Top Ten

30. Januar 2018. Zum Theatertreffen der Berliner Festspiele 2018 eingeladen sind:

1. Rückkehr nach Reims
Schaubühne Berlin, Regie: Thomas Ostermeier
Nachtkritik vom 8. Juli 2017 (Premiere beim Manchester International Festival)

2. Die Welt im Rücken
Burgtheater Wien, Regie: Jan Bosse
Nachtkritik vom 11. März 2017

3. Die Odyssee. Eine Irrfahrt nach Homer
Thalia Theater Hamburg, Regie: Antú Romero Nunes
Nachtkritik vom 20. Mai 2017

4. Trommeln in der Nacht
Münchner Kammerspiele, Regie: Christopher Rüping
Nachtkritik vom 14. Dezember 2017

5. Nationaltheater Reinickendorf
Berliner Festspiele, Regie: Vegard Vinge/Ida Müller
Nachtkritik vom 1./6. Juli 2017

6. Beute Frauen Krieg
Schauspielhaus Zürich, Regie: Karin Henkel
Nachtkritik vom 2. Dezember 2017

7. Am Königsweg
Deutsches Schauspielhaus Hamburg, Regie: Falk Richter
Nachtkritik vom 29. Oktober 2017

8. Faust
Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin, Regie: Frank Castorf
Nachtkritik vom 3. März 2017

9. Woyzeck
Theater Basel, Regie: Ulrich Rasche
Nachtkritik vom 15. September 2017

10. Mittelreich
Münchner Kammerspiele, Regie: Anta Helena Recke
Nachtkritik vom 12. Oktober 2017

Das gaben Berliner Festspiele-Intendant Thomas Oberender und Theatertreffenleiterin Yvonne Büdenhölzer zusammen mit der Jury im Rahmen einer Pressekonferenz im Haus der Berliner Festspiele bekannt.

Der Kritiker*innen-Jury gehörten dieses Jahr Margarete Affenzeller, Eva Behrendt, Wolfgang Höbel, Andreas Klaeui, Dorothea Marcus, Christian Rakow und Shirin Sojitrawalla an.

In der Pressemitteilung der Berliner Festspiele sind die Begründungen der Jury nachzulesen, hier im Blog der Festspiele sind außerdem sie außerdem von den Juroren selbst verlesen als Videoschnipsel von der Pressekonferenz nachzuschauen.

409 Stücke in 54 Städten wurden gesichtet, 33 Inszenierungen waren in der Diskussion.

Frank Castorfs "Faust", der in der Berliner Volksbühne (am Rosa-Luxemburg-Platz) Premiere hatte, bevor sie von Chris Dercon übernommen wurde, soll im Haus der Berliner Festspiele gezeigt werden.

Das 55. Theatertreffen der Berliner Festspiele findet vom 4. bis 21. Mai 2018 statt. Novum ist ein das Festival flankierendes übergreifendes Diskursprogramm – "TT Kontext" setzt sich den Berliner Festspielen zufolge in seinem ersten Jahrgang "unter dem Thema 'Unlearning' mit dem kreativen Verlernen von vorgeprägten Wahrnehmungsmustern auseinander".

(Berliner Festspiele / sle / sd)

 

Video-Interview zur Auswahl mit zwei Theatertreffen-Juror*innen (Interview: Esther Slevogt und Julika Bickel)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Presseschau

Die Berliner Zeitung und der Tagesspiegel kommentieren die Theatertreffen-Auswahl vor allem in Hinsicht auf die drei eingeladenen Berliner Arbeiten, zwei von denen "Faust" und "Nationaltheater Reinickendorf" als Gastspiele sehr aufwändig zu realisieren sein werden. Auf Spiegel online nimmt die ehemalige Theatertreffen-Jurorin Anke Dürr die zehn eingeladenen Arbeiten einzeln unter die Lupe. Für Deutschlandfunk Kultur schaut Susanne Burkhardt auf diesen "Jahrgang der großen Ensemble-Arbeiten und der großen Einzelakteure", kurz: dieses "Treffen der Theater-Platzhirsche".

Christine Dössel schreibt in der Süddeutschen Zeitung (31.1.2018): "Große Freude: Frank Castorfs 'Faust', ist eingeladen. Damit erhält diese schauspielerisch wie interpretatorisch fulminante, ja geradezu epochale Produktion die Chance, aus dem Orkus hervorgeholt und noch einmal – beziehungsweise: endlich – gesehen zu werden." Dass die Münchner Kammerspiele gleich mit zwei Arbeiten eingeladen wurden, sei "erstaunlich und in der Gesamtschau nicht wirklich gerechtfertigt". Die Frauen seien mal wieder unterrepräsentiert, "und die Provinz ist erst gar nicht vertreten".

Daniele Muscionico von der Neuen Zürcher Zeitung (1.2.2018) freut sich über die beiden Schweizer Einladungen, findet an der Auswahl aber "bemerkenswert bis irritierend: Auch alle weiteren Arbeiten stammen ausnahmslos aus den grossen westlichen Theater-Tankern und wohlbestallten Öffentlichkeitsmaschinen."

 

Twitter-Reaktionen auf die Theatertreffen-Auswahl:

 

mehr meldungen

Kommentare  
Einladungen tt18: DT-Ulysses?
Wo ist ULYSSES vom DT??? Fehlt!
Einladungen tt18: repräsentative Abbildung?
Vorab: Yeah, Faust und Vinge/Müller! YEAH! Ganz großes Tisch-/Tennis. "Ich will gehorchen!"

Ob die "neue" Mittelreich-Inszenierung was kann, im Gegensatz zu ihrer trantütigen "Mutter"-Inszenierung, werden wir sehen. Die Jury fand: ja.

Und Susanne Kennedy: Zum Glück nicht dabei. Das war schon früher so dermaßen nichtfesselnd.

Schade, dass Jette Steckel nicht dabei ist. Schon viele ihrer Arbeiten (Don Karlos, um nur eine zu nennen, oder auch Die Schmutzigen Hände) sind übergangen worden. Extrem schade.
**
Doch: Bevor die Genderdebatte auf der Analysetiefe/Erregungsstufe "nur 2.5 von 10 sind Arbeiten von Frauen" stehenbleibt (siehe Falk Schreiber auf Twitter):

- Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge insgesamt im deutschsprachigen Raum?
- Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge bei den von der Jury gesehenen Arbeiten?
- Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge auf der Longlist der Theatertreffen-Jury?

Bonusfrage: Ist es Aufgabe der Jury, repräsentative Abbildungen vorzunehmen? Oder sollte sie im Sinne einer (immer unweigerlich willkürlich zu wählenden) Quote unrepräsentativ (im statistischen Sinne) einladen?

Gleiche Fragestellungen bitte für
- Provinz / Zentren
- West / Ost
- BRD / Österreich / Schweiz (ist letztere überrepräsentiert?)
- usw.

