Stücke im Stahlbad
von Janis El-Bira
Berlin, 22. Juni 2018. Heute Abend trage ich zwei Gesichter, sagt die großartige Burg-Schauspielerin Dorothee Hartinger ziemlich genau zur Mitte dieser langen Theaternacht: Vorne die Idee und hinten die Realität. Der Satz, eigentlich über die europäische Gegenwart gesprochen, passt gut auf diesen ganzen Theaterereignis: Zur Idee gehört zum Beispiel, dass Uraufführungen neuer Stücke, wie sie bei den Autorentheatertagen am Deutschen Theater Berlin traditionell am vorletzten Festivaltag im Paket angeboten werden, in erster Linie dem vorliegenden Text verpflichtet sind. Zur Realität hingegen, dass das nicht immer so hinhaut. Und so stand das Kritikerkollegium schon am frühen Freitagabend auf dem Theatervorplatz, winkte mit einem kleinen Einlegezettel und rief mit leuchtenden Augen: "Es gibt einen Skandal!" Doch dazu später.
Aprikose auf der Hose
von Gabi Hift
23. Juni 2017. Frauen: 100 %, Männer: 0% – so siehts aus bei den Siegerinnen des diesjährigen Autorenwettbewerbs am Deutschen Theater. GUT SO! Und war nicht einmal absichtliche Bevorzugung. Die Kulturjournalistin Anke Dürr, die mit dem Regisseur Jan Ole Gerster und der Schauspielerin Annette Paulmann die Jury bildete, dachte Sivan Ben Yishai wäre ein Mann. Alle drei Autorinnen haben nämlich auch noch fremdländische Namen. Sivan Ben Yishai kommt aus Israel, Afsahne Ehsander aus dem Iran und Yade Yasemin Önder immerhin aus einer türkischen Familie – migriert ist sie allerdings nur von Wiesbaden bis ans Leipziger Literaturinstitut.
Gegenwartsdramatik in Berlin
Juni 2017. Das Festival, das vom 14. bis 24. Juni läuft, endet mit der "Langen Nacht der Autorinnen". Im Rahmen der jurierten Zentralveranstaltung der Autorentheatertage im Deutschen Theater Berlin werden drei Uraufführungen gezeigt, und zwar der Stücke:
Your Very Own Double Crisis Club von Sivan Ben Yishai (Regie: András Dömötör)
Kartonage von Yade Yasemin Önder (Regie: Franz-Xaver Mayr)
Welches Jahr haben wir gerade? von Afsane Ehsandar (Regie: Mélanie Huber)
Huuuuch!!!???
von Michael Laages
Berlin, 26. Juni 2015. Im Ernst, und kurz und grob: Text und Inszenierung wären jedes für sich kein Wort weiter wert. Aber "Der neue Himmel", das szenische Geschreibsel der Herren (Jakob) Nolte und (Michel) Decar, nahm offenkundig die Hürde der Jury-Auswahl für die Autorentheatertage am Deutschen Theater in Berlin. Apropos Jury: Das theatertreffen-typische Jury-Bashing zum Finale sollte jetzt dringend auch hier eingeführt werden... Außerdem übergab die Leitung von Bühne und Festival die Uraufführung zum Finale des Neue-Stücke-Marathons mit Sebastian Kreyer einem noch jungen Regisseur, der sich schon an einigen Bühnen (Bonn, Bremen, Hamburg) bewährt zu haben schien. Und weil beides nun mal so ist, muss bedauerlicherweise doch noch Text und Lebenszeit auf diese polternd-präpotente Peinlichkeit verwendet werden.
Ich dachte, ich hätte ein Thema!
von Matthias Weigel
Berlin, 25. Juni 2015. Die Autorentheatertage am Deutschen Theater Berlin werden ja auch im Eigeninteresse nachhaltiger. Die vier auserwählten neue Theatertexte sind in diesem Jahr nicht nur einmalig in Werkstattinszenierungen zu sehen, sondern wandern als "vollwertige" Uraufführungen danach in die Repertoires der Theater in Wien, Berlin und Zürich. In den letzten Jahren ging es bei der Tiefstapelei der "Werkstattinszenierungen" eher darum, den öffentlichkeitswirksamen "Uraufführungs-Credit" nicht zu verbrauchen. Dabei grenzte es fast an Verschwendung, dass es bei der einen Aufführung im Rahmen der Langen Nacht der Autoren blieb.
