Ärger um Dries Verhoevens HAU-Projekt "Wanna Play?"
Ruf nach dem Datenschutz
Berlin, 4. Oktober 2014. Die vom Theater Hebbel am Ufer (HAU) initiierte Performance Wanna Play? am Heinrichplatz veröffentlichte den Chat aus der Dating-Plattform Grindr – ohne, dass der Verfasser davon wusste. Der Betroffene fühlt sich "digital vergewaltigt" und will nun juristisch gegen die Veranstalter vorgehen, meldet die Berliner Zeitung. Dries Verhoeven hat am Donnerstag am Heinrichplatz in Kreuzberg einen verglasten Container aufgestellt. In dem chattet er mit schwulen Männern über die Dating-App Grindr. Auf einer LED-Wand hinter ihm können Passanten die Kommunikation mitverfolgen: Alle Gespräche, die Profilnamen und Profilfotos der Männer. Die Bilder waren zunächst kaum verfremdet und in Negativfarben zu sehen.
Über die Plattform Grindr hatte Verhoeven Parker T. angesprochen, einen in Berlin lebenden Amerikaner. Beide chatteten eine Weile, tauschten Bilder aus. Dann verabredeten sie sich am Heinrichplatz. Als Parker T. dorthin kam, sah er den Container, die Menschen, die davor stehen blieben und jede Zeile seines Chats mit Verhoeven mitgelesen haben und jedes eigentlich vertraulich gesendete Bild sehen konnten. Parker T. sagte, für ihn sei das eine Demütigung gewesen, er habe sich hintergangen gefühlt. Er stürmte in den Container, versetzte dem Künstler einen Faustschlag und schmiss einen Tisch um.
Laut Berliner Zeitung will er Anzeige erstatten, hat den Vorfall auch auf facebook gepostet. "Ich schäme mich nicht dafür, was ich geschrieben habe. Ich bin aber erschüttert, dass diese Leute meinen, meine privaten Gespräche einer johlenden Öffentlichkeit präsentieren zu dürfen."
Inzwischen sind erste Konsequenzen gezogen. Am Freitagnachmittag seien Gespräche über die Plattform und die Profilbilder auf der LED-Wand nur verschwommen zu erkennen gewesen.
(www.berliner-zeitung.de / sik)
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
meldungen >
- 17. April 2024 Autor und Regisseur René Pollesch in Berlin beigesetzt
- 17. April 2024 London: Die Sieger der Olivier Awards 2024
- 17. April 2024 Dresden: Mäzen Bernhard von Loeffelholz verstorben
- 15. April 2024 Würzburg: Intendant Markus Trabusch geht
- 15. April 2024 Französischer Kulturorden für Elfriede Jelinek
- 13. April 2024 Braunschweig: LOT-Theater stellt Betrieb ein
- 13. April 2024 Theater Hagen: Neuer Intendant ernannt
- 12. April 2024 Landesbühnentage 2024 erstmals dezentral
neueste kommentare >
-
Medienschau Giesche Marginalisierte Positionen
-
Leser*innenkritik Ellbogen, Maxim Gorki Theater Berlin
-
Orden für Jelinek Ode an El Friede
-
Wasserschäden durch Brandschutz Rechnung
-
Medienschau Dt-Defizit Mitarbeiterrücken
-
ja nichts ist ok, Berlin Danke, Fabian!
-
Medienschau Hallervorden Stereotyp und einseitig
-
Olivier Awards 2024 Wunsch
-
Wasserschäden durch Brandschutz Es dauert
-
Wasserschäden durch Brandschutz Fragen eines lesenden Laien
nachtkritikcharts
dertheaterpodcast
nachtkritikvorschau
Verstehe nicht ganz, worauf Sie hinaus wollen.
