Vom grünen Hügel ins Gorki Theater

Berlin, 19. Oktober 2014. Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Berliner Maxim Gorki Theater: 39 Minuten dauerte es, bis der erlauchte Podiumsgast des Werkstattgesprächs "Wir Nibelungen" überhaupt zu Wort kam. Vorher erläuterten Chefdramaturg Jens Hillje und Regisseur Sebastian Nübling ausgesprochen ausufernd ihren Zugriff auf Hebbels Rachedrama, die hier am 23.10. Premiere hat. Es hört einem schließlich nicht alle Tage ein Außenminister zu.

 

nibelungen steinmeier gorki 560 sleFrank-Walter Steinmeier (3.v.l.), zu den Nibelungen (von Fritz Lang) aufschauend. Ganz links mit Mikro: Jens Hillje

Schließlich aber konnte Steinmeier doch noch seiner Freude Ausdruck verleihen, dass die Nibelungen vom grünen Hügel in Bayreuth nun in Berlins Mitte umgezogen sind. Das blieb dann auch der markanteste Satz der Debatte, die nicht wirklich zu einer Debatte werden konnte, weil viel zu viel Künstlererklärung die Sendekanäle verstopfte und die wichtigen Fragen des Veranstaltungstitels gar nicht verhandelt werden konnten.

So wurde es nicht mehr als eine grundsympatische Solidaritätsveranstaltung der Politik fürs Theater und umgekehrt, an deren Ende es sogar fast zum Trikottausch kam. Steinmeier bekam einen Gorki-Hoodie geschenkt. (sle)

 

Wir Nibelungen
Ein Werkstadtgespräch zwischen Theater, Politik und Wissenschaft über Deutschland, Identität und Mythen.
Mit: Frank-Walter Steinmeier (Bundesaußenministerium), Nikola Tietze (Institut für Sozialforschung, Hamburg), Naika Foroutan, Humboldt Universität, Berlin), Sesede Terziyan (Maxim Gorki Theater, Berlin), Jens Hillje (Maxim Gorki Theater, Berlin) und Sebastian Nübling (Maxim Gorki Theater, Berlin). Moderation: Esra Küçük.

www.gorki.de

 

Kommentare  
Blog Steinmeier: Flüchtlingspolitik?
Warum gerade Steinmeier? Weil der sich damals - als Chef des Goethe-Instituts - auch für Schlingensiefs Operndorf einsetzte? Eine so unkritische Vereinnahmung des Theaters durch die Politik hätte ich dem Gorki allerdings nicht zugetraut. Warum wurde nicht Integrationsssenatorin Kolat (SPD) eingeladen, um über die unrühmliche Rolle der Berliner CDU-Flüchtlingspolitik zu sprechen? Eine urdeutsche Angelegenheit, so scheint es. Wie auch der Nibelungen-Stoff.
Blog Steinmeier: Und?
Et alors?
Blog Steinmeier: darüber reden wir nicht
Das spinnen wir, so lange die Haare reichen. - Auch im Radio war es schon ausufernd - Überhaupt sagt das Bild schon alles: Wir schauen auf. Zu Fritz Lang (tolle Musik damals!, ist rekonstruiert worden). Aber darüber reden wir nicht. Nibelungen sind total langweilig. Diese ganze Mythologie versucht wahnsinnig deutsch zu sein um das normannische zu vertuschen. Es sagt MIR nichts, das sogenannte drunten im Fluss - Selbst junge Schulkinder wissen mehr über Siegfried,Krimhild a.s.o. - "Siegfried hatte an seinem Körper eine wunderbare Stelle, die zeigte er nur Krimhild." :-)
Blog Steinmeier: Repräsentant
klingt wirklich nach gegenseitigem ankuscheln und imagetransfer. traurig, dass ein theater so politisch unbedarft agiert! oder ist das total geschickt?

bei aller (von den medien jdf immer so berichteten) intellektualität und integrität ist steinmeier halt doch außenminister und damit wesentlicher repräsentant einer in vielen bereichen versagenden regierung.
Blog Steinmeier: theaterinteressiertester Außenminister
Frank Steinmeier ist der erste Aussenminister seit Willy Brand, der Künstlerdelegationen mit auf seine Auslandsreisen nimmt und die dort alle, wirklich alle kritischen Fragen stellen können., Steinmeier hat in Afrika die Büros der Goethe Institute wiedereröffnet, die Fischer hat schliessen lassen, wie in Malawi und Tansania. Unter Westerwelle wurden sie wieder zugemacht. Steinmeier hat im Theater Konstanz die Afrika-Spielzeit mit Henning Mankell eröffnet und es uns ermöglicht mit Privatspenden im Irak " Mutter Courage" aufzuführen. Bei aller Kritik auch an dieser Regierung, Steinmeier ist der theaterinteressierteste Außenminister, den wir je hatten. Kein Politiker hat sich so in diktatorischen Ländern gegen die Kunstzensur gerichtet wie er. Das darf und muss gesagt werden. Die Welt ist eben nicht grau.
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