Freiheit statt Zuschüttung

Berlin, 17. Mai 2015. Der mit 5000 Euro dotierte Alfred-Kerr-Darstellerpreis, der jährlich im Rahmen des Berliner Theatertreffens vergeben wird, geht in diesem Jahr an Gala Winter für ihre Rolle der Frida in John Gabriel Borkman (Deutsches Schauspielhaus Hamburg) in der Regie von Karin Henkel. Alleinjuror Samuel Finzi traf seine Wahl unter den zehn zum Theatertreffen eingeladenen Inszenierungen.

Gala Othero Winter wurde 1991 in Hessen geboren und begann 2011ihr Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Seit der Spielzeit 2014/15 gehört Gala Winter zum Ensemble des Deutschen Schauspielhaus Hamburg. Samuel Finzi begründet seine Entscheidung wie folgt:

"Gala Winter konnte mir etwas erzählen – über einen Menschen und eine Situation. Und dazu brauchte sie nicht viel. Ihr hilflos-aufdringlicher Blick, die kaputten, sparsamen Bewegungen, die Stimme bei ihrem unglaublich schönen, brüchigen Gesang am Ende der Aufführung. Sie zeichnete ihre Figur mit ein paar Strichen und überließ sie mir, dem Zuschauer. Die Transparenz, mit der sie das machte, öffnete mir Räume, sie schüttete mich nicht zu mit Behauptungen, sondern gab mir die Freiheit zu denken und zu empfinden." Im Vorjahr ging der Preis an Valery Tscheplanowa (Alleinjurorin: Edith Clever), 2013 an Julia Häusermann (Alleinjuror: Thomas Thieme). Der Preis ist nach dem legendären Theaterkritiker der Weimarer Republik benannt und wurde 1991 von der Familie Kerr und der Pressestiftung Tagesspiegel sowie den Berliner Festspielen gemeinsam ins Leben gerufen.

(mw)

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Kommentare  
Kerr-Darstellerpreis: schöne Überraschung
Eine Überraschung, eine schöne dazu! Hochsympathisch jedenfalls, dass Samuel Finzi nicht einfach dem geballten medialen Druck nachgab und die von der Kritik längst "gesetzte" junge Burg-Schauspielerin St.R. mit dem Kerr-Preis ausgezeichnet hat. Es gib noch Juroren mit eigenem Kopf und eigenem Herzen! Wenn man in diesem Jahr wieder erlebt hat, wie trendaffin und diskurskonform die sieben Jurorinnen und Juroren des TT ihre Entscheidungen trafen, ist man richtig erleichtert. Bravo, Finzi!
Kerr-Darstellerpreis: Lob für Juror Finzi
Warum wird mein Lob der Unabhängigkeit des Jurors Finzi, die so ganz im Gegensatz zur Diskurs- und Modenanfälligkeit der TT-Jury steht, nicht veröffentlicht? Fühlt sich Nachtkritik womöglich mitgemeint? Wie kleinkariert geht's denn in dieser Redaktion zu?

(Sehr geehrter TT-Besucher, die gesamte Redaktionsmannschaft war gestern in diversen Berliner Theatern. Daher dauerte es mit der Freischaltung der Kommentare. Beste Grüße aus der Redaktion, Christian Rakow)
Kerr-Darstellerpreis: vor der letzten Arbeit?
Warum wird denn der Preis vergeben, bevor die letzte eingeladene Arbeit Premiere beim Theatertreffen hatte?

War Herr Finzi zu einer Baal-Vorstellung in München??
Kerr-Darstellerpreis: ins Gedächtnis gespielt
Die Medien stürzen sich doch nicht grundlos auf eine Person, welchen nutzen hätten sie denn davon? Grund für die starke mediale Aufmerksamkeit, die Stefanie Reinsperger entgegengebracht wird, ist die grandiose Schauspielleistung, die sie in den beiden zum TT geladenen Inszenierungen abliefert. Stefanie Reinsberger wird so oder so weit über dieses TT im Gedächtnis bleiben, bei Gala Winter hab ich da eher meine Zweifel. Aber die Entscheidung über den Kerr-Preis wird nun mal von einer einzigen Person gefällt und Samuel Finzi hat in ihr etwas gesehen, was ich nicht gesehen habe. Aber nach dem TT ist ja vor dem TT. Mal sehen was das nächste Jahr bringt.
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