Im Kunstdrahtverhautomat

von Simone Kaempf

Berlin, 18. Februar 2015. Täuscht es oder waren Herbert Fritschs Bühnenfiguren zuletzt ziemlich barock? Mit schneckenkringeligen Plastikfrisuren, betonten Kleidern und bürgerlichen Riesensofas; simple Figuren mit hohem optischen Wiedererkennungsfaktor. Und selbst wenn Victoria Behr, Fritschs Leib-und-Magen-Kostümbildnerin, ihnen manchmal waberige Gummianzüge verpasst, wie jetzt an der Volksbühne, agieren sie mit einer ausladenden zappeligen Körperlichkeit, die einem mittlerweile sehr vertraut geworden ist.

Zauberkunst und Wortgirlanden

Dieses salonfähige Gliederbiegen ist auch in der neuen Fritsch-Inszenierung durchscheinendes Prinzip. Die sieben Schauspieler stolzieren im Hochglanz-Bühnenbild zwischen einer Showtreppe und einem überdimensionierten Grammofon-Trichter und verschwinden wie von Zauberhand durch Boden-Klappen, wenn ihr Podest sich auf der kreisenden Bühne in den toten Winkel dreht. Dazu gibt es erstarrte Tableaux Vivants voll Diven-Posen – der Regisseur präsentiert sich erst einmal als Zauberkünstler der Großillusion und die Schauspieler dürfen Slapstick mit dem Unterhaltungsbusiness betreiben.

Man kennt das natürlich von Herbert Fritsch, aber mit ausufernder Lebenspantomime begnügt er sich diesmal nicht. Für "der die mann" hat er Texte des Schriftstellers Konrad Bayer aktiviert, eines Wiener Dadaisten der 1950er- und 1960er Jahre, der der Sprache gegenüber äußerst skeptisch war und ihr jede kommunikative Aufgabe aberkannte. Umso irrationaler gerieten die Wortverkettungen, die er schuf:

"geheulenschreinigenautohupeecholotrechtsummertonleitungsdrahtverhautomat".

Realität prallt an diesen Texten völlig ab. Sinn lässt sich nicht herauslesen. Formal ist den Wortfetzen bereits eingeschrieben, dass man sie nur noch ästhetisch nehmen kann. Fritsch führt dieses Prinzip hellsichtig fort, pumpt das Lautmalerische der Sprache mit dem körperlichen Ausagieren auf und treibt es an psychopathologische Grenzen.

derdiemann 560 thomasaurin uFutter für den Trichter: Die Beatles sagen 'Yeah, Yeah, Dada' © Thomas Aurin

Die Beleuchtung changiert permanent zwischen den Primärfarben rot, blau, gelb. Ständig ändert sich das Bühnenhalbrund. Die Schauspieler hingegen bleichen aus, verwandeln sich in eine Mischung aus 60er-Jahre-Kleinbürgern und Beatles-Musikern. Tragen die gleichen grauen Anzüge und Pilzkopf-Perücken. Sie singen, monologisieren, vor allem aber erschrecken sie immer wieder über die anderen. Man kennt auch das aus Fritsch-Arbeiten: dieses Zurückschrecken, wenn eine Figur begreift, dass sie nicht allein auf der Bühne ist. Fritsch scheint das aus der Frühphase kindlicher Entwicklung zu destillieren: Das Kind erkennt, dass es nicht die anderen ist. Aber dass ihm die anderen doch verdammt ähnlich sind.

Possierliche Spiele

Besonders gut funktioniert das etwa, wenn sich der Schauspieler Werner Eng aus dem Beatles-Chor nach vorne drängt, seine Texte mit Gesten kommentiert, und der Rest Mensch-Masse ihm an den Lippen hängt, mal quiekend, mal staunend seine Reden beäugt, oft nur in kleinen Gesten und mit passiver Gespanntheit. Eine eher zurückdrängende als vorpreschende Masse, den Leader vorne würde eh niemand ernsthaft angehen. Ob man das allerdings bereits als Gegenwartsdiagnostik betrachten kann, sei dahingestellt. Eine analytische Perspektive eröffnet der Abend nicht, dafür ist das doch zu possierlich arrangiert.

