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Nominierungen zum Mülheimer Dramatikerpreis '08

Und wieder winkt der Preis

Mülheim, 11. März 2008. Der März ist gekommen, die Auswahl für die 33. Mülheimer Theatertage Stücke '08 steht.

Um den Mülheimer Dramatikerpreis 2008, die wichtigste Auszeichnung für AutorInnen des deutschsprachigen Theaters, konkurrieren ein paar schwer gewichtige, vielfach bepreiste alte Bekannte mit einigen hoffnungsvollen Neutönern.

Die Jury, bestehend aus Till Briegleb (freier Autor u.a. für die Süddeutsche Zeitung) Christine Dössel (Süddeutsche Zeitung), Wolfgang Kralicek (Der Falter – Wien), Peter Michalzik (Frankfurter Rundschau) und Franz Wille (Theater Heute), hat folgende AutorInnen und Stücke für den vom 4. bis 24. Mai dauernden Wettbewerb eingeladen:


Fritz Kater
Heaven (zu tristan)
Regie: Armin Petras
Schauspiel Frankfurt
nachtkritik 12. September 2007

Dea Loher
Das letzte Feuer
Regie: Andreas Kriegenburg
Thalia Theater Hamburg
nachtkritik 26. Januar 2008

 

Philipp Löhle
Genannt Gospodin
Regie: Kristo Šagor
Schauspiel Bochum
nachtkritik 21. Oktober 2007

 

Ewald Palmetshofer
hamlet ist tot. keine schwerkraft
Regie: Felicitas Brucker
Schauspielhaus Wien
nachtkritik 22. November 2007

 

René Pollesch
Liebe ist kälter als das Kapital
Regie: René Pollesch
Staatstheater Stuttgart
nachtkritik 21. September 2007

 

Theresia Walser
Morgen in Katar
Regie: Schirin Khodadadian
Staatstheater Kassel
nachtkritik 2. März 2008

 

Laura de Weck
Lieblingsmenschen
Regie: Werner Düggelin
Theater Basel

 

Felicia Zeller
Kaspar Häuser Meer
Regie: Marcus Lobbes
Theater Freiburg

 

Die Aufführungen finden in der Stadthalle, dem Theater an der Ruhr und im Ringlokschuppen statt.

Eine noch aus dem weiten Kreis von Theaterschaffenden, Kritikern und Dramatikern zu berufende Jury vergibt den mit 15.000 Euro dotierten und von der Stadt Mülheim gestifteten Mülheimer Dramatikerpreis. Die Ermittlung des zu preisenden Stückes samt dazugehöriger Autorin (oder Autor) findet in einer öffentlich geführten und von Gerhard Jörder geleiteten Diskussion am Ende der Theatertage statt. 

Ebenfalls gewichtig und begehrt, wenn auch undotiert, ist der Publikumspreis der Mülheimer Theatertage NRW, mit dem der/die vom Publikum am besten bewertete Autor/in am Ende des Festivals bedacht wird.

Allerlei Remmidemmi auch im Rahmenprogramm: vom 14. bis 20.Mai gibt's im Theaterzelt am Wasserbahnhof ein Kinderfestival im Festival, mit Kinderstücken aus Frankfurt, Gelsenkirchen, Oldenburg, Wiesbaden, Mülheim und Hannover.

Außerdem findet vom 9. bis 11. Mai das von Frank Raddatz unter Mitarbeit von Alexander Pinto konzeptionierte Symposion Im Treibhaus der Generationen statt.

