So sterben Arschlöcher

von Verena Großkreutz

Stuttgart, 26. September 2014. "Was gibt's Neues in unserem Wackelstaat?", fragt Lord Hastings (Elmar Roloff), bevor er, wie die meisten anderen, sterben muss. Ach so, jetzt schnackelt's beim Zuschauer in Sachen Bühnenbild – gespielt wird durchweg auf einer runden, langsam rotierenden, blutroten Fläche, die mal nach hinten, mal nach vorne kippelt: In Englands Gesellschaft ist halt der Wurm drin. Die Machtverhältnisse ändern sich von Tag zu Tag, immer entlang einer fetten Blutspur.

Die wacklige Ebene wäre ja eine ganz schöne Idee, wenn sie im Stuttgarter Schauspielhaus, wo Robert Borgmann seine Version von Shakespeares "Richard III." vorstellte, nicht schon so oft dagewesen wäre: Zum Beispiel in Armin Petras' Kleist-Adaption der "Marquise von O" letzte Saison oder in der vorletzten in Stephan Rottkamps Inszenierung von Gerhart Hauptmanns "Einsamen Menschen". Immer kippelt's, immer ist der Rest der Guckkastenbühne wie kahlgeschoren.

Tschechow-Atmo
Wie schon in seiner Erfolgsinszenierung Onkel Wanja peppt Borgmann den nackten Raum auf mit schönen Lichtspielereien: Symmetrisch angeordnete Leuchtröhren formen mal grafische Muster, mal blenden sie durch Schockblitze. Und hier wie dort unterlegen Musiker live das Geschehen mit Elektro-Soundscapes, mal sanft, mal scharf rockend. Die träge Tschechow-Atmo atmet auch dieser Abend. Es herrscht Stillstand im Staate England. Und weil alles eh schon so tranig ist, stirbt man gelinde: Guckt auf die Videoleinwand, sieht sein Spiegelbild, wie es die Hände vor die Augen schlägt, und fällt um.

31083 richard iii honorarfrei 02 560 ju ostkreuzMarek Harloff als Richard III. © Julian Röder Ju / Ostkreuz

Anders als im Falle Wanjas hatte Borgmann auf "Richard III." aber offenbar keinen Bock, gibt sich auch keine Mühe, die Geschichte zu vermitteln. Stark gekürzt wurde die Thomas-Brasch-Übersetzung. Selbst wer den Text mal gelesen hat, wird der Geschichte kaum folgen können.

Sprache egal
In "Richard III." zeigt Shakespeare ja die blutige, aber verdammt simple Logik einer Machtergreifung: Wenn niemand mehr da ist, um seine Machtansprüche zu verteidigen, dann ist der, der übrigbleibt, der König. Ob Bruder, Neffe, Gattin: Scheiß auf Freundschaft, Vertrauen, Mitgefühl. So geht Richard über Leichen. Und stirbt alleine auf dem Schlachtfeld, verlassen, verfolgt nur von den Geistern jener, die er töten ließ. So stirbt ein Arschloch: Schreit am Ende nach einem Pferd. Aber diese Story wird erst groß, weil Shakespeare das Existentielle zu einem Kampf macht um die und mit der Sprache.

31097 richard iii 09 560 ju ostkreuz uBalance halten! Die Drehscheibe kippelt. © Julian Röder JU/Ostkreuz

Die spielt aber an diesem Abend in Stuttgart keine wirkliche Rolle. Warum brüllt Lady Anne (Sandra Gerling) derart, dass der Sabber fließt? Wer brüllt, den versteht man doch nicht. Das ist oft so an diesem Abend. Das Publikum blickt in ästhetisierende, abstrakt-grafische Bilder, die austauschbar sind wie die Kostüme. Ob Medicikragen oder Halskrause, ob Springerstiefel oder Stöckelschuh, ob Anzug oder Bankettkleid, Borgmann will sich nicht festlegen: Und die Bühne dreht sich, und mit ihr der Mummenschanz einer mit sich selbst beschäftigten, oft albern wirkenden Personage.