Das körperliche Ausagieren schafft es tatsächlich, dem Text Bedeutung zu verleihen, doch auch wenn das konsequent gedacht ist, bleibt dem Abend etwas seltsam Manieriertes, fragt man sich, ob hier nicht nur eine wirkungsbewusste Show abgezogen wird. Die Musik spielt eine tragende Rolle: Xylophon- und Piano-Pling-Plongs begleiten Sprachpassagen, die vier Musiker untermalen die Szenen konsequent mit Live-Musik. Und zur großen Oper stellt Fritsch seine Schauspieler auch immer wieder auf, in Sockelhöhe der Showtreppe modulieren sie Bayers Textstränge musikalisch. Beatmen den Text, der inhaltlich beliebig ist. Eine Kultaura umweht sie, das ja, und ein paar wirklich grandiose Bilder hat der Abend, mit einem reflektierenden Bühnenboden, der Winzlings-Schattenrisse an die Decke wirft, sie wie Spinnen im Netz zappeln lässt. Nur Seelenverwandte der Gegenwart sieht man an diesem Abend nicht, dazu dräut der Kunstkosmos viel zu sehr im Vordergrund.


der die mann
nach Texten von Konrad Bayer
Uraufführung
Regie und Bühne: Herbert Fritsch, Kostüme: Victoria Behr, Licht: Torsten König, Musikalische Leitung: Ingo Günther, Dramaturgie: Sabrina Zwach.
Mit: Florian Anderer, Jan Bluthardt, Werner Eng, Annika Meier, Ruth Rosenfeld, Axel Wandtke, Hubert Wild, Musiker: Ingo Günther, Michael Rowalska, Taiko Saito, Fabrizio Tentoni.
Dauer: 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause

www.volksbuehne-berlin.de

 

Kritikenrundschau

Der Berliner Volksbühne gelinge eine Liebeserklärung an den Sprach-Alchimisten Konrad Bayer, heißt es schon in der Unterzeile zu Till Brieglebs Rezension in der Süddeutschen Zeitung (20.2.2015). "Zu monteverdischen Spinett-Klängen verrenken sich die sieben Figuren wie Kautschuk-Menschen und führen der Konversationsklasse im Parkett mit wilden Sprachmelodien." Das Sprachmaterial sei wie geschaffen für den großen Pathos-Bankrotteur Herbert Fritsch und schließe gedanklich direkt an seinen Murmel Murmel-Abend an. "Wie immer treten Fritschs Darsteller als uniformierte Puppenmenschen in den schrägen Revue-Kostümen von Victoria Behr auf." Fritsch gebe "der literarischen Nachkriegs-Avantgarde eine unbekümmerte Gegenwart."

Bayers Freiheit von Inhalt und Bedeutung nutze Herbert Fritsch für sein sinnlich-artistisches Theater, "das nicht für alle Stücke geeignet sein mag, hier aber bravourös überzeugt, indem es sich auf den musikalischen Aspekt der Texte und die Choreographie ihrer Klangstrukturen konzentriert", schreibt Irene Bazinger in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (20.2.2015). In dieser Welt der blankpolierten Oberflächen und irrwitzig-zweckfreien Verhaltensrituale verwandeln sich Konrad Bayers Texte, "amüsiert-liebevoll vom Papier gelöst", in die Choreographie ihrer eigenen rhetorischen Dynamik. "Dem inspirierten Herbert Fritsch gelingt es in seiner virtuosen Inszenierung, den Autor in dessen abgründiger Ambivalenz wie abstrusen Wahrhaftigkeit zu würdigen."