Das würde mich echt interessieren.
Einladungen tt18: repräsentative Auswahl
Man traut es sich kaum zu schreiben: Ich bin rundum zufrieden mit der Auswahl. Ich fand sie, seit ich sie intensiver verfolge (etwa seit fünf Jahren), noch nie so ausgewogen und für diverse Spielweisen so repräsentativ. Es gibt natürlich IMMER Arbeiten, die man außerdem gerne vertreten sehen würde, von denen man weiß, wie Kollegen und Kolleginnen von der Seite der Kritik sie schätzen (SIGNA) und von denen man weiß, wie sehr sich Schauspieler und Schauspielerinnen in ihnen höchst engagiert haben, aber dies ist ein sehr guter Querschnitt durch die derzeigen Möglichkeiten unserer Theaterlandschaft, denk ich...
Einladungen tt18: Geschlechterverhältnis
Lieber Hans Zisch,

ich kann nur empfehlen, einmal in die hier auf nachtkritik.de schon häufig verlinkte Studie "Frauen in Kultur und Medien" zu schauen, wenn man sich für das Geschlechterverhältnis auf und hinter den deutschen Bühnen interessiert. Sie hat den Zeitraum 1994 bis 2014 untersucht. Hier zum Download: https://www.kulturrat.de/publikationen/frauen-in-kultur-und-medien/

Zu Ihren Fragen konkret:

1) "Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge insgesamt im deutschsprachigen Raum?"
Siehe Studie: 2014 lag der Frauenanteil unter den Regieführenden bei 30% (nur 22% waren es auf den großen Bühnen, Frauen inszenieren häufiger in Nebenspielstätten und im Kinder- und Jugendbereich). Eben dieses Verhältnis findet sich in der TT-Auswahl ja nun auch gespiegelt.

2) "Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge bei den von der Jury gesehenen Arbeiten?"
Das vermag allein die Jury zu beantworten.

3) "Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge auf der Longlist der Theatertreffen-Jury?"
Nach meiner Schnellzählung liegt die Frauenquote bei den "Inszenierungen in der Diskussion" unter den Regieführenden bei 33% (12 von 36, davon 3 mal Co-Regie).

Ihre anderen Fragestellungen würden mich auch interessieren. Vielleicht mag sich da jemand anders als Statistiker betätigen?
Einladungen tt18: Migrationshintergrund
Wo wir bei der Repräsentation sind: Kein einziger Mensch mit Migrationshintergrund (Anta Helena Recke ist eine schwarze Deutsche) und über 90% "weiße" Männer aus reichen Städtern. Fröhliche Zukunft
Einladungen tt18: tiefere Analyse
Liebe Frau Peter,

Ihren Tweet sah ich und war voll des Dankes, den ich nun auf Ihren hiesigen Kommentar hin gern verstärkt erneuere. Merci beaucoup! Insbesondere die wertvolle Kulturrat-Studie kann nicht oft genug hervorgehoben werden. Deren Analyse benötigt freilich mehr als 140 Zeichen. Meine Erwartung ist, dass aus den (berechtigten) Aufschreien *allein* keine Deus-ex-machina-Umbrüche zu erwarten sind. Den Druck im Kessel hochzuhalten ist sicherlich eine notwendige, aber wahrscheinlich keine hinreichende Bedingung, denn zum Handeln und Wandeln braucht es Richtung und Strategie und Partner/innen. Diese finden sich nicht allein durch Hashtags.
Deswegen interessiert mich die tiefere Analyse. Noch einmal für Ihren Beitrag dazu.
Einladungen tt18: wütend
Leute!!!! Ich weiß hinundherfahren is anstrengend und das Geld is rar, aber ein bisschen mehr Fantasie hätte ich schon erwartet. Ehrlich. Der xte castorf, die xte henkel, wieder und wieder, immer und immer Berlin, München, Hamburg, Zürich, Wien. Naja was Solls...aber dass Schwerin mit "vor dem Fest" nicht dabei ist, macht mich wirklich wütend.
Einladungen tt18: Diversität
#5: Unterscheiden Sie eigentlich Migranten und Migrations-Hintergrund?
Ungefähr 65% der weißen Deutschen, die ich kenne haben einen Migrations-Hintergund, der nicht weiter als 1945 zurückliegt. Ungefähr 97 % der ehemaligen Ostdeutschen, die ich kenne, haben einen Migrationshintergrund, der nicht weiter als 1990 zurückliegt. Die restlichen haben - sofern sie die Reise überlebt haben - einen Migrations-Hintergrund, der nicht weiter als 1961 zurückliegt. Sollen die sich jetzt schwarz oder braun oder sonstwie anmalen, damit die in Ihre Vorstellung von Ideal-Diversität passen?
Einladungen tt18: Schauspiel Köln
#7
Der Bosse Abend war schon gut- aber inzwischen weiss Jeder eine Einladung vom Burgtheater bringt Geld für Berlin.
Der Hartmann Abend ist wohl eher ein schlechter Witz.

Und wieso ist der "Tell" von Stefan Bachmann nicht dabei oder Peer Gynt oder oder- fährt das TT eigentlich überhaupt nach Köln- so langsam zweifelt man und bekommt Depressionen und zwar nicht von dem Spitzenprogramm in Köln.
Hier arbeiten übrigens auch Frauen und auch #mit Migrations Hintergrund.
Einladungen tt18: weitere Dimensionen
Es gibt noch andere "bemerkenswerte" Dimensionen der diesjährigen Auswahl.

Die Einladung von Mittelreich stellt die Frage, wann eine Inszenierung eine neue Inszenierung ist. (Mahler vs. Recke)

Die Einladung von Vinge/Müller stellt die Frage, was eigentlich den Unterschied von Inszenierung und Vorstellung ausmacht bzw. ob nicht jede Vorstellung eine eigene Inszenierung ist. (Dann hätte man auch 10x Vinge/Müller einladen können!)

Die Einladung von Trommeln in der Nacht stellt eine ähnliche Frage. ("von Brecht" vs. "nach Brecht")