Eingesprungener Hauptdarsteller
Warum bloß trägt der Prinz – immer im Schlepptau der Königin Elisabeth, die Susanne Böwe schön schnippisch gibt – einen schwarzen Sack über dem Kopf? Ist Richards Bruder Clarence, den Manolo Bertling empfindsam spielt, jetzt schon ein Geist, oder warum trägt er einen Totenkopf mit sich herum? Warum ist der Herzog von Buckingham eine Herzogin (Katharina Knap)? Und warum suhlt sich Richard III. am Ende nackt in schwarzer Farbe? Reminiszenz an Othello und Thematisierung der Blackfacing-Debatte? Und warum bloß mutiert der debil sabbernde, lallende König Edward, leidenschaftlich komisch gespielt von Peter René Lüdicke, zwischendurch zur Heinrich-VI.-Witwe Margaret und dann sogar noch zum Mörder? Fragen über Fragen, die das Publikum plagen.

Und Richard III.? Eine Woche vor der Premiere sprang Marek Harloff ein für den erkrankten Thomas Lawinky. Nicht genügend Zeit, wirklich ein Rollenprofil zu erarbeiten. Im schwarzen Anzug und in Springerstiefeln bietet Harloff einen pubertären, in seinen Stimmungen gnadenlos schwankenden Richard an: mal aggressiv-cholerisch, mal flattrig-nervös, mal rotzig gelangweilt oder provokant herumkaspernd. Wie alles an diesem Abend lässt einen aber auch Richards junges Alter Ego (Hosea Hellebrandt) kalt, das zu Beginn den Hausvogel würgt und am Schluss unter grellem Blitzgewitter seine Mutter (?) mit dem Messer massakriert. Und weil eh schon alles so beliebig ist, endet das Stück auch nicht mit Shakespeare, sondern mit einem Gedicht von T.S. Eliot: "The Hallow men", das Katharina Knap rezitiert. Aber das merkt nur der, der es kennt – im Programmheft, das offenbar ähnlich verrätselt daherkommen möchte wie die Inszenierung, ist es nicht erwähnt.

Richard III.
von William Shakespeare
Deutsch von Thomas Brasch
Regie / Bühne: Robert Borgmann, Kostüme: Adriana Braga Peretzki, Musik: webermichelson, Licht: Carsten Rüger, Video: Lianne van de Laar, Dramaturgie: Jan Hein.
Mit: Marek Harloff, Manolo Bertling, Susanne Böwe, Sandra Gerling, Katharina Knap, Peter René Lüdicke, Elmar Roloff, Hosea Hellebrandt, Georg Wesch / Samuel Liebhäuser, Frank Laske.
Dauer: 2 Stunden 45 Minuten, eine Pause

www.schauspiel-stuttgart.de



Kritikenrundschau

Borgmanns "Regie findet nicht das richtige Maß, um dieses dynastisch verwickelte Königsdrama nachvollziehbar zu erzählen", schreibt Roland Müller in der Stuttgarter Zeitung (online 27.9.2014). Seine Inszenierung gebe "dem Zuschauer viele Fragen mit auf den Weg. Wer wen weshalb mordet, bleibt im Lauf des stark gerafften Handlungsgangs im Dunkeln, wobei zur unklugen Dramaturgie erschwerend hinzu kommt, dass einige Schauspieler in Mehrfachrollen zu sehen sind." Die in der Titelpartie "suggerierte Klein-Richard-Diagnose" wirke "banal". Immerhin könne man "bestechenden Effekten" beiwohnen. "Bühne, Licht, Musik machen ihre Sache so perfekt, dass sie gemeinsam als Multimedia-Installation jedes zeitgenössische Museum schmücken würden."