"Worte werden Körper, werden Musik, werden Raum", so Katrin Bettina Müller in der taz (20.2.2015). "Wenn die Schauspieler in Herbert Fritschs Inszenierung von 'der die mann' nach den hochartistischen Sprachkunstwerken von Konrad Bayer sich auf ihrer kleinen Showtreppe zum Chor aufstellen, der allein aus 'a' und 'o' eine minimalistische Polyfonie entwickelt, dann scheint ihr ganzes organisches Innenleben nur dazu bestimmt, diese zwei Laute zu produzieren." Es überrasche, wie viel Sinn und Bedeutung durch die dramatische Paraphrasierung unvermutet in diesem Sprachmaterial zum Vorschein komme, das im Schriftbild auf dem Papier wie eine sinnfreie Anhäufung wirkt. 

"Herbert Fritsch hat im deutschsprachigen Theater ein schweres Amt, um nicht zu sagen: Hochamt. In der Kirche der Ernsthaftigkeit und der Diskurse muss er ganz allein Witz und Humor vertreten", holt Rüdiger Schaper im Tagesspiegel (20.2.2015) aus. Hier aber habe das Theater wieder eine "große, komische, brillante Aufführung". Was einmal Wiener Nachkriegsavantgarde war, sei heute Entertainment, "Unterhaltung über dem Abgrund. Grandios!". Fazit: "Im Theater gewesen. Und gedacht: Das ist der beste Herbert Fritsch bisher."

"Es sieht so aus wie in der kindergartenbunten Firmenzentrale der weltmächtigsten Suchmaschine", schreibt Ulrich Seidler in der Berliner Zeitung (20.2.2015). Die Schauspieler gehen mit stimmlicher, sprechtechnischer sowie akrobatischer Virtuosität zu Werk, "beeinträchtigt nur durch die Furcht, etwas falsch zu machen − das alles ist in einer Weise über- oder nachmenschlich, dass man sich wie ein ausgestopfter Gorilla vorkommt: sehr langsam, stumm und verstaubt". Aber, so Seidler: "Hatten wir schon erwähnt, dass der Abend bei allem ein umwerfendes Vergnügen ist?" Man dürfe sich einfach an der Sensationalität und Artistik der Nummern freuen. An Wortzusammensetzungen, "wobei jede einzelne Silbe mit weit ausgreifenden Gebärden illustriert wird und mit so irrwitziger Geschwindigkeit, dass man mit dem Staunen kaum hinterher kommt".

"Bayer ist ein Lebensbegleiter für Fritsch, seit rund 35 Jahren beschäftigt er sich immer wieder mit ihm. Das merkt man", findet Tobi Müller im Deutschlandradio Kultur (18.2.2015), weil er viel stärker als sonst daran interessiert sei, "die Bedeutungen, ja die Handlung aus den vermeintlichen Nonsense-Texten rauszuholen". Manchmal trickse er, indem er die Schauspieler jede Bedeutung übertrieben illustrieren lässt. Am Ende bleiben es aber doch Illustrationen, Verdoppelungen. "Da schwächelt der Abend manchmal und man wünscht sich den anarchischen Fritsch, den Vorlagen nie bis zum bitteren Ende interessieren." Fazit: In Deutschland müsse der Humor in der Hochkultur bitteschön auch einem "höheren Blödsinn" entsprechen. "Fritsch macht das ohne Doktortitel. Aber so dermaßen gründlich, dass man es doch wieder typisch deutsch nennen möchte – mit gezogenem Hut."