Bin jespannt.
Einladungen tt18: Gänsehaut
Wie? Fritsch wurde diskutiert und nicht eingeladen? Skandal!! Äh...besser: Revolution! Innovativste Auswahl aller Zeiten. Karin Henkel, glaub ich, ja noch nie dagewesen. Bravo! Richtig schöne Gänsehaut beim Lesen der Liste. Toll.
Einladungen tt18: Provinz fehlt
Keine Berücksichtigung der sog. Provinz?! Man muss den Juroren/-innen die Frage stellen, ob sie überhaupt dort waren? Hauptsache, Stars spielen mit oder es sind bekannte Regisseure. Langweilig!
Einladungen tt18: raustragen
#10: Je, wesentlichere ästhetische Fragestellungen ermöglicht diese Auswahl als vorige meiner Meinung nach. Ich meine, es ermöglicht diese Fragen weiter hinauszutragen als bis vor die Pförtnerloge oder in die Kantine oder das Stadtblatt, dorthin wo sie breiter und auch von Nicht-Theaterleuten oder Nicht-Wissenschaftlern debattiert werden können als Grundsatzfragen...
Einladungen tt18: Korrektur Henkel
@11: Äh, nee. Karin Henkel war schon sechsmal dabei. https://www.berlinerfestspiele.de/de/chronicle/archiv/regisseure
Einladungen tt18: unterschiedliche Kriterien?
So komme ich als Social-Media-Abstinenzler über nachtkritik in den Genuss der Twitter-Erregungen. Ich dachte, das virtuelle nachtkritik-Theatertreffen sei eingerichtet worden, weil man all dies bereits seit Jahren weiß. Worin also besteht der Nachrichtenwert? P.S.: Da in der Jury für das Theatertreffen vier Mitarbeiter von nachtkritik.de saßen, muss, was so sehr irritiert, an der Minderheit der anderen drei Jurorinnen und Juroren liegen. Oder haben die nachtkritiker für die beiden Unternehmungen unterschiedliche Kriterien? Dann wäre es hilfreich, wenn sie sich hier dazu äußerten. Sonst sieht es aus, als befänden sie mit Nestroy: "Ich möcht' mich einmal mit mir selbst zusammenhetzen nur um zu sehen, wer der Stärkere is, ich oder ich."
Einladungen tt18: worum gehts
Geht es in der Debatte nur noch um Namen, Geschlecht, Herkunft, Ort usw. Spielen Inhalte, Fragen, Form und Stoff noch eine Rolle?
Einladungen tt18: Anregung
@ 14

Rege hiermit die Redaktion an, ironisch gemeinte Beiträge fett drucken zu dürfen...
Einladungen tt18: Juroren sollen gucken!
Nun kenne ich die 10 Auserwählten und mehr interessiert mich nicht. Preisvergabe sollte man sich schenken und das Geld lieber den Juroren geben,damit sie im nächsten Jahr mal durch die Theaterlandschaft fahren und GUCKEN!!!Es kann doch nicht sein,dass Theater wie Bremen,Hannover,Düsseldorf,Köln,Mannheim,Karlsruhe,Saarbrücken,Nürnberg,Kassel,Dresden,Braunschweig,Schwerin etc.garnicht benannt sind.
Trommeln in der Nacht, München: mit Depotwirkung
Wie lange ist es jetzt her, dass ich im Theaterstück war. Einen Monat fast und noch immer tauchen Bilder auf, Fragmente, Fetzen: die Lieder auch, sobald ich sie im Radio höre oder sonstwo, sitze ich wieder in den Kammerspielen. Eine Inszenierung mit Depotwirkung. Ich war erschlagen vom Reichtum, als ich drinsaß, wusste nicht, wohin mit mir, und jetzt zehre ich noch immer davon. Also ich freue mich, dass Trommeln in der Nacht nun auch in Berlin zu sehen sein wird. Herzlichen Glückwunsch!
Einladungen tt18: Diskussionsthemen
An der Diskussion, die sich hier entspinnt, kann man wirklich sehr schön das Versagen einer (großteils linken) Kulturkritik ablesen: es geht kaum mehr um Inhalte, um ästhetische oder von mir aus auch handwerkliche Fragestellungen (weil man für die nicht das Handwerkszeug hat?), es geht (weil es um einiges einfacher zu belegen ist) nur mehr um Statistiken: Frauen - Männer, Großstadt - Provinz, Ost - West usw... Das ist eine sehr einfache, eine sehr feige - und eine sehr langweilige Veränderung in der Auseinandersetzung, die mir das Theater gerade sehr irrelevant erscheinen lässt. Leider.
Einladungen tt18: Bitte keine Ideologie-Diskussion
#20

Sie sitzen einem Irrglauben auf, wenn Sie die Debatte auf die Statistiken vereinfachen oder viel schlimmer ihr eine Ideologie unterstellen.
Es geht um ein Tableau, dass sich jedes Jahr aufs neue als einseitig entlarvt. Die Jury behauptet unvoreingenommen auch in der "Provinz" zu suchen. Letztlich werden dennoch lieber allgemein bekannte Regiehandschriften eingelanden, die schon X-Mal berücksichtigt worden. Es Fällt schwer zu glauben, dass abseits der Metropolen eine solche einfallslosigkeit vorherrscht.
Dieses Phänomen ist auf die "Quoten"-Disskusion übertragbar. Auch wenn nachwievor mehr Männer als Frauen inszenieren, könnte man sich die Mühe machen und genauer hinschauen. Es wird aber lieber so getan, als wären von Frauen gearbeitete Inszenierung eine rarität.
Einladungen tt18: Wert der Statistik
@20: Heftiger Einspruch. Sie haben mit nachtkritik eine, nein, die hervorragende Plattform, ihrer Beobachtung entgegenzuwirken. Anpacken! Loslegen statt Bedauern.

1) Im Moment haben im Wesentlichen nur die "Lokalen" die jeweiligen Arbeiten gesehen. Zeit für inhaltliche Debatten oder Debatten über das (Kunst-)Handwerkliche des Tableaus ist also: der Mai.

2) Wenn Sie #6 noch einmal lesen möchten, werden Sie sehen, dass Statistik (meines Erachtens) im Zusammenhang mit Repräsentationsdebatten *essentieller Diskussionsgrundbestandteil* sein muss. Ohne Statistik kommen Hinz und Kunz mit ihren Tellerrandanekdötchen, die uns auch nicht so richtig weiterhelfen. Ergo: Handwerkszeug!

3) Aus einem Teil (Repräsentativität) der Debatte (die ja insgesamt nach wie vor läuft) auf das Ganze zu schließen, halte ich für argumentativ hochfragwürdig.

Hier nach weniger als 24 Stunden Tableau-Gespräch auf ein "Versagen der Kulturkritik" zu schließen, scheint mir einigermaßen kühn, und verweist vielleicht eher darauf, wie überhastet Sie selbst urteilen?
Denn: Alle 10 Einladungen sind von nachtkritik besprochen worden. Die Links finden Sie ganz oben. Die inhaltlichen Debatten haben mithin in Teilen sogar schon stattgefunden. In und unter den jeweiligen Nachtkritiken. (Und dabei haben wir die Nicht-nk-Welt noch gar nicht berücksichtigt.)
Einladungen tt18: keine Party der Befindlichkeiten
@22. 1.) Es ist ganz einfach: ja, ich habe die Plattform, allerdings keinen Grund, hier groß einzuwirken. Ich finde die Auswahl ganz in Ordnung - zumindest von den Aufführungen, die ich gesehen habe. Ich habe viel auch in der sogenannten "Provinz" gesehen - und nein, mir wäre nichts aufgefallen, das hier unbedingt zu berücksichtigen gewesen wäre. (Und ja - ich habe vor allem in einem bestimmten geographischen Umfeld geschaut, aber das haben die Juroren ja auch). Das war in anderen Jahren anders, jetzt eben nicht.