"Der Abend als dunkler Albtraum, das ist klug gedacht und erklärt manches Unerklärliche von Shakespeares Drama", schreibt Nicole Golombek in den Stuttgarter Nachrichten (29.9.2014). So klug die Inszenierung, so "akustisch fragwürdig" sei sie. "Bormann hat Thomas Braschs ruppige Übersetzung gewählt, da wäre das zusätzliche Vokale-Verschlucken, Keifen und Herumranzen im Bemühen um größtmögliche Gegenwartsglaubwürdigkeit nicht auch noch nötig gewesen", findet Golombek. Dennoch gelängen großartige Szenen. "Jeder spielt um sein Leben, aber stilvoll." Der Pessimismus, die inszenatorische Befreiung von dem Druck der psychologischen Erklärung gebe dem Abend etwas tragisch Flüchtiges, "wie ein Gebilde aus grauen Wolken, das drohend über einem schwebt, aber schön anzuschauen ist".

"Blutleer bleibt die reißbretthafte Theorie, die ihren faden Faden durch die Inszenierungsrätsel ziehen mag", schreibt Martin Mezger in der Eßlinger Zeitung (29.9.2014) und sieht ästhetischen Wagemut, "wenn's denn einer ist", in furztrockenen Seminarismus umschlagen und finalmente einen "Hirnkrampf, vom Publikum mit ratlosen Buhs bedacht".

"Robert Borgmanns 'Richard'-Inszenierung ist eine verunglückte Reflexion darüber, wie fern das Stück ist," schreibt Peter Michalzik in der Neuen Zürcher Zeitung (30.9.2014). Die Aufführung sehe aus, "wie wenn die neunziger Jahre nicht sterben dürften, grosse grelle Theaterbilder als simple Sinnbilder. Neonröhren und undefinierte Schwarz-Weiss-Videos. Die bühnengrosse Scheibe dreht sich und kippelt wie eine Schaukel, warum sie wer auf welche Seite senkt, erschliesst sich nicht. Das macht kein Übergewicht sinnfällig, ist kein Spiel, ist nichts. Die Aufführung kennt keine Dialoge, nur Zustände, sie ist ein Sich-um-sich-selbst-Drehen." Marek Harloff spiele die Titelrolle als "Narziss ohne Ich". Sonst mühe er sich. "Harloff hat die Rolle eine gute Woche vor der Premiere von Thomas Lawinky übernommen. Das Stück trotzdem herauszubringen, war fahrlässig, die Aufführung ist nicht nur unausgegoren, sondern unfertig."

Kommentare  
Richard III., Stuttgart: klingt nach Hartmann
Kippende Spielfläche? Brüllende Schauspieler? Effekte? Das klingt doch nach Sebastian Hartmann? Frage: kam der Intendant, Seb…. ah nee: Armin Petras, auch diesmal beim Buhkonzert auf die Bühne? Wäre schön, wenn die Nachtkritikerin das noch ergänzen könnte. Und den Stuttgartern viel Spaß beim Purpurstaub nächste Woche. Das wird noch besser...
Richard III., Stuttgart: wieso Petras?
Ist das nicht ein bisschen viel RIII im Moment landauflandab? Und wieso geht Arnim Petras auf die Bühne, wenn er gar nicht inszeniert hat? Ich verstehe hier gar nichts mehr- ich glaube, ich brauche eine Pause. Dabei wäre es so interessant, bei der Kommentatorenpresseschau weiterzumachen als dieses unwichtige Theater zu begaffen...

(Sehr geehrter D. Rust, User @1 bezieht sich offenbar auf eine Aussage von Armin Petras gegenüber der Stuttgarter Zeitung: Wenn er, so Petras, mit seinen Regisseuren am Schluss in den Buh-Orkan trete, werde es eine "sehr erfolgreiche Produktion". Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)

dazu: http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=9985:2014-09-17-10-14-25&catid=242:Presseschau&Itemid=115
Richard III., Stuttgart: Gymnasiasten-Party
Manchmal musste ich einfach nur noch lachen.
Als säße man im Partykeller von einer Bande 15-jähriger verschwitzter Gymnasiasten, die zu uncool sind um'ne wirklich richtig krasse Party zu machen, und zu cool um auf die Partys von den anderen zu gehen.

