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Polizeischutz für die Potsdamer Uraufführung der Satanischen Verse

Gelassenheit und Aufregung

Potsdam, 29. März 2008. Morgen findet am Potsdamer Hans-Otto-Theater die Uraufführung der Satanischen Verse von Salman Rushdie statt (nachtkritik.de wird berichten); Regie führt Intendant Uwe Eric Laufenberg.

Das Potsdamer Polizeipräsidium kündigte eine "verstärkte offene und verdeckte Präsenz" rund um das Theater an, wie Die Welt, übereinstimmend mit anderen Medien, meldet. "Wir haben aber bislang keine konkreten Hinweise auf irgendwelche Gefährdungen", zitiert das Blatt Polizeisprecher Rudi Sonntag. Weder Demonstrationen noch Kundgebungen seien angemeldet; auch das Landeskriminalamt (LKA) könne bis dato eine Gefährdung nicht erkennen.

Unterdessen hat, laut einer Meldung von AFP, der neue Repräsentant der muslimischen Organisationen in Deutschland, Islamrats-Vorsitzender Ali Kizilkaya, die Aufnahme des Stückes in den Spielplan bedauert: "Wir erachten die Kunstfreiheit für wichtig, aber genau so wichtig ist es, Religionsgefühle respektvoll zu behandeln." Kizilkaya sagte weiter: "Wir bedauern, dass religiöse Gefühle von Muslimen so provokativ behandelt werden." 

Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, rief die Muslime im Vorfeld der Aufführung dagegen zu Besonnenheit auf. Mazyek regte im Rundfunksender RBB an, den "kritischen, den konstruktiven Dialog" zu suchen. Dabei müsse deutlich werden: "Meinungs- und Kunstfreiheit – ein hohes Gut; aber das Beleidigen von Heiligem in einer Religion gehört nicht zu unseren Werten."

Das Hans-Otto-Theater gibt sich demonstrativ gelassen: "Wir haben keinen Anlass, irgendwelche Störungen zu befürchten", sagte Pressesprecher Georg Kehren der Welt. Von Seiten des Hauses werde es weder Leibesvisitationen der Gäste noch andere Vorsichtsmaßnahmen geben. Die Zusammenarbeit mit der Polizei habe sich auf "informative Vorgespräche" beschränkt.

Gegen den Autor Salman Rushdie wurde 1989 durch den damaligen iranischen Staatschefs Ayatollah Khomeini eine Fatwa ausgesprochen, weil er in den "Satanischen Versen" von 1988 den Islam verunglimpft haben soll. Khomeini hatte ein Kopfgeld in Millionenhöhe auf den Schriftsteller ausgesetzt. Im Mai 1995 signalisierten Mitglieder der iranischen Regierung erstmals, dass sie den Mordaufruf an dem Schriftsteller nicht weiter verfolgen würden. Eine förmliche Aufhebung lehnte Teheran jedoch ab. Anfang 1997 bekräftigte die geistliche Führung im Iran die Fatwa noch einmal und erhöhte die Kopfgeld-Prämie erneut. Erst 1998 erklärte der damalige iranische Präsident Chameini in einer Rede in der UN-Vollversammlung "die Angelegenheit Salman Rushdie als völlig abgeschlossen". In einer schriftlichen Vereinbahrung distanzierte sich der Iran offiziell von der Fatwa. Dennoch gilt Rushdie weiterhin als "gefährdete Person".

Rushdie ist zur Uraufführung eingeladen; ob er sie besuchen wird, ist offen. Rushdie lebte jahrelang unter Polizeischutz und wechselte mehrfach den Wohnsitz. Inzwischen lehrt der 60jährige Autor an der Emory-Universität in Atlanta.

(dip) 

 

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