ad 2) Nein - ich finde, dass die Statistik hier gar nicht weiterhilft. Wo ziehen Sie hier denn eine Linie? Man könnte ja - und ich meine das gar nicht polemisch - durchaus auch besprechen: Wie viele Inszenierungen stammen von heterosexuellen Regisseuren? Von homosexuellen Regisseurinnen usw... Wie viele von fremdsprachigen? Wie viele von Künstlern mit physischer oder psychischer Beeinträchtigung usw... Das wird dann aber eine - und jetzt wird es doch polemisch - Party der Befindlichkeiten. Natürlich muss man sich, um wieder seriöser zu werden, anschauen, ob eine Auswahl gesellschaftliche Wirklichkeiten abbildet - und das gelingt (auch dem Theatertreffen) mal besser, mal schlechter. Aber reine Zahlen bringen da glaube ich nichts. Sonst muss man die Zahl der Inszenierungen von 10 erhöhren, um alles abbilden zu können.

ad 3) Meine Anmerkung bezieht sich ja nicht allein auf die Debatte zum Theatertreffen, oder wollen sie abstreiten, dass ein riesiger Brocken der Diskussion im Kulturbereich auf das Feld der Identitätspolitik gewandert ist? Warum hat man bei Bigelows "Detroit" - um mal weg vom Theater, hin zum Film zu gehen - so stark und in manchen Beiträgen fast ausschließlich die Hautfarbe der Regisseurin besprochen?! Die Grundfragestellung ist ja gut: Wer erzählt wessen / Wer erzählt welche Geschichte. Aber ich persönlich habe das Gefühl, dass dieser Bereich gerade eine Wichtigkeit bekommt, die alles andere überlagert und alle Inhalte zudeckt (Bei Bigelow war es definitiv so! - und im Theater habe ich die letzte Zeit den Eindruck, ist es auch so). Ich lasse mich gern überzeugen, dass dem nicht so ist - dass der Eindruck falsch ist oder die Debatte wichtig, auch wenn dadurch viel inhaltliches verloren geht. Aber wenn bei Twitter an manchen Orten eben nur mehr - wie bei einem Countdown - der Frauenanteil in Prozent runtergerechnet wird, dann bekommt es schon etwas unfreiwillig komisches ...
Einladungen tt18: grün statt blau
#12. Mensch Leute regt euch nicht auf, habt ihrs immer noch nicht kapiert: endlich mal wieder 2xKammerspiele München (was, in München gibt's noch andere Theater, Residenz-,Volks-, das kann ja den Namen nach nur Opas Schnarchtheater sein; vielleicht frühestens 2020), was soll uns Köln und die Provinz bei den theateraffinen Kriterien der Jury: antirassistisch, feministisch, politicalcorrectnessistisch, beziehungsfetischistisch (zur Jury), innovtivistisch, schwarz statt weiß, grün statt blau etc. um nur wenige zu nennen. Jegliche Diskussion ist doch schon seit Jahren unnütz, z.B. vor zwei Jahren stand ein Stück auf der Auswahlliste in den Kammer 1 (!), das noch gar keine Premiere hatte, kapiert?
Einladungen tt18: so frustriert
@24. Wenn sie so frustriert sind verehrte(r) klare, dasss sie rassistiache, sexistische und verallgemeinernde Abfälligkeiten zu politischer Korrektheit wie die neuen Rechten es tun von sich geben, haben sie doch bestimmt auf eine Produktion gehofft. Verraten sie uns doch welche!
Einladungen tt18: ironiefrei
@17: Wäre dann Ihr gesamter Beitrag fett? Oder nur Passagen. Das würde uns noch interessieren. Und: Was wäre Ihrer Meinung nach (ironiefrei) eine innovative Auswahl?
Einladungen tt18: Rahmen für Statistik
@23: Herzlichen Dank für Ihre Antwort. Die ist meines Erachtens schon ein Teil der Mitwirkung: Debatte, Austausch, Abklopfen der Argumente. So kommen wir voran und treten nicht auf der Stelle.

ad 2)

Einspruch & Zuspruch. Ja, Statistik ist nicht alles. Aber es ist meines Erachtens *sicher nicht* so, dass sie *gar nicht* weiterhilft. Wie gesagt, ohne eine übergreifende, umfassende, möglichst genaue Statistik/Zählung/Proportionenmessung fabulieren wir auf der Grundlage von Anekdoten, privaten Erlebnissen und individuellem Blick. All dies ist auch wichtig, aber eben nicht hinreichend.

Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass man sich klug überlegen muss, wie aussagekräftig eine Statistik sein kann! Genau deswegen hatte ich ja unter #2 Falk Schreibers Tweet (dem ich wie Sie eine gewisse Lächerlichkeit zuschreiben möchte) als unzureichend markiert. Die gleiche Kritik brachte ich hier an (#5 und #10): https://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14867:kolumne-ich-aktiviere-sie-jetzt-sophie-diesselhorst-ueber-moegliche-metoo-folgen-fuers-theater&catid=1632&Itemid=100389
Statistiken hängen von der Wahl des Fokus', des Rahmens ab, gar keine Frage. Deswegen sind sie aber nicht per se "gar nicht hilfreich". Im Gegenteil: Erst auf Grundlage eines gewählten Rahmens/Fokus' kann eine Statistik erstellt werden. Beides ist dann(!) diskutabel. Ohne Rahmenwahl keine Statistik. Ohne Statistik keine Diskussion. Ohne Diskussion keine Verständigung. Ohne Verständigung kein gemeinsames Anpacken.

Ja, Sie haben vollkommen recht, was Ihr Hinweis auf die Vielzahl möglicher Repräsentationskriterien betrifft (sexuelle Orientierung, ...). Die kann man sich ansehen. Das hatte ich unter Kommentar #2 mit "usw." angedeutet.
Ob aus der bloßen Existens der Vielfalt der Verschiedenheiten, also aus der Vielfalt der Dimensionen von Repräsentation folgt, dass diese Vielfalt auch abgebildet werden müsse (in den Ensembles, in den Intendanzen, in den Regieaufträgen, in den Preisvergaben, beim Theatertreffen, in den Förderinstrumenten, ...), das ist dann die nächste - sehr wichtige - Frage. Diese Frage hatte ich im Kommentar #2 gestellt (dort: in Bezug auf das Theatertreffen). Insofern stellen Sie und ich dieselbe Frage.

