Ganz andere Muskeln

27. September 2016. Das Ensemble des Berliner Staatstballetts soll einen neuen Intendanten bekommen. Die Wahl der Berliner Kulturpolitik fiel auf das Duo Sasha Waltz und Johannes Öhman. Und die Kritik folgte umgehend. Das Ensemble des Berliner Staatsballetts lehnt insbesondere Waltz ab.

Die Ernennung von Waltz und Öhman sei "mit der Ernennung eines Tennis-Trainers zu einem Fußball-Trainer oder eines Kunstmuseumsdirektors zu einem Chefdirigenten" zu vergleichen, heißt es in einer Petition gegen die Entscheidung. Harte Vorwürfe. Ein Gesprächsangebot Waltz' lehnte das Ensemble zuletzt ab. In unserem Podcast beleuchten Wolfgang Behrens und Elena Philipp die Hintergründe des Streits.

Dialoge 09 560 MAXXI by Sasha Waltz Mata Sakka Liza Alpizar Aguilar Mamajeang Kim Renate Graziadei Bernd Uhlig"Dialoge" von Sasha Waltz © Bernd Uhlig

 

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Kommentare  
Podcast Berliner Staatsballett: nicht erhaltenswert?
Das war ein sehr guter, ausgewogener Kommentar - bis zum Satz, wo Frau Philipp fragt, ob man klassisches Ballett wirklich öffentlich fördern muss. Mit welchem Recht werden dann Sinfonieorchester gefördert, die größtenteils klassische (=alte) Musik spielen, mit welchen Recht Spezialisten für Alte Musik, mit welchem Recht Opernhäuser, die von Barock bis Wagner hauptsächlich ebenfalls traditionelle Werke spielen - ja, in moderner Inszenierung, aber das "Material" ist alt! Warum ist die Kunst des klassischen Balletts nicht erhaltenswert? Ist es nicht genauso kunstvoll, wenn eine Ballerina ihre Arabesquen und Fouettés dreht, wie wenn eine Koloratursopranistin Bellini singt, wogegen keiner unserer modern gesonnenen Opernkritiker etwas einwendet? Warum ist diese Kunst als solche schon verwerflich? Es gibt wesentlich mehr moderne Tanzkompanien in Deutschland und kaum noch große, klassische Kompanien, die die klassischen Ballette wie Schwanensee, Nussknacker etc. aufführen - ja, sie sind personalintensiv, aber Opernchöre sind noch wesentlich teurer. Ich kann einfach nicht verstehen, warum die anderen Künste mit staatlicher Unterstützung das gesamte Spektrum bieten dürfen, aber der Tanz muss unbedingt nur modern sein. Auch Balanchines neoklassische Werke, deren historische Eminenz Frau Philipp sicher nicht in Frage stellen wird, sind einzig auf Grund dieser klassischen Tanztechnik möglich und tanzbar. Eine zeitgenössische Kompanie in Berlin fördern? Ja bitte, auf jeden Fall! Aber dafür die klassische schließen? Auf gar keinen Fall!
Podcast Berliner Staatsballett: nicht ersetzbar
Das Klassische Ballett muss nicht inhaltlich beschlossen oder nicht beschlossen gefördert werden, sondern der Erhalt seiner Fähigkeiten allein, seine physische Arbeits-Bereitschaft, muss dauerhaft gefördert werden. Das allein. Alles andere ist Sache der Choreografen, die es leiten. Seine physischen Voraussetzungen erfordern ein Spitzensportlern vollends gleichendes Training. Und dies ist als dauerhaft aufrecht zu erhaltende Kunst-Bereitschaft von Körper zu bezahlen. Diese Diskussion muss zunächst getrennt werden von der Ausrichtung des künstlerischen Ausdruckes, für den die Tänzer und Tänzerinnen gebraucht und eingesetzt werden. Sonst stellt man sehr wohl diesen Beruf zur Disposition. Und der ist nicht so einfach wieder herstellbar. Und auch nicht ersetzbar durch den inzwischen ebenfalls traditionell gewordenen Ausdruckstanz. Er gehört zu den Grundlagen aus dem sich der Ausdruckstanz entwickelt hat. Man kann auch nicht aufeinmal die Mathematik abschaffen, weil wir ja jetzt die Informatik haben. Auf so einen Schwachsinn würden jedenfalls wirklich begabte Informatiker nicht kommen.
Podcast Berliner Staatsballett: sachdienlich
Wie aus dieser nahezu unlösbaren Nummer wieder herausfinden? Großen Dank für diese so kompetente, sachdienliche und meinungsstarke Einschätzung durch die Tanzkritikerin Elena Philipp, die gleich noch konstruktive Vorschläge für ein zukünftigeres Zusammenspiel zw der Sparte Tanz, den Institutionen sowie der Kulturpolitik in Berlin hat. Gut zuhören.
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