 

Kommentare  
der die mann, Berlin: Kindergeburtstag
Es ist soweit. Herbert Fritsch ist angekommen in der Endlosschlaufe der (Selbst-) Wiederholung. Der Mann inszeneirt zuviel. Nonsense hat er ja auch schon bei "Murmel Murmel" Und "Ohne Titel" gemacht aber jetzt gehen ihm langsam die schrägen absurden lustigen Spielideen aus. Ein etwas misratener Kindergeburtstag.
der die mann, Berlin: nichts verstanden
Wer Herbert Fritschs Inszenierungen für Nonsense und Kindergeburtstag hält, hat nichts verstanden.
der die mann, Berlin: spießiger als "Kessel Buntes"
Wer Fritschs Inszenierungen für Kindergeburtstag und Nonsense herrscht, hat nicht viel verstanden, aber immerhin alles, was es da zu verstehen gibt. Mehr ist nämlich nicht. Die Rezensentin hat schon recht, wenn sie den Abend "possierlich" findet und keine "Seelenverwandte der Gegenwart" antrifft. Eine öde Nummernrevue, eigentlich noch spießiger als jeder "Kessel Buntes".
der die mann, Berlin: Adenauer-Humor
Genau, possierliche Spiele. War es seit der Spanischen Fliege: Adenauer-Humor für alte Männer. nett eben. Gut, dass das jetzt mal bemerkt wird. hab mich immer schon gewundert, wie weit es einer mit so irrelevanten Zeugs bringen kann.
der die mann, Berlin: schließlich
Irgendwie sprachen mich Murmel Murmel und die Spanische Fliege mehr an. Da ging es ja schließlich noch um was...
der die mann, Berlin: endlich mal lachen
Endlich mal lachen dürfen im Theater. Purer Genuss für die Seele und alle Sinne.
der die mann, Berlin: ins Guinessbuch
Der Mann bereitet sich vor, um als ERSTER das Telefonbuch zu inszenieren.
Das Guinnessbuch wartet schon.
der die mann, Berlin: Kindergeburtstag ist nicht schlecht
Wer Kindergeburtstage und Nonsens für etwas schlechtes hält, hat nichts verstanden.
der die mann, Berlin: nichts gegen Nonsens, aber
Nichts gegen Nonsens, aber viele Saturday Night Shows sind dann irgendwann einfallsreicher.
der die mann, Berlin: Masche
Telleytubbies für Halberwachsene, die Volltrivialiserung Konrad Bayers durch eine seichte Masche, die genau so an die Bibel oder de Sade angewendet könnte mit genau dem gleichen Resultat. Ensetzlich.
der die mann, Berlin: volle Hütte
Eben gesehen! Im Parkett zumindest war's ausverkauft, der Saal tobte beim Applaus. So 'ne volle Hütte schaffen viele Theater nicht, auch die Volksbühne ist selten so voll.

Dank an die großarigen Schauspieler/-innen!
der die mann, Berlin: alter Kampf
Ich war auch gestern drin. Mit geringen Erwartungen, da mich in "Ohne Titel Nr.1" nur die Humphrey Bogart-Szene inspiriert hat.

"der die mann" ist grandios, sensationell einfallsreich und sehr sehr klug, wenn man den Text nicht von vornherein abschreibt und sich die Mühe des Mitdenkens nicht erspart.

Die negativen Aussagen hier im Blog erinnern mich an Lessings "Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, liegt das nicht immer an dem Buch". Das gilt auch für Inszenierungen.

Andererseits ist dieser Meinungskampf um der die mann insofern interessant (und ein wenig erschreckend: in Deutschland ist es wieder mal so weit), weil er die xte Auflage des Kampfes zwischen Sozialistischem Realismus (oder wie Schwitters das nannte: Inhaltismus) und Formalismus ist.

Lassen Sie den späten Georg Lukács Konrad Bayer rezensieren oder Alexander Dymschitz in Stalins Moskau Daniil Charms und wir erhalten exakt dieselben Meinungen aufgetischt, wie hier.