Leider wurde vor Monaten ein Beitrag von mir von nk nicht veröffentlicht, der zugespitzt die Frage stellte: Wieviele Theatertreffenslots soll es geben, wenn man sich den Anspruch stellt, vier Dimensionen jeweils 50:50 bei der tt-Auswahl zu berücksichtigen. Beispiel: Mann/Frau, reinweiß/PoC, Muslim/Christ, Ost/West. Daraus folgen schon 16 Kombinationen, die natürlich nicht in einer 10er-Auswahl abgebildet werden können. Daraus resultieren die Fragen
- Welche Dimensionen sollen bei Repräsentation eine Rolle spielen?
- Wie wird man der Vielfalt der Dimensionen Herr (bzw. Dame)?
- Was ist überhaupt der Zielmaßstab (50:50 oder BRD-Schnitt oder was anderes)?
- Wie käme man zu einer Abbildung des Zielmaßstabs? (Das berührt das Spannungsfeld: "Es soll um Kunst/Inhalte gehen, nicht um Quoten" versus "Kunst findet in gegebenen Herrschaftsverhältnissen statt".)

Ich stimme Ihnen im Wesentlichen zu: "mal besser, mal schlechter". Ja, reine Zahlen bringen nichts. Nein, ohne Zahlen geht es nicht. Ja, Zahlen brauchen Zusammenhang.

ad 3)

Auch hier stimme ich Ihnen wesentlich zu. Wir haben auch direkt ein weiteres Beispiel:
https://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14941:erste-autorenresidenzen-am-theater-goerlitz-zittau&catid=126:meldungen-k&Itemid=100089#comment-72673
Dort ist der erste Kommentar wieder einer mit Genderschwerpunkt. Ich teile Ihre Wahrnehmung, dass diese Schwerpunktsetzung dominant geworden ist. Man kann sich zurecht fragen, wann eine destruktive Übersättigung eintritt. So war ja auch Ihr Ausgangskommentar gemeint, denke ich.

Mein Eindruck ist:
- Der Genderdiskurs (allgemeiner: Repräsentationsdiskurs) ist dominant geworden. Er wirkt in sehr viele Felder/Diskussionen hinein und findet dort aktiv und explizit statt. Das ist gut.
- Die Möglichkeit besteht, dass dieses sehr wichtige Thema zu einer Monotonisierung der allgemeinen Debatte führt. Das ist nicht gut.
- Es besteht nach wie vor die Möglichkeit für jede/n, Aspekte fern der Genderdebatte einzubringen.

Meine Hoffnung ist, dass wir mit einer (statistisch grundierten) Debatte über Fragen der Repräsentation *vorankommen*. Ich teile Ihre Wahrnehmung, dass die Debatte oft nur Missstände situativ markiert, unspezifische Ziele wiederholt, empört aufschreit, aber eben auf der Stelle tritt! Deswegen: Mehr Analyse, mehr Tiefgang, mehr Hinterfragen, mehr Konkretes, mehr kluge Vorschläge, wie es weitergehen kann/soll.

Meine Frage unter #2 war in diesem Sinne gemeint. Insofern können wir gern darauf zurückkommen bzw. darauf rückverweisen, wenn der nächste Gendercountdown kommt. Countdowns sind easy. Vorankommen ist schwer.
Einladungen tt18: Zustimmung
@Hans Zisch. Sehr ihrer Meinung!
Einladungen tt18: zu Ulysses
# 1. Da Ulysses erst vor wenigen Tagen Premiere hatte, kann es unmöglich in der Theatertreffenauswahl für dieses Jahr Berücksichtigung finden.

Ich freu mich sehr auf " Welt im Rücken" und " Faust" . Habe beide Inszenierungen mehrfach gesehen und noch lange nicht genug davon.

(Sehr geehrte Dorit Hartmann, doch die Arbeit wurde berücksichtigt und diskutiert. Hier die Liste der engeren Auswahl fürs TT 2018: https://www.berlinerfestspiele.de/de/aktuell/festivals/theatertreffen/auswahl_tt/tt18_diskutiert.php Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Einladungen tt18: Sinnhaftigkeit der Parameter
#27; Ich weiß nicht, ob es im Theaterbetrieb auch so ist, aber im Wissenschaftsbetrieb scheint mir ein zunehmend größer werdendes Problem zu sein, dass vor den statistischen Erhebungen die Rahmen nicht diskutiert werden, die Sinnhaftigkeiten der zu ehebenden Parameter und wie man sie aus welchem Grund genau in Beziehung zueinander setzt, wird m.E. nicht mehr hinreichend diskutiert. Weder im Vorfeld, noch gibt es nachbereitende kritische Diskussion der Fragestellungen, die zu Erhebung führten.
In Bezug auf Ihre Einwände zur eventuell hinderlich wirkenden augenblicklichen Dominanz der Genderdiskussion teile ich Ihre Bedenken. Allerdings vermute ich, dass diese Dominanz genau dadurch entstanden ist, weil VOR der statistischen Erhebung eben nicht der Rahmen/Focus ebenfalls diskutiert wurde und die Auswertung der Statistiken, die z.B. zu den Vereinsbildungen mit den ProQuote-Forderungen geführt haben, eben auch nicht gut geführt wird oder auch abgewürgt, weil viele so froh sind, dass hier überhaupt erstmals die Mann/Frau-Frage für die Partizipation innerhalb des Theaterbetriebes gestellt wurde...
Einladungen tt18: kritisch zu Trends
liebe jeanne, da ihre antwort - welche sie @klare geschrieben haben - auch an mich hätte gehen können, stelle ich ihnen mal eine etwas provokante frage: was glauben sie, WANN heiner müller/oder brecht als "sympathiesanten" des "politisch aktuell unkorrekten" wohl ins gespräch kommen würden/könnten?

ich persönlich finde die liste sehr ausgewogen - von persönlichen vorlieben und abneigungen mal abgesehn - jedoch könnte man schon eine priorität der "prestige-theater" daraus ablesen.

ich finde es sehr gesund, den aktuellen trends kritisch gegenüberzustehen und sie sogar noch einzufordern zu wollen ...
Einladungen tt18: überfällig
Sehr schade, dass weder Otteni noch Schmidt-Rahmer eingeladen wurden. Beide machen seit Jahren starke arbeiten die verstören und anregen, bzw. bemerkenswert sind.
Einladungen tt18: Wer entscheidet?
Ich verstehe die Frage nicht,liebe Marie. Was haben Heiner Müller oder Brecht jetzt damit zu tun bzw. ist „klare“ im ihren Augen jetzt Heiner Müller,oder was?verstehen Sie mich nicht falsch,ich kann mir weniger dümmliches Gerede vorstellen,als das,welches der Kölner unter #9 von sich gibt. Der bloße Hinweis darauf,dass auch hier Menschen mit Migrationshintergründen arbeiten, ist auch für mich kein Argument,sondern gekränkte Eitelkeit. Ein dänlicher Versuch, Relevanz zu generieren. Darum ging es mir in meinem Post.auch halte ich die Künstler mit Migrationshintergründen aus Köln, also die,um die es da geht, für gut genug, um nicht über die Mitleidsschiene Aufmerksamkeit bekommen zu müssen. Bärendienst würd ich sagen.
Auch ich halte es für sinnvoll,sich aktuellen Trends entgegenzustellen,wo nötig und das Denken nicht aufzugeben. Aber darüber zu reden,welche Gruppe von Menschen eigentlich alles entscheidet am Theater,wer ausgeschlossen bzw. unterrepräsentiert wird, was das über das Theater erzählt und ob man da nicht Wege finden muss, um das zu ändern,halte ich für eine Errungenschaft, hinter die wir nicht zurückfallen dürfen.
Einladungen tt18: Befangenheits-Verdacht
Ich würde gerne nochmal zum Auswahlprozess zurück kommen. Einem Beitrag von Fabian Wallmeier für den rbb war zu entnehmen, dass Thomas Oberender als Intendant der Berliner Festspiele an den Jurysitzungen teilgenommen hat, allerdings weder mit debattierte, noch Stimme hatte und jeweils wenn die Sprache auf das von den Festspielen produzierte "Nationaltheater Reinickendorf" kam, den Raum verließ. Dies wurde inzwischen so auch von Herrn Oberender auf Twitter bestätigt: die Regeln sähen das so vor.

