Presseschau vom 21. August 2014 – Die Zeit leistet indirekt Abitte bei Ex-Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann und beugt sich noch mal über die Burgtheaterkrise

Gefährlich nahe

Gefährlich nahe

21. August 2014. Als dem Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann im März gekündigt wurde, habe er geschrieben, dies geschehe zu Recht, schreibt Peter Kümmel in der Zeit (online ist lediglich eine verkürzte Version des Textes verfügbar). "Inzwischen sind Dinge ans Licht gekommen, die darauf schließen lassen, dass die Entlassung Hartmanns eher ein ritueller Akt – die Benennung und Beseitigung des Großen Schuldigen – als die Wiederherstellung von Gerechtigkeit war."

So sei die Entlassung des Burgtheaterdirektors im März 2014 auch der erste große Auftritt des Kulturministers Josef Ostermayer (SPÖ) gewesen, der schon zehn Tage nach seiner Amtseinführung "mal eben den aktuell größten Saustall der Republik ausmisten wollte." Doch habe er aus einem beauftragten Gutachten nur Belastendes über Matthias Hartmann, nicht aber über den damaligen Chef der Theaterholding Georg Springer zitiert. Im März 2014 habe auch der Entwurf eines weiteten brisanten Dokuments bereits vorgelegen. Darin hat Kümmel zufolge der österreichische Rechnungshof der Theaterholding nachgewiesen, sie liefere "keine realistischen Finanzierungskonzepte für den Burgtheater-Konzern" und keine "Qualitätssicherungsmaßnahmen".

In der österreichischen Öffentlichkeit habe der Umstand, "dass der Kulturminister entweder seine Gutachten nicht aufmerksam liest oder aber gezielt die Unwahrheit sagt, keinesfalls für Aufregung. In den Zeitungen waren keine vertiefenden Analysen des Vorgangs zu finden. Österreich ist ein kleines Land, es ist eine Republik der kurzen Wege, eine Demokratie der kleinen Dienstwege. So gibt es dort eine Einrichtung, welche die Medien und die Politik ziemlich eng zusammenbringt, die staatliche Presseförderung. Ihr Ziel ist der Erhalt der Medienvielfalt zur Stärkung der Demokratie, also auch der Unabhängigkeit der Presse von Wirtschaft und Politik. 13,9 Millionen Euro werden jährlich an Zeitungen verteilt. Es ist Geld, über welches die Institution KommAustria gebietet, welche letztlich dem Ministerium Ostermayers untersteht. Man muss sich bei diesen Verhältnissen nichts denken, aber man ahnt, wie gemütlich sie werden können."

Kümmel zitiert auch aus dem ihm vorliegenden Mitschnitt einer Aufsuchsratssitzung der Theaterholding. Daraus wird deutlich, dass der Aufichtsrat bereits vor Hartmann von der sich anbahnenden Schuldenkrise wusste. Holding-Chef Springer habe Matthias Hartmann bei der Übernahme der Burgtheaterintendanz zugesichert, "dass dieser 'keine Verlustvorträge aus Vorjahren übernehmen müsse' – sprich: Hartmann bekam die Garantie, dass man ihm das Haus schuldenfrei übergeben werde". Dabei seien die Schulden mit Wissen Springers durch das System Stantejsky lediglich verschleiert worden. Jetzt sage Hartmann: "Ich habe die Schulden aufgedeckt, deshalb musste ich gehen. Ich kam der Sache so nahe, dass ich gefährlich wurde."

(sle)

 

Alles über die Burgtheaterkrise in der Krisen-Chronik.

Bereits im Juni 2014 hat sich Thomas Miessgang für nachtkritik.de noch einmal über den Burgtheatersumpf und die Verstrickungen von Holding-Chef Georg Springer gebeugt.

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