Und dann sitzt man da in diesem Scheißpartykeller und denkt sich: "Pubertät ist echt Scheiße anstrengend. Und müffelt."
Richard III., Stuttgart: Schreien will gekonnt sein
Vor einem Jahr, als Herr Borgmann bereits für seinen ONKEL WANJA von den Stuttgartern ausgebuht wurde, sprang ihm Armin Petras beim Premieren-Buh-Orkan unterstützend an die Seite.
Es war gestern wirklich sehr dünn. Und die Schauspielerleistungen (Sandra Gerling wie schon im WANJA nur brüllend und nölend...) mäßig. Schreien will eben auch gekonnt sein.
Richard III., Stuttgart: überheblich
Bitte nicht buhen ihr Stuttgarter!
Sonst glauben wieder einige; wer den "Bürger" ärgern kann muss auch was zu sagen haben.
Ein unfassbar seichter Abend, als würde die Weltlage nicht genug Anschauungsmaterial bieten um sich den Willen zur Macht auch außerhalb der Hippstergemeinde und dem ironischen Kinderladen vorstellen zu können.
Manoman!
Wie sicher muss man sich im Theaterbetrieb fühlen, um zu glauben so leichtfertig sein zu können.
Überheblichkeit!
Richard III., Stuttgart: keine Figurenarbeit
@4: Die Schauspieler dieser Produktion sind einer offensichtlich hilflosen Regie ausgeliefert. Ihnen kann man diesen unterirdischen Theaterabend nicht zum Vorwurf machen. Herr Borgmann scheint sich ausschließlich für seine Bühne, seine Effekte und seine Sounds interessiert zu haben. Von szenischer oder Figurenarbeit ist nichts zu sehen, es bleibt bei Gehampel und verzweifeltem Geschrei.
Richard III., Stuttgart: Aber der Lohn
Fraglos ein problematischer Abend, mit Zuschauerschwund nach der Pause.
Das o.g. Brüllen stört nicht weiter (zweite Aufführung), aber die Akustik des Bühnenbildes ist problematisch.

Bei aller Kritik fehlt oben allerdings die Beschreibung folgender Radikaldramaturgie: wer bereit ist, (irgend) ein Schurkenwerk von
Shakespeare als (bloßes) Vorspiel zu "The Hollow [sic] Men" zu begreifen, wird hier reich belohnt, mit einer ergreifenden Schlussszene von großer Theaterkunst und Wahrheit. Schönheit auch.

Wenn auch zu einem hohen Preis. Ihn zahlt Shakespeare.
Richard III., Stuttgart: große Spielplanschau
So, ich habe mir das Stück nun gestern abend angesehen, also die zweite Aufführung von "Richard III".
Zunächst mal mein Lob an Verena Großkreutz, die das Stück meiner Ansicht nach sehr gut darstellt.

In der letzten Spielzeit gab es schon einige Stücke, die mich eines schönen abends beraubt haben. "5 morgen" muss man nicht gesehen haben, "Caligula" fand ich unglaublich schlecht umgesetzt, "Das kalte Herz" fand ich stellenweise richtig lächerlich, "Das Versprechen" hat mir nur wegen Fritzi Haberlandt wenigstens etwas gefallen, "Der Besuch der alten Dame" war schlecht auf die Bühne (eigentlich ja vor die Bühne) gebracht, "Drachenblut" - da hatte ich mich geärgert, dass ich in der Pause (nach dem durchaus sehr sehenswerten Stück "Die Marquise von O.") nicht gegangen bin, "Die Reise" - da muss man allerdings zu Gute halten, dass das Buch sehr gut umgesetzt ist, denn das Buch ist nicht lesbar und somit muss auch die Inszenierung ja nicht anschaubar sein (oder?), "Doppelgänger" - da war für mich das einzige Highlight, dass im Zuschauerraum Diana Haller saß, die ich kurz zuvor als Cenerentola in der Oper gesehen hatte (billiant !) - aber das Stück ... was solls, zu dem Zeitpunkt war ich schon so einiges gewohnt, "Das Leben des Galilei" war auch ein verschwndeter Abend und "Liebe Kannibalen Godard" ebenso, aber nach "Onkel Wanja" war Katharina Knap eine meiner Lieblingsschauspielerinnen, denn sie war die Einzige, der ich an diesem Abend gerne zugesehen habe.