Ich muss seitdem darüber nachdenken. Ich glaube gerne, dass die Beteiligten versucht haben, dem sich abzeichnenden Interessenskonflikt aus dem Wege zu gehen; bin aber erstaunt, dass dieses Vorgehen in der Presse nicht viel mehr Aufmerksamkeit findet.
Einmal schlicht als Grausamkeit: wer Herrn Oberender kennt, weiß er ist ein Mann des Wortes. Ihn dazu zu verdammen, Stundenlang stumm den Sitzungen der Jury zu folgen...
Dann, weil natürlich so ein Vorgehen den Produktionen des Hauses eine ganz andere Aufmerksamkeit sichert, als anderen, hausfremden Produktionen. Man stelle sich vor, die Jurysitzungen fänden in einem anderen der in Diskussion befindlichen Theater statt. Regelmäßig begrüßt Intendantin X die Gäste, sorgt für Speis und Trank und setzt sich dann - schweigend - dazu. Und sobald das Gespräch auf die Inszenierung X kommt, steht sie schweigend auf, verlässt den Raum und lässt sich dann wieder hereinrufen: denken Sie jetzt mal bitte NICHT an ein Känguru!
Noch anders: bei der Ausschreibung zum Bau einer Autobahnbrücke finden die Sitzungen der Kommission im Meetingraum eines Bauunternehmers statt, der selber ein Angebot abgegeben hat. Es würde schon reichen, dass er nur von den Angeboten der anderen hört, damit das ganze Verfahren ungültig würde.

Hier nicht. Und vermutlich gibt es ja auch Gründe dafür. Verständlich ist ja sowieso, wenn die Leiterin des Theatertreffens an den Sitzungen teilnimmt, irgendwer muss auch das Verfahren leiten und etwas den Überblick halten, was man ggfs. zu organisieren hat. Aber wenn überhaupt Produktionen für eine Theatertreffeneinladung in Frage kommen, darf der verantwortliche Intendant nicht dabei sein, die Jury nicht ansatzweise in den Verdacht der Befangenheit geraten. Es kommt hinzu, dass frühzeitig die Festspiele sich um die Bewahrung des "Faust" bemüht haben, ob mit Blick auf eine mögliche TT-Einladung, oder einfach so, und insofern eigentlich eine zweite Festspiel-Produktion nominiert wurde.

In Zeiten, wo Kultur und Theater in die politischen Kampflinien rücken und unverblümt vom "versifften Kulturbetrieb" gesprochen wird, dürfen in den Verfahren eines so wichtigen Leuchtturms, einer Bundesveranstaltung wie des TT keine Kompromisse gemacht werden.

Zur Klarstellung: zur Auswahl dieses Jahres kann und möchte ich gar nichts sagen. Ich habe eine Vorstellung des "Nationaltheaters" gesehen und finde gut, dass es sich auf der Liste findet.
Einladungen tt18: Teilhabe von allen
liebe jeanne, ich bin ganz bei ihnen - es geht um teilhabe von ALLEN - und zwar jenseits der mitleidsschiene (auch wenn die kulturelle teilhabe z.b. aller hartz4 empfänger und ihrer kinder für mich das größte problem darstellt - ohne dabei auf religion, pass, geschlecht oder hautfarbe ganz speziell zu verweisen - sorry, diese selektion nach untergruppen der ausgegrenzten möchte ich nicht befördern - sondern WIRKLICH die gleichheit aller menschen anstreben - oder glauben sie, das auch nur eines der kriterien wirklich für die menschliche würde entscheidend ist?

ps. auf den gedanken mit heiner müller bin ich durch die entfernung des gedichtes von gomringer gekommen - welche ich als genau den auch von ihnen befürchteten rückfall verstehe, den ich keinesfalls will.
Einladungen tt18: Fragen zu Quote und TT
Ich las in der Zeitung, dass jetzt auch beim Film die ProQuote-Diskussion geführt wird und habe plötzlich eine neue Sorge bekommen:
Beim Filmemachen sind die Geschlechter in den Beschäftigungsverhältnissen offenbar noch weit ungünstiger als im Theater berücksichtigt. Und die Unterschiede in der Bezahlung für gleiche Arbeit belaufen sich nicht auf die etwa 20 % weniger für Frauen als für Männer. Wenn hier jetzt die Frauen in ihrer Quotenforderung so viel öffentlichen Rückenwind durch Medien bekommen, besteht dann nicht auch die Gefahr, dass wir dabei übersehen, dass hier eine breite Befürwortung für ProQuote auch eine stillschweigende Begrüßung der angleichenden Bezahlung für alle bedeutete? Und zwar eine einvernehmlich nach unten Richtung für die Frauen bisher übrliche? Dann würde die ProQuoten-Diskussion von einer Bezahlungsgerechtigkeit in den künstlerischen Berufen gegenüber anderen eher ablenken als das zunehmnde Prekariat für Menschen in künstlerischen Berufen ablenken und gleichzeitig hätten alle dabei emoralisch eine weiße Weste bewahrt, oder?