Im Fleischnebel
von Nikolaus Stenitzer
Berlin, 13. Juni 2015. Das "Vertrauen in die Bedeutung des Autors für das Theater" wollen die Autorentheatertage am Deutschen Theater Berlin mit ihrer Neuausrichtung zum Ausdruck bringen: Statt der bisher üblichen Werkstattinszenierungen zeigt das Festival vollwertige Uraufführungen ausgewählter Stücke, die anschließend auch in das Repertoire der an den Produktionen beteiligten Häuser – neben dem Deutschen Theater das Wiener Burgtheater und das Schauspielhaus Zürich – übernommen werden.
Schlampige Zeiten
von Christian Rakow
Berlin, 5. Juni 2014. Zum zweiten Mal binnen Monatsfrist eröffnet ein Berliner Festival mit der Tscheka, der bolschewistischen Geheimpolizei: Anfang Mai das Theatertreffen mit den Revolutionsagonien des Zement von Heiner Müller, jetzt die Autorentheatertage am Deutschen Theater mit dem Diptychon "Tag der weißen Blume" des (nur im Ausland gespielten) Russen Farid Nagim, das in zwei Erzählsträngen die Sowjet-Ära nach 1917 mit dem Postkommunismus der Jahrtausendwende parallelisiert. Eine Koinzidenz der Festivalpläne, womöglich eine sprechende.
Autorentheatertage Berlin 2012
vom 5. bis 16. Juni 2012 am Deutschen Theater Berlin
Im Archiv von nachtkritik.de finden Sie Nachtkritiken zu einzelnen Gastspielen sowie Lexikon-Einträge zu vielen AutorInnen und RegisseurInnen der Autorentheatertage, auf denen alljährlich bemerkenswerte Inszenierungen neuer Stücke präsentiert werden.
Komik und Krise
von Simone Kaempf
Berlin, 25. Juni 2011. "Make me laugh". Unter diesem Titel hatte Jurorin Elke Schmitter um die Einsendung von Stücken gebeten – und dann für die Lange Nacht der Autoren aus beachtlichen 140 eingeschickten Stücken auswählen können. Schmitter wertet das ganz klar als Erfolg: "Unsere Ausschreibung wäre nicht so erfolgreich gewesen, wenn es die Komödie nicht mehr geben würde", sagte sie am vergangenen Wochenende während der Autorentheatertage am DT, die auch dieses Mal, wie früher am Thalia Theater Hamburg, mit der Langen Nacht der Autoren endeten.
Autorentheatertage Berlin 2011
vom 15. bis 25. Juni 2011 am Deutschen Theater Berlin
Im Archiv von nachtkritik.de finden Sie Nachtkritiken zu einzelnen Gastspielen sowie Lexikon-Einträge zu vielen AutorInnen und RegisseurInnen der Autorentheatertage, auf denen alljährlich bemerkenswerte Inszenierungen neuer Stücke präsentiert werden.
Autorentheatertage Berlin 2010
vom 8. bis 17. April 2010 am Deutschen Theater Berlin
Im Archiv von nachtkritik.de finden Sie Nachtkritiken zu einzelnen Gastspielen sowie Glossar-Einträge zu vielen AutorInnen und RegisseurInnen der Autorentheatertage.
Für die Auswahl des Festival-Programms sind der Intendant des Deutschen Theaters, Ulrich Khuon, und die DT-DramaturgInnen verantwortlich. Das Team hat, so berichtete Khuon in seiner Eröffnungsrede, rund 40 Inszenierungen gesichtet und die ausgewählt, die es für besonders "wichtig" und "bemerkenswert" erachtet.
Die Autorentheatertage verstehen sich, so die Pressemitteilung, als "ein Festival der Neuentdeckungen und Paradigmen der deutschsprachigen Gegenwartsdramatik". Sie wollen "in einer vielfältigen Zusammenschau die aufregendsten Inszenierungen deutschsprachiger Gegenwartsdramatik" zeigen, mit "Aufführungen aus den wichtigsten Theatern, die sich für Autoren von heute engagieren".
Allein-Juror der "Langen Nacht der Autoren", mit der das Festival beschlossen wird, ist in diesem Jahr Michael Althen, Autor, Regisseur und Filmkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der auf seinen Aufruf "Interest me!" 160 noch nicht uraufgeführte Stücke zugesandt bekam, aus denen er die vier seiner Meinung nach interessantesten ausgewählt hat. "Im Gegensatz zum Ausgewogenheitsprinzip sonstiger Gremien soll die Entscheidung des Alleinjurors der Autorentheatertage radikal subjektiv und persönlich sein."
