Blockupy das Theater

18. März 2015. Heute großer #Blockupy-Tag in Frankfurt am Main, anlässlich der Eröffnung des Neubaus der Europäische Zentralbank (EZB). Rund 10.000 Protestant*innen sind in der Stadt, um die Geldmarktpolitik der EZB zu kritisieren. Es ist bereits zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstrant*innen gekommen, Müllcontainer und Autos brennen.

Theatermacher und Videokünstler Chris Kondek versendet über seinen Twitter-Account dieses Bild:

Foto Blockupy Twitter Foto: Blockupy Twitter © Chris Kondek

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wer sich diskursiv fit für den Tag machen will, hier noch ein paar einschlägige Links aus dem nachtkritik.de-Archiv: Die Europäische Zentralbank war eine Station beim großen Rhein-Main-Fluchtevent "Evakuieren" von Akira Takayama. Und so sah es auf den Brachflächen vor dem statisch anspruchsvollen Neubaukoloss der EZB (links im Hintergrund) aus:

evakuieren3 560 nuno ramos c masahiro hasunuma xAuf der Brache vor der EZB: Fluchtstation "Whole Circle" von Nuno Ramos
© Masahiro Hasunuma

Am Ort des Geschehens hat Chris Kondek selbst unlängst die Geldmarktpolitik untersucht: in seinem Talkabend  "The Financial Cocktail Club“ am Mousonturm Frankfurt 2014, besprochen von nachtkritik.de.

Blockupy tauchte in nachtkritischen Zusammenhängen erstmals 2013, kurz nach Gründung der Bewegung auf. Allerdings nicht in Frankfurt, sondern am Theater Münster, wo Aktivist*innen im Rahmen einer "Räuber"-Inszenierung auf einen Aktionstag aufmerksam machten. "Wir lassen uns unseren legitimen Protest nicht verbieten", lautete ihre Message und ein Youtube-Video kündet davon.

In Frankfurt selbst stellte Günter Krämer Zelte der Gründerbewegung des Protests Occupy auf die Bühne seiner "Faust II"-Inszenierung 2012. Eine Arbeit im Rahmen der Faustfestspiele, die – Ironie des Kulturschaffens im Spätkapitalismus – mit 500.000 Euro von der Deutschen Bank gefördert waren.

(Christian Rakow)

 

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Blog Blockupy: Näher dran kann Theater nicht sein
Mit „Blockupy“/Frankfurt ist eines der für mich wichtigsten Stuttgarter Theaterereignisse der letzten Jahre eng verbunden. Und das ging nicht erst 2013, sondern bereits im Mai 2012 über die Bühne. Damals gab’s an einem Samstagmittag in Frankfurt eine „Blockupy“-Demo gegen die Macht der Banken, die Sparpolitik der EU und gegen deutsche Großunternehmen, die Rekordprofite durch Leiharbeit und sinkende Reallöhne finanziert. Es war die einzige offiziell genehmigte Veranstaltung der ersten Blockupy-Aktionstage (vom 16. bis 19. Mai 2012). Alle anderen hatte die Stadt Frankfurt aus Angst vor Krawallen verboten. Wir, etwa 25000 Demonstranten aus mehreren Ländern, zogen friedlich durch das Bankenviertel – flankiert von 5000 Polizisten. Später musste ich schnell mit dem Zug zurück nach Stuttgart, um noch pünktlich zur Premiere ins Schauspielhaus zu kommen, wo Volker Lösch Albert Camus’ „Die Gerechten“ in unsere Zeit geholt und es genau mit den Fragen konfrontiert hatte, die damals in den Frankfurter Tagen eine so große Rolle spielten. Die Fragen, über die sich die jungen Revolutionäre in „Die Gerechten“ streiten, nahm Lösch zum Anlass, die Schauspieler immer wieder aus dem Geschehen heraustreten zu lassen und das Publikum zur Meinungsäußerung zu animieren. Sie bedienten sich dabei Kommunikationsformen der Occupy-Bewegung – Konsensfindung statt sonst üblicher Abstimmungsdemokratie. Spätestens als es darum ging, welche Möglichkeiten wir heute haben, in gesellschaftliche Prozesse einzugreifen, sie aktiv mitzugestalten, gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt zu kämpfen, uns politisch zu artikulieren, kam es zu tumultuösen Zuständen im Schauspielhaus. Ein sehr elektrisierender Abend. Näher dran an aktuellen gesellschaftlichen Fragen kann Theater nicht sein.

(Anm. der Redaktion: Die Nachtkritik zu Volker Löschs Stuttgarter Inszenierung von Camus' "Die Gerechten" aus dem Mai 2012 finden Sie hier: http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=6947:die-gerechten-occupy-volker-loesch&catid=39&Itemid=100190)
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