#34: Sie haben gute eingängige Beispiele gefunden, ich verstehe eigentlich auch nicht, wieso Thomas Oberender dabeisein muss, wenn doch die kompetente Frau Büdenholzer da ist als für das Theatertreffen eigentlich zuständige Führungskraft. Entweder hat sie sein Vertrauen oder nicht. Was anderes sind die Repräsentionstermine wie Eröffnung des Treffens usw. Es ist so ein bisschen wie mit dem Bundespräsidenten, ohne den die Kanzlerin offenbar kein Kabinett aus gewählten Volksvertretern bilden kann - Sie beschreiben selbst Thomas Oberenders Kompetenz als Redner, ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum er sich da überhaupt reinsetzt - ER ist schließlich Intendant der Festspiele und hat Entscheidungsgewalt über das Prozedere...
Mit der Auswahl bin ich trotzdem zufrieden, auch wenn ich gern Otteni und SIGNA in irgendeiner Weise ebenfalls vertreten gesehen hätte.
Wenn sich die Festspiele um den Erhalt von Castorfs "Faust" unabhängig vom TT beworben haben und dafür Fördergelder generiert haben, wäre es doch gleich, ob die Jury seine Inszenierung auswählt oder nicht! Dadurch, dass sie ihn ausgewählt hat, kann die für die Inszenierung zugesicherten Fördergelder das Theatertreffen als Teil der Berliner Festspiele für sich sichern. Über die Finanzierung, die es ohnehin bekommt, hinaus... D.h. es spart als TT dadurch ca. 500 TEuro! bzw. muss diese nicht für andere Einladungen ausgeben... Hm. - Da kann man echt wirklich darüber nachdenken... Danke für Ihren Post! Ich wäre sonst nicht darauf gekommen, dass man darüber nachdenken kann!
Einladungen tt18: Vorfreude
ich freue mich auf dieses lange theatertreffen, tolle inszenierungen, ein dank an die jury.
Einladungen tt18: "Faust" - Zitat aus Der Freitag
thomas irmer:

" An Frank Castorfs Faust war für die siebenköpfige Jury kein Vorbeikommen als fundamentale Neudeutung im derzeit sogar auf der höchsten politischen Agenda stehenden Kolonialkontext. Wenn die Volksbühnen-Inszenierung im Mai im Haus der Berliner Festspiele gezeigt wird, wird die Welt noch einmal erkennen, was diesem Theater und seinen Schauspielern angetan wurde."


https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/revolution-nur-ohne-brecht
Einladungen tt18: Faust Kosten?
Weiß jemand, wieviel (Extra-)geld es kostet, dass Castorf seinen Faust nicht in der Volksbühne, sondern eben woanders gespielt sehen möchte?
Einladungen tt18: Geld als Maßstab?
#39

weiß jemand, welche folgen kunst- und kulturvernichtung für eine gesellschaft hat und GELD als ALLEINIGER wertmaßstab angewendet wird?
Einladungen tt18: Geld für Animosität
@40: Es wurde nicht nach Geld gefragt, dass für irgendwelche Kunst oder Kultur ausgegeben wurde, sondern für eine kleinkarierte private Animosität eines Künstlers.
Einladungen tt18: Geld fehlt der Szene
Liebe marie, bedenken Sie doch, das ohne diese Ausgabe keine Kunst und keine Kultur vernichtet würde, sondern schlichtweg am angestammten Ort aufgeführt. Und bedenken Sie einfach, wieviel Kunst und Kultur an jenen sonstigen Stellen durch die Zusatzausgabe für Faust vernichtet wird, weil das Geld dann natürlich dort fehlt, sei es in der freien Szene, oder wo sonst dieses Geld jetzt geklaut wird. Und wir reden da nicht von einer kleinen Theaterproduktion, die dafür geopfert wird, sondern von einer ganz anderen Dimension!
Einladungen tt18: Verteilung von Ressourcen
Lieber Adam Riese - es wird doch aber nicht geklaut das Geld, sondern in einer Weise verteilt, die man als sehr ungerecht empfinden und auch kritisieren kann? Das ist ein Unterschied. Geklaut wird Geld, wenn es Zwecken, die für die Gemeinschaft geltend gemacht werden unterschlagen und für private Zwecke geltend gemacht werden. Wenn schon, geht es hier um eine Ressourcen-Verschieberei, deren verantwortliche Verwalter sich selbst ersparen wollen, allgemein für Kunst und Kunstschaffende in diesem Land größere Anteile am verteilten Staats-Etat einzufordern. Es ist nämlich sehr mühevoll und schwerer als in anderen Fachbereichen, dies politisch als Notwendigkeit zu begründen. Und ohne wasserdichte Begründungen werden nun einmal keine Etats verteilt...
Einladungen tt18: Verschwendung?
lieber adam riese, ja ich habe das bedacht, glaube jedoch nicht, dass castorf das geld "geklaut" hat, bzw. seine geldgeben zum "klauen" animiert hat.

übrigens gibt es nicht nur im kulturbereich - besonders im militär- und finanzbereich jede menge geld-verschwendung - dies ist wohl aus dem gleichen - unseren - steuergeldtopf ... naja, wenn ich castorf wäre, würde ich dercons haus auch nicht mehr betreten und bespielen - das kann man verstehen - genauso wie die gesamten steuergeld-verteilungen -muß man nicht

#41 es geht um eine ausgezeichnete theaterinszenierung - an der castof einen entscheidenden anteil hat - meinen sie DAS mit "privat"?
Einladungen tt18: Ego und Verschwendung
Lieber D. Rust, auch wenn ich nicht ganz genau verstehe, was Adam Riese genau meint, so ist es doch sicherlich auch im Sinne Ihrer Argumentation, wenn man die verfügbaren Mittel als ausserordentlich knapp ansieht, und daher der Meinung ist, dass für sinnlose Verschwendung kein Raum ist.
Und als solche betrachte ich es, wenn ein sehr aufwendiges Theaterstück (das für sich schon jeden Rahmen sprengte, aber darum geht es noch nicht einmal) zwar im üblichen Modus und mit üblichem Aufwand aufgeführt werden könnte, aber nur aufgrund des Egos einer einzigen(!!) Person, die nicht wahrhaben kann, dass auch ihre Macht nach 25 Jahren einmal nicht mehr ganz unbeschränkt sein könnte, mit einem beinahe millionenschweren Aufwand in derselben Stadt für ganz wenige Vorstellungen in ein anderes Haus transferiert wird.
Einer regulären Vorstellung in der Volksbühne stehen ja keinerlei praktische Schwierigkeiten im Weg.
Denken Sie nicht auch, dass all jene Künstler, die von dem Topf, aus dem dieses Geld ja entnommen werden muss, nun einmal leben müssen, sich durch so eine Verschwendung gedemütigt fühlen müssen, und tatsächlich im Sinne von Adam Riese "beklaut"?
Einladungen tt18: Gesamtrahmen Berliner Festspiele
Doch, denke ich, ich hab mich oft genug auch gedemütigt gefühlt durch Verschwendungen dieser Art! - Eher diskriminiert als gedemütigt übrigens - Trotzdem ist Verschwendung Verschwendung und Diebstahl Diebstahl. Im Sinne von Adam Riese als Adam Riese wäre das nur eine umgestellte Gleichung und gar nichts sonst. Entweder sollte Adam Riese also seinen Nicknamen wechseln oder sich verständlicher ausdrücken. Diebstahl ist ja ein Straftatbestand, den kann man anzeigen. Verschiebung von Ressourcen in deren vorgesehenen Gesamtrahmen, die auf der einen Seite zu Verschwendung ohne Not (für Präsentation) und auf der anderen zu Verknappung (gegen Existenzsicherung von KünstlerInnen) ohne Not führen, sind aber kein Straftatbestand, sondern sind Ausdruck schlechten Geschmacks im zwischenmenschlichen Umgang, fehlender Anstand etwa - Ich denke, die Jury hat sich das nicht träumen lassen, als sie sich für diesen gewiss wunderbaren "Faust" vom Castorf entschied, der doch von den Berliner Festspielen ohnehin schon eingekauft war - wenn ich das richtig verstanden habe - gegen Sonderzahlungen, dass damit dieses Problemfass aufgemacht würde, wo denn nun in der Kulturförderung der Anstand anfängt und wo er aufhört? Es ist auch nichts einzuwenden, wenn denn das Geld, das die Berliner Festspiele für den Einkauf bekommen haben auch ZUSÄTZLICH in die TT-Kasse fließt, da sich Castorf mit seinem "Faust" nunmehr im TT einfinden darf zu unser aller Freude. Und dass es nicht wegen der Castorf-Bedingung der neuen Spielorteinrichtung wegen der Jury-Wahl nunmehr als erhebliche Mehrbelastung von der TT-Kasse genommen wird und die Zusatzgelder, die Castorf damit für die Berliner Festspiele eingespielt hat im wahrsten Sinne, zur freien Verschiebungsverfügung für Thomas Oberender innerhalb des Gesamtrahmens Berliner Festspiele verbleibt... Also das hätte ich gern erfahren, wie da nun wegen der eigensinnigen Jury letztlich verfahren wird. Am liebsten von Adam Riese persönlich! Aber ein Wort von Thomas Oberender dazu täte es auch...
Einladungen tt18: die Konsequenz
ein anderer gedanke: wie wäre die diskussion verlaufen, wenn aus geldgründen der "faust" nicht zu den theatertagen eingeladen werden würde?