"Wer Fritschs Inszenierungen für Kindergeburtstag und Nonsense herrscht, hat nicht viel verstanden, aber immerhin alles, was es da zu verstehen gibt. Mehr ist nämlich nicht. Die Rezensentin hat schon recht, wenn sie den Abend "possierlich" findet und keine "Seelenverwandte der Gegenwart" antrifft. Eine öde Nummernrevue, eigentlich noch spießiger als jeder "Kessel Buntes"." – In meiner Kindheit sagte man zu Leuten, die sowas nicht nur dachten, sondern auch öffentlich machten: Geht doch in die DDR! Hier jault einfach der getroffene Hund auf.
Und nun Volk steh auf, Shitstorm brich los!
der die mann, Berlin: apropos "Adenauer-Humor"
Noch etwas, von wegen "Adenauer-Humor".
Wie Adenauers Zeitgeister über Bayer dachten (nämlich konträr), steht in der Zeit vom 23.10.1964:

"Und Ledig-Rowohlt, unter den Verlegern einer, der (...) sich die Sympathie bewahrt hat auch für abartigere Lebensäußerungen, wollte einen Kurzroman von Bayer veröffentlichen, „der sechste sinn“. Ausschnitte daraus stehen in den akzenten (1/64) und in der ZEIT (46/63); Bayer hatte sie im vorigen November in Saulgau gelesen, vor der Gruppe 47, die erstaunt war und vielleicht zu überschwenglich lobte („eine neue Kosmologie!“), als daß die Reaktion ausbleiben konnte („Kabarett!“): In diesem Jahr, in Sigtuna, soll harte Kritik an Bayer verübt worden sein"
der die mann, Berlin: Gruppenarbeit!
Gestern gesehen, großartig! In diesem Forum tobt ein Kampf um den Regisseur, kaum ein Wort über die schauspielerische Leistung, über Musik, Kostüme, Licht, große Bilder. Das ist nicht ein Regisseur, das ist eine Gruppe, die antritt und gesehen werden muss. Schnelle Urteile hier zu fällen: leicht! Was gezeigt wird: große Unterhaltungskunst. Das kann man mögen oder nicht. Auseinandersetzung ist meistens hilfreich.
der die mann, Berlin: falsch zugeordnet
Hallo Nr.12! Lessing heißt Lichtenberg! Wenn zitieren, dann bitte vorher noch mal nachschlagen.
der die mann, Berlin: Zahn-Ziehung
Und, Guttenberg: Es geht nicht um Bayers Texte, die abgründig sind. Es geht um die niedliche Fun-Aufführung, die diesen Texten ihren nicht ganz offensichtlichen Zahn zieht. Im Übrigen: Viel Spaß in der alten BRD, in der Sie anscheinend noch leben. Luja!
der die mann, Berlin: na servus
Lustig,lustig. Bayer steckt seinen Kopf in den Ofen und wir lachen uns tot, na servus!
der die mann, Berlin: Operetten-Forschung
ad 15: Hier ging's nicht um Bildungshuberei, sondern um einen Gedanken, den ich mir angeeignet und verwendet habe.

ad 16: "Viel Spaß in der alten BRD." Auf Augenhöhe müsste ich Ihnen replizieren: "Fühlen Sie sich ideologisch weiter überlegen im Schrebergarten DDR." Aber diese Art von Abwatscherei interessiert mich nicht. Mich interessieren Ideen und Gedanken.

