Müller, Heiner

Suche nach Begriffen
Begriff Definition
Müller, Heiner

Heiner Müller, geboren 1929 in Eppendorf/Sachsen und gestorben 1995 in Berlin, ist einer der wichtigsten deutschen Dramatiker.

Teils gemeinsam mit seiner damaligen Frau Inge Müller schrieb Heiner Müller in den 1950er Jahren Stücke aus der Produktion wie "Der Lohndrücker" (1956/57) oder "Die Korrektur (1957), die am Brecht'schen Theater orientiert waren. Nach dem Verbot seines Stückes "Die Umsiedlerin" 1961 wendete er sich vermehrt mythischen Stoffen zu – etwa im "Philoktet" (1964) – und der Umarbeitung von Bühnenklassikern wie "Macbeth" von William Shakespeare (1971). Seit den späten 1970er Jahren experimentierte Müller mit postdramatischen Schreibweisen wie in "Hamletmaschine" (1977) oder "Bildbeschreibung" (1984). Dazu wurde er auch durch die formstrengen Inszenierungen von Robert Wilson inspiriert, der "Hamletmaschine" 1986 am Hamburger Thalia Theater in einer legendären Inszenierung auf die Bühne brachte. Müllers anfangs noch an marxistisch-leninistischen Doktrinen orientiertes, optimistisch auf das kommunistische Ideal zielendes Geschichtsbild dunkelte sich in seinen späteren Texten zunehmend ein.

Politisch wurde der Autor, der für sein Bodenreformdrama "Die Umsiedlerin" aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen wurde und mit seinem Produktionsstück "Der Bau" (1964, nach Erik Neutschs "Spur der Steine") unter die Zensur der SED-Parteiführung fiel, zunehmend unabhängig. Als Reisekader durfte er das westliche Ausland besuchen. In kurzer Folge erhielt er die wichtigsten deutschen Auszeichnungen für Schriftsteller: 1985 in Westdeutschland den Georg-Büchner-Preis, 1986 in der DDR den Nationalpreis erster Klasse für Kunst und Kultur. Nach der Wende wurden Akten des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR veröffentlicht, die Müller als Inoffiziellen Mitarbeiter der Staatssicherheit führten.

Müller arbeitete in Ost-Berlin an allen großen Theatern, zunächst als Dramaturg und Übersetzer, ab den 1980er Jahren auch als Regisseur. Seine gefeierte, letzte Inszenierung – Bertolt Brechts "Aufstieg und Fall des Arturo Ui" von 1995, mit Martin Wuttke in der Hauptrolle, – befindet sich noch immer im Spielplan des Berliner Ensembles. Das Theater am Schiffbauerdamm, das das Berliner Ensemble beheimatet, leitete Müller in den Nachwendejahren von 1992 bis zu seinem Tod 1995, zunächst als Ko-Intendant gemeinsam mit Peter Zadek, Matthias Langhoff, Peter Palitzsch und Fritz Marquard, zuletzt 1995 als alleiniger Intendant. Von 1990 bis 1993 war er Präsident der Berliner Akademie der Künste Ost.

Nach der Wende wurde Müller – auch durch den ersten Band der Suhrkamp-Werkausgabe – als Lyriker entdeckt. Zudem erlangte er mit seiner Autobiographie "Krieg ohne Schlacht" (1992) und als Interviewpartner, u.a. von Alexander Kluge, einen Nimbus als mächtiger, dialogischer Denker mit weltgeschichtlichem Fokus, der in seinen Gesprächen zahllose unvergessene Sentenzen wie "Ich schulde der Welt einen Toten" prägte.

Nachtkritiken zu Stücken von Heiner Müller:

Bildbeschreibung an den Sophiensaelen Berlin (3/2007)

Der Auftrag, eingelassen Schwarzer Engel, bei den Theaterformen Hannover (6/2007)

Quartett bei den Salzburger Festspielen (8/2007)

Die Hamletmaschine am Deutschen Theater Berlin (9/2007)

Anatomie Titus Fall of Rome am Deutschen Theater Berlin (11/2007)

Die Maßnahme/Mauser an der Volksbühne Berlin (3/2008)

Der Lohndrücker an den Sophiensaelen Berlin (9/2008)

Macbeth an der Volksbühne Berlin (9/2008)

Die Hamletmaschine, eingelassen in Kean, an der Volksbühne Berlin (11/2008)

Der Auftrag am Deutschen Schauspielhaus Hamburg (1/2009)

Die Korrektur beim Festival "Korrekturen" am Maxim Gorki Theater Berlin (2/2009)

Anatomie Titus Fall of Rome als Film an der Akademie der Künste Berlin (4/2009)

Der Auftrag am Düsseldorfer Schauspielhaus (6/2009)

Wolokolamsker Chaussee am Gefängnistheater Aufbruch in der JVA Berlin-Tegel (6/2009)

Germania Tod in Berlin am Theaterlabor Bremen (6/2009)

Wolokolamsker Chaussee am Schauspiel Hannover (10/2009)

Herakles 2 oder die Hydra, eingelassen in Die Marquise von O., bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen (6/2010)

Der Bau am Staatstheater Stuttgart (9/2010)

Macbeth am Theater Dortmund (3/2011)

Verkommnes Ufer / Medeamaterial / Landschaft mit Argonauten / Mommsens Block am Deutschen Theater Berlin (11/2011)

Leeres Theater am Thalia Theater Hamburg (2/2013)

Leben Gundlings Friedrich von Preußen Lessings Schlaf Traum Schrei am Theater Osnabrück (9/2015)

Der Auftrag am Theater Plauen-Zwickau (10/2014)

Zement am Maxim Gorki Theater (1/2015)

Herzstück / Mauser am Schauspiel Köln (3/2015)

Der Auftrag bei den Ruhrfestspielen/am Schauspiel Hannover (6/2015)

HEINER MÜLLER! Festival am HAU Berlin (3/2016)

Der Auftrag im Maxim Gorki Theater Berlin (12/2016)

Mauser im Residentheater München (4/2017)

Die Entführung Europas im Berliner Ensemble (10/2017)

Quartett im Mülheimer Theater an der Ruhr (1/2018)

German History am Theater Plauen-Zwickau (2/2018)

Die Hamletmaschine am Maxim Gorki Theater Berlin (2/2018)

Anatomie Titus Fall of Rome als Teil von Titus Andronicus am Konzert Theater Bern (2/2019)

Wir sind das Volk am HAU Berlin (2/2020)

Die Umsiedlerin oder Das Leben auf dem Lande am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin (2/2020)

Quartett am Landestheater Tübingen (2/2022)

Müller: Eine Chronik in sechs Jahrzehnten am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin (10/2022)

Der Auftrag/Psyche 17 am Deutsches Theater Berlin (10/2023)

Die Hamletmaschine am Staatstheater Kassel (3/2024)


Andere Beiträge zu Heiner Müller:

Buchkritik: Wiedergelesen – Die drei Interviewbände der Heiner-Müller-Werkausgabe (7/2009)

Kolumne "Als ich noch ein Zuschauer war": Eine Botschaft an die Heiner-Müller-Gemeinde (12/2015)

Link:
www.internationale-heiner-mueller-gesellschaft.de