Presseschau vom 11. Juli 2014 – Das österreichische Nachrichtenmagazin News spricht mit dem ehemaligen Intendanten der Salzburger Festspiele Alexander Pereira

"Leider hat man mich nicht verstanden"

"Leider hat man mich nicht verstanden"

11. Juli 2014. "'Natürlich gehe ich mit Wehmut aus Salzburg', sagt er, und in den Augen blitzt (…) der Hintersinn", berichten H. Sichrovsky und S. Zobl in der aktuellen Ausgabe des österreichischen Nachrichtenmagazins News aus ihrem Gespräch mit dem ehemaligen Intendanten der Salzburger Festspiele Alexander Pereira, der nächstes Jahr nach Mailand geht, um dort La Scala zu übernehmen. Die Journalisten lassen Pereira zunächst Salzburg-Bilanz ziehen. Seine Rührung, dass ihn die Heimat gerufen habe, sei schon seinerzeit so groß gewesen, erklärt Pereira, dass er etwas Selbstverständliches unterlassen habe: "nämlich die finanzielle Analyse".

Dann hätte sich leider herausgestellt, dass er im seit Jahrzehnten schwierigsten Moment angekommen war und eine Situation vorgefunden habe, "der man nur mit radikal anderen Ideen begegnen konnte". "Leider hat man mich nicht verstanden.“ Sein Plan wäre gewesen: "massiv investieren und dafür massiv einspielen". Auch mit Hilfe von ihm geheuerter Sponsoren sei das gelungen, doch der Dank halte sich in Grenzen. Jetzt habe man die Subvention um 2,5 Millionen erhöht – Pereira: "Man hat also erkannt, was ich immer gesagt habe. Ich bin das Bauernopfer dafür, dass die Festspiele mehr Geld haben.“

Im Kuratorium sei der Einzige, der etwas von der Materie verstanden hätte, der ehemalige "Bundestheater-General" (News) Georg Springer gewesen. Neben Georg Springer nimmt Pereira auch den unehrenhaft entlassenen Burgtheater-Intendanten Matthias Hartmann in Schutz: "Wir haben alle dieselben Fehler gemacht, nämlich die finanzielle Analyse unterlassen. Wenn jetzt die Hauptverursacher der Misere so tun, als wären sie alle Heilige und Hartmann der Alleinschuldige, kann ich darüber nur lachen." Deshalb habe er Hartmann auch für den Herbst 2017 an der Scala eine Regie aus dem deutschen Repertoire angeboten. Das Interesse sei beidseitig. Nach italienischem Recht kann Pereira so weit vorausplanen, obwohl er nur einen Einjahresvertrag unterschrieben hat.

Zurück zu den "Hauptverursachern der Misere" – nicht so gut zu sprechen ist Pereira auf den österreichischen Kulturminister Ostermayer: "Anstatt Deklarationen zu machen, soll sich der Minister auf seine vier Buchstaben setzen und eine sorgfältige Analyse machen." Und dann solle er mit seinem Bundeskanzler besprechen, welchen Stellenwert die Kultur Österreichs in der Welt haben soll. "Wenn die beiden Herren dann der Auffassung sind, dass das nicht so wichtig ist, sollen sie machen, was sie wollen.“

Was seinen designierten designierten Salzburger Nachfolger Markus Hinterhäuser angeht, so stehe er zu seiner Aussage, ein Künstler könne die Festspiele nicht führen, sagt Pereira: "Aber ich habe auch gesagt: Wenn man ihm Geld gibt, kann er das wohl. Wenn man allerdings erwartet, dass er fünf Millionen sammelt, wird man sich täuschen. Das interessiert ihn auch nicht." Hinterhäusers Erfolg als amtierender Intendant der Wiener Festwochen anerkenne er mit Gratulation, allein: "Wenn die Zukunft der Kulturnation darin besteht, dass sie schlanker wird, freuen sich garantiert die Politiker. Ob sich das Publikum in der Welt dem anschließt, muss sich erst weisen"

Die einzige Frage sei: "Kann Hinterhäuser mit dem Geld Festspiele machen? Die von ihm erstrittenen 2,5 Millionen gäben ihm wenigstens im Ansatz eine Chance. Er, Pereira, glaube aber, dass Hinterhäuser 2017 mehr Geld brauchen werde. "Wenn er klug ist, nutzt er seinen Amtsantritt, um das entsprechend klar zu machen."

(News / sd)

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