Presseschau vom 5. August 2014 – Die Süddeutsche Zeitung über die Entlassung des Bad Hersfelder Intendanten und die Schuldenbremse für Bund und Länder

Schreckgespenst Schuldenbremse

Schreckgespenst Schuldenbremse

5. August 2014. Vergangene Woche hatte der Magistrat von Bad Hersfeld dem Intendanten der Festspiele, Holk Freytag, gekündigt. Die Art und Weise lässt ahnen, um welche Sparzwänge es gehen wird, wenn in naher Zukunft die von der Förderalismuskommission beschlossene Schuldenbremse greift, so Jürgen Berger in der Süddeutschen Zeitung.

Das Verbot einer Nettokreditaufnahme tritt 2016 für den Bund und 2020 für die Länder in Kraft. Schon jetzt sei abzusehen, dass das für die Kommunen dramatische Folgen haben wird. "Viele deutsche Städte stehen schon jetzt finanziell mit dem Rücken zur Wand. Kommt dann auch noch die Schuldenbremse, kann man davon ausgehen, dass die jeweiligen Landesregierungen auf der Ausgabenseite ihrer Haushalte vor allem wieder die Investitionen in Museen, Orchester und Theater auf den Prüfstand stellen werden", so Jürgen Berger in der Süddeutschen Zeitung (5.8.2014). Die Frage wird sein, ob es von diesem Zeitpunkt an "keine Ziele mehr jenseits des Sparzwanges" gibt, wie der Mannheimer Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski vor Kurzem in einem offenen Brief an die baden-württembergische Kulturministerin Theresia Bauer formulierte.

In Bad Hersfeld sei nun bereits der Fall eingetreten, dass ein renommiertes Festival aufgrund ökonomischer Sachzwänge als gefährdet gelten muss. "Die Stadt hat ein Budget-Gerangel zum Anlass genommen, vollendete Tatsachen zu schaffen." Laut Michael Roth, SPD-Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises und Staatsminister im Auswärtigen Amt, knirsche es in vielen Städten, sobald es um Geld für die Kultur gehe. "Einmalig sei aber 'der Wille zur unfreiwilligen Selbstzerstörung, mit der der Bad Hersfelder Magistrat die Debatte führt'. Dass man sich noch während der Festspiele vom Intendanten verabschiede, sei 'höchst unprofessionell'."

Bürgermeister Fehling gehe nicht davon aus, dass die Entscheidung revidiert werde. Auch sehe er nicht, dass die Festspiele schon jetzt Schaden nehmen könnten. "Seine optimistische Einschätzung verwundert", so Berger, "auch, weil Holk Freytag inzwischen juristisch gegen seine Entlassung vorgeht". Für Ulrich Khuon sei es unmöglich, dass das mit der Nachfolge und dem Programm 2015 so einfach hinzubekommen wäre: "Entweder fallen 2015 die Bad Hersfelder Festspiele aus, oder der Nachfolger verwaltet den von Holk Freytag bereits entwickelten Spielplan. Beides wäre grotesk."

(sik)

 

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