Presseschau vom 30. April 2016 – Frank Castorf spricht in der Süddeutschen Zeitung über die Harmlosigkeit des aktuellen Theaters und das Ende seiner Volksbühnen-Zeit

"Ich kann nicht anders!" 

"Ich kann nicht anders!" 

"Theater sind ja nicht mehr Widerstandsorte, sondern längst Serviceunternehmen", befindet Frank Castorf in bekannter Manier in einem ausführlichen Interview in der Süddeutschen Zeitung (30.04.2016). Christine Dössel und Christian Mayer befragen den Noch-Intendanten unter anderem zu seiner Liebe zu Jaroslav Hasek ("Er hat eine Zeit lang 35 Halbe am Tag getrunken.(..) Wahnsinn, jeden Tag!") und sprechen mit Castorf über die Münchner Kammerspiele unter der Ägide von Matthias Lilienthal ("Das ist mir jetzt viel zu gefährlich, dieses Designer-Aleppo!"), bereden mit ihm aber auch über die Rolle des Theaters in unserer, Castorf zufolge kapitalistischen Gesellschaft "in seiner Endphase":

"Theater ist feige geworden.Kortner, Zadek, Stein, Bondy: Damals wollte Theater revolutionär wirken, man wollte etwas verändern in den Köpfen der Zuschauer. (..) Heute habe ich das Gefühl, dass Theater nur noch ein Betrieb ist, eine Anstalt, in der fast überall belanglose und dilettantische Stücke gespielt werden." Es folgen Schüsse gegen das politische Theater der Gegenwart ("Ich kann mich hinter jedem Zeitungsartikel verstecken und den auf die Bühne bringen.") und lobt das Theater als Sonne mit riesiger, zerstörerischer "Strahlkraft". 

Das Thema Berliner Kulturpolitik hält Castorf wiederum auf Abstand: "Mich interessiert kein Bürgermeister und kein Kulturstaatssekretär", weist jeden Groll von sich und zeigt am Ende gar Verständnis für seine Kritiker: "Ich kann nicht anders, als aus der anarchoiden Position eines Egozentrikers zu handeln. Ich verstehe, wenn die Leute sagen: Wie furchtbar, dass der Castorf so ist."

(sae)

 

Kommentare  
Castorf-Interview SZ: Exzentriker
Das Problem ist ja, dass die Leute das gar nicht sagen! - Nicht einmal die SZ! - Im Gegenteil, die profitiert im Moment am stärksten von den Panama-Papers und wird gefühlte 300 % - auch hier - öfter zitiert als zuvor! Da ist die auch für Castorf anziehender geworden als Befragungsinstitution ... Egozentriker sind das Lebenslexier der Medien. Der Leser hat nur Glück, wenn es wenigstens gebildete Egozentriker sind, die zu Worte kommen. :)
Castorf-Interview SZ: Witz, Schärfe, Intelligenz
Also Designer Aleppo finde ich die bisher zutreffendste Beschreibung der Kammerspiele unter Lilienthal.
Man kann alles mögliche gegen ihn haben aber sein Witz, seine Schärfe und Intelligenz wird Berlin extrem fehlen.
Castorf-Interview SZ: what the fuck goes wrong?
geil, dass ausgerechnet HIER (der hort, wo das was castorf so kacke findet, gezüchtet und gepflegt wird) immer mal wieder castorf aufpoppt... der mann, der anscheinden dermaßen angeekelt ist von dieser designer-revolutions-theaterhippster kacke, dass ihm nur moch das lachen übrig bleibt... Und dann gibts die tolle nachtkritik die nüscht besseres zu tun hat, als sich damit zu schmücken, sie habe castorft zu dem ruhm verholfen den er hat (behrens).... nachtkritik.de und überhaupt die profi-kritik ist einfach nur verlogen! einzig das publikum vor ort hat das sagen!!!!!!!!!!!!!! die profi.kritik ist blo da um die daseinsberechtigung von den sinnfreien künstlern zu behaupten, sie ist nur von "intellektuellen" für "intellektuelle", wir aber brauchen was anderes! theater sollte für alle sein und nicht für eine ausgewählte gruppe, ob elite, oder minderheit.... ist ja echt wiederlich!!!!! Ich gehöre einer generation von theatermachern an, die das hegt und pfkegt, was mama und papa da verbrochen haben und im schlimmsten fall das alles unkritisch kopiert und als die eigene arbeit verhöckert.... ich habe eins gelernt: wenn es etwas gibt, was weg muss: meine eih´gene generation... wenn ich gut sein will in dem was ich tue, dann geht das nur, wenn ich werde der ich bin und nicht werde, das wer anderes ist/ war/ wird... gute, unersetzbare künstler zu kopieren, ist peinlicher, als ein schlechter künstler zu sein... what the fuck goes wrong in germany???
Castorf-Interview SZ: selten so gelacht
What goes wrong is Grammatik. Die Farce sehe ich allerdings eher da, wie das sz-Interview Schosshündchen spielt. Die Kritikerin, die seit Monaten gegen die neue Intendanz der Kammerspiele anschreibt, eine Kampagne, wie man sie meistens nur träumt, aber selten wirklich sieht, holt sich den chefbeleidigten, der Liienthal natürlich mit Dercon gleichsetzt. Dabei kommt raus: ressentiments ohne Begründung (Designer Aleppo, You gotta be kidding), und das Resi ist jetzt Punk, klar. Selten so gelacht, aber aus anderen Gründen. Schwer zu sagen, was lustiger ist: der alternde Rebell oder die ... I kehnt think of a right nehm.
Castorf-Interview SZ: Castorf, Lilienthal, Macbeth?
Just a guess:. Lilienthal wartet darauf, dass Dercon ihm in Berlin das schmutzige Geschäft besorgt, die Volksbühne von Castorf, Pollesch und anderen Altlasten zu "säubern", von alten Freuden aus alter Zeit, die nicht in sein Designer-Aleppo passen. Er wartet dann darauf, dass Dercon kläglich an seiner Aufgabe scheitert und tritt als Retter in der Not auf, der den Laden wieder auf "Vordermann" bringt. Castorf und Lilienthal als Macbeth und Banquo. Aber wer ist wer?
Castorf-Interview SZ: Männerfeindschaft
Auf jeden Fall scheint das alte Gespann Castorf - Lilienthal seit Dercon eine veritable Männerfeindschaft zu verbinden.
Castorf-Interview SZ: Verschwörungs-Theorie
Lieber Rimmboh, man kann natürlich hinter allem eine Verschwörung sehen, insbesondere dort, wo sachliche Argumente fallen, die gegen einen gerichtet sind. Das ist dann immer einfacher, als Selbstkritik zu üben. Noch ein Tipp: Wenn sie sich die gesamte Kritik der ersten Spielzeit mal genauer anschauen, werden sie wahrscheinlich feststellen, dass nicht nur die SZ sondern fast alle dieser Verschwörung angehören. Gibt ihnen das nicht zu denken?
Presseschau Frank Castorf: Feststellung
@hugo,

was für eine vortreffliche (wetter / fußball-)vorhersage.

tief F.C. das gegen hoch M.L. im mittelfeld C.D.


ich glaube du kommst der wahrheit sehr nahe.
Kommentar schreiben