Schauen Sie mal rüber in die Operetten-Forschung oder in die Komische Oper (es gibt in der die mann ja immerhin Auseinandersetzungen mit allen Musiktheaterstücken, die Fritsch bisher inszeniert hat: Eötvös, Offenbach, Mozart). Ist Ihr Brett so durchlässig, dass es einen differenzierteren Spaßbegriff in ihren Kopf lässt?
der die mann, Berlin: große Clowns
ad 17: Alle großen Clowns waren Melancholiker. Das Lachen war immer schon ihre Form des Weinens. Lachern vorzuwerfen, sie würden ihren Kopf nicht in den Ofen stecken, ist infam. Shakespeare hat für solche Typen eine Komödie geschrieben: Maß für Maß. Angelo
der die mann, Berlin: einfach öde
Aber, lieber Guttenberg, ich komme gar nicht aus der DDR. Und mit Lukacs habe ich auch nichts am Hut. Dennoch fand ich den Abend einfach öde und selbstverliebt, jenseits von inhaltistischen oder formalistischen Gräben. Das mit der BRD nehme ich, pardon, zurück. Allerdings: Das Klischee vom "traurigen Clown", das ist doch wirklich nicht Ihr Ernst, oder?
der die mann, Berlin: im Darm der Sprache
Letztlich geschieht zwei Stunden lang wenig mehr, als dass Herbert Fritsch seine Darsteller Bayers Texte vortragen lässt. Doch wie sie das machen, wie sie Varieté und Comedy und Slapstick, Musical, Oper und Tragödie, große Geste und lächerlichste Witze kombinieren, ineinander stülpen, sich und uns um die Ohren werfen, ist atemberaubend. Es ist im besten Sinn des Wortes eine große Sprach-Show geworden, in der Sprache selbst Gegenstand, Instrument, Darsteller und Bühne in einem ist. So leer die eingefrorenen Gesichter zu Beginn sind, so leer bleiben auch die virtuosen Sprachkonstrukte. Und sind doch reicher, als vieles, von dem, was wir Tag für Tag absondern und für so ungemein wichtig halten, weil es sich seiner Beschränkung, seiner Konstruiertheit, seines Potenzials, nichts meinen zu können, bewusst ist. Das Erschreckende an Bayers texten ist ja, wie nah sie der Wirklichkeit sind, wie wenig es bedarf, sie zu bloßer Fassade zu machen. Fritsch gelingt es, dies zu übersetzen: in Bilder, Musik, Bewegung, kurz: Theater. An einer Stelle ist vom “Darm der Hirne” die Rede. Vielleicht befinden wir uns hier im Darm der Sprache. Dessen Ausscheidungen mögen ansehnlicher und wohlriechender sein als andere, doch bleiben sie eben genau dies.

Komplette Kritik: https://stagescreen.wordpress.com/2015/03/19/im-darm-der-sprache/
der die mann, Berlin: deprimierend
hat mich deprimiert...diese leere...bin ich vielleicht die einzige...
der die mann, Berlin: Soßen-Kunst
nora, gut, (s)panische fliege, großartig, murmel murmel, na ja, ohne titel nr. 1, hhm., physiker, jaa ok ...
der die mann: fritschs macht soßen-kunst für die kasse (unterstelle ich ihm einfach) und hat spaß daran, sich zu zitieren, und hat privilegien. diese innerlichkeit, dieser tatsachen-leerer-raum, oder mit viel glanz und manchmal arroganz gefüllter tatsachen-raum, ist so selbstgefällig, dass die zuschauenden kaum atmen können oder eben großartig geschmeichelt werden. "soße Fritsch für anfänger und fortgeschrittene: das hier ist existenzielle (meine) kunst " kaufe ich nicht mehr. berechtigt und berechtigt, aber ich habe lust auf theater-theater-theater und nicht mehr theater-service-thea...-ser... also, fritsch wieder ab 2017
der die mann, Berlin: ein Fenster, das aufgeht
Bloss nicht ab 2017, dann haben wir doch die Chance auf eine neue Volksbühne auf ein Fenster das aufgeht, auf ein gleichzeitig neues Berliner Ensemble, auf eine Karussellfahrt im stehenden Berliner Theaterrummel.Aber zu Nr. 22: Leere? Wie kann man an einem solch prallvollen kunterbunt lackmusikalischen Abend Leere erfinden?
der die mann, Berlin: Link zur Dernière in China
Ein Bericht zum Nachhören von der Gastspielreise in China!

http://www.deutschlandfunkkultur.de/herbert-fritschs-stueck-der-die-mann-in-peking-ein.2150.de.html?dram:article_id=388163
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