der Vorherrschaft postdramatischer Theaterformen: "Das bedeutet: Stücke werden bis zur Unkenntlichkeit verfremdet, der klassische Bildungskanon wird mit einem ironischen Unterton belegt, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den alten Stoffen gilt als bieder." Eine Ausnahme vom Trend bilde das St. Gallener Theater, das mit Musicals und populären Produktionen "die schwierigen" querfinanziere. "Im Feuilleton ist mit einem solchen Konzept zwar keine Anerkennung zu holen, dafür bringt man die Leute noch ins Theater", so Bandle.

Der Artikel schließt mit einer These zur kulturpolitischen Absicherung des öffentlich geförderten Theaters: "Dass heute in der Schweiz die Theater gänzlich unumstritten sind, dass sie ungeachtet ihrer Leistung Jahr für Jahr automatisch eine Subventionserhöhung erhalten, hat einen einfachen Grund: Kein Politiker in den links-grün dominierten Städten möchte es mit der mächtigen Kulturlobby aufnehmen."

(chr)

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