... und dies in der stadt des BER-debakel - ganz abgesehen von der millionen-vorfinanzierung der "neuen" vb mitsamt des "sagenhaften Satellitentheater-phantoms" von Francis Kéré ...

ich schätze die konsequenz castorfs, sich klar von von solchen offensichtlichen - zwar geldschluckenden, aber an peinlichkeit schwer zu übertreffenden - mauscheleien abzugrenzen, welche aus meiner sicht die lächerlichkeit JEDER gelddiskussion in berlin begleitet ... und wenn dies sein "ego" ist, zu dem er steht, schicke ich "buh" und "bravo"-rufe aus bayreuth als echo zu seiner standfestigkeit, die vor allem klare haltung beweisen, die als signal der gegenwart verstanden werden kann ... JENSEITS von allen geld-götzen-anbetern, die sich sehr gern für die resourcen -verlagerung von militär+bankenrettungs-milliarden für die kunst (+bildung/pflege/wohnen) engagieren dürfen, wenn sie es denn ernst meinen mit ihrer GELD-kontrolle - und nicht eigentlich ihre anti-castorf-argumente verbreiten wollen.
Einladungen tt18: Demut!
Wo kann ich spenden, damit diese unsägliche Debatte aufhört? (12,50 für jeden der 40000 Petitent/inn/en und gut is.)

Dass "Faust" nicht bei einem jovialen Gastgeber Dercon gezeigt würde, war doch wohl seit der Premiere klar! Der soll schon selbst malochen anstatt sich mit fremden Federn zu schmücken. Bei einem Sofortrücktritt würde Faust in die VB zurückkehren. Und zwar über den Mai hinaus.

Vielleicht mögen Renner und Müller das aus Ihrem Privaten bezahlen als Resozial(demokrat)isierungsmaßnahme.

Wie wäre es alternativ, die verschleuderten 2 Millionen Vorbereitungsetat von Dercon -- wohlgemerkt OHNE erkennbaren künstlerischen Gegenwert -- zurückzufordern, dafür "Faust" zu transferieren und noch 1,5 Millionen für die Freie Szene übrig zu haben? Win-win-win.

Hier wird der Gärtner zum (Sünden-)Bock gemacht.

Was war die Abberufung Castorfs durch Tim Renner anderes als eine "persönliche Animosität"? Wieviel kostet die? Und seit wann beugt sich ein Künstler der Inkompetenz der Amtsstube. Die Transferkosten mahnen. Sie erinnern an den Federstrich Renners, an das Vertragsklammern Dercons. Das ist sehr gut so.

Mir wäre es im Zweifel lieber, wenn "Faust" *nicht* wieder gegeben wird. Kulturvernichtung bleibt Kulturvernichtung. Das wäre auch ein Mahnmal.

Und alle, die zwischen 2015 und heute behaupten, dass uns nichts verloren gegangen sei, da Castorf/Pollesch/Fritsch/... ja "woanders" weitermachen könnten, wären spätstens dann Mores gelehrt.

Kein "Faust" in Dercons Theater. Kein "Es ist doch alles nur halb so schlimm." Keine Legitimation dieses historischen Vergehens, solang Renner/Müller/Dercon weitermachen, als ob nichts geschehen sei. Rücktritt, Amtsverzicht, Entschuldigung, Anerkennung der Fehlentscheidung. Demut!
Theatertreffen 2018: Kulturstalinismus
Nein Herr Zisch, See sollten wenn dann für jene Künstler spenden, denen jetzt das Geld weggenommen wurde. Und zwar für nachweisbar KEINEN künstlerischen Mehrwert, da nachweisbar kein neues Stück entsteht durch dieses Geld, sondern nur etwas wiederholt wird, was auch ohne dieses Geld wiederholt werden könnte.
Wem hilft es, zu behaupten, man hätte, hätte, früher eventuell ja woanders was sparen können? Man hätte sich den 1. Weltkrieg sparen können, zum Beispiel. Na und?
Dafür behaupten Sie ex cathedra, "künstlerischen Gegenwert" bestimmen zu können, noch dazu von etwas, was gerade erst begonnen hat, noch dazu von etwas, das durch Schwierigkeiten behindert wurde, die von Leuten wie Ihnen bewusst und unnötig erzeugt wurden.
Das ist Kulturstalinismus. Und das bruachen wir nicht.
Sie reden damit der Kunstvernichtung das Wort. In Bezug auf Dercon, und mittels Faust jetzt auch noch auf zahlreiche andere Künstler, von denen wir ja nie erfahren werden, welche Werke sie jetzt eben nie werden kreieren können.
Aber Sie denken wohl, ab jetzt muss alles Theater der Welt nicht *für* die Kunst, sondern *gegen* einen aus welchen idiotischen Gründen auch immer verhassten Intendanten gemacht werden.
DAS IST DAS ENDE:
Berliner Theatertreffen: Vinge / Müller im Prater?
Gehen Vinge/Müller mit ihrem ganzen Krempel in den Prater? Steht der leer? Habe vage im Hinterkopf, dass es nicht mehr in Reinickendorf platziert werden könne. Hat jemand Fakten?
Berliner Theatertreffen: keine Vinge/Müller-Vorstellungen
@50: Nope. Es wird keine Vinge/Müller-Vorstellungen während des Theatertreffens geben.
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