Für Informationen zum Kartenvorverkauf und alles andere Wissenswerte rund um Mülheim: www.stuecke.de

(jnm) 

 

Kommentare  
Stücke '08: Setzen sich diese Stücke durch?
Jeder Text für sich mag zu Recht auf dieser Liste stehen. Aber die Tendenz der Auswahl ist fragwürdig. Es sind fast alles Texte, die von ihren Autoren selbst inszeniert wurden, in enger Zusammenarbeit mit Regisseuren entstanden sind (und für deren Regiehandschriften), als Auftragswerke für bestimmte Theater... Es sind und bleiben Unikate (Ausnahme vielleicht "Gospodin"), sie werden sich auf anderen Bühnen nicht durchsetzen. Was nicht gegen sie spricht. Aber müsste es darum nicht in Mühlheim gehen? Um autonome "Stücke", die es ja gibt, statt um "Regievorlagen"?
Stücke '08: Wo ist Heckmanns? Wo ist Behle?
Wo ist Heckmanns "Kommt ein Mann zur Welt"? Das ist doch der beste Text seit langem! Und wo ist Falk Richter? Und wo ist Behle?
Stücke '08: endlich 50% Autorinnen
Endlich einmal ist die Hälfte der Mülheimer Stücke von Autorinnen! In der immer noch männlich dominierten Theaterwelt ein Grund zur Freude! Dass beim Theatertreffen in der Regel keine Regisseurinnen zu finden sind, scheint schon völlig normal geworden zu sein. Der Feminismusvorwurf schafft es stets, jede Bemerkung, die in diese Richtung geht, niederzumachen - aber vielleicht sollte man kurz anmerken, dass das patriarchalisch strukturierte Theater natürlich daran interessiert, diese Strukturen genau so aufrecht zu erhalten wie sie sind (au - da schlägt mich schon wieder die Feminismuskeule...)
Stücke '08: Nicht wo, sondern: Wer ist Behle?
wer ist denn behle??
Der ist Behle
Liebe nocola,

