Presseschau vom 20. Mai 2016 – Der Wiener Standard kommentiert die Berufung des ehemaligen Burg-Geschäftsführers Thomas Drozda zum neuen österreichischen Kulturminister

Der Bock zum Gärtner

Der Bock zum Gärtner

20. Mai 2016. Ach, es wäre so schön gewesen, wenn der neue österreichische Bundeskanzler tatsächlich einen Neuanfang zustande brächte. Aber wie der Fisch vom Kopfe stinkt die neue österreichische Regierung vom Kulturministerium her. Dort nämlich hat der Bundeskanzler Bundesbahn den Herrn Thomas Drozda installiert, seines Zeichens Ex-Generaldirektor der Vereinigten Bühnen Wiens, also der sozusagen Stadttheater von Wien (mehr dazu hier), und noch früher kaufmännischer Burgtheater-Direktor, also der Vorgänger von Silvia Stantejsky. Im Wiener Standard schreibt Andrea Schurian in einem Kommentar auf, was es zu dieser pikanten Personalie zu sagen gibt.

Mann mit Vergangenheit

Thomas Drozda eile der Ruf eines "tüchtigen Kulturmanagers" voraus. Allerdings läge ein Schatten auf der Vergangenheit des früheren "kulturpolitischen Beraters der Bundeskanzler Franz Vranitzky und Viktor Klima", der seinerzeit "federführend" gewesen sei bei der Ausgliederung der Bundestheater in eine neu geschaffene Holding. 1998 sei Drozda dafür mit dem "Posten des kaufmännischen Burgtheater-Direktors belohnt" worden.

Drozda wusste von nichts

2008, ein Jahr bevor Matthias Hartmann Burgtheaterdirektor wurde, sei Drozda zu den Vereinigten Bühnen Wiens gewechselt. "Seine Stellvertreterin und spätere Nachfolgerin Silvia Stantejsky wurde im November 2013 wegen mutmaßlicher doloser Handlungen gefeuert". Als Wirtschaftsprüfer "konstatierten, Stantejsky habe schon 2004, 2006 und 2007 'kreativ' Buch geführt, wies Drozda jede Mitverantwortung von sich. Zu seiner Zeit hätte es klare Zuständigkeiten und funktionierende Kontrollmechanismen gegeben." Und nun solle ausgerechnet Drozda "das Drama ohne Rücksicht auf frühere Freunde wie Bundestheater-General Georg Springer oder Ex-Burgchef Nikolaus Bachler aufklären?"

Andrea Schurian schließt: "Vermutlich bleiben Hartmann und Stantejsky die einzigen Sündenböcke." Ganz gewiss jedoch wird die Mitverantwortung des Herrn Drozda am Burgtheater-Jahrhundert-Skandal nun von allen verfügbaren Teppichen am Ballhausplatz verdeckt werden.

(jnm)

Kommentar schreiben