- 8. April – Das letzte Feuer von Dea Loher, Regie: Andreas Kriegenburg (Thalia Theater Hamburg)
Mehr zum Mülheimer Dramatikerpreis 2008 für "Das letzte Feuer"
- 8./9. April – Alles Offen von Tobias Rausch, Regie: Tobias Rausch (Volkstheater Rostock/lunatiks produktion)
- 9. April – Zukunft für immer von Martin Heckmanns, Regie: Simone Blattner (Staatsschauspiel Dresden)
- 9. April – Villa Dolorosa von Rebekka Kricheldorf, Regie: Markus Heinzelmann (Theaterhaus Jena)
- 10. April – Rechnitz (Der Würgeengel) von Elfriede Jelinek, Regie: Jossi Wieler (Münchner Kammerspiele)
Mehr zum Mülheimer Dramatikerpreis 2009 für "Rechnitz (Der Würgeengel)" und zu Elfriede Jelineks Nominierung für den Mülheimer Dramatikerpreis 2010
- 11. April –Das Interview on Theo van Gogh, Regie: Martin Kušej (Theater am Neumarkt, Zürich)
- 11. April – Adam Geist von Dea Loher, Regie: David Bösch (Burgtheater Wien)
Der Redaktionsblog zum Berliner Gastspiel
- 11. April – Im Wald ist man nicht verabredet von Anne Nather, Regie: Daniela Löffner (Schauspielhaus Zürich)
- 12./13. April – Rechnitz (Der Würgeengel) von Elfriede Jelinek, Regie: Leonhard Koppelmann (Schauspielhaus Zürich)
- 13. April – Die Schöpfer der Einkaufswelten von Harun Farocki, Regie: Tom Kühnel (Schauspiel Hannover)
- 13. April – Hauptsache Arbeit! von Sibylle Berg, Regie: Hasko Weber (Staatstheater Stuttgart)
Mehr zu Sibylle Bergs Nominierung für den Mülheimer Dramatikerpreis 2009
- 13./14. April – Das blaue, blaue Meer von Nis-Momme Stockmann, Regie: Marc Lunghuß (Schauspiel Frankfurt)
Mehr zu Nis-Momme Stockmanns Nominierung für den Mülheimer Dramatikerpreis 2010
- 14. April – Mädchen in Uniform von René Pollesch nach Christa Winsloe, Regie: René Pollesch (Schauspielhaus Hamburg)
Mehr zu René Polleschs Nominierung für den Mülheimer Dramatikerpreis 2008 und 2009
- 15. April – Diebe von Dea Loher, Regie: Andreas Kriegenburg (Deutsches Theater Berlin)
Mehr zu Dea Lohers Nominierung für den Mülheimer Dramatikerpreis 2010
- 15./16. April – Der goldene Drache von Roland Schimmelpfennig, Regie: Matthias Kaschig (Stadttheater Bern)
Mehr zu Roland Schimmelpfennigs Nominierung für den Mülheimer Dramatikerpreis 2009 und zur Auszeichnung des "Goldenen Drachen" mit dem Mülheimer Dramatikerpreis 2010
- 16. April – Fundament von Jan Neumann, Regie: Jan Neumann (Staatstheater Stuttgart)
- 17. April – Die Lange Nacht der Autoren mit süßer vogel undsoweiter von Laura Naumann (ausgezeichnet mit dem Münchner Förderpreis für deutschsprachige Dramatik), Sam von Katharina Schmitt, In Neon von Julia Kandzora, Fabelhafte Familie Baader von Carsten Brandau.
Die Ausschreibung vom September 2009
Die Rede von Michael Althen, die der Allein-Juror bei der Festival-Eröffnung hielt
Hier berichtete nachtkritik.de von den Autorentheatertagen 2008 und 2009, die noch an Ulrich Khuons Hamburger Thalia Theater stattfanden. Außerdem mehr über die Debatten um Neue Dramatik auf nachtkritik.de.
Lesen Sie auch, warum Katrin Bettina Müller von der taz in den Autorentheatertagen eine starke Konkurrenz fürs Berliner Theatertreffen sieht.