mit der Frage "Wo ist Behle?" vermisste der Kommentator luckypepsi wohl keinen Dramatiker in der Mülheimer Auswahl, sondern zitierte einen sprichwörtlich gewordenen Ausruf eines Sportreporters, der sich auf den Ski-Langläufer Jochen Behle bezog. Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Jochen_Behle
stücke '08: Ja, Heckmanns!
ja, heckmanns "kommt ein mann zur welt" vermisse ich in der auswahl auch sehr!
Falk Richter nach Mülheim!
ja, richters "im ausnahmezustand" hätte in mühlheim dabei sein sollen!
stücke 08: Heckmanns, Richter, Jelinek fehlen
Heckmanns Richter Jelinek - haben gute Stücke geschrieben - wieso werden die nicht eingeladen? Wieso Pollesch mit seinem hundertsten Ich-recycle-mich-in-jedem-Stadttheater-Deutschlands-mit immer-dem-selben-Textsammelsurium?? Und dann wieso gerade genau das aus Stuttgart, was unterscheidet das von dem aus Hamburg?
stuecke 08: und wo sind Hilling und Steinbuch?
Also Richter fehlt wahrscheinlich, stimmt, aber "Kommt ein Mann zur Welt" ? Das ist doch eher eine oberflächliche TV Show Vorlage mit kalauerndem Werbetext. Die Auswahl ist sehr jung und mutig und braucht anscheinend keine Poser wie Bauersima, Heckmanns, Schimmelpfennig oder Richter. McPollesch hätte auch nicht gefehlt. Aber wo ist Anja Hilling, wo Gerhild Steinbuch ?
Frage zu Mülheim
Weiß jemand, welche Relevanz Mülheim für die Theaterspielpläne hat? Man kann einen Preis gewinnen und damit Geld, gut. Aber werden die Stücke dann mehr gespielt?
Mülheim: Marktwerterhöhung über Personality-Umweg
Mülheim erhöht den Marktwert der Autoren und somit über den personality-Umweg auch den der Stücke. Das ist dann aber wieder die Nachspiel-Debatte... keiner will wirklich nachspielen, weil es - vermutlich - als wenig originell gilt. Ändert sich aber derzeit langsam, habe ich den Eindruck...
Mülheim: Nicht ausgezeichnete Stücke verschwinden
Vor Jahren wurde "Der Buss" ausgezeichnet und dann viel gespielt. Das war's, die letzten Jahre wurden eher die Regisseure ihrer Texte ausgezeichnet - Rimini, Pollesch etc. Die nicht ausgezeichneten Stücke verschwanden praktisch alle in der Versenkung. Andererseits gibt es Autoren, die werden ueberall gespielt - statistisch liegen, glaube ich, zur Zeit Lutz Hübner und Kai Hensel vorn -, schaffen's aber nie nach Mülheim. Es gibt im Kopf der Juroren - vermutlich auch der Lektoren, Dramaturgen etc. - ganz klar die Schere Publikum/Feuilleton, viel stärker als im Buchmarkt oder Film. Was der deutschen Dramatik eher schadet als nützt, manchmal braucht's auch Mut zum Mainstream.
Mülheim: Pollesch und Richter sind die Besten
Pollesch und Richter sind so ziemlich die besten die es gerade gibt - Schimmelpfennig ist vielleicht ein Poser, Bauersima in jedem Fall - aber die anderen beiden, nee, tut mir leid, Duse, musste mal lesen, dann siehst du den Unterschied - die haben eine eigene Sprache und etwas zu sagen.
Mülheim: Fake Festival
Mühlheim ist ein komplett seltsames Festival - denn es ist nicht ganz klar, ob die Texte oder die Inszenierungen eingeladen werden. Ansonsten hat es einen Prestigewert und kann den Marktwert der einzelnen Autoren erhöhen. Grundsätzlich aber ist es ein Fake Festival - es sagt nicht sehr viel aus über die Qualität eines Autoren, ob er dort gewinnt oder nicht - die Jury geht meistens komplett auf Nummer sicher: Ist Jelinek gerade Nobelpreisträgerin geworden, dann gewinnt sie auch in Mühlheim - hat sich gerade rumgesprochen, dass alle Welt Rimini Protokoll toll findet, dann gewinnen sie auch in Mühlheim - das Festival ist im Grunde eine recht laue Veranstaltung, wo Dramaturginnen aus Aachen und Kritiker aus Köln die Jury bilden - aber es ist sicher für die Autoren ganz hübsch, dabei sein zu dürfen.
Mülheim: nachspielen
Nee, Herr Festersen, keiner will nachspielen, weil das Feuilleton nur zur UA kommt.
Mülheim: Etliches wird nachgespielt!
@Stadelmeier: Aber wie erklären Sie sich, dass Rimini Protokoll letztes Jahr auch den Zuschauerpreis gewannnen? Es kann da nicht nur um In-Group-Wahrnehmungen gehen. Denn so hipp und trendy scheint mir das Publikum in Mülheim nicht zu sein.