Ja und nun hat sich der Richard III auch in diese Liste eingereiht. Also ich empfehle, all diese Stücke zu meiden. Wenn sie was tolles sehen wollen, dann kaufen sie sich eine Karte für eines der folgenden Stücke: "Am schwarzen Berg", das ist sicherlich nicht für jedermanns Geschmack, aber mir hat es gefallen. "Das Fest" war für mich eine sehr gelungene Inszenierung, ist aber schon thematisch auch nichts für jedermann. "Der zerbrochene Krug", ja was soll ich sagen? Ich war drei mal drin und würde es jederzeit wieder tun. "Die Dreigroschenoper", ist leider sehr weit weg vom Original, aber das kann man sich anschauen. "Die Marquise vonm O." ist sehr gut umgesetzt, nicht zuletzt wegen der tollen Schauspieler - aber nicht vergessen: unbedingt in der Pause nach hause gehen, denn danach kommt "Drachenblut" und die Zeit kann man nebenan im das-gast.de deutlich besser verbringen. "Die Räuber" sind auch weit weg vom Original, aber nicht zuletzt durch Paul Schröder ist das ein harausragendder Abend, den ich mir auch mehrmals gegönnt habe und jedes mal wieder begeistert war. "Effi Briest" war sehenswert und briliant besetzt. "Fahrerfucht/Fluchtfahrer" hat mich zwar nicht vom Hocker gerissen, ist aber auch einen Besuch wert. "Fräulein Smillas Gespür für Schnee", da war ich sprachlos, denn diese beiden Schauspieler hatte ich nicht erwartet und dementsprechend hochwertig war auch der ganze Abend. "Ihpigenie auf Taris", dazu kann ich nur sagen, wenn Edgar Selge und Franziska Walser mitspielen, dann ist das immer einen Besuch wert. "Mario und der Zauberer" ist dann wieder Paul Schröder und dieses mal sogar -PUR- also absolut sehenswert. "Reigen" ... (zu Edgar Selge und Franziska Walser muss man nichts mehr schreiben, einfach hingehen). In "Ronja Räubertochter" hat mir Svenja Liesau richtig gut gefallen, die mir ansonsten nie so wirklich im Gedächtnis blieb, sich durch dieses Stück dann aber doch in die Reihen der für mich sehenswerten Schauspieler gespielt hat. "Sobald fünf Jahre vergehen" war für mich ebenfalls ein Highlight, da bin ich gleich am nächsten Tag nochmal rein und wenn ich für den dritten Abend nicht schon anderweitig Karten gehabt hätte, wäre ich auch noch das dritte mal rein - aber Achtung: ich glaube das ist auch nichts für jeden. "Szenen einer Ehe" war mit Joachim Krol natürlich eines der besten Stücke, da ist mir sogar Astrid Meyerfeldt nicht so negativ aufgefallen wie in den anderen Stücken in denen sie mitgespielt hat. Der "Urgötz" ist schon eine Zumutung, aber ich finde ja nicht alles schlecht und nach der obigen Negativaufzählung, ist das eines der Stücke, die ich dann doch eher hier bei denen nennen möchte, das man anschauen kann. "Zerbombt" war natürlich ganz schwere Kost, aber einfach wahnsinning brillient umgesetzt mit Manolo Bertling und Maja Beckmann auf einem einmaligen Niveau und auch Robert Kuchenbuch, der mir sonst eigentlich nicht so sehr gefallen hat, hat hier wirklich gut mitgespielt.