Beste Grüße, FZ
Also oberflächlich bedacht würde ich sagen, John Grey gespielt von Mike Rourke war ein prägendes Porno-Alter-Ego. Und zwar ein Soft-Porno-Alter-Ego. Der wirft ja solche langen Schatten, dass heute noch filmhistorisch unterbelichtete und unterbeschäftigte Literaturwissenschaftsstudenten vergeblich und umfänglich versuchen hinter das kulturwissenschaftlich zu ergründende pornokulturelle Rätsel von Shadesofoder wie das heißt zu kommen. Man kann mit solchen Studien graduiert werden! Und nicht nur in Medizin undoder Sexualwissenschaft!
Betrachtet man die Theaterliteratur undoder die Dramatik – das ist nicht immer dasselbe nach meiner Meinung, ist die Frage schon weit schwieriger zu beantworten und bietet sich nunmehr zweigeteilt dem Denken an: 1. WAS ist eine Alter Ego in der dramatischen und sonstigen Literatur? 2. Bedarf es bei einem überzeugend agierenden oder ausagierbaren Alter Ego noch extra einer rein porno-grafischen Abspaltung desselben? Wäre ein solches noch eine literarische Figur als Darstellungsoption eines Menschen oder des Menschlichen oder wäre solches eher die umschreibende Entsprechung eines Gegenstandes, den man mit weniger Aufwand im einschlägigen Fachhandel erwerben kann?
Eine Antwort darauf würde mich wirklich schlauer machen, glaube ich. Interessant ist das aber auch als Satz, wenn man sich z.B. zwei Menschen bei einem Gespräch vorstellt, die einander gerade irgendetwas Aufregendes mitzuteilen/zu zeigen haben. Da könnte das ein Reaktionssatz sein: Porno, Alter! So ein Ego! Ich spende den Satz der Universität der Künste und ihrem Studiengang Szenisches Schreiben. … D. h. ich bestehe in diesem Fall nicht auf die aufgeführten Quellennachweise beim Verwenden desselben durch Dritte. ---- Bitte, gern geschehen.
Theoretisch: ja.
Aber stellen Sie sich jetzt mal praktisch vor, jemand würde Ihre E-Mails und SMS der letzten sechs Stunden mit Foto von Ihnen in Echtzeit auf eine Leinwand mitten in der Stadt projizieren, sodass alle Passanten sie mitlesen könnten. Wie würden Sie sich dann fühlen?
Die Intention von Dries Verhoeven war auf keinen Fall über Datenschutz zu Denken anzuregen.
Die Intention war, laut Pressetext:
"In vielen Städten, so auch in Berlin, eröffnen heute weniger Bars für ein homosexuelles Publikum als noch vor zehn Jahren. Warum die Wohnung verlassen, um jemanden kennenzulernen, wenn das auch von zu Hause aus über das Internet geht? Der niederländische Künstler Dries Verhoeven entwickelt mit dem HAU Hebbel am Ufer das neue Projekt “Wanna Play?”, eine performative Installation, welche die Möglichkeiten und die Tragik eines neuen Phänomens in den schwulen Communities thematisiert: Smartphone-Apps für Sexdates. Eine Fingerbewegung genügt – schon erscheinen auf dem Handydisplay bis zu 200 Männer, die sich in der Nähe befinden, geordnet nach geografischer Entfernung. Nach den erfolgreichen Kämpfen der Schwulenbewegung in den 70er und 80er Jahren scheint so nun eine neue Heimlichkeit, ein neues “Closet”, zu entstehen. Die Art und Weise, wie Männer sich treffen, wird erneut unsichtbar für die Bewohnerinnen und Bewohner einer Stadt. Genau diesen Prozess möchte Dries Verhoeven mit seiner Arbeit darstellbar machen und einer Diskussion aussetzen. Verhoeven, der unter anderem bereits mit “Dein Reich komme”, “Niemandsland”, “You are here” und “Fare thee well!” am HAU zu Gast war, wohnt zwei Wochen lang in einem gläsernen LKW-Trailer und tritt via Smartphone mit Menschen in der Umgebung in Kontakt, die er zu sich einlädt. Das sogenannte “closed closet” wird öffentlich. "
Ehrlich: Der (...) denkt dabei kein bisschen an Datenschutz, noch darüber nach, was ungewolltes Outing für Homosexuelle bedeuten kann.