@ Autorin: Löhles "Genannt Gospodin" hat anscheinend eine Zweitaufführung bekommen (München), "Heaven (zu tristan)" ebenfalls (Rostock). "Gott des Gemetzels" spielen sie landauf, landab. Über alle Zweit- und Drittveranstaltungen wurde in einschlägigen Medien berichtet (man zähle etwa die "Gott des Gemetzels"-Rezensionen auf nachtkritik). Neil LaBute, Ravenhill, Stephen Simons, Fritz Kater, Schimmelpfennig, Mayenburg etc. Die Liste mit Gegenwartsautoren, die ins Repertoire rücken ist lang. Könnte es an der fehlenden Qualität der Stücke liegen, wenn sie es nicht zur Zweitaufführung schaffen?
Mülheim: Was Tim Staffel begriffen hat...
Ich vermisse Tim Staffels "Next Level Parzival". Staffel hat, so weit ich das einschätzen kann, als erster Dramatiker begriffen, dass die alten Epen und Mythen heute in Online-Communities zum Tragen kommen und für den Aufbau der Sozialstruktur auch dort wichtig zu sein scheinen. Und er ist sehr weit gegangen im Versuch, diese Online-Welten mit Theatermitteln zu beschreiben. Er leistet darin mehr als z.B. Roger Vontobel, der mit "Helden auf Helgeland" in Hamburg einer ähnlichen Beobachtung (Episches im "Second Life") nachgeht, das Computerspiel aber letztlich nicht wirklich mit der Bühne verschaltet.
Mülheim Stücke '08: Markt, Klage und Hype
@Behle: Ja sicher, auf jeden Fall liegt es auch an der mangelnden Qualität der Stücke... es ist ein Kreislauf, in dem man keinem die Schuld geben kann, weil alle gleichermaßen daran beteiligt sind. Denn es werden ja so viele Stücke so schnell geschrieben, weil die Theater danach verlangen, weil sie UAs brauchen, damit das Feuilleton kommt, damit sie vorkommen, damit sie überleben können. Darunter leidet natürlich die Qualität. Aber daran sind natürlich die Autoren mitschuld, die so schnell und oft so wenig sorgfältig produzieren. Da kann man es dann aus Sicht der Theater auch wieder verstehen, dass neue Stücke oft nur in Werkstattinszenierungen etc. aufgeführt werden, weil sie für mehr einfach nicht tragen. Aus diesem Grund stimme ich auch nicht ein in das allgemeine Gejammer der Autoren und ihre absurden Forderungen an die Theater etwa nach Klassikerabgaben etc. (zumal ich sowieso als Regisseurin, die ich auch bin, Einblick in den Theaterbetrieb habe (was den allermeisten Autoren ganz entschieden fehlt!), sondern fange bei mir selbst an und lasse mich vom Markt so wenig wie möglich beeinflussen, indem ich in meinem Tempo arbeite und meine Arbeit so gut und gründlich mache, wie es mir möglich ist. Was sich - es gibt doch Gerechtigkeit in der Theaterwelt! - tatsächlich auch in der Spieldauer und Nachspiel-Frequenz meiner Stücke bemerkbar macht. Also, ich kann nicht klagen (Wollte ich auch gar nicht mit diesem Einwurf). Dafür wurde ich aber, jedenfalls bis jetzt, nie gehypt. Auch das scheint zusammenzuhängen.
Oliver Bukowski: Ich saß auch schon mal verzweifelt in Jurys...
Ich weiß nun nicht, warum unbedingt L.d. Weck - aber ich saß auch schon mal verzweifelt in Jurys. Ich weiß aber, dass es nur dummes Gefasel ist, das "von den miesen Texten". Man kennt das aus der Filmbranche. Da wird auch seit Jahren behauptet, es läge nichts Brauchbares vor. Macht es aber - und dann bibbern angstgestörte "Entscheider". Nun sind Sie, Autorin und Regisseurin und Einsicht habende, offenbar in der Lage, mal von Grund auf aufzuräumen. Wir arbeiten nicht sorgfältig, wir schielen beim Pfuschen zu schnell auf Ruhm (oder Mietzahlung). Würde gern mal wissen, wer Sie sind. Ich lad Sie ein, wirklich! Vielleicht mal Dozentin hier? Uns allermeisten Autoren fehlt ja soviel von Ihnen.
Und noch: dramatisch.de mag zwar in den ganz fossilen Problemen stöpseln. Aber selbst wenn! Es ist ein Unterschied, ob man mit so sackig narzisstischer Haltung nachdenkt - oder eben nicht.
Ihr Oliver Bukowski (auch nachgespielt)
Mülheimer Stücke '08: Hat jemand die Stücke gelesen?
Großartig -

seit fast 14 Tagen steht diese Liste nun im Netz, und fast keiner der hier Schreibenden scheint die Stücke tatsächlich gesehen bzw. gelesen zu haben; es geht ja immer prima, darauf hinzuweisen, an welcher Stelle die Jury versagt hat, warum das Theater gerade in Bezug auf zeitgenössische Texte so faul ist und warum Autoren nur wegen der Einrichtung ihrer Texte eingeladen werden.

Wie langweilig.

Kann denn keiner hier etwas zu der Auswahl an sich vermelden?

Warum geht Weck nicht? Was ist mit dem neuen Walser Text? Wie verhält sich Loher zu Pollesch?

Darauf wäre ich gespannt!
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