Also alles in allem bin ich immer noch der Meinung, dass sich das Schauspiel Stuttgart lohnt. Man muss eben etwas aufpassen und nicht nur Stücke der eingangs erwähnten Kategorie anschauen, sondern eher die anderen. Wer dennoch verdrossen ist, weil er mit den Inszenierungen nicht wirklich viel anfangen kann, der soll einfach zum "Theater der Altstadt" gehen. Da hat mir bisher alles (na gut, die Inszenierung "Der Entaklemmer" vielleicht mal ausgenommen) gefallen. Derzeit kann man dort wieder den Faust I sehen in einer - wie ich finde - sehr guten Inszenierung.

Aber ich wollte eigentlich was zu "Richard III" schreiben, stimmt ja. Schon komisch, das mein Gedächtnis sowas immer rasend schnell ausradiert - zum Glück, so verliert man die Lust am Theater nicht. Also wie schon eingangs erwähnt, ist es von Verena Großkreutz hervorragend beschrieben, sodass ich nur noch ein paar Eindrücke von mir ergänzen möchte: Bereits vor der Pause hat sich der eine oder andere Platz schon geleert, ich saß in Reihe 8 habe also hinter mir nichts mitbekommen, aber vor mir waren bis zur Pause schon ein paar Leute verschwunden. ich hatte mir auch überlegt die Pause für einen Absprung zu nutzen, muss aber gestehen, dass mir die Schauspieler allesamt recht gut gefallen haben. Ja sie haben oft rumgeschriehen und sind ab und an wirklich ziemlich dämlich rumgehampelt und rumgerannt, da kann ich einige Kommentare hier schon sehr gut nachvollziehen - die sind wirklich nicht übertrieben. Aber der Handlung konnte ich zumindest folgen. Klar war viel gekürzt und ... naja ... ok es war schon nur noch am Rande der "Richard III", den man erwartet, wenn er als Stück "von" William Shakespeare angekündigt wird. Warum sich Katharina Knap am Schluss dann noch auszieht mag verstehen wer will - ich finde sowas immer ziemlich dämlich. Im Theater mag das mal der Hit gewesen sein, heute finde ich das, wie schon jemand kommentiert hat, eher den Ausdruck der Hilflosigkeit, weil man nicht weiß wie man so einer Inszenierung ein Ende bereiten soll. Ja, mehr hab ich auch nicht zum Stück selbst zu ergänzen, einfach nicht hingehen und am Besten zukünftige Inszenierungen dieses Regiseurs ebefalls meiden (eine zweite Chance hat jeder verdient, aber das war sie ja nun schon. Also: Tschüss).
Richard III., Stuttgart: Hinweis
http://www.deutschlandfunk.de/staatstheater-stuttgart-premiere-von-richard-iii-und-die.691.de.html?dram:article_id=298962
Richard III., Stuttgart: Was ihr wollt
Der Bewertung der letzten Saison, meines halben Namensvetters, kann ich nur zustimmen. In der letzten Spielzeit wurde sogar Goethe wiederlegt. Viel Licht ist nicht notwendig, um viel Schatten zu werfen.
Beim Richard war ich immerhin überrascht, dass er früher zu Ende war als angekündigt. Dies lässt mich doch irgendwie positiv auf den Abend zurückschauen.
Auch wurde, als sich die Knap auszogen, möglicherweise die Frage beantwortet, wer die Nachfolgerin von Nadja Stübiger wird.
Ein Stück mit der Stübiger war ja erst dann aus, wenn sie nicht wenigstens einmal nackt war. Und Nachfolge ist ja nun wirklich ein Thema beim Richard.
Der Abend hat also Fragen aufgeworfen, die sich Borgmann wohl nie gestellt hat. Er hat damit Inhalte aus dem Richard herausgeholt, die so wohl gar nicht im Stück stecken. Aus dem Richard wurde ein richtiges "Was ihr wollt".
Mir bleibt nur noch übrig, mit einem "Ende gut, alles gut" zu schließen.
Richard III., Stuttgart: Stuttgart findet's auch doof
An Frau Dössel:
Ich danke Ihnen sehr für Ihre Beschreibung heute in der Süddeutschen Zeitung. Lange Zeit galten wir, die Leipziger, ja immer als bekloppt, weil wir zu, wie sagte der ehemalige Intendant, doof seien für richtige Theaterkunst (natürlich waren allein seine Inszenierungen gemeint!). Nun hat der neue Stuttgarter Intendant das Modell nach Baden-Württemberg exportiert. Dass das Stuttgarter Theaterpublikum das nun auch erleben darf, tut mir leid für sie. Aber anscheinend reagieren sie dort genauso wie wir hier - sie findens doof. Das beruhigt, gibt's nun also neben Leipzig auch noch in Stuttgart doofe Zuschauer.
Viel Spaß die nächste Zeit, liebe Stuttgarter. Sorry. Aber auch das geht vorüber...
Richard III., Stuttgart: Häme
Lustig, wie die Häme der verbitterten Leipziger nun auch nach Stuttgart überschwappt, müssen sie doch mit einem Haus, einem Intendanten leben, der überregional "keine Sau" interessiert.
Das Haus ist voll, aber die Kunst ist weitergezogen.
Zum Beispiel nach Berlin, wo ich wahnsinnig gespannt auf die morgige Woyzeck-Premiere von Sebastian Hartmann gespannt bin.
Richard III, Stuttgart: es lebt
Ich habe die Kommentarspalte interessiert durchgelesen und würd mir ja gerne mal eine der nächsten Premieren in Stuttgart anschauen. Da geht was. Da lebt was. Und Petras fand ich schon in Berlin gut. Allein, von Leipzig aus ist es ein bisschen weit bis in den Süden.
Allerdings, @ Peter Lustig: Was Ihre Einlassung mit der Diskussion und mit der Replik von "Leipziger" zu tun haben soll, will sich mir nicht so recht erschließen. Häme? Verbittert? Die Kunst ist weiter gezogen? Bitte: Wovon reden Sie eigentlich? - Und kümmert es denn die Welt, was Sebastian Hartmann grade macht?
Viel Spaß bei Woyzeck. Hoffentlich wirds Kunst und Hartmannesk gut, ich wünsch es wirklich allen, die irgendwie damit zu tun haben!
Richard III., Stuttgart: TT-Jury
Was sagt das eigentlich über die Jury des Theatertreffens aus, die dieses Jahr ein Stück eines Regisseurs einlädt, dem man schon eine Produktion später eklatante Mängel in seiner Berufsausübung zuschreibt?
Richard III., Stuttgart: über die Königsmacher
@ 14:

1. dass das Prinzip "Hosianna und Kreuzige" immer noch funktioniert
oder
2. dass es keine guten Regisseure gibt, die auch mal von allen guten Geistern verlassen werden bzw. umgekehrt
oder
3. dass man die Eitelkeit/Blindheit der Königsmacher und Genie-Entdecker nicht unterschätzen darf
Richard III., Stuttgart: die Nutzlosigkeit menschlichen Strebens
Habe Richard III. gestern sehen dürfen und bin erstaunt, wie zwingend sich die Nutz- und Befriedigungslosigkeit des menschlichen Strebens auf den Zuschauer übertragen hat. Richard, wie er sich im Finale vom großen Ziel abwendet, um sich in Detailfragen zu flüchten, sich an ihnen zu ereifern, damit es irgendwie weitergehe. Die dreieinhalb Stunden vergingen wie im Flug, gemessen an der Zähschwärze, welche ich als Zuschauer postwendend ersteinmal zu verarbeiten hatte.
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